US-KlagewelleFacebook soll aufgespalten werden

Die Übernahme von WhatsApp und Instagram durch Facebook war nicht rechtens. Zu dem Schluss kommt die oberste Marktaufsicht der USA. In einer Reihe von Klagen wird jetzt die Entflechtung des Tech-Konzerns verlangt.

Graffiti mit Mark Zuckerberg als Motiv
Geht es nach dem US-Bundeskartellamt, werden Facebook, WhatsApp und Instagram bald wieder in drei geteilt – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Snowscat

Die Justizbehörden von 48 US-Staaten und die Bundeshandelskommission (FTC) der USA verlangen die Zerschlagung von Facebook. Das geht aus Klagen hervor, die nun in den Vereinigten Staaten eingereicht wurden. Der Konzern habe in den vergangenen zehn Jahren wettbewerbswidrig gehandelt, Mitbewerber aufgekauft und den Datenzugang zu Facebooks Diensten für mögliche Konkurrenten eingeschränkt.

„Keine Firma sollte so viel Macht über unsere persönlichen Informationen und sozialen Interaktionen haben“, sagte New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James bei der Ankündigung ihrer Klage: „Heute senden wir eine deutliche Botschaft an Facebook und alle anderen Unternehmen, dass wir auf alle Versuche, Wettbewerb zu ersticken und kleinen Unternehmen zu schaden, Innovationen und Kreativität zu reduzieren oder den Schutz der Privatsphäre zu beschneiden, mit der vollen Kraft unserer Ämter reagieren werden.“

Fragwürdige Übernahmen, unlautere Praktiken

Die Klagen beziehen sich vor allem auf Facebooks Übernahmen von Instagram in 2012 für eine Milliarde US-Dollar und WhatsApp in 2014 für 19 Milliarden Dollar. Beide Dienste standen in direkter Konkurrenz zu Facebook. Doch statt die eigenen Foto-Apps und Messsengerdienste auszubauen, kaufte Facebook die Konkurrenz auf. Infolgedessen betreibt Facebook heute drei der größten sozialen Netzwerke weltweit.

Facebook weist in einem Statement jegliche Schuld von sich. Der Erfolg von Firmen wie TikTok, aber auch Google, Twitter und Apple sei der Beweis dafür, dass die Firma weiterhin Wettbewerb ausgesetzt sei. „Als wir Instagram und WhatsApp übernommen haben, waren wir davon überzeugt, dass diese Firmen von großem Nutzen für unsere Facebook-Nutzer sein würden“, heißt es.

Aus E-Mails, die bei Anhörungen von Mark Zuckerberg im Juli ans Licht kamen, geht Gegenteiliges hervor. Demnach war für den Facebook-Firmenchef die Konkurrenz von Instagram durchaus ein Kaufgrund.

Die Klage der FTC kritisiert Facebooks Vorgehen, die eigenen Schnittstellen für Entwickler:innen einzuschränken, deren Apps zu nah an das eigene Kerngeschäft heranreichen. So hatte Facebook der Video-App Vine die Möglichkeit abgedreht, innerhalb ihres Dienstes die Vernetzung mit Facebook-Freund:innen anzubieten. Bereits 2019 wurde durch einen Leak interner Dokumente öffentlich, dass Zuckerberg Nutzer:innendaten als Druckmittel einsetzte, um Konkurrenten den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Wettbewerbsrecht im 21. Jahrhundert

Der Verlauf der in ihrem Ausmaß beispiellosen Klagewelle könnte einen Umschwung in der Auslegung von Kartellrecht bedeuten. Die Vereinigten Staaten haben eine über hundert Jahre alte Tradition harter wettbewerbsrechtlicher Maßnahmen. Seit den 1970ern wurde aber immer öfter zugunsten großer Zusammenschließungen entschieden. Auch die Übernahmen von Instagram und WhatsApp hatte die FTC ursprünglich gutgeheißen. Strafzahlungen oder gar die Zerschlagung von Facebook, wie die Klagen fordern, wären eine klare Warnung in Richtung Google, Amazon, Apple und Co.

Auch in Europa werden seit längerem Stimmen laut, die sich mehr Regulierung von Tech-Konzernen wünschen. Erst im Juni bestätigte der Bundesgerichtshof ein Verbot des Bundeskartellamts, laut dem Facebook seine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich nutzt. Auch die geplante Zusammenführung aller Facebook-Messengerdienste im vergangenen Jahr verursachte Stirnrunzeln. Hatte Mark Zuckerberg bei der Übernahme doch versichert, niemals Nutzer:innendaten von WhatsApp, Instagram und Facebook miteinander verbinden zu wollen.

Den Klagen, die am Gericht von Washington DC eingebracht wurden, steht nun ein langer Weg bevor. Die seltene parteiübergreifende Kooperation fast aller Generalstaatsanwälte im Schulterschluss mit der FTC lässt aber die Vermutung zu, man wolle es nicht nur bei einer Drohung belassen.

3 Ergänzungen

  1. Wer, leicht als diese zu erkennenden, Werbenetzwerkdienste, aus welchen, naiven, mindergebildeten, fehlerzogenen, lebensunerfahrenen, selbstverlogenen oder fremdsuggerierten Gründen auch immer, nutzt und damit unterstützt aber sich subjektiv gesehen, hauptsächlich auf Kosten der eigenen Lebenszeit selbst degeneriert, steht ganz klar sehr sehr weit außerhalb eines freidenkenden, gesunden geistigen Niveaus. Das macht mir Angst!

    1. In der Tat sollte hier nicht blauäugig vorgegangen werden. Das EU System muss immer den strategisch fundierten Blick behalten. Dafür ist allerdings auch noch ein bischen Zeit.

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