Auch am Wochenende haben wieder tausende Menschen gegen die EU-Urheberrechtsreform demonstriert. Die größte Demonstration fand in Nürnberg statt, wo zwischen 1.500 und 3.500 Menschen auf die Straße gingen. In Bremen protestierten nach Schätzungen etwa 1.000 Menschen, im österreichischen Graz etwa 250.
Die Demonstrationen sind eine Art Warmlaufen für den großen Aktionstag am 23. März, wo in ganz Europa Demonstrationen gegen die Urheberrechtsreform erwartet werden. Die Reform selbst wird in der Woche nach den Protesten im Europa-Parlament abgestimmt.
Unterdessen wächst der Widerstand auch in die Breite: So protestieren mittlerweile mehr als 400 Diskussionsforen mit fast 19 Millionen angemeldeten Nutzern gegen die Reform (wir berichteten). Auch haben zahlreiche Medienwissenschaftler vor den Problemen von Uploadfiltern und der Errichtung einer möglichen Zensur-Infrastruktur gewarnt. Die Wikipedia wiederum hat sich entschlossen, aus Protest am 21. März für 24 Stunden die deutschsprachige Version der Online-Enzyklopädie zu schließen.
Unter dem Eindruck der breiten Proteste und im Vorfeld der Europawahl reagiert die CDU/CSU nervös. Sie sagt nun, dass sie bei der nationalen Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform auf Uploadfilter verzichten möchte. Der Spagat, in Europa dafür zu stimmen und dann in Deutschland plötzlich dagegen zu sein, wurde von Kommentatoren als Beruhigungspille, Nebelkerze oder Schrödingers Uploadfilter bezeichnet. Sie alle verweisen darauf, dass der „Kompromiss“-Vorschlag nicht glaubwürdig ist.
Proteste gegen Pressekonferenz mit Axel Voss in Berlin
Die weiteren Proteste wird der Versuch der CDU wohl kaum noch abbremsen. Schon am kommenden Donnerstag, den 21. März, ist in Berlin für morgens um 9.30 Uhr eine neue Demonstration angemeldet. Dann wird im Europäischen Haus, auf dem Prachtboulevard Unter den Linden, der Hauptverantwortliche für die Reform, Axel Voss (CDU), erwartet. Er will zusammen mit der grünen Befürworterin Helga Trüpel sowie mit den Gegnern Julia Reda (Piraten/Grüne Fraktion) und Tiemo Wölken (SPD) eine Pressekonferenz geben. Begleitet wird auch das vermutlich von lautstarken Protesten sein.
Warum will man gegen(?) eine PK demonstrieren, auf der die wesentlichen Vertreter beider Seiten zu Wort kommen? Ist es nicht gerade ein wesentlicher Aspekt unserer Demokratie, dass sich politische Gegner öffentlich erklären und sich Fragen der Öffentlichen stellen?
Ich sehe da keinen Widerspruch. Ich vermute erstens, dass nicht gegen die PK an sich demonstriert wird, sondern gegen manche Teilnehmer. Es ist auch ein wesentlicher Aspekt der Demokratie, dass man gegen den politischen Gegner demonstrieren kann, unabhängig davon, in welchem Rahmen dieser nun auftritt.
Wie kommen eigentlich die 19 Mio. Mitglieder in den Foren zusammen? Sind die alle (Doppelungen, etc) auch der Meinung? Ich habe zufällig mal zwei Foren angeschaut (Lena Fanclub und Gitarre-Forum). Im ersten findet sich zum Thema kein Eintrag, im zweiten keine Diskussion). Vielleicht habe ich auch etwas übersehen. Sicher ist aber, dass die Forenbetreiber für den uploadfreien Sonntag sind. Anzunehmen hat man, das sie dabei auch von zahlreichen Mitgliederinnen unterstützt werden. Aber 19 Mio.? Eher eine suggestive Zahl, oder?
Da steht ja auch „angemeldete Nutzer“ im Text. Es handelt sich dabei um Angaben der jeweiligen Foren, wie viele Accounts bei ihnen angemeldet sind. Selbst wenn Sie Karteileichen und Dopplungen wegstreichen, ist das ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung, der schon einmal ein Forum genutzt hat.
Das bezweifelt kein Mensch. So sind es ja auch schon ca. 25% aller Menschen in Deutschland (jetzt mal die österreichischen Foren weggelassen). Was ich meine ist, die Rechnung ist irgendwie nicht tragfähig.
Wenn der Deutsche Kulturrat sich für die Reform einsetzt, dann käme man auf wie viele Menschen in D? Das sind ja andere Verbände Mitglieder, deren Mitglieder auch wieder Mitglieder haben etc.
Und das andere war ja. Bei meiner Stichprobe waren es ja vor allem die Forenbetreiber, die das mitmachen ohne dass dies wie bei Wikipedia (D) diskutiert und abgestimmt wurde. So scheint es mir, richtig wäre es zu sagen, dass vom Uploadfreien Tag zumindest 19 Mio Userinnen betroffen wären. Es protestieren ja nicht die Diskussionsforen, sondern deren Betreiber.
Warum ich das sage: Es spielt eigentlich keine Rolle, wie viele es sind, sondern was sie zu sagen haben. Mit den Zahlen kann man so oder so hantieren.
Von 19 Mio. Forennutzerinnen gehen genau wie viele dann auf die Demos?
Wie gesagt, ist nicht so wichtig, wichtig ist, dass man über die Sache möglichst herrschaftsfrei diskutieren kann und mag. Lärm ist kein, oder zumindest ein ganz schlechtes Argument („lautstarker Protest gegen Voss und Co“).
Axel Voss (Verhandlungsführer) über Upload-Filter:
„Das [Überprüfen der Inhalte] muss dann mit Technik auch irgendwie versehen werden…wir haben damit nichts zu tun.“
Quelle:
https://www.youtube.com/watch?v=86_0WEKx1GI
(Artikel 13: Interview mit Axel Voss und Julia Reda || PULS Reportage)