Der AK Zensur hat gestern die seit einiger Zeit angekündigte Verfassungsbeschwerde gegen das Zugangserschwerungsgesetz erhoben. Die Beschwerde wird von von Florian Walther, Olia Lialina Alvar Freude padeluun geführt und von Thomas Stadler und Dominik Boecker vertreten.
Eine öffentliche Unterstützerliste wird der AK Zensur bald stellen.
Thomas Stadler hatte schon vor einiger Zeit ausführlich dargelegt, warum er das Gesetz für verfassungswidrig hält. Dominik Boecker erklärte auch den moralischen Aspekt der Beschwerde, um dem ewigen Vorwurf, man sei „für Kinderpornografie“ zum x-ten Mal den wind aus den Segeln zu nehmen:
… dass ich eine Struktur favorisiere, bei der nicht nur den ungefähr 60.000.000 Internetnutzern in Deutschland der Zugang zu solchen Dokumenten eventuell erschwert wird, sondern den ungefähr 1.000.000.000 Internetnutzern weltweit sicher unmöglich gemacht wird. Dieser Ansatz wurde von der Politik aber leider nicht aufgegriffen, sodass wieder ein Vierteljahr mit Untätigkeit verstrichen ist. Diese Untätigkeit der Politik ist ein Schlag in das Gesicht der Betroffenen.
Das deutsche Gesetz für Internetsperren ist seit fast einem Jahr gültig, jedoch für ein Jahr ausgesetzt. Das war insbesondere in Zusammenhang mit § 93 Abs. 3 BVerfGG
Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz oder gegen einen sonstigen Hoheitsakt, gegen den ein Rechtsweg nicht offensteht, so kann die Verfassungsbeschwerde nur binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes oder dem Erlaß des Hoheitsaktes erhoben werden.
verwirrend. Der AK Zensur hat sich mit der gestern eingereichten BEschwerde entschlossen, die Frist nicht verstreichen zu lassen, sie endet nämlich heute.
Solche Fristenproblematiken kommen insbesondere bei Urteilsverfassungsbeschwerden häufiger vor.
Dabei hat sich die Praxis des „Zwischenparkens“ im sogenannten „Allgemeinen Register“ des Bundesverfassungsgerichts etabliert.
Das Allgemeine Register ist sowas wie die „Posteingangsdatenbank“ durch die jedes Schriftstück muss, dass in Karlsruhe eingeht.
Man beantragt dann bei der Einreichung einfach, dass die Beschwerdeschrift zunächst in eben jenem Register verbleiben soll, bis z.B. eine tatsächliche Beschwer eingetreten ist (typischer Fall hier die Gehörsrüge). Dadurch wahrt man die Frist, verhindert aber zugleich die Weiterleitung an die zuständige Kammer (Verfahrensregister) und damit eine zu frühe Entscheidung in der Sache.
Das Zwischenparken (mit BvT-Aktenzeichen) hatte ich auch im Kopf, aber ich bin davon recht schnell wieder ab. Bei einer Urteilsverfassungsbeschwerde resultiert das Fristproblem ja aus der Gehörsrüge, wenn das Urteil in der Welt ist. In der Konstellation bekommt man aber recht zeitnah die endgültige Entscheidung des Gerichtes und kann die VB dann aus dem allgemeinen Register „ausparken“.
Bei unserer Beschwerde haben wir aber keinen Akt, der zeitnah das endgültige Ende des Instanzenzuges markiert, d.h. wir verlagern das Problem nur nach hinten raus und müssten bei einer geparkten Beschwerde entscheiden, wann wir sie aus dem BvT-Register holen wollen: wenn sich im März (oder einem anderen beliebigen Monat? welchen?) nichts in der Politik bewegt? Oder wenn das Gesetz angewendet wird (was ist, wenn es gar nicht angewendet wird und am 1.1.2013 außer Kraft tritt?). Sonderpunkt: das BMI hat sich auf meine Nachfrage geweigert, den angeblichen Nichtanwendungserlass des BMI an das BKA herauszugeben, d.h. ich/wir sind nicht einmal sicher, wie genau der aussieht und was genau der in welcher Form regelt.
Wenn das Gesetz am 1.1.12013 außer Kraft tritt: Müssen wir dann die VB für erledigt erklären? Die ist AFAICT ja dann nicht zugestellt, weil die VB kein klassisches kontradiktorisches Verfahren ist.