Weblogs als 5. Gewalt im Staat

Für die einen die „Klowände des Internets“ für die anderen „Nukleus einer neuen Kommunikationskultur und damit zugleich eine Bedrohung der etablier- ten Massenmedien“ – Weblogs spalten die Geister und wehren sich gegen jegliche Klassifizierungs- und Messversuche. Das Gefühl, dass etwas geschieht beschleicht jeden, doch was passiert und wie, ist Gegenstand des globalen Rätselns.

Juliane Krause-Akelbein hat in Ihrer Bachelorarbeit im Fachbereich Medienmanagement die Rolle von Blogs in der politischen Öffentlichkeit und beim Agenda-Setting untersucht. Ihre These lautet:

Die Möglichkeiten der Blogosphäre aktivieren einen Teil des passiven Publikums und ermöglichen damit eine Partizipation der Zivilgesellschaft als kritische Kontrollinstanz

Untersucht hat sie diese These anhand einer Inhaltsanalyse bei Zeit, Spiegel und Focus, sowie andererseits den Blogs Spreeblick, Nerdcore und Netzpolitik – und zwar zur Zeit der E-Petition gegen das Zugangserschwerungsgesetzt.
Hier gehts zum Download.

26 Ergänzungen

  1. Eine 5. Gewalt sehe ich als nicht sehr erstrebenswert an. Eher dass die 4. Gewalt einen Struktur- und Ideologiewandel erfährt und mal wieder ihre Aufgabe erkennt.

  2. Ob nun „5. Gewalt“, „Nukleus“ für irgendwas oder „kritische Instanz“, unübersehbar ist doch das hohe Bedürfnis an Mitteilung am Blog und die Lust zu kommentieren und Auszutauschen. In der deutschen Medienwelt gibt es ja außerhalb der Weblogs „Klowände…“ wie nie zuvor, besonders unter den Gedruckten.

  3. Ich glaube ja eher, dass die vierte Gewalt nur seine Gestalt ändert. Deinem Kommentar muss ich widersprechen, Reiner Eckel. In den Kommentarspalten wird häufig eben nicht diskutiert und sich ausgetauscht. Ganz im Gegenteil: Die Kommentatoren sind lediglich daran interessiert, ihre geistige Gülle auszuschütten.

    Und wehe, man widerspricht. Dann wird gepöbelt, was das Zeug hält. Noch beliebter ist nur noch das Hochziehen an Kleinigkeiten, um sich ja nur nicht mit den Argumenten oder wenigstens der Kritik an den eigenen auseinanderzusetzen.

  4. @Carsten: Naja, die Bezeichnung „4. Gewalt“ für die Presse hat sich ja inzwischen eingebürgert (auch wenn ich sie etwas Mißglückt finde).

    Blogger sind IMHO aber auch Presse. Gleiche Funktion, anderes Medium. Nur weil die auf toten Baum gedruckte Presse größtenteils ihren Job nicht mehr ernst nimmt, hat sich ihre eigentliche Funktion nicht geändert.

  5. @Carsten: „4. Gewalt“ ist ein feststehender Begriff, der sich als Bezeichnung für die Medien in (demokratischen) Staaten als Watchdog eingebürgert hat. Dass jemand die Medien als 4. Gewalt bezeichnet, sollte nun wirklich nicht zur Disqualifizierung eines Diskutanten herhalten. Der Schuss könnte nach hinten losgehen.

  6. @ass
    Ob halb wissende Blogger oder Politiker, kommt doch aufs gleiche raus.

    *note*: ich sollte anfangen zu bloggen bevor jemand anders gewalttätig wird…

  7. Die Aussage Blogs seien die vierte Gewalt / traditionelle Presse in einem anderen Gewand ist sehr ähnlich wie die Aussage, Linux sei das selbe wie Windows von Heimwerkern. Oberflächlich richtig, aber in seiner gesellschaftlichen Bedeutung fundamental verkannt. Medien sind weit mehr als die vierte Gewalt. Blogs unterliegen grundsätzlich anderen Regeln, darum ändern sie die Regeln, nach denen die vielleicht wichtigste Macht-Struktur in unserer Gesellschaft funktioniert. Nur mal zwei Beispiele: Blogs die nicht ganz oben auf der Aufmerksamkeits-Welle schwimmen müssen andere Blogs verlinken um Aufmerksamkeit zu bekommen. Bei kommerziellen Medien ist das genau umgekehrt, die dürfen ihre Leser auf keinen Fall von sich weg lenken (vielleicht sind die kommerziellen auch nur zu dämlich das zu kapieren, Fakt ist, sie funktionieren heute anders). Blogger sind meist einzelne Autoren, die schreiben was ihnen passt. Kommerzielle Medien haben Redaktionen und Autoren müssen sich in das Gesamt-Produkt einfügen.
    Ich hoffe, Blogs sind nach FLOSS der zweite Schritt unserer Befreiung von uns selbst. Wohin es mit Blogs ungefähr gehen könnte habe ich hier angedacht.

  8. Jeder Blogger zählt!

    Warum geht es beim Bloggen? Es geht darum, den Mund aufzumachen und die eigene Meinung kund zu tun!

    Dass das Geschriebene nicht immer jedermann’s Beifall findet, versteht sich von selbst. Mit dem Bloggen wird die eigene Hilflosigkeit und das Schweigen durchbrochen – es wird etwas getan, das alleine zählt.

    Jede Mitteilung im Netz, die auch nur ein wenig auf die ständigen Lügen und Irreführungen der Meinungsmacher hinweist, kann für einen bisher Obrigkeits- und Mediengläubigen einen Bruch seiner bisherigen Gewohnheiten bedeuten. Daher gilt: jeder Blogger zählt!

    Das, was Deutschland bisher ausgemacht hat, war das Schweigen und die Billigung der Deutschen, gegenüber allen (Un-) Taten der Politiker. Wenn sich daran etwas ändern soll, muss die Mauer des Schweigens durchbrochen werden. Daran arbeitet jeder Blogger, ob er sich dessen bewusst ist oder nicht.

  9. Also diese Kommentarspalte ist ja mal für’n Arsch. Hat auch nur einer von euch tatsächlich in das PDF mal reingelesen? Die Arbeit ist ganz sauber. Und ihr hängt euch an einem Wort auf..

  10. Also zunächst mal: Danke an Netzpolitik für’s veröffentlichen!

    An diejenigen, die sich an dem Begriff „5. Gewalt im Staat“ aufhängen: In der Arbeit geht es darum ob Weblogs dazu dienen können, die allgemein als 4. Gewalt bezeichnete „traditionelle Presse“ zu beeinflussen (untersucht anhand der Modelle des Agenda-Setting Prozesses), sozusagen als Watchdog über den Watchdog zu fungieren. Deswegen die Begriffswahl.

    Wer diskutieren will ist jederzeit gern dazu eingeladen, dann aber bitte vorher zumindest Einleitung und Schluss der Arbeit lesen ;)

    LG, Juliane

  11. In diesem Zusammenhang muss man auch auf die Rolle des öffentlichen Dialos eingehen. In einem Blog ist es wesentlich einfacher sich mit den Schreibern öffentlich auseinanderzusetzen.

    Selbst als Nichtblogger, kann man über die Kommentarfunktion die Argumentation der Blogger hinterfragen, untermauern, erweitern, widerlegen und so die „Gedankenanstöße“ vertiefen und „objektivieren“.

    In dieser Hinsicht würden mich weitere Forschungen zum Thema Dialog zwischen Medium und Leser interessieren.

    Mein rein subjektives Empfinden ist: Bei Online-Zeitungsartikeln bin ich häufiger wütend, weil der Autor pers. Meinungen nicht als solche kennzeichnet und häufiger Dinge als Fakten darstellt ohne Quellen nachzuweisen mit denen man arbeiten könnte.

    Das passiert mir bei Bloggern weniger. Meist werden diese „Fakten“ dann beispielsweise mit einem Fragezeichen versehen oder vermerkt, dass es sich dabei um Spekulationen handelt. Andererseits werden in aller Regel direkt Belege und Quellen verlinkt. Daher lese ich persönlich lieber Blogs als Zeitungsartikel. Um das aber zu verifizieren könnte man ja mal die Kommentarspalten miteinander vergleichen. Häufig mache ich z.B. darin auf fehlende Quellen und Meinungsmache aufmerksam. Bei einem Blog wird das in aller Regel konstruktiv aufgegriffen – in einer Zeitung erhält man in den wenigsten Fällen eine Rückmeldung, weder positiv noch negativ.

    1. @Nomis: Genau auf dieses Spannungsfeld zwischen Subjektivität und Neutralität bzw. der Pflicht der objektiven Berichterstattung bin ich in der Arbeit eingegangen.

      Aus persönlicher Erfahrung hatte ich gehofft bzw. erwartet, dass Blogs dabei gut wegkommen, es war aber auffallend, WIE gut sie weggekommen sind, vor allem im Vergleich zu den traditionellen Medien die untersucht wurden… Also ich glaube für Dich würde es sich lohnen, mal reinzulesen :)
      LG, Juliane

  12. Ich finde den Ausdruck 4. Gewalt unerträglich, allein wegen des Begriffs als solchem. Mich als Bloggerin als 5. Gewalt bezeichnen zu lassen, kann ich nicht akzeptieren – auch wenn mit etwas Salz auf dem Finger in die offenen Wunden der Gesellschaft pieke, bin ich dennoch nicht gewalttätig. Das Lob an die Bloggemeinde nehme ich pauschal gern an, aber etwas pazifistischer sehe ich die Bloggerei dann doch an…

  13. Ich kann Leser [14] nur recht geben.
    Wenn man schon glaubt eine Meinung zu einer Arbeit
    abgeben zu müssen sollte man diese, wenigstens auszugsweise,
    auch gelesen haben.
    Zumindest von einigen Bloggern hier, ist nicht zu
    erwarten dass sie je zu einer ernstzunehmenden gesellschaftlichen
    „Macht“ erwachsen könnten,- hoffentlich.

  14. @Latrinum
    Nimm den Vergewaltigungsvorwurf gegen Assange
    und die Headlines einiger Printmedien.
    Ich für mich muss gestehen, dass ich mehr Informationen aus
    Blogs erhalten hatte. Vor allem Klarheit was der Begriff
    Vergewalting in Schweden alles bedeuten und beinhalten kann.
    Da kann man nur sagen „Alter Schwede“.
    Vielleicht kann ja die Autorin mal untersuchen, ähnlich wie in
    ihrer Arbeit, ob zuerst und in welchem Maße die Printmedien oder
    die Blogger das Thema korrekt aufgegriffen hatten.
    Nur als Beispiel.
    Auf N24 stand im Videotext doch tatsächlich
    das die britische Polizei Assange eine Falle gestellt hätte, und das
    bis in den späten Abend hinein. ( ich unterstelle Absicht)
    Spätestens da fängt für mich die potentielle „Macht“ von Blogs an.
    Fehler und falsche Informationen werden in einem hoch frequentierten Blog sehr schnell korrigiert.

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