Liebe Leser*innen,

mehr als 6000 Menschen haben Behörden in den ersten drei Monaten dieses Jahres schon aus Deutschland abgeschoben, weit mehr als im Jahr zuvor. In der aufgeheizten Asyldebatte werden die Abschiebungen zunehmend brutal. Und sie treffen auch Familien und Kinder, die teils ohne Vorwarnung aus dem Klassenzimmer abgeholt werden, um sie direkt zum Flughafen oder in ein Abschiebegefängnis zu bringen.

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex ist für solche Fälle gut vorbereitet. In einer eigens für Kinder erstellten Broschüre verklärt sie Abschiebung zum fröhlich-bunten Abenteuer, auf das man richtig gespannt sein darf. Bundespolizisten werden zu freundlichen Begleitern in bunten Westen, Menschen werden Handschellen zu ihrer eigenen Sicherheit angelegt. Denn: „Auch wenn Du lieber hierbleiben möchtest, geht das im Moment leider nicht.“

Wie staatliche Brutalität hier in einer vermeintlich kindgerechten Sprache verharmlost wird, ist kaum auszuhalten, kommentiert mein Kollege Markus. Es ist eine gute Erinnerung daran, dass das alles nicht normal ist und nicht werden darf.

Habt ein gutes Wochenende

Chris

 

Unsere Artikel des Tages

Neues Berliner VerfassungsschutzgesetzMehr Überwachung, weniger Kontrolle, erschwerte Auskünfte

Die schwarz-rote Koalition im Berliner Abgeordnetenhaus will die Überwachungsbefugnisse des Landesverfassungsschutzes massiv ausweiten. Sie will mit der Online-Durchsuchung den Staatstrojaner einführen und gleichzeitig die Kontrolle des Geheimdienstes schwächen. Die Opposition kritisiert die Gesetzesnovelle scharf.

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Tickermeldungen

Lesenswert, wichtig und spannend – hier fasst die Redaktion netzpolitische Meldungen von anderswo als Linktipps zusammen.

rbb24
Zwei Schulsozialarbeiterinnen berichten anonym über ihren Alltag an einer Berliner Oberschule. Sie sprechen darüber, wie sie mit Sexting, Mobbing und TikTok-Challenges umgehen. Und dass sie sich mehr Geld für Präventionsprogramme und Aufklärung wünschen.
New York Times
Meta gründet ein KI-Labor, um an einer "Superintelligenz" zu arbeiten. Was soll das sein, fragt die New York Times, und gelangt zum Fazit: Nichts Genaues weiß man nicht.
VSquare
Der Orban-freundliche selbsternannte Sicherheitsexperte Georg Spöttle verbreitet in Ungarn seit Jahren russische Propaganda und ist eng verbandelt mit der politischen Führungsriege. VSquare hat zu seinen Verbindungen zu russischen Diensten recherchiert.
heise online
Nach Apple wehrt sich nun auch WhatsApp juristisch gegen britische Gesetze, die Hintertüren in iOS verpflichtend machen sollen. Meta befürchtet, dass hier ein "gefährlicher Präzedenzfall" geschaffen wird, der andere Nationen ermutigt, ebenfalls Verschlüsselung zu brechen.
LTO
Disney und Universal haben in Kalifornien Klage gegen Midjourney eingereicht. Der KI-Bildgenerator verletze Urheberrechte an ikonischen Filmfiguren wie Darth Vader und Homer Simpson. Die Studios fordern Schadensersatz und Schutzmaßnahmen für die Zukunft.
tagesschau
In den USA sind sie jetzt an dem Punkt angelangt, wo sie dem demokratischen Senator Alex Padilla aus Kalifornien Handschellen anlegen, weil er bei einer Pressekonferenz der Heimatschutzministerin kritische Fragen stellen will.
beck-aktuell
Die Bundesregierung hat nun bis Ende März 2026 Zeit, das in Teilen verfassungswidrige BKA-Gesetz zu reformieren. Auf Bitte des Bundeskanzlers hat das Verfassungsgericht die ursprünglich auf Ende Juli 2025 gesetzte Frist verlängert.
Bundesnetzagentur
Der Kopf der Plattform-Aufsicht in Deutschland ("Digital Services Coordinator") heißt künftig Johannes Heidelberger. In der Bundesnetzagentur wird er die nationale Durchsetzung des EU-Gesetzes über digitale Dienste (DSA) anleiten.
TechCrunch
Im Feed der App Meta AI fand TechCrunch alarmierend private Gespräche mit dem Sprachmodell. Die Redaktion schließt daraus: Nutzer:innen sind sich wohl nicht bewusst, dass sie mit der Teilen-Funktion der App ihre Chats der Öffentlichkeit offenbaren.
golem.de
Ab August müssen Anbieter internetfähiger Geräte in der EU mehr IT-Sicherheitsregeln beachten als zuvor, etwa änderbare Passwörter. Hintergrund sind Neuerungen in der Funkanlagenrichtlinie. Die Anforderungen seien allerdings ohnehin verbreiteter Standard, ordnet golem.de ein.
heise online
Das US-amerikanische "Center for Intimacy Justice" hat einen Bericht darüber vorgelegt, wie oft Online-Inhalte über weibliche Intimgesundheit verschwinden. Es geht um digitale Zensur von Inhalten zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit.
Der Standard
Die TikTok-Odyssee geht weiter. Offenbar plant US-Präsident Donald Trump, die Frist für den Verkauf der Video-Plattform ein drittes Mal zu verlängern.
Gesellschaft für Freiheitsrechte
Die GFF unterstützt eine Klage gegen Polizeiauflagen, nach denen Demo-Parolen und -Reden nur auf Deutsch und Englisch kommuniziert werden dürfen. Diese Sprachverbote beschneiden das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit von Migrant:innen, sagt die GFF.
Bayerischer Rundfunk
"Elon Musk hat den Konflikt mit Donald Trump verloren, weil er politische Macht unterschätzt und seine eigene überschätzt hat", heißt es in einem Kommentar beim Bayerischen Rundfunk. Musks Entschuldigung sei "Eingeständnis einer klaren Niederlage".
Deutscher Bundesjugendring
Kinderschutzbund, Deutsches Kinderhilfswerk, Unicef und weitere Organisationen haben Mindestanforderungen für Systeme zur Online-Alterskontrolle formuliert. Dazu gehören Privatsphäre, Datenminimierung und "Zugang für alle, auch für marginalisierte Gruppen".
marx.wtf
Die Hotelkette Numa hat durch unzureichende Sicherheitsmaßnahmen sensible Ausweisdaten ihrer Gäste offengelegt. Ein CCC-Mitglied entdeckte die Sicherheitslücke und plädiert für die komplette Abschaffung der Hotelmeldepflicht.
The Guardian
Google hat ein unerwartetes Problem im neuen Hauptquartier in London: Füchse haben haben unter anderem den Dachgarten des Neubaus besiedelt, in dem rund 250 Bäume wachsen. Der Schaden ist laut Google aber bislang gering.
Heise Online
27 US-Bundesstaaten klagen gegen den Verkauf der Gendatenbank 23andMe. Der dürfe nur vollzogen werden, wenn die betroffenen Menschen auch ihr Einverständnis gäben.
tagesschau
Bundesinnenminister Dobrindt (CSU) möchte mehr KI, um Sabotage und Spionage abzuwehren. "Wir müssen in Deutschland technisch, juristisch und organisatorisch aufrüsten", so der Minister im Vorfeld der Innenministerkonferenz.
beck-aktuell
Das VG Berlin hat entschieden, dass Zurückweisungen bei Grenzkontrollen rechtswidrig sind. Die Bundesregierung sieht darin eine "Einzelfallentscheidung", der ehemalige Verfassungsrichter Andreas Voßkuhle fordert eine Debatte um die drohende Erosion des Rechtsstaats.
Wired
Ein zehnjähriges Moratorium für KI-Regulierung in den USA, das Trumps „Big Beautiful Bill“ vorsieht, stößt auf Widerstand. Grund sind die ressourcenhungrigen Rechenzentren, die zudem oft in Wohngebieten gebaut werden.
taz
"Immer öfter zitieren Medien Expert:innen, um Fakten darzustellen – die dadurch wie Meinungen klingen", heißt es in einem Artikel bei der taz. Selbst in "allerkleinsten, unstrittigen Punkten" schleiche sich eine "Distanzierung vom Faktischen" ein.
tagesschau
Strafverfolgungsbehörden lassen Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder massenhaft im Netz, obwohl sie einfach zu löschen wären. In den Innenministerien sei das Defizit bekannt – es fehle aber der Wille, etwas daran zu ändern.
Ars Technica
Weil viele der ehrenamtlich tätigen Editor:innen das Vorhaben ablehnen, hat Wikipedia die Einführung von KI-generierten Zusammenfassungen vorerst gestoppt.
Euractiv
"Die EU wird kein EU-weites Verbot sozialer Medien in Betracht ziehen", sagte ein Sprecher der EU-Kommission gegenüber Euractiv. Einzelne Mitgliedstaaten könnten das demnach allerdings tun. Anlass war ein Vorstoß von unter anderem Frankreich.
Der Spiegel
Martin Jäger, derzeit deutscher Botschafter in der Ukraine, soll offenbar neuer BND-Chef werden. Der Spiegel erklärt die Hintergründe der von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bestimmten Personalie, die zunächst nicht offiziell bestätigt wurde.

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