die Posse um Andi Scheuer als Mitglied des Rechnungsprüfungsausschusses der Stadt Passau hat in der Redaktion für große Belustigung gesorgt. Lachen ist gut, denn die Verteidigung von Grund- und Freiheitsrechten ist ja bekanntermaßen nicht immer nur spaßig. Das liegt auch daran, dass wir meistens in einem Abwehrkampf sind.
Einen spannenden Text mit einer Vorwärtsverteidigung hat mein Kollege Martin Schwarzbeck geschrieben. Die Grundaussage: Wegen biometrischen Diensten wie Pimeyes und ausufernden staatlichen Gesichtserkennungsbefugnissen müssen wir das auf Demonstrationen geltende pauschale Vermummungsverbot abschaffen. Das fordert nicht irgendwer, sondern angesehene Menschenrechtsorganisationen wie die GFF, Amnesty International und die Humanistische Union.
Das Problem mit der Gesichtserkennung ist nämlich, dass Menschen durch deren Einsatz davon abgehalten werden könnten, ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auszuüben. Denn wenn ich Angst haben muss, dass mein Name wegen eines Demobesuchs plötzlich in Feindeslisten von Neonazis auftaucht, dann bin ich nicht mehr frei. Wenn ich fürchten muss, dass Polizei oder Geheimdienste Teilnehmerlisten von Demos anlegen, dann fange ich an abzuwägen, ob mir nicht Nachteile entstehen könnten. So etwas schadet der lebendigen Demokratie.
Wir alle haben ihn in guter Erinnerung als äußerst erfolgreichen Verkehrs- und Digitalminister. Unvergessen sein Einsatz gegen Funklöcher und für eine Pkw-Maut. Doch wie kam es dazu, dass der beliebte Politiker von „Steigbügelhaltern der Bösartigkeit“ zum Rücktritt aus dem Passauer Stadtrat gedrängt wurde? Eine Glosse.
Es gibt gute Gründe, auf Versammlungen das Gesicht zu verhüllen. Filmende Neonazis und Polizist*innen zum Beispiel – und die wachsende Bedrohung durch automatisierte biometrische Identifikation. Amnesty International, die Gesellschaft für Freiheitsrechte und die Humanistische Union fordern ein Ende des pauschalen Vermummungsverbotes.
Die EU-Kommission will Ausweiskontrollen beschleunigen. Mit Hilfe einer App sollen sich Reisende schon vor Antritt einer Reise ausweisen können. Auch Nicht-EU-Bürger:innen sollen die App nutzen können. Zum Datenschutz macht die Kommission noch keine genauen Angaben.
Wer erarbeitet die schriftlichen Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen im Bundestag und aus welcher Motivation heraus? In welcher Atmosphäre finden Sachverständigenanhörungen statt? Wir sprechen mit Simone Ruf von der Gesellschaft für Freiheitsrechte über Parlamentsausschüsse, die Beteiligung der Zivilgesellschaft und wie man in 24 Stunden 88 Seiten Gesetzentwurf bewertet.
Seit 25 Jahren setzt sich Bits of Freedom für digitale Grund- und Bürgerrechte ein. Die niederländische Nichtrechtregierungsorganisation kann auf beachtliche Erfolge zurückblicken und ist auch in der EU eine feste Größe. Vielen Dank für das Engagement und herzlichen Glückwunsch!
Ein Saugroboter der Marke Ecovacs war nicht nur leicht zu hacken, sondern gibt auch zahlreiche intime Daten über die Nutzer:innen an das Unternehmen weiter. Die Datenschutzeinstellungen, das zu verhindern, sind gut versteckt.
Im Vorjahr hat eine Jury festgestellt, dass Google seine Marktmacht im Mobilbereich missbraucht. Nun hat ein US-Bundesrichter dem IT-Unternehmen konkrete Auflagen gemacht, damit mehr Wettbewerb inner- und außerhalb des Play Stores einzieht.
Sachsens Datenschutzbeauftragte kritisiert die biometrische Überwachung in der Region Görlitz scharf. Sie hält das Vorgehen für „höchst bedenklich“ und verfassungswidrig. An Polizei und Staatsanwaltschaften richtet sie den Appell, diese Form der Überwachung vorerst zu unterlassen.
Bei Ermittlungen nach Einbrüchen soll die Polizei weitere fünf Jahre Kommunikation überwachen dürfen. Ursprünglich war das nur bei Verdacht auf eine Bande erlaubt, 2019 fiel diese Voraussetzung vorübergehend weg. Eine Evaluation sollte zeigen, ob das sinnvoll ist, doch dann kam Corona.
Wir sprechen mit Katarzyna Szymielewicz, Präsidentin der polnischen NGO Panoptykon Foundation. Wie hat sich die Situation für digitale Rechte verändert, seit Donald Tusk die Regierung übernommen hat? Was passiert an der Ostgrenze des Landes? Wie steht es um die Untersuchung zu Pegasus? Und sitzen wir alle in einem sinkenden Schiff?
We talk with Katarzyna Szymielewicz, president of the Polish NGO Panoptykon Foundation. How has the situation for digital rights changed since Donald Tusk took over the country’s government? What’s happening at the country’s Eastern border? What’s the state of the investigation into Pegasus? And are we all sitting in a sinking ship?
Die Chatkontrolle-Achterbahn fährt in die nächste Schleife: Weil mehrere Länder weiterhin eine Sperrminorität bilden, wird das Thema beim EU-Ministertreffen am Donnerstag nur am Rande behandelt. Über den Verordnungstext, der eine gefährliche Massenüberwachung bringen würde, besteht weiter keine Einigkeit.
Lesenswert, wichtig und spannend – hier fasst die Redaktion netzpolitische Meldungen von anderswo als Linktipps zusammen.
nobelprize.org
Den diesjährigen Nobelpreis in Chemie teilen sich David Baker, Demis Hassabis und John Jumper. Die beiden Letzteren arbeiten bei Google Deepmind und haben mit Hilfe sogenannter Künstlicher Intelligenz komplexe Protein-Strukturen modelliert und vorhergesagt.
Novaya Gazeta Europe
Seit Dienstag ist der Messaging-Dienst Discord in Russland blockiert. Der Regulierungsbehörde Roskomnadzor zufolge habe der Anbieter unter anderem gegen russische Anti-Terrorgesetze verstoßen, auch habe sich eine Geldbuße von 3,5 Mio. Rubel angesammelt.
Right Livelihood Award
Forensic Architecture erhält in diesem Jahr den Right Livelihood Award, den sogenannten Alternativen Nobelpreis. Die Recherchegruppe deckt Menschenrechtsverletzungen mit Hilfe digitaler Technologien auf. Die Verleihung erfolgt am 4. Dezember in Stockholm.
tagesschau
Der Oberste Gerichtshof von Brasilien gestattet X (Twitter) den Neustart. Besitzer Elon Musk hat die Millionen-Strafe gezahlt, die der Gerichtshof angeordnet hatte. Zuvor kämpfte er mehrere Wochen gegen das verhängte Verbot, um weiterhin rechtsextreme Inhalte verbreiten zu können.
The Guardian
Eine Studie zeigt: Technologie für die Gesundheit von Frauen erhält mit geringerer Wahrscheinlichkeit eine Finanzierung, wenn eine Frau im Gründungsteam ist.
Ars Technica
Elon Musks X unternimmt offenbar nichts gegen sogenannte Rachepornos – es sei denn, es trudelt eine Beschwerde wegen Verstößen gegen das Urheberrecht ein. Das haben Forscher:innen in einer Studie herausgefunden.
Verbraucherzentrale Sachsen
Amazon will bei Prime Video ab 2025 offenbar noch mehr Werbung bringen. „Falls Amazon diese Änderung erneut ohne Zustimmung der Abonnenten umsetzt, erweitern wir unsere bereits laufende Sammelklage“, kündigt die Verbraucherzentrale Sachsen an.
The New York Times
Die NYT beleuchtet das US-Industriebündnis NetChoice, das bislang erfolgreich juristisch gegen Alterskontrollen und sonstige politische Vorgaben im Internet vorgeht. Es wird aber auch Kritik an der Lobbygruppe laut, unter anderem von Tim Wu.
t-online
Rekord! Gut 40 Jahre nach der Veröffentlichung von Tetris hat ein 16-jähriger Texaner das Spiel komplett durchgespielt. Er ist der erste, der alle 255 Level geschafft hat.
Reuters
Die Zerschlagung von Google bleibt eine realistische Option, so das US-Justizministerium. Nach einem wegweisenden Urteil aus dem Sommer werden derzeit die Folgen der Einstufung als illegaler Monopolist diskutiert.
Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften
Der Nobelpreis in Physik geht dieses Jahr an John J. Hopfield und Geoffrey E. Hinton. Die beiden Forscher haben sich bei der Entwicklung sogenannter Künstlicher Intelligenz und neuraler Netze hervorgetan.
The Washington Post
Mehr als ein Dutzend US-Bundesstaaten verklagen TikTok. Das soziale Netzwerk mache absichtlich süchtig und schade so vor allem minderjährigen Nutzer:innen, heißt es in der Klage – nicht die erste dieser Art.
taz
Alarm Phone gibt es nun seit 10 Jahren. Flüchtende in Seenot können bei der Hotline anrufen, die dann versuchen, Hilfe zu organisieren. 8.000 Boote mit mehr als 200.000 Menschen hätten dieses Angebot bis heute genutzt.
Appeals Centre
In Irland gibt es eine neue Streitbeilegungsstelle für Konflikte rund um den Digital Services Act. Sie spezialisiert sich vorerst auf Konflikte bei Facebook, TikTok und YouTube. Beschwerden sollen ab Ende des Jahres möglich sein.
Gesellschaft für Informatik
Die Gesellschaft für Informatik warnt vor dem Einsatz der Delos-Cloud in der öffentlichen Verwaltung. Die Cloud-Lösung der SAP-Tochter sei auf eine kontinuierliche Versorgung mit Microsoft-Updates angewiesen und stelle einen potenziellen „Booster“ für die digitale Abhängigkeit dar.
taz
"Wer nicht um die einzige Tischtennisplatte im Block kämpfen will, zockt halt zu Hause." Mal ein anderer Blick auf das Thema Gaming-Sucht bei Jugendlichen und ein Plädoyer für lebenswerte analoge Räume.
Liebe Leser:innen, in der Ära von gedruckten Zeitungen muss sich die schreibende Zunft ja immer so gefühlt haben: Welche Nachrichten kommen wohl nach dem Druck? Ist mein Artikel morgen noch aktuell? Wie schreibe ich so, dass da morgen nicht überholter Quatsch steht? Wenn der nächste Auf den Punkt erscheint, dann könnte die US-Wahl entschieden und […]
Liebe Leser:innen, unser Kollege Ben hat gestern über Big-Tech-Vertreter:innen berichtet, die sich in Workshops der EU-Kommission als Nicht-Big-Tech geschmuggelt haben. Dabei hätten sie auch einfach mit ihren wirklichen Hüten teilnehmen dürfen. Passend zum gestrigen Kürbis-Grusel-Fest dachte ich, dass man sich ja Spuk-technisch auch ganz gut als Facebook, TikTok oder gar X-Twitter verkleiden könnte. Bei meiner […]
Liebe Leser*innen, jetzt ist es aber richtig Herbst geworden. Die Heizung steht auf „2“, zum Feierabend ist es schon stockfinster, und ringsum holen sich Menschen ihre erste Spätjahres-Erkältung ab. Die Wartezimmer füllen sich. Und ich finde, das ist eine gute Gelegenheit, um darüber nachzudenken, was mit den eigenen Gesundheitsdaten passieren soll. Denn schon im Januar […]
0 Ergänzungen