Vor knapp einem Jahr hat die EU-Kommission eine Verordnung zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern vorgeschlagen. Das Gesetz soll Anbieter von Internetdiensten dazu verpflichten, die Inhalte ihrer Nutzer:innen zu durchsuchen und Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs sowie die Kontaktaufnahme zu Kindern für sexuelle Zwecke an ein EU-Zentrum weiterzuleiten – die Chatkontrolle.
Das ist eigentlich verboten. Laut der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation dürfen Internetdienste die Inhalte ihrer Nutzer:innen nicht „mithören, abhören, speichern oder auf andere Arten abfangen oder überwachen“. Manche Anbieter wie Google, Apple und Meta tun das jedoch bereits freiwillig. Um das zu legalisieren, gibt es seit zwei Jahren eine vorübergehende Ausnahme der Vertraulichkeit der Kommunikation.
Die neue Verordnung soll Internetdienste zum Scannen verpflichten und das freiwillige Scannen wieder verbieten. Doch dagegen regt sich Widerstand unter den EU-Staaten. Ende März verhandelte die Ratsarbeitsgruppe Strafverfolgung erneut ausschließlich die geplante Verordnung. Wir veröffentlichen ein weiteres Mal ein eingestuftes Protokoll der Verhandlungsrunde.
Erhebliche rechtliche Bedenken
Vor der Sitzung verschickte die schwedische Ratspräsidentschaft einige Kompromissvorschläge. Demnach sprechen sich viele Mitgliedstaaten dafür aus, die vorübergehende Verordnung zu verlängern oder das freiwillige Scannen dauerhaft zu ermöglichen. Das wollen unter anderem Frankreich, Italien und Ungarn. Deutschland will freiwillige Maßnahmen prüfen, „sie bedürften einer dauerhaften Rechtsgrundlage“.
Die EU-Kommission widerspricht, sie hat „erhebliche rechtliche Bedenken“ dagegen. „Eine parallele Rechtsgrundlage für freiwillige Maßnahmen neben verpflichtenden Maßnahmen sei nicht denkbar, da freiwillige Maßnahmen ein verpflichtendes Regime unterminieren. In diesem grundrechtssensiblen Bereich könnten Maßnahmen gerade nicht der Freiwilligkeit von Unternehmen überlassen bleiben.“ Die Kommission warnt davor, „eine Rechtsgrundlage für freiwillige [Chatkontrolle] zu schaffen“.
Das Mitlesen von Kommunikation verstößt nicht nur gegen die ePrivacy-Richtlinie und die geplante ePrivacy-Verordnung. Sondern die Chatkontrolle greift auch in Grundrechte ein. Doch Grundrechtseingriffe müssen gesetzlich geregelt und vorgeschrieben sein, Unternehmen dürfen nicht einfach freiwillig Grundrechte verletzen. Eine ehemalige Richterin des Europäischen Gerichtshofs und der Europäische Datenschutzbeauftragte beurteilen die Chatkontrolle als rechtswidrig, der Europaabgeordnete Patrick Breyer klagt gegen das freiwillige Scannen.
Tschechien hält eine freiwillige Chatkontrolle nicht für notwendig. „Freiwillige Maßnahmen fänden dann statt, wenn ein Risiko ermittelt worden sei. Liege ein solches Risiko vor, sei es erforderlich, Anbieter zur Aufdeckung zu verpflichten.“ Die EU-Kommission begründet ihren Gesetzentwurf damit, dass Facebook und WhatsApp ihre bisher freiwillige Chatkontrolle verpflichtend fortführen sollen. Verpflichtet werden aber nur Dienste mit „erheblichem Risiko für sexuellen Kindesmissbrauch“. Wenn das auf Facebook zutrifft, dann auch auf viele andere Dienste.
Missbrauch und Kinderpornografie
Der juristische Dienst des EU-Rats hinterfragte die grundlegenden Begriffe. Das Gesetz definiert Kinder als Personen unter 18 Jahren. Doch das Alter der sexuellen Mündigkeit bestimmen EU-Staaten unterschiedlich, in Deutschland liegt es bei 14 Jahren. Das ist unter anderem relevant für die Erkennung von Grooming, also der Kontaktaufnahme zu Kindern für sexuelle Zwecke.
Zudem sieht der juristische Dienst eine „Diskrepanz zwischen kinderpornografischen Darstellungen und tatbestandlichem sexuellen Missbrauch von Kindern“. In Deutschland sind auch „kinderpornographische Inhalte“ strafbar, die „kein tatsächliches Geschehen wiedergeben“ und „nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt wurden“.
Die EU-Kommission sieht kein Problem, Kinderpornografie ist „per se illegal“ und „der Kontext für die Bewertung unerheblich“. Estland fragte, ob der Gesetzentwurf „auch das wachsende Phänomen des ‚deep-fake-porn'“ adressiert. Die Kommission bejahte, auch „Material mit Darstellungen einer Person mit kindlichem Erscheinungsbild“ sowie die „realistische Darstellung eines Kindes“ fallen unter die Definition von „Kinderpornografie“.
Transparenzpflichten nicht ernst genommen
Laut Gesetzentwurf der EU-Kommission sollen Mitgliedstaaten bei jeder Meldung von Kinderpornografie erfassen, ob das „zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen geführt“ hat oder nicht. Doch „viele Delegationen haben Einwände gegen diese Bestimmung“. Die schwedische Ratspräsidentschaft will die Transparenzpflicht streichen. Österreich, Belgien und Dänemark begrüßen die Streichung. Die Slowakei kann sich eine „freiwillige Datenerhebung“ vorstellen. Deutschland will „angemessene Transparenzpflichten“, ohne das weiter auszuführen.
Die EU-Kommission will den Absatz nicht streichen, „angemessene Transparenzpflichten“ haben auch „eine rechtliche Dimension“. Die Kommission kritisiert, dass die Staaten ihre Pflichten schon bisher ignorieren: „Bereits die Interimsverordnung enthalte Transparenzpflichten zu qualitativen Daten. Dabei zeige sich bedauerlicherweise, dass Datenerhebung durch viele Mitgliedstaaten nicht ernst genommen worden sei.“
Die Mitgliedstaaten wollen auch einen Abschnitt streichen, wonach nationale Koordinierungsbehörden „völlig unabhängig“ handeln sowie frei von Einflussnahme und Weisungen sein müssen. Polen bezweifelt, ob diese Anforderungen umsetzbar sind. Ungarn will streichen, dass nationale Behörden „integer“ sein müssen, „Behörden seien grundsätzlich integer“.
Behörden sind grundsätzlich integer
Uneinig sind sich die EU-Staaten darin, ob Kommunikationsdienste, die mit dem öffentlichen Telefonnetz kommunizieren, unter die Verordnung fallen sollen oder nicht. Die Ausnahme der ePrivacy-Richtlinie gilt nur für „nummernunabhängige“ Dienste. Die Kommission will alle Kommunikationsdienste verpflichten, egal ob Telefonnummer oder nicht. Doch viele Staaten sind der Meinung, dass die Verordnung „nicht die regulären Telekommunikationsanbieter umfassen soll“. Deutschland will Telekom und Co ausnehmen, Frankreich nicht. Eine Einigung steht noch aus.
Die Verhandlungen zur neuen EU-Verordnungen gehen weiter. Die Bundesregierung hat erst vergangene Woche ihre gemeinsame Position beschlossen und übermittelt. Das Gesetz soll noch vor der Europawahl im Frühjahr 2024 verabschiedet werden. Belgien kündigt an, „aktiv dazu beitragen“ zu wollen. Schweden will noch bis zum Ende seiner Ratspräsidentschaft im Juni „größtmöglichen Fortschritt“ erzielen.
Hier das Dokument in Volltext:
- Geheimhaltungsgrad: Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch
- Datum: 03.04.2023
- Ort: Brüssel
- Von: Ständige Vertretung der BRD bei der EU
- An: Auswärtiges Amt
- Kopie: BMI, BMJ, BMWK, BMDV, BMFSFJ, BKAmt, BMF, BMWK
- Betreff: Sitzung der RAG Strafverfolgung am 29. März 2023
- Hier: Entwurf der CSA–VO
- Zweck: Zur Unterrichtung
- Geschäftszeichen: 350.80/4
Sitzung der RAG Strafverfolgung am 29. März 2023
I. Zusammenfassung und Wertung
Die RAGS-Sitzung am 29. März 2023 befasste sich ausschließlich mit den Verhandlungen des Entwurfs einer CSA–VO. Es wurden abschnittsweise die Artikel 83 ff., Artikel 12 ff. und Artikel 25 ff. sowie Artikel 1 und 2 behandelt.
II. Im Einzelnen
TOP 1: Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council laying down rules to prevent and combat child sexual abuse
Examination of Presidency compromise proposal 7595/23
Vorsitz kündigte an, zunächst die Artikel 83 ff. zu behandeln.
BEL betonte Bedeutung des Dossiers, ein Abschluss noch in dieser Legislaturperiode sei anzustreben. BEL werde dazu aktiv beitragen.
EST und AUT begrüßten zügige Verhandlungen, allerdings werde für angemessene nationale Koordinierung ausreichend Zeit benötigt.
Vorsitz strebe im ersten Halbjahr größtmöglichen Fortschritt im Dossier an.
Artikel 83:
BEL, AUT und DNK begrüßten Streichung von Abs. 2 lit. a.
FRA äußerte Bedenken, Streichung von Abs. 2 lit. a gehe doch zu weit, erforderlich sei eine angemessene Regelung.
SVK sprach sich für einen „flexibleren“ Abs. 2 lit a aus, denkbar sei freiwillige Datenerhebung.
DEU – unterstützt von DNK und MLT – trug weisungsgemäß vor, angemessene Transparenzpflichten nationaler Behörden seien sicherzustellen.
Aus Sicht des Vorsitzes könne automatisierte Datenerfassung und Übermittlung sichergestellt werden.
Auf Nachfrage von FRA, DEU, PRT erläuterte Vorsitz, Abs. 5 sei gestrichen worden, da Artikel 83 auch personenbezogene Daten umfasse. Ein kohärenter Umgang mit personenbezogenen Daten sei erforderlich.
Aus PRT sei Streichung von Abs. 5 fraglich.
ESP legte PV zu Artikel 83 ein.
HUN sprach sich für Streichung von Abs. 2 lit. i aus.
Aus ITA und MLT Sicht sei es notwendig, ausschließlich Daten aus abgeschlossenen Verfahren zugrunde zu legen. Nur diese Daten seien hinreichend aussagekräftig.
KOM führte aus, dass angemessene Transparenzpflichten eine rechtliche Dimension hätten. Daher begegne die Streichung von Abs. 2 lit. a Bedenken. KOM sei offen, für mehr Flexibilität, längerer Fristen, ggf. Unterstützung der MS durch KOM. Wichtig seien IT-Systeme, die Daten automatisiert erfassen und Aufwände für die nationalen Behörden reduzieren. Bereits die Interims-VO enthalte Transparenzpflichten zu qualitativen Daten. Dabei zeige sich bedauerlicherweise, dass Datenerhebung durch viele MS nicht ernst genommen worden sei. Viele Daten seien aber alleine bei den MS vorhanden.
KOM stellte die Streichung von Abs. 5 in Frage. Artikel 83 beziehe sich nicht nur auf personenbezogene Daten, dies gehe insbes. aus Artikel 4 hervor.
Artikel 88:
Aus HUN Sicht sei Interims-VO unabhängig von der CSA–VO zu verlängern.
FRA sprach sich für die Fortführung freiwilliger Maßnahmen aus – entweder durch Verlängerung der Interims-VO oder im Rahmen der CSA–VO. Im Rahmen der CSA–VO setze sich FRA dafür ein, eine Rechtsgrundlage für freiwillige Aufdeckungen durch Anbieter als Teil des Risikomanagements zu schaffen.
DEU, ROU, MLT, SVK, CZE, EST, SVN und LVA betonten, dass eine Regelungslücke zwischen Auslaufen der Interims-VO und Inkrafttreten der CSA–VO zu verhindern sei. Freiwillige Maßnahmen seien aus DEU Sicht weiter zu prüfen, sie bedürften einer dauerhaften Rechtsgrundlage.
CZE betonte, dass die Verhandlungen wegen des Auslaufens der Interims-VO unter Zeitdruck stünden, Artikel 88 und 89 seien daher gemeinsam zu betrachten.
ITA sprach sich für eine Verlängerung der Interims-VO aus.
MLT befürwortete eine Verstetigung freiwilliger Maßnahmen, allerdings sehe man, wie auch LAT, rechtliche Risiken.
EST – unterstützt von SVN – führte aus, dass sich freiwillige Maßnahmen bewährt hätten. Es sei daher notwendig, diese auch für eine verlängerte Übergangsfrist zu zulassen – um ein Praxisvakuum zu verhindern.
PRT bat um Konkretisierung, was mit „freiwilligen Maßnahmen“ gemeint sei. Ein etwaiges paralleles System sei genau zu prüfen.
CZE äußerte Zweifel, ob freiwillige Aufdeckungsmaßnahmen gegenüber verpflichtenden einen Vorteil darstellen. Freiwillige Maßnahmen fänden dann statt, wenn ein Risiko ermittelt worden sei. Liege ein solches Risiko vor, sei es erforderlich, Anbieter zur Aufdeckung zu verpflichten.
Vorsitz führte aus, dass sich viele MS für eine Verstetigung freiwilliger Maßnahmen ausgesprochen hätten.
KOM führte aus, dass zwei Sachverhalte zu unterscheiden seien: Erstens eine mögliche Verlängerung der Interims-VO, um eine Regelungslücke bis zum Inkrafttreten der CSA–VO zu verhindern. Sofern erforderlich, sei dies sicherzustellen. Dazu könne entweder ein neuer KOM-Entwurf eingebracht werden oder im Rahmen der CSA–VO eine befristete Verlängerung der Interims-VO aufgenommen werden. Für letztes Vorgehen müsste die CSA–VO vor Auslaufen der Interims-VO verabschiedet werden.
Davon sei zweitens zu unterscheiden, die Schaffung einer dauerhaften Rechtsgrundlage für freiwillige Aufdeckungsmaßnahmen neben verpflichtenden Maßnahmen. Dies begegne aus KOM Sicht erheblichen rechtlichen Bedenken. Lediglich in Hostingdiensten könnten theoretisch freiwillige Maßnahmen parallel zu verpflichtenden Maßnahmen fortgeführt werden. Für interpersonelle TK-Diensten würde die ePrivacy-VO nach Auslaufen der Interims-VO freiwillige Maßnahmen verhindern. Eine parallele Rechtsgrundlage für freiwillige Maßnahmen neben verpflichtenden Maßnahmen sei nicht denkbar, da freiwillige Maßnahmen ein verpflichtendes Regime unterminieren. In diesem grundrechtssensiblen Bereich könnten Maßnahmen gerade nicht der Freiwilligkeit von Unternehmen überlassen bleiben.
KOM warne daher davor, parallel zu verpflichtenden Aufdeckungsmaßnahmen eine Rechtsgrundlage für freiwillige Aufdeckungen in interpersonellen Telekommunikationsdiensten zu schaffen.
Artikel 89:
CZE, FRA, ROU, SVK, EST, SVN und DEU sprachen sich für eine Verlängerung der Frist auf mind. 12 Monate – aus DEU und SVK Sicht seien 18 Monate vorzugswürdig.
NLD sprach sich für eine Frist von 24 Monaten aus. PRT regte ein abgestuftes Inkrafttreten an.
Vorsitz führte die Diskussion ab Artikel 12 ff. fort.
Artikel 12:
DEU trug weisungsgemäß zu Artikel 12 vor und fragte nach Streichungen in Abs. 3. DEU Vortrag wurde von NLD unterstützt.
FRA und BEL begrüßten Änderungen in Absatz 3 lit a und b. Es sei insgesamt ein nutzerfreundlicher Ansatz sicherzustellen.
ITA, IRL, HUN, MLT und POL begrüßten die vorgenommenen Änderungen grundsätzlich.
MLT wies auf einen möglichen Widerspruch zu Artikel 16 Abs. 2 c DSA hin.
Vorsitz führte aus, dass der DSA anonyme Meldung von CSAM vorsehe. Auch viele MS setzten sich für anonyme Meldungen ein. Dabei würden allerdings Möglichkeiten eines follow-up von Meldungen eingeschränkt.
SVN verwies auf ein nationales Portal, das anonyme Meldungen ermögliche. Dort eingehende Meldungen seien regelmäßig nicht „actionable“.
Aus KOM Sicht solle in einem EG das Verhältnis zwischen Artikel 12 CSA–VO und Artikel 16 DSA dargelegt werden. Lediglich Hostingdienstanbieter fielen sowohl unter die CSA–VO als auch unter Artikel 16 DSA. Anbieter interpersoneller TK-Dienste seien von Artikel 16 DSA nicht umfasst. In Fällen, in denen Nutzer unter der CSA–VO, eine unvollständige Meldung abgeben würden, obliege es gem. Artikel 13 den Anbietern, unvollständige Meldungen zu ergänzen, bevor diese an das EU-Zentrum weitergeleitet werden.
Artikel 13:
FRA sprach sich angesichts von Artikel 1 CSA–VO gegen einen EG zum Verhältnis zum DSA aus. Aus FRA-Sicht sollte in Abs. 1 lit. h außerdem übermittelt werden, ob eine Meldung bspw. an NCMEC bereits erfolgt sei/noch erfolgen werde.
DEU trug weisungsgemäß vor.
Auf DEU und POL Nachfrage erläuterte Vorsitz, dass „unique identifiers of the user“ in Abs. 1 lit. d aus anderen EU-Rechtsakten entnommen worden sei.
MLT begrüßte Änderungen grundsätzlich, der Vorschlag des Vorsitzes in Fußnote 8 werde ebenfalls begrüßt.
POL wies daraufhin, dass es unterschiedliche Kategorien von Metadaten gebe. Hier bedürfe es weiterer Konkretisierung.
Vorsitz regte an, Konkretisierungen zu Metadaten in einem EG zu ergänzen.
EST fragte in Zusammenhang mit Abs. 1 lit. j, was in den Fällen zu tun sei, in denen zwar eine Meldung, aber noch keine konkreten Hinweise auf das Opfer vorliege. Das betreffe insbesondere Fälle massenhafter Verbreitung von CSAM über Online-Plattformen. Inwieweit adressiere die CSA–VO auch das wachsende Phänomen des „deep-fake-porn“?
KOM erläuterte, dass Artikel 2c Abs. 3 und 4 der CSA–RL die von EST dargestellten Phänomene adressiere. Aus KOM-Sicht sei es vorzugswürdig, dringende Fälle innerhalb bereits vorgesehenen Meldewege vorrangig zu bearbeiten, ein paralleler „fast track“ sei zu vermeiden.
Artikel 13a:
FRA, MLT und PRT begrüßten Abs. 2, Ergänzung orientiere sich an TCO–VO und DSA.
Auf DEU Nachfrage trug Vorsitz vor, dass „imminent threat to the safety of a child“ anderen Rechtsakten entnommen worden sei. Es gehe um solche Straftaten, die ein unmittelbares Handeln der Behörden erforderten.
Artikel 14:
Vorsitz führte aus, „in accordance with relevant national requirements“ greife FRA und NLD Besonderheiten auf, denen nun Rechnung getragen werde.
FRA, ITA und NLD begrüßten Ergänzung.
DEU trug weisungsgemäß zu Artikel 14 und 14a vor.
Vorsitz erläuterte zum Verhältnis von Artikel 14 zu Artikel 14a: Artikel 14a gelte abschließend für grenzüberschreitende Entfernungsanordnungen (Bspw. DEU Behörde weise einen Anbieter in einem anderen MS an). Demgegenüber gelte Artikel 14 abschließend für rein innerstaatliche Sachverhalte (Bpsw. DEU Behörde weise Anbieter mit Sitz in DEU an). Wie auch in anderen Bereichen üblich, werde mit Wirkung in allen MS entfernt.
DEU, POL, EST, PRT und ITA begrüßten Rückkehr zur Frist von 24 Stunden in Absatz 2.
Aus EST und PRT Sicht sollte die frühestmögliche Entfernung „innerhalb“ von 24 Stunden sichergestellt werden.
HUN und ROU wiederholten Forderung nach einstündiger Frist, es gebe keine sachlichen Gründe für unterschiedliche Entfernungsfristen für terroristische Inhalte und CSAM.
KOM führte aus, dass Koordinierungsbehörden nicht nur national, sondern auch auf europäischer Ebene koordinierten. Das umfasse auch solche Fälle, in denen mehrere MS „Interesse“ an einem bestimmten CSAM-Inhalt haben. Die Zusammenarbeit sei in Artikel 30 adressiert und ggf. könne in einem EG nochmals konkretisiert werden.
Artikel 15:
FRA begrüßte die vorgeschlagenen Änderungen.
AUT fragte, weshalb Art. 20 DSA anstelle des neu vorgesehenen Abs. 3a nicht ausreiche.
DEU trug weisungsgemäß vor.
Auf DEU Nachfrage führte Vorsitz aus, dass die Definition „related criminal offence“ nochmals im Rahmen der weiteren Begriffsbestimmungen behandelt werde. Vorsitz sei offen für Formulierungsvorschläge.
Auch PRT sprach sich dafür aus, „related criminal offences“ zu konkretisieren.
Artikel 16:
FRA wiederholte Kritik an einwöchiger Frist in Abs. 1a, es bedürfe einer angemessenen Frist. Auch Abs. 6 sei zu streichen, Höchstdauer von Sperrungen für 5 Jahren sei nicht nachvollziehbar. Aus welchen Gründen sollten illegale Inhalte nach Ablauf von 5 Jahren wieder verfügbar sein?
DEU trug weisungsgemäß zu Sperranordnungen vor.
FRA sprach sich dafür aus, MS-Autonomie beim Erlass von Sperranordnungen beizubehalten.
KOM wies daraufhin, dass Bewertungen der MS Eingang in Erlass von Sperranordnungen fänden. MS würden Inhalte in die Datenbank gem. Artikel 36 einspeisen.
Vorsitz führte die Diskussion ab Artikel 25 ff. Fort.
Artikel 25:
KOM führte aus, dass KOM-Entwurf die Logik zugrunde liege, wonach i.d.R. Koordinierungsbehörden Anordnungen erlassen. Dies entspreche den Regelungen im DSA. Im Rats-Entwurf sei der Versuch unternommen worden, MS-Bedarfen gerecht zu werden. Dabei seien Kompetenzen auf andere nationale Behörden ausgeweitet worden. MS sollten sich einig werden darüber, welche Aufgaben der Koordinierungsbehörde zugewiesen werden. Letztlich seien alle Behörden „zuständige Behörden“, Alleinstellungsmerkmal der Koordinierungsbehörde sei die nationale/europäische Koordinierung. Da zuständige Behörden und Koordinierungsbehörden im Wesentlichen gleichen Aufgaben wahrnehmen – mit Ausnahme der Koordinierung – müssten sie den gleichen Anforderungen unterliegen. Diese seien mindestens die in der TCO–VO vorgesehene Unabhängigkeit. KOM kündigte Übermittlung schriftlicher Darstellung an.
FRA legte PV zu KOM-Vortrag ein.
Aus CZE-Sicht seien KOM Ausführungen nicht weit entfernt von derzeitigen Formulierungen.
DEU und POL begrüßten Verlängerung der Frist in Abs. 1.
Artikel 26:
POL zweifelte an der Umsetzbarkeit der Anforderungen des Abs. 1 Satz 2.
HUN forderte Streichung „integrity“, Behörden seien grundsätzlich integer.
DEU trug weisungsgemäß zu Artikel 26 vor.
Artikel 27:
FRA – unterstützt von DEU – widersprach Ausweitung der Befugnisse auf weitere zuständige Behörden.
HUN und FRA bevorzugten den Terminus „Inspektion“ an Stelle von „Investigation“.
Vorsitz sprach sich für eine Vereinfachung der Durchsetzungsbefugnisse aus.
Vorsitz führte die Diskussion zu Artikel 1 und 2 fort:
JD-Rat führte aus, dass sich Definition der CSA–VO auf die CSA–RL bezögen. Es bestehe gem. CSA–RL gewisse Diskrepanz zwischen kinderpornografischen Darstellungen und tatbestandlichem sexuellen Missbrauch von Kindern. In der CSA–RL hingen Strafbarkeiten maßgeblich vom jeweiligen „Alter der sexuellen Mündigkeit“. Solange das jeweilige nationale Recht divergiere (Mindestharmonisierung), stelle sich die Frage, welche nationalen Regelungen maßgeblich sein sollen. Mit Blick auf Grundrechtssensibilität von Aufdeckungsanordnungen müssten Definition eindeutig sein. Daher sollten eigene Definitionen dessen, was Aufdeckungsanordnungen unterliegen solle, in die CSA–VO aufgenommen werden.
KOM widersprach Ausführungen des JD-Rates ausdrücklich. Artikel 2 lit. l KOM-Entwurf lege dar, welches bereits als illegal definiertes Material vom Anwendungsbereich der CSA–VO umfasst sei. Das gewählte Verfahren entspreche dem Verfahren in der TCO–VO. KOM wies daraufhin, dass der Besitz von CSAM per se illegal sei. Der Kontext sei für die Bewertung unerheblich. Bei der Strafbarkeit von Grooming werde in der Tat auf „Alter der sexuellen Mündigkeit“ aufgebaut. Aus diesem Grunde erhalte KOM-Entwurf eine feste Altersgrenze für die Strafbarkeit von Grooming.
FRA widersprach dem Ausschluss nummernunabhängiger TK-Dienste in Artikel 2. Mit der CSA–VO werde doch beabsichtigt, besehende Regelungslücken zu schließen.
Definitionen sollten in der CSA–RL angepasst werden, eigenen Definitionen in der CSA–VO widersprach FRA – unterstützt von BEL – ausdrücklich.
DEU trug weisungsgemäß zu Artikel 1 und 2 vor und unterstützte – wie auch FIN – die Einschränkung auf nummernunabhängige TK-Dienste.
KOM betonte, dass die Aufnahme von nummernunabhängigen TK-Diensten erforderlich sei, um den Entwurf zukunftssicher auszugestalten.
AUT fragte, inwieweit interpersonelle Kommunikation überhaupt in den Anwendungsbereich der CSA–VO fallen könnten.
AUT sei sehr an der schriftlichen Stellungnahme von JD-Rat interessiert. JD-Rat erklärte, dass es noch kein Datum für die Vorlage des Gutachtens von JD-Rat gebe.
CZE stellte die Erforderlichkeit von Artikel 1 Abs. 3a in Frage, ggf. sei eine Verschiebung in EG sachdienlich.
BEL unterstützte alle Änderungen in Artikel 1 und 2.
MLT widersprach der Streichung von Artikel 2 lit. j.
Vorsitz kündigte an, in der nächsten Sitzung am 13. April die Diskussion über Aufdeckungsanordnungen fortzuführen. Angestrebt werde eine grundsätzliche Thematisierung. Daneben solle die Diskussion zum EU-Zentrum (Artikel 40-82) fortgeführt werden.
TOP 2: AOB
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