Amazon hat 2019 beim Verkauf einer Sammlung von Reden und Texten des chinesischen Präsidenten Xi Jinping auf seiner chinesischen Webseite Amazon.cn die Möglichkeit zu Bewertungen und Rezensionen auf Wirken des chinesischen Staates ausgeschaltet, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Das Buch hat auf der Webseite bis heute weder Bewertungen noch Rezensionen, wie es normalerweise bei allen angebotenen Produkten üblich ist.
Laut des Berichts sei der Vorgang „Teil einer jahrzehntelangen Anstrengung des Unternehmens, die Gunst Pekings zu gewinnen, um sein Geschäft auf einem der größten Marktplätze der Welt zu schützen und auszubauen.“ Dabei bezieht sich der Bericht auch auf ein internes Dokument von Amazon aus dem Jahr 2018, in dem es heißt, dass ideologische Kontrolle und Propaganda Kernstück des Instrumentariums der kommunistischen Partei seien. Als Anweisung an die Amazon-Beschäftigten steht dort: „Wir fällen kein Urteil darüber, ob dies richtig oder falsch ist“.
Laut den Recherchen von Reuters, die neben dem Dokument auch auf einem Dutzend Gesprächen mit Menschen basieren, welche Einblick in Amazons Aktivitäten in China haben, hat Amazon zudem mit einem Unternehmen aus dem Propaganda-Apparat Chinas zusammengearbeitet, um das Projekt „China Books“ auf Amazon.com umzusetzen. Dabei soll der wirtschaftliche Erfolg des Projektes keine Rolle gespielt haben, sondern der Zugang zum Regime. Dementsprechend genehm ist die Auswahl der Bücher dort: Lehrbücher der chinesischen Sprache, unpolitische Kindergeschichten, Kochbücher, Heldenerzählungen über den Lockdown in Wuhan und viele Titel, die den politischen Kurs der Regierung unterstützen.
„Geltende Gesetze und Vorschriften“
Gegenüber Reuters sagt Amazon nur, dass es „alle geltenden Gesetze und Vorschriften“ einhalte, wo immer es tätig sei, China sei dabei keine Ausnahme. Die Kompromisse, die das Unternehmen mit Peking eingeht, stehen allerdings im Gegensatz zu seinen Bemühungen, die Regulierungsbehörden in anderen Ländern der Welt zu umgehen. Reuters nennt hier den Versuch Amazons, in Indien lokale Vorschriften zu umgehen und zur Förderung seiner eigenen Marken die Suchergebnisse auf seiner indischen Website zu manipulieren. In den Vereinigten Staaten habe Amazon staatliche Datenschutzgesetze ausgehöhlt oder umgangen, so der Bericht weiter.
Amazon hat in den vergangenen Jahren seinen Markt in China ausgebaut. Viele chinesische Unternehmen nutzen die Cloud-Dienste des Konzerns, darunter die TikTok Mutter Byte Dance und das Videoüberwachungsunternehmen Hikvision. Andere Unternehmen verkaufen ihre Produkte direkt über Amazon in den Westen.
Laut dem internen Dokument von Amazon erhält das Unternehmen „immer mehr“ Anfragen und Änderungswünsche des chinesischen Staates bezüglich seiner Inhalte. Amazon ist seit 2004 in China aktiv.
Sind wir doch mal ehrlich: Amazon kann nur deshalb so handeln wie es handelt, weil es weiß, dass es in westlichen Demokratien jedes Bussgeld und Urteil bis zum umfallen anfechten kann und jahrelange Rechtsstreite führen könnte, dazu noch Mandatsträger mit Lobbyismus einlullen und so weiter. In China läuft das anders: einmal den Zorn der Zentralpartei auf sich gezogen fällt das Henkersbeil ohne zu zögern – und der schöne Wachstumsmarkt ist futsch. Da ist man also vorsichtiger.
Konzerne… machen mit, wenn sie es nicht gleich selbst deichseln, nur die Loser bleiben in Nürnberg hängen. Total überraschend. Irgendwann kommt ein Gesetz drüben oder hüben, dann müssen die vielleicht doch dichtmachen, ähnlich wie bei anderen, die vorher eben auch mitgemacht hatten, und dann erst auf Aufforderung hin der Biege gewichen sind.
In China gilt das Primat der Politik ueber die Wirtschaft, auch wenn die Politik nur eingeschraenkt demokratisch ist.
Im Westen gilt das Primat der Wirtschaft ueber die Politik, und die Wirtschaft ist per Selbstdefinition undemokratisch.
Es ist nicht schön, aber Unternehmen machen eben keine Politik. Wenn sich ein Unternehmen über westliche Gesetze erhaben fühlt, ist der Aufschrei groß, aber in China sollen sie am Besten freiwillig ihren Markt aufgeben?
Mal im Ernst: Wenn man das chinesische Regime nicht unterstützen möchte, und ich fände diese Entscheidung vollkommen richtig, dann sollte man Handelsbeschränkungen erlassen, anstatt auf Unternehmen einzudreschen, die ihren Aktionären verpflichtet sind.