Die Kontaktbeschränkungen werden immer mehr gelockert, wir bleiben aber vorerst im Homeoffice und arbeiten vereinzelt immer wieder auch mal im Büro. Während es draußen Sommer wird, sitzen wir fleißig an den Transparenzberichten, die über die Coronazeit liegen geblieben sind. Diese Woche haben wir uns immerhin bis zum April vorgearbeitet. Fazit des Monats: Schade, dass in diesem Jahr der erste April ausgefallen ist, schön, dass ihr uns weiter unterstützt.
Das gibt uns ausreichend Raum, auch tiefer zu recherchieren. So hat Daniel Laufer sich in dieser Woche gefragt, wie es sein kann, dass zwei junge Männer Millionenschäden durch DDoS-Attacken verursachen können. Er hat die Geschichte des 16- und des 20-Jährigen recherchiert und für uns aufgeschrieben.
Noch mehr Angriffe
Um Angriffe auf die Privatsphäre geht es bei billigen Smartphone-Apps, die es ermöglichen, Menschen auszuspionieren. Sie werden von Stalkern benutzt und verletzen massiv die Grundrechte der Opfer. Das große Problem dabei ist, dass die Programme nur schwer auffindbar sind. Sicherheitsforscher:innen entwickeln Strategien, um solche Spionageapps zu enttarnen.
Auch deutsche Behörden würden gerne mehr hacken. Dazu lassen sie manche Sicherheitslücken bewusst offen – obwohl ein Staat eigentlich darauf aus sein sollte, alle möglichen Schwachstellen so schnell wie möglich zu schließen. Die Bundesregierung arbeitet gerade aus, wie mit einzelnen Schwachstellen umgegangen werden soll. Abgeordnete haben nachgefragt, zu den meisten Fragen schweigt die Regierung. Wir veröffentlichen die Antworten.
Gesetzgebung in progress
Das Urheberrecht soll an das digitale Zeitalter angepasst werden. Dazu hat das Justizministerium in dieser Woche einen Diskussionsentwurf für ein neues Urheberrecht vorgestellt. Darin steht auch, dass die umstrittenen Uploadfilter kommen werden. Wir haben uns den Entwurf angeschaut.
Dazu haben sich auch andere Ministerien schon geäußert. Vor allem das CDU-geführte Wirtschaftsministerium und das Kanzleramt verlangen Änderungen, die in erster Linie Urheber:innen schaden würden. Wir haben die Änderungsvorschläge, die den Schutz von Kreativen, Wissenschaft und Bildung angreifen, veröffentlicht.
Schon seit zwei Jahren arbeitet die Bundesregierung an einem neuen IT-Sicherheitsgesetz. Den Entwurf dafür haben wir bereits vergangene Woche veröffentlicht. Unser Gastautor Sven Herpig hat sich den bisherigen Gesetzestext angeschaut und findet, dass man daraus mehr hätte machen können. Vielleicht gar nicht so schlecht, dass trotz hoher Priorität und wiederholter Ankündigungen bisher noch nicht viel daraus geworden ist, schreibt er.
Unter Beobachtung
Ein anderes Gesetz, an dem die Bundesregierung gerade arbeitet, ist das Telekommunikationsgesetz. Obwohl es unzählige Gerichtsurteile gibt und Probleme mit der EU-Kommission drohen, hat die Regierung anlasslose Massenüberwachung in die neuen Gesetze aufgenommen.
Immerhin eine starke rechtliche Regelung ist die Datenschutzgrundverordnung, die jetzt schon seit zwei Jahren gilt und weltweit als Vorbild betrachtet wird. Und trotzdem: Gegenüber den großen Unternehmen wie Google oder Facebook mangelt es an konsequenter Durchsetzung. Wir haben uns angeschaut, welche Schwachstellen die EU-Kommission sieht.
Gegen geltendes Recht verstoßen hat Facebook. Der Bundesgerichtshof hat in dieser Woche geurteilt, das Unternehmen beute seine Nutzer:innen aus und führe Daten rechtswidrig zusammen.
Für gesetzliche Grundlagen scheint sich auch die britische Polizei nicht zu interessieren – immer wieder speichert sie zu viele Handydaten und das auch noch zu lange. Nach massiver Kritik nimmt sich endlich die Datenschutzbehörde des Problems an.
Internet für alle
Gleiches Internet für alle ist eine netzpolitische Grundforderung. Mit der Einführung des neuen 5G-Mobilfunkstandards hätte die Netzneutralität allerdings erheblich geschwächt werden können. Dem haben neue Leitlinien jetzt einen Riegel vorgeschoben und es wird auf absehbare Zeit kein Zwei-Klassen-Internet geben. Yay!
Wenn man sich nicht physisch treffen kann, sind virtuelle Konferenzen eine Notlösung. Wir haben in der Zeit der Corona-Krise berichtet, wo die Schulministerien an der Bereitstellung von Infrastruktur von Videokonferenzen scheitern und wo Projekte gut funktionieren. Zu letzteren gehört die Jitsi-Instanz der Münchener Freifunker:innen. Bis zu 1.700 Menschen können auf ihrem Serververbund gleichzeitig online sein. Wir haben mit den Betreiber:innen gesprochen.
Doch obwohl sie wichtige Infrastruktur bereitstellen, sind Freifunker nicht überall beliebt: Immer wieder werden private Anschlussinhaber beschuldigt, das Urheberrecht zu verletzen. Das zeigen einmal mehr neue Urteile, die von Betreibenden Nachforschungen und Datensammlungen verlangen. Eigentlich ist im Gesetz eine eindeutige Regelung festgeschrieben – diese Rechtssicherheit höhlen die Urteile gegen Freifunker allerdings immer weiter aus.
Schluss mit lustig
Eine Kolumne in der taz hat diese Woche die Gemüter bewegt – und den Innenminister Horst Seehofer zur inzwischen wieder zurückgezogenen Ankündigung einer Strafanzeige. In der aufgeblasenen Debatte scheint Seehofer jedes Mittel recht, um die Debatte über Rassismus und Polizeigewalt zu beenden, kommentiert Markus Reuter. Denn im Kern ist es vor allem ein Angriff auf die Pressefreiheit, wenn der Innenminister mit einer Strafanzeige gegen eine einzelne Journalistin droht.
Auch sonst in der Welt sieht es nicht so viel besser aus. In der vergangenen Woche haben wir bereits von den neuesten Ambitionen der Trump-Regierung berichtet, die den Open Tech Fund gefährden. Damit ist die Unterstützung für viele Verschlüsselungs- und Anonymisierungswerkzeuge bedroht. Jetzt sind Deutschland und Europa in der Verantwortung, kommentieren Constanze Kurz und Frank Rieger. Den Text gibt es hier auch auf Englisch.
In Brasilien soll das „schlechteste Internetgesetz der Welt“ beschlossen werden. Beworben wird es damit, Fake-News zu bekämpfen. Tatsächlich ist es eines der härtesten Überwachungsgesetze, das Meinungsfreiheit und Privatsphäre zerstört, Menschen aus dem Internet ausschließt und dezentrale Strukturen gefährdet.
Schluss mit Rassismus, das fordern Mitarbeitende von US-amerikanischen Tech-Unternehmen. Bei Google etwa verlangen mittlerweile mehr als 1.600 Mitarbeiter:innen, dass strukturelle Diskriminierung nicht nur verbal verurteilt wird, sondern auch tatsächlich Handlungen folgen. Das heißt für sie: Keine Software mehr für die Polizei.
Lichtblicke der Transparenz
Doch es gibt auch Lichtblicke, beispielsweise wenn es um freies Wissen geht. Auch wenn Bibliotheken mitunter mit verstaubten Bücherregalen verbunden werden, setzen sich viele in einer digitalen Welt durch und arbeiten mit Open Data und Open Source. Die Uni-Bibliothek Leipzig hat eine neue Plattform, auf der ihre digitalen Angebote sichtbar werden sollen.
Offener werden will jetzt auch der Brandenburger Landtag und hat beschlossen, dass Parlamentsdokumente in Zukunft als Open Data veröffentlicht werden sollen. So sollen vor allem rechtliche Grauzonen geklärt werden, doch der Teufel steckt im Detail. Details zu Urheber- und Nutzungsrechten sollen Verwaltung und Landtagspräsidium jetzt ausarbeiten.
Und damit wünschen wir euch ein schönes Wochenende.
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