Netzpolitischer Wochenrückblick KW18: Dobrindts IFG-Ablehnung, Asylverwaltung per Blockchain und re:publica 2019

Das Verkehrsministerium weiß nicht, wie ein Strategiepapier zur Digitalisierung entstanden ist. In der Asyl-Verwaltung werden mit Blockchain und Outlook neue, bedenkliche Wege beschritten. Außerdem beschäftigen uns der Datenschutz bei Microsoft und Drohnen-Flüge. Wir freuen uns außerdem schon auf die re:publica nächste Woche.

Einige dürfte das freuen: Pandas erhalten in deutschen Zoos nur Sachleistungen – der Missbrauch von Sozialleistungen ist damit von Anfang an ausgeschlossen. CC-BY-NC-ND 2.0 Nathan Rupert

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Europas größte Konferenz rund um Digitalisierung und Internet findet kommende Woche vom 6. bis 8. Mai in Berlin statt. Wir freuen uns schon auf das umfangreiche und vielfältige Programm der diesjährigen re:publica. Auch wir sind mit dabei und an zahlreichen Talks beteiligt. Alle Leserinnen und Leser sind herzlich eingeladen, uns an unserem Stand zu besuchen.

Für alle netzpolitisch Interessierten geben wir hier noch einmal einen strukturierten Überblick über das Programm rund um unsere Themen.

Huch, wo kam das denn her?!

In der öffentlichen Verwaltung kann offenbar schon mal der Überblick verloren gehen, wer was geschrieben hat: Das Bundesverkehrsministerium weiß nach eigenen Angaben jedenfalls nicht mehr, wie das „Strategiepapier digitale Souveränität“ entstanden ist. Das geht aus einer Ablehnung unserer IFG-Anfrage hervor.

Das Papier zum Datenschutz und Dateneigentum aus dem Hause des damaligen Ministers Alexander Dobrindt wurde kontrovers diskutiert – nicht zuletzt deshalb, weil der Verdacht bestand, dass es auf Wunsch der Autoindustrie entstanden sei. Mit unserer Anfrage stellte sich nun heraus, dass das Ministerium keine Auskunft geben kann, wie das Papier entstanden ist: Denn interne Aufzeichnungen gebe es darüber nicht und der zuständige Mitarbeiter habe den Arbeitgeber gewechselt. Hmm.

Apropos Transparenz: Im Sommer wird in Berlin wird ein Volksbegehren für ein Transparenzgesetz durchgeführt. Die Initiative möchte nach Hamburger Vorbild Politik und Verwaltung in Berlin transparenter werden. Dazu sollen zukünftig Verträge, Gutachten und Software-Quellcode öffentlich einsehbar sein.

Asyl-Verwaltung per Blockchain und Outlook

Um Prozesse zuverlässiger und effizienter zu gestalten, experimentiert das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit der Blockchain. Doch damit wird sich das BAMF wohl neue Probleme einhandeln, statt bestehende zu lösen. Denn die Blockchain ist nur zuverlässig und transparent, wenn alle Daten unverändert und für immer vorhanden bleiben – doch das würde die Rechte von Menschen im Asylverfahren massiv einschränken. Mehr dazu im Text.

Gleichzeitig werden in Tübingen problematische Flüchtlinge in einer „Liste der Auffälligen“ gespeichert. Die Folge: Menschen auf dieser Liste werden in spezielle Unterkünfte verlegt. Während es keine Informationen über die Kriterien zugeben scheint, nach denen Geflüchtete auf dieser Liste landen, ist das Format bekannt: ein gemeinsam genutztes Outlook-Postfach.

Bestrebungen der EU-Kommission zum Einsatz von Uploadfiltern könnten womöglich gegen geltende europäische Rechtslage verstoßen. Denn eigentlich ist es in der EU verboten, Online-Dienste zu verpflichten, hochgeladene Inhalte zu überwachen – doch genau das möchte die EU-Kommission durch Uploadfilter erreichen. Die Bundesregierung sieht darin jedoch keine „allgemeine Überwachungspflicht“, schreibt sie in einer Antwort an den Bundestag.

Datenschutzbedenken: Positionierungen und Abschüsse

Microsoft überall! Auch in der öffentlichen Verwaltung kommen Microsoft-Produkte zum Einsatz, Datenschutzbedenken zum Trotz. Europäische Datenschutzbehörden prüfen seit einiger Zeit, in welchem Umfang Microsoft in der EU-Verwaltung eingesetzt wird und ob es dabei zu Datenschutzverstößen kommt. Nun will sich auch die deutsche Aufsicht positionieren. Keine Sicherheitsdenken hat dagegen das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, zumindest sagte dies das Amt gegenüber netzpolitik.org.

Datenschutz kann aber auch anders gehen. Eigentlich obliegt es ja Datenschutzbehörden, gegen Verstöße vorzugehen. Doch ein Mann in Sachsen nahm die Sache selbst in die Hand. Ein Gericht sprach ihn nun frei, nachdem er auf eine Drohne geschossen hatte, die über seinen Garten flog. Auch wenn uns die Wahrung der Privatsphäre wichtig ist: Datenschutz mit dem Luftgewehr sollte nicht zur Regel werden.

„Neues aus dem Fernsehrat“ für Grimme Online Award nominiert

Die Reihe „Neues aus dem Fernsehrat“ ist für den Grimme Online Award 2019 nominiert. Seit 2016 berichtet Leonhard Dobusch bei netzpolitik.org aus dem ZDF-Fernsehrat, dem er angehört. Zuletzt ging es in der 38. Folge um ein Impulspapier zu einer „Internetintendanz“, dass Ideen für eine zeitgemäße Kuratierung von Inhalten bei öffentlichen-rechtlichen Fernsehsendern diskutiert. Gratulation, Leo!

Außerdem gratulieren wir dem Podcast Logbuch:Netzpolitik zu ihrer 300. Sendung, die am Samstag mit einer Live-Show in Berlin gefeiert wird.

Wir wünschen ein schönes Wochenende!

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Eine Ergänzung

  1. Kann jemand bitte zur ARD Veranstaltung mit Andreas Voßkuhle gehen, um zu klären, wieso Karlsruhe mit der „third-party-rule“ Artikel 10 GG torpedierte (NSA-Selektoren-Urteil), obwohl es diese third-party-rule in unseren Nachbarländern nicht gibt (dort haben die Geheimdienst-Kontrolleure direkt-Zugriff auf die Datenbanken der Dienste), warum Edward Snowdens Zeugenschutz von unserer Justiz abgelehnt wurde (Verfassungs-Beschwerden abgelehnt, Organklage der Opposition des U.A. abgelehnt, am Ende Verbannung durch BGH-Revision), was dem Wesensgehalt des Grundgesetzes widerspricht, und schließlich, was die „drohende Gefahr“ sein soll aus dem BKA-Gesetz-Urteil, das erst 6 Jahre brauchte, während dieses Gesetz in Kraft war, und das jetzt die Unschuldsvermutung einreißt in den neuen Polizeigesetzen? Ich bin nicht die Richtige, dahin zu gehen und zu fragen, mir bedeutet es zu viel, als dass ich entspannt, ruhig und höflich mit dem Repräsentanten des Bundesverfassungsgerichts darüber diskutieren könnte. Aber jemand sollte es tun, sonst könnte man sich den Anlauf, Andreas Voßkuhle und uns Bürger zusammen zu bringen gleich sparen.
    Der Link zur Frage-Einreichung ist:
    https://www.daserste.de/unterhaltung/film/themenabend-70-jahre-grundgesetz/fragerunde/frage-100.html

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