Netzpolitischer Wochenrückblick KW 33: Polizei-Programme und Militär-Drohnen

Diese Woche beschäftigten uns die sieben Programme, die die Polizei zum Hacken von Smartphones einsetzt. In Hamburg soll Gesichtserkennungssoftware nun Standard werden. Wir fragten uns, warum der Digitalrat und die Datenethikkommission ihre Arbeit immer noch nicht aufgenommen haben. Wissenswert außerdem: Militärische Drohnen sollen bald im zivilen Luftraum fliegen dürfen.

– Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com David Clode

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Auf eine Anfrage des Grünen Politikers Konstantin von Notz hin gab die Bundesregierung vergangene Woche Informationen über die von der Polizei verwendete Software zum Auslesen von Mobilgeräten heraus. Wir veröffentlichten die Antwort in Volltext. Derzeit sind sieben Programme im Einsatz, die Sicherheitslücken ausnutzen, um selbst für alltägliche Ermittlungen extrem sensible Daten auszulesen.

Auf Software für andere Zwecke setzt die Polizei in Hamburg, obwohl die Ergebnisse dürftig sind: Die Gesichtserkennungssoftware Videmo360, die erstmals zur Aufarbeitung der G20-Proteste eingesetzt wurde, hat zur Identifizierung von lediglich drei Personen geführt. Der zuständige Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar stuft das Verfahren als rechtswidrig ein. Trotzdem soll die Software nun öfters zum Einsatz kommen, zum Beispiel bei Großereignissen wie Fußballspielen.

Militärische Drohnen bald im zivilen Luftraum?

Nicht nur die Polizeibehörden erhalten mehr Befugnisse: Auch die Bundeswehr darf sich in Zukunft über neues Gerät freuen. In Deutschland fliegen bewaffnungsfähige Drohnen bisher nur in speziellen Bereichen. Das könnte sich jedoch bald ändern, denn die Eurodrohne soll uneingeschränkt in den sogenannten kontrollierten Luftraum integriert werden. Bis zum Jahr 2025 wollen die Rüstungskonzerne Airbus, Dassault und Leonardo die Eurodrohne zur Serienreife entwickeln. Voraussetzung für den Flug in zivilen Lufträumen ist aber der Einbau eines funktionsfähigen Ausweichsystems, um Zusammenstöße zu verhindern.

Datenschutz: Bundesregierung zu langsam

Wie wichtig gesetzliche Regelungen zum Datenschutz sind, wurde diese Woche gleich mehrmals deutlich. Google trickst beispielsweise mit irreführenden Einstellungen für den „Standortverlauf“, um sensible Standortdaten in jedem Fall in großem Maße sammeln zu können.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigte zudem, dass mit gängigen Adblockern wie Adblock Plus, Ghostery oder Disconnect kein ausreichender Schutz gegen große Unternehmen wie Google, Facebook & Co. möglich ist. Dies liegt insbesondere an neueren Werbedistributionsverfahren wie Echtzeit-Auktionen, die dazu geführt haben, dass Nutzungsdaten an immer mehr Unternehmen verteilt werden.

In Kalifornien wurde, befeuert durch den Skandal um Cambridge Analytica, ein neues Datenschutzgesetz verabschiedet. Innerhalb kurzer Zeit wurden 600.000 Unterschriften gesammelt. Unternehmen werden durch das neue Gesetz verpflichtet, Personen Auskunft über gespeicherte Daten zu erteilen und sie auf Anfrage zu löschen.

In Deutschland geht es in Sachen Netzpolitik nur schleppend voran: Nach einem Viertel der Legislaturperiode sind noch nicht alle im Koalitionsvertrag vereinbarten netzpolitischen Gremien besetzt. Eine wichtige Rolle zum Austausch von Politik und Expertinnen und Experten soll eigentlich der Digitalrat spielen, doch das Gremium ist immer noch nicht besetzt. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte nach Erscheinen des Textes an, bald zehn unabhängige Experten in den Digitalrat berufen zu wollen. Namen nannte sie aber noch nicht.

Die Mitglieder der Datenethikkommission stehen zwar bereits fest, ein erstes Treffen hat es jedoch noch nicht gegeben. In der Kommission soll eine Neuordnung des Datenrechts vorbereitet werden. Gesprochen wurde hingegen bereits über „Flugtaxis“, ein Herzensthema unserer Staatsministerin für Digitalisierung Dorothee Bär.

Computergestützte Systeme für Wahlen auf dem Prüfstand

Auf der diesjährigen Hackerkonferenz DEF CON wurden dreißig Wahlcomputermodelle einem Test unterzogen. Dabei fiel jedes Modell durch. Die Teilnehmer setzten sich mit der Technik und Verwundbarkeit der in den USA eingesetzten Wahlcomputern auseinander. Das Ziel der Organisatoren war es klare Schwächen der Systeme aufzuzeigen und eine politische Diskussion anzustoßen.

Während des Wahlkampfes vor dem Brexit-Referendum schalteten Befürworter des britischen EU-Ausstiegs personalisierte Wahlwerbung, um Stimmung für die eigene Sache zu erzeugen. Um was für Motive und Anzeigen es sich dabei handelte, wird erst jetzt zwei Jahre später öffentlich. Dies verdanken wir der Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, welcher den Einfluss gezielter Desinformation auf den Wahlkampf untersucht.

Suchmaschine in China: Google intern scharf kritisiert

Menschenrechtsorganisationen, die US-Politiker und selbst Google-Angestellte selbst kritisieren die Pläne des Konzerns für eine zensierte Suchmaschine in China. Der Konzern würde sich damit zum Handlanger des chinesischen Überwachungsregimes machen und die Tür für Menschenrechtsverletzungen öffnen. Google versuchte zunächst wiedermal, die Krise auszusetzen. Chinesische Staatsmedien dementierten indes eine Zusammenarbeit mit dem Tech-Konzern.

Gastbeitrag: Acht Missverständnisse über Blockchain

Blockchain ist derzeit ein vieldiskutiertes Thema. Dabei kommt es immer wieder zu Missverständnissen. Besonders den Medien gelingt es oft nur schlecht, die Potenziale dieser noch sehr jungen Technologie treffend darzustellen. Deshalb hat Franz v. Weizäcker in einem Gastbeitrag versucht, die großen Fragen rund um Blockchain zu beantworten. Dabei beschreibt er die grundsätzlichen Ideen dahinter und geht auf den Mehrwert der Technologie ein.

inform | defend | attack

Informieren, verteidigen, angreifen. Unter diesem Motto findet die Konferenz „Das ist Netzpolitik“ am 21. September in der Volksbühne in Berlin statt. Die Liste der Sprecher*innen ist bereits online und wird ständig erweitert, das vielseitige Programm mit Vorträgen, Diskussionen und interaktiven Workshops wird in den nächsten Tagen veröffentlicht. Sichert euch jetzt ein Ticket!

Wie allseits bekannt, setzen wir uns nicht nur für Transparenz ein, sondern wir sind auch transparent. Aus diesem Grund gab es diese Woche Einblick in unsere Einnahmen und Ausgaben für den Juni in unserem Transparenzbericht.

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