Braunschweig: Große Drohnen auf Kollisionskurs

Für die Zulassung in Deutschland benötigen Bundeswehrdrohnen ein System zum Ausweichen von drohenden Zusammenstößen. Das Verteidigungsministerium testet jetzt entsprechende Verfahren. Bis zur Serienreife werden deutsche Kampfdrohnen in Israel stationiert.

Die „Eurodrohne“ soll bei ihrer Serienreife in 2025 im zivilen Luftraum fliegen. Dafür braucht es ein Ausweichsystem. – Alle Rechte vorbehalten Airbus

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) führt in Braunschweig Flugversuche mit Drohnen zur Vermeidung von Zusammenstößen durch. Das teilte die Bundesregierung bereits im Oktober in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage mit. Dabei wird ein eigens für das Projekt entwickelter Prototyp genutzt, dessen Erstflug jetzt für „Ende des Jahres 2018“ angekündigt wird.

Die Tests erfolgen im Programm „Sense and Avoid national“ (ProSAn), das vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) mit 13 Millionen Euro finanziert wird. Dabei handelt es sich um eine deutsche Studie, die im Rahmen des Projekts „MID-air Collision Avoidanice System“ der Europäischen Verteidigungsagentur durchgeführt wird. Ziel ist die Entwicklung und Erprobung von Ausweichverfahren für größere Drohnen. Das DLR war laut Ministerium bereits in der Vergangenheit mit Studien über „Ausweichkonzepte, -verfahren bzw. Manöver sowie zugehörige Algorithmen“ beauftragt. Derzeit führt das Institut außerdem Flugversuche mit größeren Helikopterdrohnen für die Bundespolizei durch.

Flüge derzeit nur mit Sondergenehmigung

Bislang verfügen die Drohnen der Bundeswehr lediglich über sogenannte Assistenzsysteme („Traffic Alert and Collision Avoidance Systems“), die Hinweise auf eine mögliche Kollision geben können. Ein Ausweichmanöver muss im Ernstfall aber von den Drohnenpiloten eingeleitet werden. Zur Gleichstellung der militärischen Drohnen mit der zivilen Luftfahrt ist ein TCAS nicht ausreichend. Deshalb muss die Bundeswehr in Deutschland für jeden Test- oder Trainingsflug eine Sondergenehmigung beantragen. Die Flüge dürfen dann nur in gesperrten Lufträumen stattfinden. Vermutlich aus diesem Grund werden die Kampfdrohnen der Bundeswehr für die Ausbildung in Israel stationiert.

Die Flugversuche in Braunschweig sollen der Antwort der Bundesregierung zufolge im 4. Quartal 2018 und im 2. Quartal 2019 stattfinden. Neben dem DLR arbeiten die Firmen Hensoldt und Diehl Defence GmbH in ProSAn mit, die Bundeswehr ist als Beobachterin beteiligt. Hensoldt, eine Ausgründung aus dem Airbus-Konzern, ist auf die Herstellung elektro-optischer Sensoren spezialisiert. Damit können etwa Abstände ermittelt werden, auf deren Grundlage die Drohnen Ausweichmaßnahmen einleiten. Die Drohnen tragen außerdem einen Radarsensor, mit dem beispielsweise Wetterlagen erkannt werden können.

Deutsche Drohnen mit NASA-Technologie

Weitere Details zu dem in Braunschweig genutzten Prototypen sowie zu dessen Funktionsweise sollen erst Ende 2019 in einem Abschlussbericht genannt werden. Dann könnten die Ergebnisse der Flugversuche in die Zertifizierung der bewaffnungsfähigen „Eurodrohne“ einfließen, die Airbus derzeit im Auftrag von fünf EU-Mitgliedstaaten entwickelt.

Laut Verteidigungsministerium soll das in ProSAn entwickelte Ausweichsystem auch für Drohnen der Klasse „High Altitude Long Endurance“ (HALE) genutzt werden können. Im Projekt „PErsistent German Airborne SUrveillance System“ (PEGASUS) plant die Bundesregierung die Beschaffung von drei Spionagedrohnen der HALE-Klasse. Auch die dort genutzten unbemannten Luftfahrzeuge verfügen über kein Ausweichsystem. Die Vertragsunterzeichnung über zwei Milliarden Euro soll ebenfalls in einem Jahr erfolgen. Laut der Bundesregierung könnte die NASA bis zur Lieferung der hochfliegenden Drohnen eine Ausweichtechnologie serienreif entwickelt haben, die dann auch die Bundeswehr nutzen will.

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