Die von der Bundeswehr gekaufte Skandal-Drohne „Euro Hawk“ könnte möglicherweise an das Militärbündnis NATO verkauft werden. Das schreibt der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn in der Antwort auf eine Kleine Anfrage im Bundestag. Demnach hat das Verteidigungsministerium „verschiedene Optionen“ für die Verwertung der Drohne untersucht. Mehrere Staaten sowie das in Sizilien beheimatete „NATO Alliance Ground Surveillance Programm“ (NATO-AGS) seien zum Kauf der Drohne angefragt worden. Kanada und die NATO hätten „Interesse geäußert“.
Der „Euro Hawk“ basiert auf dem nahezu baugleichen „Global Hawk“ des US-Rüstungsherstellers Northrop Grumman. Ursprünglich sollten mehrere „Euro Hawks“ ein von Airbus Defence and Space gebautes Spionagesystem ISIS transportieren, mit dem die Bundeswehr jede funkgebundene Kommunikation oder elektromagnetische Strahlung abhören kann.
700 Millionen Euro für den „Euro Hawk“
Das Projekt kam wegen Zulassungsproblemen nicht über die Lieferung eines Prototypen hinaus. Im Jahr 2013 zog der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière die Reißleine, die Drohne lagert nun im Bundeswehrstandort Manching. Vor zwei Jahren endete die vertragliche Zusicherung von Airbus, die Bundeswehr für die Wartung des „Euro Hawks“ mit Ersatzteilen zu beliefern. Seitdem wurden keine Wartungsmaßnahmen mehr an der Großdrohne durchgeführt.
Bislang hat die Bundesregierung mehr als 700 Millionen Euro für den „Euro Hawk“ bezahlt. Weitere Gelder sollten für neue Erprobungsflüge ausgegeben werden. In den Ausgaben enthalten sind auch 275,7 Millionen Euro für das Abhörsystem ISIS, die Beschaffung zweier weiterer ISIS-Anlagen sollten nach Angaben des Verteidigungsministeriums 28,6 Millionen Euro pro Stück kosten. Alle drei Module wurden mittlerweile an die Bundeswehr geliefert und lagern derzeit an den Standorten Ulm, Manching und Immenstaad.
Vertragsschluss für PEGASUS im Jahr 2019
Es ist unklar, wieviel Geld das Verteidigungsministerium durch einen Verkauf des „Euro Hawk“ einnehmen könnte. Die Drohne wurde durch die US-Luftwaffe „demilitarisiert“, kann also von den potentiellen Käufern nicht ohne weiteres für militärische Zwecke eingesetzt werden. Laut der Antwort auf die Kleine Anfrage hat die Bundeswehr auch einen Verkauf „einzelner Komponenten, Baugruppen und Ersatzteile“ untersucht. Eine weitere Option sei die Verwendung im Projekt PEGASUS, beispielsweise als „Wartungstrainer“.
PEGASUS steht für „PErsistent German Airborne SUrveillance System“ und meint den Nachfolger des Projekts „Euro Hawk“, der ebenfalls von Northrop Grumman gebaut wird. Die Bundeswehr will nach derzeitigem Stand drei PEGASUS-Drohnen beschaffen. Das Gesamtsystem soll zwei Milliarden Euro kosten, es besteht außer den Luftfahrzeugen aus einer festen und einer verlegbaren Bodenkontrollstation sowie Ersatzteilen. Nun sollen die Verhandlungen über die Details eines Kaufvertrages starten. Als frühestmöglichen Termin für einen Vertragsschluss nennt das Bundesverteidigungsministerium das erste Halbjahr 2019.
Verteidigungsministerium spricht erstmals von Ausweichsystem
Dem Verteidigungsministerium zufolge handelt es sich bei der PEGASUS um das „ausgewogenste Gesamtpaket“, dessen Potenzial für die „höchste Forderungserfüllung aller untersuchten Lösungen“ erkannt worden sei. Gegenüber der „Global Hawk“ verfügt die PEGASUS über einen Blitzschutz, eine Enteisungsanlage, Hagel- und Vogelschlagschutz, eine verstärkte Tragfläche und verbesserte Software.
Für eine Zulassung im deutschen Luftraum braucht die PEGASUS-Drohne jedoch ein System zum Erkennen und Ausweichen vor anderen Luftfahrzeugen („Sense bzw. Detect & Avoid“-Technologie). Ein solches System sei laut dem Verteidigungsministerium ab 2020 zu erwarten. Laut Staatssekretär Silberhorn sei das amerikanische System „Airborne Collision Avoidance System X“, das im Auftrag der NASA entwickelt wurde und derzeit erprobt wird, „sehr fortgeschritten“.
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