Netzpolitischer Wochenrückblick KW 40: War es doch Landesverrat?

Ob „Cyberwehr“, Staatstrojaner oder Bundesarchiv: Die Bundesregierung war sich letzte Woche nicht zu schade, das Netz gegen sich aufzubringen. Auch Yahoo hat sich keine Freunde gemacht, denn es wurde bekannt, dass das Unternehmen E-Mails für Geheimdienste durchsucht hat.

Uns liegen Dokumente nicht nur vor, wie veröffentlichen sie auch. CC-BY-SA 4.0 sebaso

Unseren Wochenrückblick verschicken wir auch als Newsletter.

Kein Landesverrat

In dem ARD-Magazin „Kontraste“ wurde vergangene Woche aus einem bisher nicht veröffentlichten Gutachten eines BND-Professors zitiert. Demnach handelt es sich bei unseren Veröffentlichungen zu Cyberabwehrplänen des Verfassungsschutzes um Staatsgeheimnisse. Wir sehen das anders: Nur weil Geheimdienste etwas als Staatsgeheimnis sehen, machen wir uns nicht zu Komplizen.

Tatü, tata

Die „Cyberwehr“ kommt, eine Art Feuerwehr für den Cyberraum. Sie soll unter Leitung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik bei IT-Sicherheitsvorfällen zum Einsatz kommen. Die Experten dafür sollen aus der Wirtschaft kommen und kostenlos für die Behörde arbeiten. Wir veröffentlichten außerdem den Entwurf für die „Cyberwehr“-Initiative.

Hysterie um Phishing-Angriff

Als Ende August der Bundestag von einer erfolglosen Phishing-Mail-Attacke heimgesucht wurde, war das mediale Echo groß – obwohl solche Angriffe alltäglich sind. Doch aufgrund der Vorkommnisse lud das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik die Parteien zu einer Informationsveranstaltung ein. Die Einladung erreichte aber nur einen Bruchteil derer, die benachrichtigt werden sollten.

Drei Gründe für mehr Datenschutz und Privatsphäre: BKA, BND & Yahoo

Das Bundeskriminalamt (BKA) plant, Staatstrojaner auf Mobiltelefonen einzusetzen. Dass das Bundesverfassungsgericht den Einsatz der Spionagesoftware generell als teilweise grundrechtswidrig eingestuft hat, scheint wohl keinen zu interessieren. Ob das BKA die Software selber entwickelt oder dabei auf ein privates Unternehmen setzt, ist bisher nicht bekannt.

Der BND darf ohne spezielle Genehmigung keine Deutschen abhören, kann aber auch nicht alle Deutschen ausfiltern, wenn er den Internetverkehr überwacht. Zu diesem Schluss kamen zwei unabhängige Gutachten, die der NSA-Untersuchungsausschuss in Auftrag gegeben hat. Demnach ist es unmöglich, mit einhundertprozentiger Sicherheit zu bestimmen, ob ein Datenpaket sich vom Inland aus zu einem Ziel im Inland bewegt oder nicht.

Yahoo stand bereits vor zwei Wochen wegen eines großen Datenlecks in der Kritik. Nun wurde bekannt, dass das Unternehmen im Auftrag amerikanischer Geheimdienste alle eingehenden E-Mails nach bestimmten Selektoren durchsucht hat. Yahoo kam damit einer geheimen staatlichen Anordnung nach, wobei die Anfrage nach Auskunft der Quellen auf das FBI oder die NSA zurückgeht.

So geht Datensparsamkeit: Signal ist ziemlich sicher

Der Datenschutz der verschlüsselten Messenger-App Signal hat sich offiziell als gut herausgestellt. Das Unternehmen Open Whisper Systems sollte einer Anordnung des US-Bundesbezirksgerichts in Virginia nachkommen. Es sollten Namen, IP-Adressen und die komplette Account-Historie, zudem etwaige Bezahlinformationen sowie über ein Tracking-Cookie verknüpfte weitere Accounts der Nutzer herausgegeben werden. Allerdings konnte nur der Zeitpunkt, zu dem der Account angelegt wurde, und wann er sich zuletzt mit den Signal-Servern verbunden hatte, übermittelt werden. Mehr Daten wurden einfach nicht gespeichert.

Bundesregierung will Zugang zu Archivdokumenten erschweren

Mit einer anstehenden Reform des Bundesarchivrechts verspricht die Bundesregierung ein nutzerfreundlicheres und moderneres Bundesarchiv. Tatsächlich würde die neue Regelung aber den Zugang zu vielen Archivdokumenten erheblich erschweren – insbesondere bei Geheimdiensten. Das Gesetz regelt, dass amtliche Informationen im Bundesarchiv erst dann eingesehen werden können, wenn eine Schutzfrist von dreißig Jahren abgelaufen ist. Das galt jedoch bisher nicht für Unterlagen, die bereits nach dem Informationsfreiheitsgesetz prinzipiell offenstanden.

Weniger Anwaltskosten, höhere Forderungen

2013 wollte die Bundesregierung mithilfe eines neuen Gesetzes Abmahnkosten für Urheberrechtsverletzungen im Internet reduzieren. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen wollte in einer Studie die Auswirkungen untersuchen. Im Vergleich sind die Anwaltskosten deutlich gesunken, liegen aber trotzdem noch über dem gesetzlich festgelegten Niveau. Gestiegen sind hingegen die finanziellen Forderungen an die Verbraucher.

BND-Gesetz soll trotz Kritik schnell beschlossen werden

Die Große Koalition lässt nicht locker und peitscht das neue BND-Gesetz im Eiltempo durch den Bundestag. Es steht in der Kritik, weil es illegale Praktiken des Bundesnachrichtendienstes legalisieren und die parlamentarische Kontrolle schwächen würde. Schon am Dienstag, den 18. Oktober, soll die abschließende Beratung im Innenausschuss stattfinden, am 21. Oktober soll das Gesetz beschlossen werden.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

0 Ergänzungen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.