Transparenz-Bericht: Staatliche Stellen fordern alle vier Stunden Nutzer-Informationen von Twitter an

Staatliche Stellen verlangen immer öfter von Twitter, Nutzer-Informationen herauszugeben oder Inhalte zu entfernen. Das geht aus dem Transparenz-Bericht hervor, den der Mikroblogging-Dienst gestern mit neuen Zahlen veröffentlicht hat. Nur jede zweite Anfrage davon ist berechtigt und wird von Twitter entsprochen.

Zum gestrigen Datenschutztag hat Twitter auf transparency.twitter.com eine neue Ausgabe des halbjährigen Transparenz-Berichts herausgegeben. Darin werden die Anfragen nach Nutzer-Informationen, zur Entfernung von Inhalten und Copyright-Hinweise im zweiten Halbjahr 2012 aufgelistet:

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Die Anfragen staatlicher Stellen nach Nutzer-Informationen stiegen im zweiten Halbjahr 2012 im Vergleich zum ersten noch einmal um 20 Prozent an. Der Großteil mit 815 von 1.009 Anfragen kam aus den USA, davon hat Twitter in 69 % der Fälle Daten von insgesamt 1.145 Accounts herausgegeben. In den Niederlanden kam Twitter nur einem Drittel der Anfragen nach und in Australien nur jeder fünften. In den allermeisten Staaten lehnte Twitter Anfragen von Regierungen nach Account-Informationen ab, darunter auch Deutschland, wo es weniger als 10 Anfragen gab.

Anfragen von Regierungen, Inhalte zu entfernen stiegen von sechs Anfragen in der ersten Jahreshälfte auf 42 im zweiten Halbjahr. In Deutschland gab es zwei Anfragen, von denen nur einer entsprochen wurde: Die Sperrung des Twitter-Accounts einer als kriminellen Vereinigung verbotenen rechtsextremistischen Gruppierung aus Hannover blieb die einzige Account-Sperrung weltweit wegen einer Regierungs-Anfrage. In Frankreich hat Twitter 44 antisemitische Tweets von 40 Accounts gesperrt (deren Inhaber sie nun laut Gerichtsbeschluss identifizieren sollen). Den 24 weiteren Anfragen kam Twitter nicht nach.

Die allermeisten Anfragen waren Notice-and-Takedown Hinweise wegen vermeintlichen Urheberrechts-Verletzungen. Mit 3.378 Hinweisen im ersten und 3.268 Hinweisen im zweiten Halbjahr blieb die Anzahl hoch. Das sind ungefähr 18 Anfragen pro Tag. Mit 53 % hat Twitter leicht mehr als der Hälfte davon entsprochen. Gelöscht wurden 5.557 Tweets und 1.648 Medien-Inhalte von 7.205 Accounts. Die rechtliche Basis dürfte dabei fast immer der amerikanische Digital Millennium Copyright Act (DMCA) sein.

Alle Anfragen werden von Twitter auf der Webseite Chilling Effects transparent gemacht, leider ist diese jedoch gerade down.

In einem Blog-Beitrag kritisiert der Twitter-Jurist Jeremy Kessel: „Die steigende Anzahl von Anfragen kann eine ernsthafte abschreckende Wirkung auf freie Meinungsäußerung haben – und echte Auswirkungen auf die Privatsphäre.“

Von den allermeisten Anfragen zur Entfernung von Inhalten oder Herausgabe von Nutzer-Daten im Internet bekommt so gut wie niemand etwas mit. Diese Transparenz-Berichte sind eine gute Möglichkeit für Nutzer und Interessierte, ein paar Fakten dazu zu bekommen. Dem Beispiel von Twitter und Google sollten weitere Firmen folgen, erst kürzlich haben wir Skype dazu aufgefordert.

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