Lobbykratie und Urheberrecht, 2. Runde [Update]

Anlässlich der Vergabe des Negativpreises „Lobbykratie-Medaille“ durch LobbyControl hat sich herausgestellt, dass eines der nominierten Unternehmen, die Deutsche Vermögensberatung AG, auf YouTube die Sperrung einer 3sat-Dokumentation mit dem Titel „Lobbykratie – die inoffizielle Macht“ veranlasst hatte (vgl. Abstimmung über Lobbykratie-Medaille und das Urheberrecht). Diesen Umstand haben wir mit folgendem Screenshot dokumentiert:

Screenshot vom 02.11.2011

Dieser Blogeintrag dürfte nun die Deutsche Vermögensberatung AG dazu gebracht haben, noch einmal bei YouTube nachzuhaken und nicht nur die Löschung des Videos, sondern auch den Verweis auf den Beschwerdeführer tilgen zu lassen. Mittlerweile präsentiert sich nämlich die Sperrmeldung nur noch in gekürzter Fassung:

Screenshot vom 09.11.2011

Der Verweis auf den Beschwerdeführer fehlt also. Dabei ist diese Information gerade dann entscheidend, wenn das Urheberrecht nur der Vorwand dafür ist, einen Beitrag sperren zu lassen, es aber eigentlich um die Unterdrückung unliebsamer Berichterstattung geht.

Im Laufe des Nachmittags war Google noch nicht in der Lage zu klären, warum sich der Text der Mitteilung gerade innerhalb der letzten Woche geändert hat, konnte aber nicht ausschließen, dass es auf eine Intervention von Deutsche Vermögensberatung AG zurückzuführen ist. Sobald eine Stellungnahme von Google vorliegt, gibt es hier diesbezüglich ein Update.

[Update, 11.11., 18:00 Uhr]

Inzwischen liegt eine offizielle Stellungnahme von Google vor. Derzufolge ist die Änderung der Sperrmeldung nicht auf eine Intervention sondern auf eine interne Umstellung des diesbezüglichen Systems zurückzuführen. Google zu Folge sollte deshalb der Hinweis auf den Beschwerdeführer in den nächsten Tagen wieder  angezeigt werden.

Unabhängig davon verdeutlicht diese Geschichte aber, dass bei der Sperrung von Beiträgen auf Online-Plattformen die Information über den Beschwerdeführer sehr relevant sein kann. In diesem Zusammenhang wäre demnach eine transparente Darstellung diesbezüglicher Policies und entsprechender Änderungen wünschenswert.

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30 Ergänzungen

  1. Ich finde es gut, dass die Deutsche Vermögensberatung AG offen zu ihrer grundrechtsfeindlichen Gesinnung steht. Pierre Vogel schafft das zum Beispiel nicht. Facebook auch nicht.

  2. Ist die Deutsche Vermögensberatung nicht die Firma, die neulich in dem BND MP3 erwähnt wurde als Tarnfirma für BND-Leute?

  3. Die Deutsche Vermögensberatung AG taucht auch in schöner Regelmäßigkeit bei den Großspenden auf, übrigens ausschließlich an die Parteien CDU und FDP, jeweils etwa 100.000€ pro Jahr.

  4. Wenn ich die Doku über Tor (Amerikanisch Exit Node) aufrufe steht noch da wer da Zensieren lässt.

    Und hat zufällig wer noch einen Link auf einen Ort wo ich die Doku noch sehen kann?

  5. Wieso müssen die Inhalte der öffentlich rechtlichen Sender eigentlich nicht unter einer freien Lizenz, z.B. CC BY-SA, veröffentlicht werden? Es gäbe ausreichend Gründe hierfür.
    Zur Zeit ist die Dokumentation aber noch auf 3-SAT und YouTube abrufbar.

    1. Prinzipiell wäre es sehr wünschenswert, dass ein möglichst großer Anteil an öffentlich-rechtlichen Inhalten CC-lizenziert wird – das würde beispielsweise auch ein charmanter Ausweg aus der 7-Tage-Frist sein, nach der die meisten Inhalte depubliziert werden müssen.

      Vielfach ist das aber gar nicht so einfach, weil Inhalte dritter verwendet werden (z.B. von Nachrichtenagenturen), die in ihren Nutzungsbedingungen eine derartige Weiterlizenzierung nicht ohne weiteres erlauben. Da müsste man eine spätere CC-Lizenzierung also schon beim Abschluss von Verträgen mit Content-Lieferanten mitberücksichtigen – sofern die überhaupt darauf einsteigen.

    2. Die (schriftlichen) Informationen zu den einzelnen Teilen der Dokumentation sind noch zu finden, das Video in der Mediathek ist mittlerweile (10.11.2011, 00:55) offenbar depubliziert worden – auch so eine Perversität.

  6. Realsatiere:

    Pünktlich zum Jahrestag des Mauerfalls hat auch die Vermögensberatung AG einen Beitrag zur stalinistischen Stärkung unseres Landes erbracht.

    Die Benutzer des Sputnik-Dienstes YoutTube müssen verstehen , dass Sperrungen nicht die Infomationsfreiheit beschränken, sondern jediglich das schöpferische Gesamtkunstwerk des Unternehmens schützen sollen.

    Beim nächsten Massenaufmarsch darf die Bevölkerung den tribünierrten Vorstandsmitgliedern des Unternehmens gern mit Winkelementen eine Zustimmung bekunden.

  7. wessen Urheberrechte wurden denn hier verletzt? soweit ich weiss ist scobel (der host) öffentlich finanziert. oder habe ich da was übersehen?

    das video sollte sich problemlos in der mediathek des zdf oder 3sat finden lassen.

  8. Krass sind das Waschlappen. Ich habe ja kein Problem mit amoralischem Verhalten. Mich stört wirklich nur, dass die PIEP nicht den Anstand besitzen dazu zu stehen was sie tun.

    Streisand lässt grüßen. Ich glaube iwo gammelt das noch auf meiner HDD rum. Gleich mal ans Hochladen machen.

  9. Mal so halber OT:
    Wieso zeigt YouTube/Google eigentlich nicht IMMER, auf wessen Beschwerde ein Video entfernt wird? bzw. auf welcher Rechtslage beruht es, dass die entsprechenden Firmen/Unternehmen/… ihren Namen da rausschwärzen können?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.