Verbraucher fordern besseren Schutz ihrer Daten im Internet

Patrick Breyer hat eine Stellungnahme zum Thema Datenschutzrechte im Telemediengesetz stärken geschrieben, die dem Deutschen Bundestag zugeschickt wurde. Hier ist die Pressemitteilung dazu:

Verbraucher fordern besseren Schutz ihrer Daten im Internet

Persönliche Daten von Kindern und Zeitungsinserenten im öffentlichen Internet, Werbemüll („Spam“), Datenklau („Phishing“) und Dauerüberwachung („Spyware“, „Tracking“) – noch nie waren Deutschlands 42 Mio. Internetnutzer so vielen Datenpannen und Missbrauchsfällen ausgesetzt wie in den letzten Monaten.

Neun Organisationen fordern vom Gesetzgeber nun ein mutiges Gegensteuern: Der Bundestag soll die Sammlung von Informationen über Internetnutzer auf ein Mindestmaß beschränken, verlangen der Chaos Computer Club, die Deutsche Vereinigung für Datenschutz, der FifF, der FoeBuD, die Humanistische Union, das Netzwerk Neue Medien, das Netzwerk Recherche, der Virtuelle SPD-Ortsverein und der Verbraucherzentrale Bundesverband in einem gemeinsamen Forderungspapier, das vergangene Woche dem Bundestag vorgelegt worden ist.

„Den besten Schutz vor Datendiebstahl und Datenmissbrauch stellt es dar, wenn von vornherein möglichst wenige persönliche Daten erhoben und gespeichert werden“, heißt es in der Stellungnahme.
„Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten daher, dass sie im virtuellen Leben ebenso anonym und überwachungsfrei handeln können wie es im wirklichen Leben weitgehend noch der Fall ist.“ Zur
Stärkung der Privatsphäre und des Nutzervertrauens sei es dringend erforderlich, durchzusetzen, dass Internetanbieter so wenige persönliche Nutzerdaten wie möglich sammeln und Nutzer über den
Umgang mit ihren Daten wirklich frei entscheiden können. Der Gesetzgeber wird zudem aufgefordert, für mehr Transparenz bei der Aufzeichnung und Speicherung persönlicher Daten im Internet zu
sorgen.

Konkret fordert die Stellungnahme die folgenden Gesetzesänderungen, um einen wirksamen Schutz der Internetnutzer vor Datenlecks, Spionage und Datenhandel zu gewährleisten:

1. Erstreckung des Fernmeldegeheimnisses auf die Nutzung von Internetangeboten,
2. Weitergabe von Informationen über Internetnutzer an Behörden nur unter den Voraussetzungen, die für das Abhören von Telefonen gelten,
3. Schaffung von Rechtssicherheit durch Klarstellung, dass der gesetzliche Datenschutz auch für Internet-Protocol-Adressen gilt,
4. Verbot der Erstellung von Nutzerprofilen ohne Einwilligung des Nutzers,
5. Information der Nutzer über die Dauer der Aufbewahrung von Aufzeichnungen über sie,
6. Stärkung des Rechts auf anonyme Internetnutzung durch ein wirksames Koppelungsverbot,
7. Schutz der Verbraucher vor unangemessenen Einwilligungsklauseln, indem klargestellt wird, dass derartige Klauseln der gerichtlichen Kontrolle unterliegen,
8. Ablehnung des Vorschlags im Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes“, Internetanbietern die verdachtslose, flächendeckende Aufzeichnung des Surfverhaltens zur „Störungserkennung“ zu gestatten.

Wegen der vielen Fälle von Datenmissbrauch im Jahr 2008 sind inzwischen 80% der Bundesbürger „sehr besorgt“ um die Sicherheit ihrer Daten. Einer Umfrage aus dem Jahr 2007 zufolge befürchten 54% der Internetnutzer, dass ihre persönlichen Daten im Internet ungeschützt sind. 31% der Befragten haben schon häufiger auf eine Bestellung im Internet verzichtet, weil sie ihre Daten nicht preisgeben wollten. Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung fordert eine Stärkung des gesetzlichen Datenschutzes.

Der Wirtschaftsausschuss des Bundestages hat für Mittwoch Sachverständige eingeladen, um einen Vorschlag der FDP zur Änderung des Internetrechts zu diskutieren. In der Anhörung wird der Jurist Dr. Patrick Breyer die gemeinsamen Forderungen aus Sicht der Nutzer/innen vorstellen.

Das Forderungspapier zum Schutz von Internetnutzern wird unterstützt von:

1. Chaos Computer Club e.V. (www.ccc.de)
2. Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (www.datenschutzverein.de)
3. FoeBuD e.V. (www.foebud.org)
4. Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. (www.fiff.de)
5. Humanistische Union e.V. (www.humanistische-union.de)
6. Netzwerk Neue Medien e.V. (www.nnm-ev.de)
7. netzwerk recherche e.V. (www.netzwerkrecherche.de)
8. Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (www.vzbv.de)
9. Virtueller Ortsverein der SPD (www.vov.de)

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2 Ergänzungen

  1. Wäre es nicht so ernst könnte ich mich unbeschwerter über diese Zahlen freuen.. 31% haben bereits auf eine Internetbestellung verzichtet. Cool! Das kann eine simple Schwächung der kleinen Anbieter bedeuten, aber es kann auch heißen, dass sich die Verbände der Internetwirtschaft etc. mal was einfallen lassen, um die Zweifler dennoch zu überzeugen – über den Preis geht das ja allerdings genau nicht. Könnte sich also etwas tun, läßt sich ja als ein Drittel weniger Kunden ausdrücken. (Ich mag solche Umdeutungen nicht, aber hier hilft es.)

    Von Nordamerika kann man da lernen… auch hier gibt es ähnliche Bewußtseinsbildung, weil tendenziell immer mehr Verbraucher sich erkennbar bei der Federal Trade Commission beschweren. Der fast 100seitige Bericht „Consumer Sentinel Network Data Book“ hat Zahlen für 2008:

    The Consumer Sentinel Network (CSN) received 313,982 ID theft complaints last year, or 26 percent of all reported problems.

    Visions of elderly people being swindled by greedy thieves might not be accurate when it comes to ID theft. At 24 percent, those between 20 and 29 were the most common age group to be hit by ID theft. Those aged 30 to 39 were close behind with 23 percent, while people in their 40s represented about 19 percent. About 7 percent were under 19 and 5 percent were over 70.

    Klingt schwer nach „Zielgruppe“, diese Sortierung. Die jungen Konsumenten nutzen das Internet stärker als die älteren, und werden entsprechend häufiger Opfer von Identitätsdiebstahl und -mißbrauch. Binsenweisheit zum hinter die Ohren schreiben.

    [via datalossdb]

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.