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LinksklickDer Zweite Weltkrieg ist kein Spielplatz

Als Schauplatz für Computerspiele ist der Zweite Weltkrieg beliebt. Doch Entwicklungsteams ignorieren zunehmend den historischen Kontext. Diese Entpolitisierung hat Folgen.

Symbolbild - Gaming Controller
Symbolbild – Gaming Controller CC-BY-NC-SA 4.0 owieole

Es dauert nicht lange, bis mich Sniper Elite 5 zum Staunen bringt: Nicht wegen der Zeitlupen, für die das Spielefranchise berühmt ist und die meine Kopfschüsse in Szene setzen, kurz nachdem eine Kugel mein Scharfschützengewehr verlassen hat. Auch nicht wegen der beeindruckend großen Level, in denen ich inmitten des Zweiten Weltkriegs den Nazis möglichst unentdeckt das Leben zur Hölle machen soll. Nein, ich staune wegen einer Kleinigkeit: ein Poster, aufgehängt im Büro eines fiktiven Nazi-Generals.

Das Poster zeigt eine Krake, die eine stilisierte Hakenkreuz-Weltkugel mit ihren Tentakeln umschlungen hat und mir böse entgegenfunkelt. Das Spiel erklärt mir, dass ich hier das Logo des bösen Geheimplans vor Augen habe, mit dem die Nazis den Zweiten Weltkrieg gewinnen wollen: Operation Kraken. Was das Spiel mir nicht sagt: Es zitiert mit diesem Logo eine antisemitische NS-Karikatur aus den 1930er Jahren, die zu den meistgezeigten Propaganda-Bildern des Dritten Reichs gehört.

Was ist hier los?

Kreative Freiheit schlägt historische Recherche

Eine Krake auf einer Weltkugel. Damit sollte die angebliche „Weltverschwörung der Juden“ symbolisiert werden, die die gesamte Welt fest in ihrem Griff habe. Die bildsprachlichen Parallelen zu Sniper Elite 5 sind offensichtlich. Das Spiel verwendet die Vorlage nun aber im genau gegenteiligen Kontext: als pro-nationalsozialistisches Logo statt als hetzerische Karikatur.

Das Kraken-Poster könnte eine „ironisch-politische Stellungnahme des Spiels” sein, “die auf die absurde Rhetorik des NS-Regimes verweist“ – so deutet es die Kulturwissenschaftlerin Tabea Widmann, der ich das Bild im Spiel zeige: „Denn während man eine jüdische Weltverschwörung propagierte, waren es die faschistischen Regime, die tatsächliche Dominanz anstrebten.“ Sniper Elite 5 also, ein eigentlich sehr plattes, geradliniges Action-Spiel mit politischem Kommentar zwischen den Zeilen?

Leider nein, im Gegenteil.

Ich frage beim Entwicklerteam nach, was es mit dem Poster auf sich hat. Per Mail bekomme ich Antwort: „Das Logo von Operation Kraken ist komplett frei erfunden und entstand ohne historische Recherche.“ Das schreibt mir Saija Wintersun, hauptverantwortlich für das Design der Spielwelt. „Ich hatte nur den Namen ‚Kraken‘ und dass es irgendwas mit U-Booten zu tun haben soll. Ziemlich vage, aber erlaubte mir viel kreativen Spielraum.“

Die frappierende Ähnlichkeit zum NS-Original ist also wohl nur ein Zufall, eine unglückliche Überschneidung mit der Realgeschichte, die allerdings niemandem aus dem Entwicklerteam aufgefallen ist, geschweige denn geprüft wurde. Autsch.

Diese Nachlässigkeit, dieses Desinteresse an der Geschichte, die man sich selbst zum Schauplatz für das eigene Spiel wählt, ist kein Einzelfall. Vielmehr liegt Sniper Elite 5 damit voll im Trend. Und es ist ein Trend mit weitreichenden Konsequenzen für unsere Erinnerungskultur.

Zweiter Weltwer?

Seit den kommerziellen Anfangsjahren des Mediums in den 1980er Jahren wählen EntwicklerInnen gerne historische Kapitel der Menschheitsgeschichte als Rahmen ihrer Spiele. Die sogenannten „History Games“, also Spiele mit klar erkennbar historischem Schauplatz, sind damals wie heute beliebt: Einige der erfolgreichsten Franchises überhaupt spielen in der Antike, im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Kaum ein Schauplatz aber schlägt die Popularität des Zweiten Weltkriegs: Neben vielen Ablegern der größten Shooter-Franchises, Call of Duty und Battlefield, machen jedes Jahr dutzende mittelgroße und kleine Entwicklerteams die Schlachtfelder der Normandie und Co. zum digitalen Spielplatz – und das quer über alle Genres hinweg.

Während jahrzehntelang die Popularität des Zweiten Weltkriegs unverändert hoch geblieben ist, beginnt sich in den letzten Jahren im Detail etwas bei diesen Spielen zu verändern. Ein schleichender Prozess, der mehr Aufmerksamkeit verlangt: Der Zweite Weltkrieg wird mehr und mehr entpolitisiert. Gleichzeitig nimmt kaum eines der teils riesigen Entwicklerteams historische Recherche ernst – trotz der vielen sensiblen „Hot Topics“ und der immer weiter wachsenden Zielgruppe.

Wer im Mehrspielermodus des ersten Call of Duty (2003) als Nazi-Soldat spielte, war im Team der „Achsenmächte“, das gegen die „Alliierten“ kämpft. Call of Duty: Vanguard (2021) unterscheidet hingegen nur noch zwischen „Mein Team“ und „gegnerisches Team“.

Im sich als ultrarealistisch rühmenden Shooter „Hell Let Loose“ schallt beim Sieg der Nazis nach einer Mehrspielerpartie das volkstümliche Lied „Erika“ durch die Lautsprecher, ursprünglich ein Marschlied der Wehrmacht.

Im Strategiespiel Hearts of Iron (2016) können SpielerInnen als Nazi-Deutschland um den Weltkriegssieg ringen. Das Spiel simuliert viele historische Details, Konzentrationslager und andere Kriegsverbrechen werden jedoch ausgeblendet.

In Battlefield V (2018) durften Spieler als fiktiver Nazi-General Wilhelm Franke in die Schlacht ziehen, der im Ingame-Shop für ein paar Euro zum Verkauf stand. Nur: Wilhelm Franke hieß auch ein antifaschistischer Widerstandskämpfer im Zweiten Weltkrieg, der tatsächlich existiert hat. Ein heikles Fettnäpfchen, welches das Entwicklerteam mit einer zehnsekündigen Google-Kontrolle hätte vermeiden können. Und in Sniper Elite 5 stolpern wir nun also über ein Poster, dessen Ähnlichkeit zu antisemitischer NS-Propaganda niemandem aufgefallen ist.

Die Kulturwissenschaftlerin Tabea Widmann nennt diesen Trend „eine problematische Dekontextualisierung von Erinnerungsnarrativen und Symbolen“. Anders gesagt: Historische Symbole und die Ästhetik, die fest mit dem Zweiten Weltkrieg und seinen Zeitzeugen verbunden sind, werden in Spielen zwar zitiert – aber ohne ihren ursprünglichen Kontext oder sogar befreit von jeglichem historischen Ballast.

Es war nie einfacher, im digitalen Spiel ins Nazi-Kostüm zu schlüpfen. Und, absurderweise, war es auch noch nie so „cool“ wie heute: Nazis tragen die hübschen Uniformen und die gefährlich aussehenden Gesichtsmasken, sie haben kernig-deutsche Namen und spielen kernig-deutsche Musik, die in Teilen des Internets als Memes längst salonfähig gemacht wurde.

Und nun?

Wo Kunstfreiheit endet und Verantwortung beginnt

Natürlich ist klar: EntwicklerInnen sind auch KünstlerInnen und können mit dem Medium erst einmal machen, was sie wollen. Darin liegt ein großer Wert: Videospiele können als interaktives Kunstmedium neue Akzente setzen, wo die alten Medien – Bücher, Filme, Bilder – an die Grenzen ihrer Darstellungskraft gelangen.

Das ist schön und gut. Und doch kann auch Kunst einen Punkt erreichen, an dem sie Verantwortung übernehmen muss: Für die Themen, die sie sich erwählt, und vor allem auch für die Art und Weise, wie sie mit diesen Themen umgeht. Ansonsten verdient sie Kritik, die im deutschsprachigen Fachjournalismus allerdings seit Jahren schlichtweg fehlt. Die Folge: Möglicherweise die Desensibilisierung von SpielerInnen für das, was der Nationalsozialismus und die Wehrmacht tatsächlich einmal gewesen sind: Kein Meme-Hans mit Flammenwerfer und Designer-Uniform, sondern Kriegsverbrecher, Rassisten und Mörder.

Und gerade im Kontext der Geschichtsvermittlung wird eben dieses Potenzial des digitalen Spiels immer mehr erkannt: Im international organisierten „Arbeitskreis für Geschichtswissenschaft und digitale Spiele“ forschen HistorikerInnen und KulturwissenschaftlerInnen seit Jahren zum Potenzial von Games, mehr als „nur“ Spaß zu machen. An der Ludwig-Maximilian-Universität in München analysieren Studierende der Archäologie, wie Videospiele antike Gebäude rekonstruieren. Und Through The Darkest Of Times, ein Spiel über den zivilen Widerstand in Nazi-Deutschland, wurde in Geschichtsstunden ergänzend zum klassischen Lehrbuch besprochen und diskutiert.

Die Feldgrau-Uniform darf nicht zur weißen Weste werden

Auch der (Spiele-)Journalismus trägt hier eine Verantwortung. Er muss einordnen, was uns Spiele zeigen und den Kontext wiederherstellen, den Entwicklerteams – aus welchem Grund auch immer – unterschlagen oder übersehen. Das ist kein Appell für einen erhobenen journalistischen Zeigefinger, sondern ein Wunsch für mehr Tiefe und Sinn bei der Besprechung von Spielen.

Der Zweite Weltkrieg ist kein Spielplatz – sehr wohl aber ein Platz für Spiele. Titel wie Through the Darkest of Time oder My Memory Of Us zeigen, wie ein reflektierter Umgang mit diesem historischen Kapitel aussehen kann. Natürlich hat auch ein Sniper Elite oder Call of Duty seinen Platz im Weltkrieg-Spielregal verdient, doch muss dann eine Frage erlaubt sein: Nur weil sich Spiele als Kunstmedium an keine Grenzen halten müssen – gibt es nicht doch Grenzen, die es wert sind, respektiert zu werden?

Redaktioneller Hinweis: Im Text war das erste Call of Duty versehentlich falsch datiert, wir haben das korrigiert.

28 Ergänzungen

  1. Interessant in diesem Kontext ist auch das Spiel Battlefield. Hier kämpft die Japanische Armee des 2 Weltkriegs mit historischen Waffen der Wehrmacht. z.B. MG42, STG44, Volkssturmgewehr… usw…

    Das ist in sofern komplett absurd da es historisch gesehen niemals Waffenlieferungen von Kleinwaffen der Nazis an die Japaner gegeben hat. Spiele wären ja eigentlich dazu geeignet historisches Wissen zu historischen Schauplätzen zu vermitteln… In letzter Zeit verkommen diese aber zunehmend zu Fakes die mit der Historie absolut nichts mehr zu tun haben.

    1. Hallo,

      BF5 ist keine Simulation. Alles ist fiktiv. Dies wurde von DICE ausdrücklich irgendwo erwähnt. Ich kann auch als alliierter Soldat mit ’nem STG44 oder ’ner MP40 rumlaufen.. Genauso kann ich als Deutscher mit ’nem amerikanischen Karabiner (M1 Garand) Kugeln verteilen.

      Also hier sollte mal die Kirche im Dorf bleiben. Wenn natürlich „fiktive“ Personen mit den Namen von echten übereinstimmen MUSS hier korrigiert werden.
      Ein Widerstandskämpfer sollte nicht plötzlich die Seite wechseln und als General auftreten dürfen.

      Bzgl. Hell Let Loose – und dem Lied „Erika“ – also dies ist auch ein deutsches Volkslied und ich finde es hier authentisch. Es verharmlost in keinster Weise den Schrecken und die Greultaten der Deutschen.

      Versteht mich hier nicht falsch. Aber nicht jeder „Meme-Hans mit Flammenwerfer und Designer-Uniform“ ist direkt ein „Kriegsverbrecher, Rassist und Mörder“. Hier wurden sicher Befehle befolgt und es blieb keine Wahl. Entweder Ausführen oder Verweigern und direkt mithingerichtet werden. Natürlich gab es sicherlich auch Schweine, die keine Moral mehr hatten.

      MFG

      1. Naja Kritikpunkte bei NAZIs bleiben aber schon, wenn Symbole und Pseudofakten, und sei es nur zur Unterhaltung, als „Spass mit Nazis“ präsentiert werden, nur weil es irgendwie cool ist. Das ist schon so ein bischen ein Problem.

        Was das Befehlebefolgen und die Mitmachfrage betrifft, haben wir nicht wenige Beispiele aus der heutigen Zeit, nicht nur Russland, sondern zu Teilen auch USA und anderswo. Letztlich, wenn einem andere egal sind oder man nicht erst hingucken darf, sind die Vorgänge nicht so unterschiedlich für den Befehlebefolger. Widerstand bleibt Luxus!

        Ein Verbot der Sorglosigkeit wäre allerdings schnell an der Kunstfreiheit, bzw. einfach den Ausdrucksmöglichkeiten dran. Wie weit her das mit einem „Zwang zur Verantwortung“ ist, im positiven Zwangssinne, sehen wir am Erstarken der Rechten und deren über weite Strecken ungebremsten Handeln in westlichen Demokratien und Wirtschaften, sowie der strategiebefreiten und leuchtturmaffinen Staatsführung der letzten Jahrzehnte in Europa.

        1. „Widerstand ist Luxus“ ist der Slogan der Mitlaeufer und fuehrt(e) in den Faschismus.

          Das Ausmass an erwartbarem Widerstand ist diskutierbar, aber widerstandslos Mitmachen kennzeichnet einen Taeter.

      2. Dass das Befolgen von Befehlen keine Ausrede fuer Verbrechen ist, haben wir in den Nuernberger Prozessen festgestellt und festgelegt.

        Faszinierend, was fuer Kommentare das sonst gerne mal woke NP so durchlaesst.

        1. Das sollte auch keine Ausrede sein. Ich wollte nur daraufhinweisen, dass evtl. nicht jeder Soldat der Wehrmacht „gerne“ seine Befehle ausgeführt hat. Ob man ihn dann direkt als „Kriegsverbrecher, Rassist und Mörder“ tituliert stelle ich somit in Frage.
          Wahrscheinlich hat der Autor dennoch recht und jeder überlebende Soldat der Wehrmacht ist ein „Kriegsverbrecher, Rassist und Mörder“. Die paar Prozent, die nur Befehle ausführten, aber eigentlich nicht wollten, können gerne mit in den selben Topf geworfen werden..

          1. Ich wuerde auch nicht pauschal jeden Wehrmachtssoldaten als „Kriegsverbrecher, Rassist und Moerder“ ansehen, das ist ein individuelles Urteil und ein zT sehr schwer zu findendes Urteil. Die Wehrmacht als Organisation faellt sicher darunter, ist aber nicht einfach die Gesamtmenge aller Angehoerigen.

            Es ist wesentlich leichter, Ansprueche an Widerstand zu erheben als ihnen selber zu genuegen. Das sollte aber die Ansprueche selber nicht entwerten, eher ihre Umsetzung foerdern wo und solange es einem moeglich ist, also vor allem fruehzeitig.

            Wie im Trolley-Problem: die relevante Frage ist nicht, wen man sterben laesst, sondern, wie man die Situation verhindert. Und die einzig relevante Antwort ist, dass man die Situation verhindert.

  2. Wäre interessante Variante:
    Der Spieler als deutscher Soldat wird Zeuge von Erschließung, Entführung usw oder bekommt gelegentlich vage Hinweise, die Einstieg in ein Dedektiv – Abenteuer bieten und hat nun Option, so weiter zu machen wie bisher oder diese oder jene Form des Widerstandes zu wählen.
    Mag sein, dass die Spielfigur dabei drauf geht und er neu anfangen muss. ABER das Spiel bekommt mehr Tiefe.
    Natürlich sollte das Spiel abbrechen, wenn der Spieler seine Figur Richtung SS abdrifften lässt.

    1. > Der Spieler als deutscher Soldat wird Zeuge von Erschließung, Entführung usw

      … Als erspielte Geschichtsstunde?

      > ABER das Spiel bekommt mehr Tiefe.
      > Natürlich sollte das Spiel abbrechen, wenn der Spieler seine Figur Richtung SS abdrifften lässt

      Warum eigentlich? Das klingt schon nach Historisch begründetem Denkverbot. Widerstand ja, Ultra-rechts und Brutal (svw. SS) keinesfalls? Ein Spiel das im dem Setting auf TIEFE Setzt sollte dann auch den Weg eines SS-getreuen Spielers realitätsnah abbilden können. Das könnte sich z.b. in weniger Punkten oder Leben oder sonst was niederschlagen was diesen Weg unattraktiver machte.

      Nicht falsch verstehen, ich halte (Neo-)Nazis pauschal für Verbrecher oder Leute mit Denkbehinderung (bis zum Beweis des Gegenteils) aber grade SS Leute damals dürften am ehesten vom Genozid, Erschießungen u.s.w. gewußt haben, und hierbei wohl oft auch aktiv mitgewirkt haben. Das nicht (beispielsweise erzieherisch mit Hinweisen wie unter „Widerstand) er-spielbar zu machen dürfte nur den einen Zweck haben das nicht genau die Leute des Rechten Spektrums dieses Spiel „toll finden“ sollen. Aber DAS könnte eine Auslegungssache des Spieldesigns sein.

      1. Gib Dich nicht auf, bilde Dich zum Thema SS.

        Und dann ueberlege mal, wie ethisch vertretbar Du es findest, das in einem Spiel als Entwicklungspfad zu implementieren.

        1. Naja, Sniper Elite 5 ist der Kraken kein „Entwicklungspfad“. Man umgeht oder tötet Nazifiguren dort, und die Krake ist Symbol der fiktiven „Unternehmung Kraken“, die Nazis in der Story durchzuführen drohen, und die unter Mithilfe des/die Protagonisten/sie gestoppt werden können.

          Und auf die Nachfrage waren die halt so… hühü tütü, p-fandmerhaltpassend. Kann ja schon sein, dass die das schon mal gesehen haben, und für böses Nazivorhaben eben wieder auf so ein Symbol kommen, oder auch nicht – der Kraken ist eben auch immer noch ein allgemeines Symbol für das Monster aus der Tiefe, dass umschlingt, zerbricht und in die Tiefe zieht, wobei man gerade mit Symbolen im Nazikontext sehr sehr vosichtig sein sollte. Ob man die Kritik, abseits des Aspekts der Sorglosigkeit der Künstler/in (Wäre eine PR-Abteilung, die sich auf so eine Anfrage hin etwas aus dem Allerwertesten zieht, besser? ), hier jetzt von allen umfassend geteilt wird, sei mal dahingestellt. Z.B. kann es sein, dass alle Symbole von einem Anwalt mit Nazifachwissen vor Veröffentlichung geprüft, und für in Ordnung befunden worden waren. Ein Spiel oder Kunstwerk wird auch nicht allein dadurch antisemitisch, dass es z.B. die Texte der Nazipropaganda thematisiert [fiktives Beispiel].

          1. „Ein Spiel oder Kunstwerk wird auch nicht allein dadurch antisemitisch, dass es z.B. die Texte der Nazipropaganda thematisiert [fiktives Beispiel].“
            Wobei es ja den Anschein hat, dass hier nicht bewusst thematisiert wird. Auch Künstlern kann man allerdings nicht für den allgemeinen Fall vorwerfen immer bewusst und umfassend aufgeklärt vorzugehen, wie jüngst die Vorkommnisse um die Documenta gezeigt haben dürften.

            Die Leichtfertigkeit geht vielleicht ein klein wenig weiter:
            – Kraken mehr oder weniger auf „Titelseite“.
            – Kraken war Symbol, das Nazis benutzt haben, um gegen Juden zu hetzen. Die Umkehr ist zwar auch ein beliebtes Propagandamittel, allerdings wohl eher im „Streigespräch“, also als Vorausabwehr möglicher Vorwürfe gegen einen selbst, um die Begriffe zu besetzen und Unsicherheit einzubringen, oder hinterher zur Gleichstellung der Gegenseite durch Vorwurf gleichsetzbarer Handlungen.

            Es ist also schon betrachtenswert, könnte trotzdem noch eine relativ komplexe Diskussion ergeben.

  3. Manche der hier kritisierten Beispiele empfinde ich als schlecht gewählt: Was ist daran problematisch, wenn beim Sieg der Nazis ein Wehrmachtsmarschlied erklingt? Geschichtsklitterung wäre es eher, wenn man das _nicht_ oder was anders (die Sowjethymne vielleicht oder die Internationale) spielen lassen würde. Auch kann ich nicht unbedingt einen Widerspruch zwischen einem Pro-Nazi- und einem Anti-Semiten-Plakat erkennen. Ich dachte immer, dass extremer Anti-Semitismus das wichtigste Alleinstellungsmerkmal der Nazis war, oder nicht? Dass Wintersun eine subversive Intention hinter dem Plakat verneint, führt ja trotzdem nicht dazu, dass man da irgendwas reinlesen könnte, was den Nationalsozialismus positiv darstellt. Zumindest mir fällt dazu keine positive Lesart ein.

    Dass man in Computerspielen generell etwas gar sorglos mit der Thematik umgeht, ist wohl so. Ein Problem dabei ist aber auch, dass praktische alles größeren Spieletitel, die im 2. Weltkrieg spielen, außerhalb des deutschsprachigen Raums produziert werden. (Im Fall von Sniper Elite 5: in England.) Die „Kritik, die im deutschsprachigen Fachjournalismus allerdings seit Jahren schlichtweg fehlt“ würde also auch bei Vorhandensein von den entscheidenden Personen vermutlich nicht wahrgenommen.

    Und interessehalber ein Frage noch dazu: Weiß man, ob es im internationalen Fachjournalismus kritische Berichte zu dem Thema gibt? Sprich: Ist das Fehlen der Kritik eine deutsche bzw deutschsprachige Eigenheit?

  4. „Wehrmacht tatsächlich einmal gewesen sind: Kein Meme-Hans mit Flammenwerfer und Designer-Uniform, sondern Kriegsverbrecher, Rassisten und Mörder.“
    Bitte nicht meinen Vater einen Kriegsverbrecher oder Mörder nennen!
    Er ist nicht freiwillig zur Wehrmacht gegangen. Wie soviele damals, bitte nicht pauschalisiren.
    Und vielleicht besser bei der Archäologie bleiben.

    1. ein „aber nicht alle“ ist HEUTE 2022 dran schuld, dass schon seit 6++ Jahren Nazis wieder salonfähig sind und man kann Nazis wieder wählen. Nicht nur die NSAfD, sondern auch welche, die sogar Menschenjagden veranstalten (III.Weg)
      Oder Klon“parteien“ wie „die Basis“ – auch ein Nazigeschwür.

      DAS ist die Konsequenz von „aber nicht alle“-Gejammer.

      Die Entnazifizierung wurde nur lasch durchgezogen, Verbrecher wie der, der Sophie Scholl auf dem Gewissen hat, der wurde wieder freigesprochen – wie viele andere.

      Mal den Namen „Sepp Dietrich“ googlen, dann weißt du, wie „ernst“ es Deutschland mit „nie wieder Nazis“ tatsächlich gemeint hat.

      „nie wieder“ ist die größte Lüge in diesem Land.

      1. „Die Entnazifizierung wurde nur lasch durchgezogen“

        Einerseits, andereseits sind gerade in westlichen Ländern „nachwachsende Nazis“ überhaupt nicht erst auf den Abschusslisten gelandet. Man hat sich für die Grundlagen des Faschismus kaum Bewusstsein und erst recht keine Handlungsmacht degegen hervorgepult.

        „Die konservative Schwachstelle“, eine Abwärtsspirale. Mit Klimawandel und Artensterben zusammen kommt dabei heraus: aus die Maus!

  5. Naja, Deutschland hat sehr viel aufzuarbeiten was WWII angeht.

    bei den PC-Spielen damit anfangen ist kein guter Start.

  6. Der WWII und die braune Diktatur war – und ist mit seinen realen Folgen – bittere Realität. Ich habe selbst jahrzehntelanges schweigendes Leid beobachten müssen. Nachwirkungen bis heute.

    Wie kann man nur damit „spielen“?

    Und was ist heute?

    1. „Krieg führen und sich stärker fühlen“ liegt wohl leider in der Natur des Menschen, sonst würden solche Spiele wohl keine Abnehmer finden. Den Grund dafür kann sicher irgend ein Psychologe liefern.

      1. Eigentlich sind Menschen evolutionaer auf Kooperation eingestellt, was auch unser Erfolgsrezept war und ist.

        Wir haben natuerlich ein natuerliches Agressionspotential und wir sind in der Lage, unsere natuerlichen Hemmungen bewusst zu ueberwinden. Aber fuer kriegerische Auseinandersetzungen braucht es immer sehr viel Propaganda und vor allem eine Entmenschlichung des Gegners. IdR wird das von psychlogisch auffaelligen Leuten in Machtpositionen befeuert, die ganze westliche Gesellschaftsordnung sieht mittlerweile so aus.

        Es wird irgendwann nach dem naechsten grossen Kollaps wieder besser. Muss halt gross genug sein, aber da sind wir ja auf dem richtigen Pfad.

      2. >>> „Krieg führen und sich stärker fühlen“ liegt wohl leider in der Natur des Menschen, sonst würden solche Spiele wohl keine Abnehmer finden.

        Hier möchte ich widersprechen. Das trifft eher auf Fussball zu als auf Computerspiele. Vielleicht bei Militärsimulationen, wobei man da wiederum was können muss, und taktisch agiert.

        Nein, bei Computerspielen dürfte eher in andere Richtungen gehen…
        – Sich stark fühlen (ja ok), aber nicht wegen Krieg, sondern wegen der Handlungsmöglichkeiten, und der Filmartigen Konzentration auf den Protagonisten bzw. die Protagonistin.
        – Held/Superheld sein.
        – Koordinativer Spass und das Erfolgsgefühl beim Lösen von Puzzelspielchen, eine Herausforderung, Unterhaltung wie im Film.

        Teils gibt es noch „Macht über andere“ [innerhalb des Systems, z.B. einem Onlinespiel], z.B. durch Chat zuzüglich Spiel, oder Cheating.

        Das sind alles auch kaum jemals die einzigen Sachen.

  7. Wenn Frau Wintersun nur „was mit Kraken und U-Booten“ dazu „wusste“ dann hätte ich pers. eigentlich eher eine Versinnbildlichung mit dem Schattenriß eines damaligen Tauchbootes (das waren noch keine U-Boote im korrekten Sinne) erwartet. Z.b. des Typs 7C oder gleich des größten Typs 21. Wobei es von den Typ 7 Booten m.W. viel mehr gab und diese auch bekannter waren. IMHO wurde die „U-boot Waffe“ damals auch reichlich gehypt und so wundert es mich eigentlich noch mehr das man da als Kreativer eher auf einen Kopffüßler und eine Weltkugel kommt – aber nicht auf „irgendwas mit U-booten“. Aber generell finde ich pers. den WKII als Spielinhalt wenig Interessant weil ich bei so was immer die dort speziellen und Kriegstypischen Gräueltaten im Hinterkopf hätte. Da scheine ich wohl der einzige zu sein. Spiele als Geschichtsstunde sollten historisch korrekt sein ja! Aber bei einem Spiel mit diesem Setting einfach ein „Simulation“ oder „Historisch nicht korrekt“ auf das Cover zu pappen scheint mir auch nicht richtig zu sein.

  8. Ich sehe das als eine etwas schwierigere Aufgabe, als es der Kolumnenschreiber darstellt. Bei Hearts of Iron ist es z.B. schon seit mehreren Spielen eine bewusste Entscheidung, Dinge wie KZs, chemische Waffen und das Bomben der Zivilbevölkerung nicht darzustellen (siehe https://forum.paradoxplaza.com/forum/threads/read-this-first-terror-bombing-concentration-camps-swastikas.143285/ | außerdem „“Like all World War II games we are trying to steer clear of that stuff,” studio head Thomas Johanssen replied when I asked about gulags, ethnic cleansing, and whether or not I could build a more tolerant Reich. “We are trying to keep Hearts of Iron 4 as a wargame and leave teaching about death camps to the history classes. Certain strategic choices, like the Soviet officer purge, directly affect what the quality of the armies and need to be there. But apart from that, we are keeping our game an abstraction layer away from all this, if the player feels that altruistic Nazi Germany feels plausible, I fully support it.”“). Es gibt auch andere Argumente, die ich sehr einleuchtend finde – will man wirklich das Leiden der KZ-Insassen einer Gamification unterziehen? Für je 1000 deportierte Juden gibt es einen Moral-/Angriffsbonus für die eigenen Einheiten? Oder wenn man in Sniper Elite ein KZ als Level hätte? Da würde zumindest mir der Spielspaß sehr schnell vergehen, da ich sehr gut weiß, was damals dort passiert ist. Und es hat ja auch einen Grund, wieso ‚lehrreiche‘ Spiele wie My Memory of Us eher Nischentitel sind und die anderen Beispiele sehr viel häufiger verkauft werden. Beim Spielen (also: Freizeit) wollen wahrscheinlich die wenigsten Menschen genauestens auf die Gräueltaten der Nazis aufmerksam gemacht werden.

    Aber die Gefahr, dass Menschen, die sich in Geschichte nicht auskennen, durch diese Spiele ein weißgewaschenes Bild vom zweiten Weltkrieg bekommen, kann ich nachvollziehen. Wobei ich da aber sagen würde – es ist nicht der Job von einem x-beliebigem FPS-Shooter, der jedes Jahr seinen Background ändert und eine andere Epoche mies darstellt (Battlefield), über den zweiten Weltkrieg aufzuklären. Da sehe ich die Schule und den Geschichtsunterricht eher in der Verantwortung (ich hatte z.B. in 13 Jahren Schule keine einzige Stunde über WK2).

    Mich würde aber auch die Meinung des Autors dazu interessieren. Es kann ja schlechterdings nicht jedes Spiel ein ‚lehrendes‘ werden. Welche Grenzen sollen also die „for fun“ Spiele respektieren? Gar nicht mehr den zweiten WK als Zeitpunkt nehmen?

  9. Man muss sich dennoch vor Augen halten, dass es sich um Unterhaltungsprodukte handelt und man dem Nutzer ein gewisses Maß an kritischem Denken zumuten darf.

  10. Ironischerweise wäre der Autor der erste, der die ahistorische Diversity bei der Charaktererstellung begrüßen würde. Wenn das gegnerische Team zu 20% aus schwarzen Frauen besteht, dann ist das natürlich wundervolle Diversity.

  11. Dass Ihr meinen (mir persönlich sehr wichtigen) Kommentar zensiert habt aber den Jahrreszeitenfehler (1. CoD 2003 snstatt 2010) nicht veröffentlicht habt führt zu: Nie wieder spenden, löschen und ignorieren. Schämt euch! Die Werte für die ihr kämpft tretet ihr meiner Erfahrung nach selber gern mit allen Gliedmaßen ins Klo. Pfft…

    1. Uns haben mehrere Personen auf den Jahreszahlendreher hingewiesen, daher hatten wir das zeitnah korrigiert und unter dem Text einen entsprechenden Hinweis hinterlassen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.