Die Polizeigewalt gegen friedliche Demonstrierende und Pressevertreter:innen bei den Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA hat ein Ausmaß angenommen, dass nicht nur Journalisten selbst, sondern Menschenrechtsorganisationen wie die ACLU oder Amnesty International alarmiert sind.
Im Gegensatz zu den Übergriffen auf Protestierende sind die Angriffe auf Journalist:innen mittlerweile recht gut und systematisch dokumentiert. Das Recherchenetzwerk Bellingcat hat zusammen mit dem Guardian 148 Fälle von Polizeigewalt gegen Medienvertreter gezählt und ausgewertet. Das Commitee to Protect Journalists (CPJ) kommt auf mehr als 250 Fälle seit dem 26. Mai (Google Doc), der Press Freedom Tracker auf mehr als 300 Übergriffe gegen Journalisten, wobei hierbei nicht nur Übergriffe der Polizei enthalten sind. Diese machen laut einer Zählung von The Intercept aber mehr als 80 Prozent der Fälle aus.
Bellingcat hat eine interaktive Karte der Übergriffe erstellt, welche die regionale Verteilung und Art der Übergriffe visualisiert. Laut der Guardian-Recherche wurden die Journalist:innen in über 70 Prozent der Fälle angegriffen, obwohl sie klar erkennbar als Presse ausgewiesen waren oder sich gegenüber der Polizei als solche zu erkennen gaben. Die meisten Fälle ereigneten sich in den ersten Tage der Proteste, die meisten Übergriffe gab es in Minneapolis, wo George Floyd getötet wurde. Dort hat die Bürgerrechtsorganisation ACLU ein Verfahren wegen der Übergriffe angekündigt.
Das Commitee to Protect Journalists warnt in einer Pressemitteilung:
Die Auswirkungen der Maßnahmen, die hier ergriffen wurden, sind rund um den Globus spürbar. Jedes Mal, wenn ein amerikanischer Polizeibeamter einen Journalisten oder einen Protestierenden misshandelt, bestärken diese Aktionen Despoten und Autokraten, bei der unerbittlichen Unterdrückung ihrer eigenen Bevölkerung und ihrer eigenen Presse keine Gnade zu zeigen. (Unsere Übersetzung)
Dass Angriffe auf Journalist:innen in Demokratien in der Regel einen größeren Aufschrei auslösen als auf Demonstrant:innen zeigt sich auch daran, dass die Dokumentation dieser Übergriffe bislang schlechter ist. Dennoch gibt es auch hier Bemühungen, Fälle von Polizeigewalt (Google Doc) zu erfassen und wie in diesem Twitter-Thread sichtbar zu machen.
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