Die BBC, einstmals die behäbige alte Dame der europäischen Medienlandschaft, präsentiert sich als Innovationsmotor und beweist, das Modell „öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ ist durchaus zukunftsfähig, sofern die Verantwortlichen traditionelle Denkmuster aufgeben und zu Reformen bereit sind. Durch die Nutzung offener Standards will die BBC gewährleisten, dass ihre Online-Angebote flexibel neu genutzt werden können.
Frei nach dem Motto „Benutzt unser Zeug, um Euer Zeug zu machen“ unterbreitet die BBC seinem Publikum verschiedene Online-Angebote zur kreativen Nutzung und Verwertung seiner Inhalten. Wenige, dafür aber umso klarere Richtlinien sollen einen Missbrauch des Angebots verhindern. Rechtliche Grundlage des Konzeptes ist die eigens geschaffene Creative Archive License, die in Zusammenarbeit mit Creative Commons-Begründer Lawrence Lessig erarbeitet wurde und an dessen Lizenzen angelehnt ist. Erlaubt ist die Verwertung der Inhalte, sofern dies unkommerziell, nicht-diskriminierend und unter Angabe der ursächlichen Quelle geschieht. Ferner ist Nutzung der von der BBC bereitgestellten Inhalte nur gebührenzahlenden Zuschauern innerhalb des United Kingdom gestattet.
Im Creative Archive werden seit dem vergangenen Jahr viele Videoclips zur Verfügung gestellt, die von Interessierten bearbeitet und weiterverwendet werden können – alles natürlich im Rahmen der Eingangs genannten Nutzungsbedingungen.
Backstage.BBC heißt das neueste Prestigeprojekt der BBC. Es handelt sich um ein Angebot an interessierte Privatpersonen, insbesondere Programmierer, die diverse Inhalte, seien es Nachrichten, Wetterdaten oder Sportnews, von BBC-Online kostenlos übernehmen, verändern und beliebig mit anderen Inhalten kombinieren können. Dazu wurden verschiedene APIs, sog. Programmierschnittstellen veröffentlicht und interessierten Kreisen zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise ist zum Beispiel Wikiproxy entstanden. Dieser gleicht alle BBC-Nachrichten mit den Wikipedia-Artikeln ab und fügt entsprechende Links ein, die auf Einträge der freien Online-Enzyklopädie verweisen.
Die BBC macht sich in einem weiteren Pilotprojekt die p2p-Technologie zunutze und stellt sich damit der hinlänglich bekannten Verdammungs-Argumentation von Film- und Musikindustrie entgegen. Der Interactive Media Player (iMP) zeigt welche ungemeine Bereicherung ein solches Angebot für das herkömmliche Rundfunkangebot sein kann. Das Projekt befindet sich derzeit in der Testphase. 5000 Briten können rund 190 h TV- und 310h Radio-Programm auf ihren Rechner herunterziehen, um diese zu einem späteren Zeitpunkt anzuschauen. Die Angebote stehen jeweils sieben Tage nach der Erstaustrahlung auf dem Server zu Download bereit. Ein Digital Rights Management System soll das Kopieren und die Weitergabe der Inhalte verhindern. Trotz dieses Wehmutstropfens kann das iMP-Projekt getrost als Meilenstein bezeichnet werden.
Am 12. Juli 2005 stellte die BBC zudem ihre eigenen Open Source-Projekte auf einer eigenen Website online. Dort finden sich derzeit neun OSS-Projekte an denen die BBC federführend mitwirkte. Es handelt sich dabei unter anderem um Apache- oder Perl-Module, aber auch der von der BBC entwickelte, freie Video-Codec Dirac ist vertreten. Die Softwareentwicklung bei der BBC wird überwiegenden Teil durch öffentliche Gelder finanziert. Durch die Bereitsstellung der Software unter Open Source Lizenzen, wolle man das Publikum an den Resultaten angemessen beteiligen, begründet die BBC den Schritt.
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