was passiert eigentlich, wenn eine neue Technologie auf eine alte patriarchale Gesellschaftsordnung trifft, in der die Körper von Mädchen und Frauen immer noch als eine Art Gemeingut gelten und sexualisierte Gewalt zum Alltag zählt? Zumindest eine Antwort auf diese Frage hat sich schon gefunden: „Nudifier Apps“ sind Webseiten, mit deren Hilfe man aus dem Bild einer bekleideten Person ein vermeintliches Nacktbild generieren kann – kostet im Zweifel nur ein paar Cent.
Vor wenigen Jahren war dazu noch eine halbe Wohnung voller Hardware und einiges an handwerklichem Können nötig. Inzwischen sind die Technologien frei verfügbar (mit Modellen wie StableDiffusion) und so leicht zu bedienen, dass sich dieses Geschäftsmodell richtig lohnt.
Mein Kollege Sebastian hat sich diese Woche den aktuellen Stand angeschaut. Sein Fazit: Sexualisierte Deepfakes anderer Menschen zu erstellen und sich damit über ihre körperliche Selbstbestimmung hinwegzusetzen, ist so leicht wie nie zuvor. Und die Shops verdienen gut daran.
Vor dem Kölner Verwaltungsgericht wird über die polizeiliche Videoüberwachung der Stadt verhandelt. Eine Initiative kämpft seit Jahren dagegen. Sie will, dass die Überwachung untersagt wird.
Offen im Netz verfügbare Websites versprechen eine Art Röntgenblick für Fotos. Mithilfe sogenannter Nudifier werden Kleider durch nackte Haut ersetzt. Durch solche Deepfakes wird bildbasierte Gewalt so niedrigschwellig wie nie.
Mit drastischen Vorschlägen will eine von Polizeibehörden dominierte EU-Arbeitsgruppe zunehmender Verschlüsselung begegnen. Auf der Wunschliste stehen der Zugang zu sicherer Kommunikation, umfassende Vorratsdatenspeicherung und Strafen für unkooperative Anbieter, etwa den datensparsamen Messenger Signal.
Nancy Faeser würde gerne auf den letzten Metern ihrer Amtszeit zusammen mit der Union noch mehr Überwachung durchsetzen. Dafür sei sie laut einem Medienbericht mit der Partei im Gespräch. Doch die Christdemokraten bestätigen das nicht.
Lesenswert, wichtig und spannend – hier fasst die Redaktion netzpolitische Meldungen von anderswo als Linktipps zusammen.
The Washington Post
Was viele vermutet hatten, hat Elon Musk nun ausgeplappert: Beiträge mit Links, oft die einzige Quellenangabe, stuft seine Plattform X herunter. Stattdessen sollen wohl unbelegte Behauptungen von Influencer:innen die Nutzer:innen auf dem Dienst halten.
LTO
War „die Technik“ schuld? Ein Bluesky-Nutzer hatte herausgefunden, wie das PDF-Dokument zur Wahlrechtsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorab im Netz gelandet war. Das BVerfG teilt nun zwar mit, dass der Fehler aufgeklärt sei, nennt aber keinerlei technische Details.
ZEIT ONLINE
Nach dem grünen Licht des EU-Parlaments kann die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen, neue Digitalkommissarin inklusive, zum 1. Dezember offiziell ihre Arbeit aufnehmen.
LTO
Das Grimasse-Emoji 😬 signalisiert nicht Zustimmung zur Lieferverzögerung eines Ferraris, sondern Nervosität oder Verlegenheit. Das entschied das Oberlandesgericht München.
heise online
Das aufstrebende soziale Netzwerk Bluesky will die Regeln des Digital Services Act (DSA) einhalten. Hierzu muss es die von der EU-Kommission geforderten Infos zu Ansprechpartner:innen und Nutzer:innenzahlen liefern.
ZEIT ONLINE
Die Bundesregierung hat das Gewalthilfegesetz beschlossen, das für eine bessere Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen sorgen soll. Wahrscheinlich bleibt das ein symbolischer Akt: Eine Mehrheit im Bundestag nach dem Ende der Ampel ist sehr unwahrscheinlich.
The New York Times
Lange galt die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager als einer der wichtigsten Köpfe in Brüssel. Die NYT widmet dem scheidenden Schrecken großer (nicht nur IT-) Konzerne nun ein Abschiedsstück.
heise online
Die Satireseite The Onion hatte nach einer Insolvenz die Online-Präsenz des rechten Verschwörungserzählers Alex Jones gekauft. Jetzt mischt sich Musk ein: Er behauptet, Jones' Accounts auf X gehörten der Plattform und rückt sie nicht raus.
Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein setzt weiter auf Linux und hält in seiner "Open Innovation und Open Source Strategie" fest, wie der Umstieg auf digital souveräne Arbeitsplätze und Infrastrukturen nachhaltig gelingen soll.
The Washington Post
OpenAI hat den Zugang zu seinem bislang unveröffentlichten Videogenerierungs-Werkzeug Sora gekappt. Künstler:innen hatten aus Protest eine Seite gebaut, mit der alle das Tool verwenden konnten. Sie kritisieren, dass OpenAI ihre Arbeit unbezahlt ausbeutet.
LobbyControl
Neben klassischem Lobbyismus verteilt Amazon auch gerne Geschenke, um mögliche Kritiker:innen zu besänftigen. Gedankt wird es dem IT-Riesen mit freundlicher Berichterstattung in Lokalmedien und dem langsam einsickernden Image eines benevolenten Unternehmens.
AP
Ein Gesetzentwurf, der Kindern in Australien den Zugang zu sozialen Medien verbieten würde, steht kurz davor Gesetz zu werden: Das Repräsentantenhaus hat den Entwurf verabschiedet. Wenn jetzt noch der Senat zustimmt, haben Plattformen ein Jahr Zeit, die Regeln umzusetzen.
BAUA
Mehr als die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland arbeitet nicht (nur) im Büro, sondern unter anderem auch mobil im Fernzug. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat die neuen Arbeitsformen, ihre Bedingungen und Vorzüge in einem Bericht untersucht.
ZEIT ONLINE
Um den Anforderungen des DMA zu entsprechen, will Google in Deutschland testweise die Ergebnisse seiner Hotelsuche verändern. Dabei verzichtet der Konzern auf die Ausspielung bezahlter Vergleichsportal-Links und einer interaktiven Karte.
ZEIT ONLINE
Australien will unter 16-Jährige von Social-Media-Plattformen verbannen. Den Tech-Konzernen geht das zu schnell. Sie wollen zunächst die Ergebnisse eines Pilotprojekts zur Alterskontrolle abwarten.
Citizen Lab
Amazon liefert in vielen Regionen Bücher zu LGBTIQ-Themen, Erotik oder Okkultismus nicht aus und führt Nutzer:innen mit Nachrichten wie "nicht auf Lager" in die Irre. Das fand das kanadische Citizen Lab bei Tests heraus.
LTO
Wann stellt eine Beleidigung die "Funktionsfähigkeit des politisch-demokratischen Gemeinwesens" in Frage? Anlässlich des "Schwachkopf"-Memes kritisiert ein Gastbeitrag bei LTO die 2021 eingeführte "Politikerbeleidigung".
404 Media
Haben Pokémon-Go-Spielende mit ihren Handy-Kameras ein künftiges KI-System trainiert, das Staaten im Krieg einsetzen könnten? Noch ist das KI-Modell für die physische Welt nur eine Ankündigung. Doch schon jetzt kommt Anbieter Niantic in Bedrängnis.
Liebe Leser*innen, am Donnerstag haben die Ministerpräsident:innen auf ihrer Konferenz eine Reihe von Vorhaben über die nächste Hürde gehoben. Eines davon hat einen Namen, der mich ziemlich amüsiert zurücklässt: NOOTS. Ich weiß ja nicht, was ihr euch bei der Abkürzung denkt, aber für mich liest sich das wie Algospeak für „Nudes“, Nacktbilder. In Wahrheit steht […]
Liebe Leser*innen, heute ist so ein Tag, an dem die „volle Härte der Zivilgesellschaft“ besonders zur Geltung kommt, und das gleich drei Mal: Die Digitalpolitik der Ampel-Regierung lief nicht so gut. Der Beirat Digitalstrategie fordert in Zukunft grundlegende Kurskorrekturen. Die EU will Ermittlungsbehörden an verschlüsselte Nachrichten heranlassen. Dutzende NGOs warnen vor Massenüberwachung und Grundrechtsverletzungen. Bei […]
Liebe Leser*innen, es ist Wahlkampf, Zeit der populistischen Forderungen. SPD und CDU haben dabei eine Ausweitung der Überwachung ganz weit oben auf ihre Wunschliste gesetzt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser will, mit Unterstützung der Bundesländer, noch vor der Neuwahl die Vorratsdatenspeicherung wieder einführen und im Netz öffentlich zugängliche Fotos biometrisch analysieren lassen. Die so entstehende Megadatenbank zur […]
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