ZensurNeue Schikanen gegen Wikipedia in Russland

Die russische Regierung geht weiter gegen die Wikipedia vor. Die Online-Enzyklopädie weigert sich, den Angriffskrieg auf die Ukraine als „Spezial-Operation“ zu verharmlosen. Nun macht die Medienaufsicht Druck.

Wikipedia auf einem Smartphone
Russland geht gegen die größte Online-Enzyklopädie der Welt vor – IMAGO / NurPhoto

Auch in der russischsprachigen Wikipedia gibt es Artikel über den Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundene Invasion. Genau das ist Russland ein Dorn im Auge. Der autoritäre Staat kontrolliert und zensiert umfassend Informationen über den Krieg. Nun geht die russische Medienaufsicht weiter gegen die Online-Enzyklopädie vor. 

Bereits seit Anfang März ist es in Russland nicht gestattet, den Angriffskrieg gegen die Ukraine als solchen zu benennen. Stattdessen soll der Krieg von Bürger*innen und Medien als „Spezial-Operation“ bezeichnet werden. Auf die Missachtung dieser Regel droht nach dem russischen Gesetz bis zu 15 Jahre Haft. Wikipedia möchte sich dem nicht unterwerfen und schreibt im russischsprachigen Artikel zum Ukraine-Krieg weiterhin von Krieg und Kriegsverbrechen

Warnhinweis vor Wikipedia-Artikeln

Die russische Medienaufsicht Roskomnadsor hat nun Warnhinweise angeordnet. Demnach sollen Suchmaschinen in Russland Beiträge zur Wikipedia mit dem Hinweis versehen, dass Wikipedia gegen russisches Recht verstoße. Umgesetzt wird das offenbar bereits durch den russischen Anbieter mail.ru. Ein Sprecher der Wikimedia Foundation schreibt netzpolitik.org: „Mail.ru scheint die Warnung für alle Wikipedia-Artikel anzuzeigen, nicht nur für die Artikel, die sich auf die laufende Invasion der russischen Regierung beziehen.“ Zudem solle die Wikimedia Foundation eine Geldstrafe von umgerechnet rund 83.000 Euro zahlen. Dagegen hat sie Revision eingelegt.

Die Betreiber:innen der Wikipedia schreiben in einem Statement: „Wir haben bisher keine Anordnungen der russischen Regierung befolgt und werden weiterhin an unserer Mission festhalten, der Welt freies Wissen zur Verfügung zu stellen.“  Die Wikimedia Foundation setze sich weiterhin dafür ein, das Recht aller auf freien Zugang zu und Weitergabe von Wissen zu verteidigen.

Es sind nicht die ersten Repressionen der russischen Regierung gegen die Wikipedia. Auch mit einer Sperre der Seite wurde bereits mehrfach gedroht. Seit dem Krieg werden die Repressionen schärfer. So hat ein Gericht in Belarus zwei Wikipedia-Autor*innen zu mehrjährigen Haftstrafen und Hausarrest verurteilt.

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7 Ergänzungen

  1. Wir werden zur Kenntnis nehmen müssen das wir in Zukunft auf einem Planten der zwei Welten leben werden.

    Wikipedia sollte eine Enzyklopädie für die Menschheit sein, das ist nicht möglich da es Nationen und Völker gibt die Verlangen Lüge zur Wahrheit werden zu lassen.

    Die Konsequenz daraus, so traurig es ist, Wikipedia sollte sich zurückziehen, und Ländersperren einführen für diese Staaten.

    Ein derartige Sperre und Zugangsbeschränkung sollte auch in unsrem (nationalen) Interesse sein, Wikipedia enthält sehr viele Informationen die der Feind letztendlich gegen uns einsetzten wird. Ebenso kann es nicht unser Interesse sein das sich Menschen über Wikipedia bilden um dann gegen uns aufzutreten.

    In Zukunft sollte es so sein das Staaten darum bitten werden müssen das ihr Volk einen uneingeschränkten Zugang zu Wikipedia bekommen, und dieser Zugang sollte auch nicht zu leichtfertig vergeben werden.

    Wie desaströs das Wissen und die Allgemeinbildung jetzt schon ist, zeigt das Feindessoldaten nicht die geringste Ahnung über Tschernobyl und die realen Gefahren der Radioaktivität besitzen, gehört bei uns längst zur Allgemeinbildung. Die Folge davon ist, das sich 1000ende Feindessoldaten verstrahlten – viele davon werden einen sehr langen schmerzhaften Tod sterben.

    Das Motto für die Zukunft kann daher nur lauten – freies Wissen für freie Staaten und freie Völker.

    1. 1. Gleich Vorweg: Eine Sperre würde sich im einfach umgehen lassen
      (McDonalds WiFi im Nachbarland, Diplomaten in anderen Ländern, etc.)
      Außerdem: Kiwix (https://de.wikipedia.org/wiki/Kiwix)

      2. Ich bin gegen Sperren im Allgemeinen. Jeder sollte die Möglichkeit haben sich zu
      informieren, selbst wenn sie kein Recht dazu haben.
      Ohne Menschen die es anders kennen, wird positive Veränderung schwierig. Sehr schwierig.

      Die Kreuzzüge, das Töten „im Namen Gottes“ waren nur möglich,
      weil kein Bürger die Bibel lesen konnte und daher niemand außer den lügenden
      Bischhöffen und Priestern wusste was wirklich drinnstand.
      Sie kontrollierten die Informationen. Und damit die Bürger.
      Was sie dachten – Und was sie taten.

      Mehr Informationen für Bürger = Weniger Krieg
      Dummheit, Hetze und Krieg gibt es vorallem wegem blindem Idealismus, Glauben und Gehorsam.
      Der andere Grund sind Kriegstreiber (die Anstoßer) – Also wenige kranke Menschen die Krieg wollen
      und eine kritische Masse unter Kontrolle gebracht haben.
      (Paradebeispiele: Hitler und Erdogan)

      Kriegstreiber und Hetzer hassen informierte Menschen und Hinterfrager,
      da aus Ihren Ideen Widerstand entstehen kann.
      Deswegen sind sie mitunter die Ersten, die bei einer humanen Katastrophe betroffen sind.
      (z. B. Dietrich Bonhoeffer – zunächst Redeverbot, dann Schreibverbot, dann eingesperrt, am Ende getötet).

      Das Hauptproblem im Anfangsstadium ist, dass die Wenigsten in der Lage sind,
      sich dem Hass einer uninformierten Mehrheit auszusetzen und irgendwann selbst brechen.

      Zum Thema Druck: In einem Film (Thema hier irrelevant ), hörte ich einen Spruch der etwa so ging.
      Wenn dir einer sagt, du bist ein Huhn lachst du.
      Wenn dir 3 Leute sagen, dass du ein Huhn bist, wunderst du dich.
      Wenn dir 10 sagen du bist ein Huhn; dann setzt du dich hin und legst ein Ei.

      Viele geben auch schon von vornherein auf, da sie keinen Ärger wollen,
      z. B. Menschen die Nazis und Grundrechtseinschränkungen
      im dritten Reich stillschweigend geduldet haben.
      Aber Feigheit ist keine Tugend und es kam wie es kommen musste.
      Es wurden mehr unschuldige Menschen getötet, als Österreich heute Einwohner hat
      (https://encyclopedia.ushmm.org/content/en/article/documenting-numbers-of-victims-of-the-holocaust-and-nazi-persecution)

      Ich will nicht, dass das gleiche in Russland oder sonstwo nochmal passiert.

      3. Hier mal ein paar Links, auf welche die ausgesperrten nicht mehr Zugriff haben würden.
      Willst du das wirklich? Ich weiß du meinst es nicht böse, aber du schlägst quasi vor Ländern
      wie Russland, Belarus, Katar, Saudi-Arabien, China und co. von Artikeln wie diesen abzuschneiden.

      Zersetzung (russischer Artikel nicht verfügbar): https://en.wikipedia.org/wiki/Zersetzung
      1984: https://ru.wikipedia.org/wiki/1984_(роман)
      Demokratie: https://ru.wikipedia.org/wiki/Демократия
      Menschenrechte: https://ru.wikipedia.org/wiki/Права_человека

      4. Aktuelles Beispiel / Nicht so fun fact:
      Der Erzbischof der russisch-orthodoxen Kirche hat behauptet,
      dass Gott ihnen (den Soldaten) das töten von ukrainischen Soldaten in der Ukraine erlaubt (= Angriffserlaubnis) und
      der Ukraine das Existenzrecht abgesprochen
      https://de.wikipedia.org/wiki/Kyrill_I.
      https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/die-russisch-orthodoxe-kirche-im-ukrainekrieg-17834385.html

      Abschließend will ich sagen:
      Geschichte wiederholt sich.
      Informationen und freie (ungesteuerte) Interpretation sind alles.

      1. An anonym, 30. Juli 2022 um 13:55 Uhr

        Zitat: „Ohne Menschen die es anders kennen, wird positive Veränderung schwierig. Sehr schwierig.“
        Wikipedia war lange Zeit in Russland relativ frei und uneingeschränkt verfügbar, es führte trotzdem zu keiner Änderung, ansonsten würde es den Ukraine Krieg heute nicht geben.

        Ebenso verhält es sich bei Viktor Orban, der sein Wissen in einer liberalen Universität erworben hat, und dieses Wissen jetzt gegen Ungarn und gegen Europa verwendet.

        Auch die Machthaber in Saudi Arabien dürften sehr sicher Wikipedia zur Verfügung stehen, dennoch führt das zu keiner gesellschaftlichen Änderung, Frauen werden heute noch gehalten wie Leibeigene im Mittelalter. Genauso der wirtschaftliche Schaden der dadurch entsteht ist hinlänglich bekannt.

        Chinesische StudentInnen im Ausland steht ebenso ein Zugang zu Wikipedia zur Verfügung, dennoch kann die chinesische kommunistische Partei die Geschichte um den Tian’anmen Platz verleugnen, verfälschen und manipulieren.

        Und wie viel freies Wissen bei uns Wert ist sieht man an der aktuellen Energiekrise, man bräuchte nur Wikipedia zu durchforsten, und hätte vermutlich die Lösung. (Alleine der Umstand das darum nicht mal Diskutiert wird ist sehr faszinierend, ob es dann tatsächlich eine Lösung darstellt, dazu fehlen mir eine paar Fakten und die wären eben zu diskutieren.)

        Ich halte die These aus diesen Gründen für sehr gewagt, das freies Wissen zu Veränderungen im positiven Sinn führt.

        Der Umstand das es nicht vollständig gesperrt werden kann wie Diplomaten ist richtig, die Gefahr schätze ich als nicht sehr groß ein. schlicht weil über den Inhalt in breiter Öffentlichkeit nicht Diskutiert werden kann.

        1. @Peter (Wien)
          Danke für deine Antwort und deine gute Argumentation.
          Du hast Recht, der Zugang zu Wikipedia hat den Ukraine-Krieg nicht verhindert.

          Ich will mich deswegen korrigieren und was ergänzen:
          Wissen allein reicht nicht aus, wenn man nicht reagiert UND
          man muss nach der Wahrheit streben, um sie zu finden.
          Wer nicht Bescheid weiss, kann auch nicht reagieren.
          (hier mal kurz eingeschoben: Ich glaub nicht, dass jeder Bürger täglich auf Wikipedia rumgurkt,
          auch nicht in der EU. Manche Menschen sind auch zu beschäftigt mit eigenen Problemen z.B. Armut)

          Ich sehe Wikipedia (bzw. freie Informationen) als Fuss in der Tür bei weniger freien Kulturen.
          Ähnlich wie die Kultur & Werte vom Westen (z.B. Rockmusik & Meinungsfreiheit) in der DDR.

          Zitat: „Ohne Menschen die es anders kennen, wird positive Veränderung schwierig. Sehr schwierig.“
          Hab mal ein Video-Ausschnitt aus dem Stasi-Unterlagen-Archiv gesehen, bei dem
          ein DDR-Bürger Parolen über Freiheit in die Videokamera eines Reporter-Teams rief.
          Leider war es kein Westfernsehen (wie von ihm vermutet) und er wurde kurz darauf von
          ein paar Stasi in Zivil eingesackt. Aber die Idee von Freiheit war in seinem Kopf.

          In diesem Fall war sogar der Widerstand bzw. die Reaktion da – Es war nur zu klein.
          Wenn Niemand von einer besseren Welt gewusst hätte, wäre es erst gar nicht so weit gekommen.

          Um meinen Punkt mit der Wichtigkeit von Informationen zu untermauern,
          will ich nochmal auf den Ukraine-Krieg verweisen:
          Sicherlich hast du von der russischen Reporterin gehört, die im russischen Fernsehen gegen den Angriffskrieg demonstriert hat.
          Oder von den Menschen die Russland verlassen, aus Angst eingezogen zu werden.

          Diesen Menschen standen Informationen zur Verfügung die sie auch entsprechend deuten konnten.
          Dieser Link zum russischen Überfall auf die Ukraine könnte zu ähnlichen Entscheidungen beigetragen.
          https://ru.wikipedia.org/wiki/Вторжение_России_на_Украину_(2022)

          Ich halte es auch für plausibel, dass die meisten Russen gegen den Krieg sind.
          Letzten Endes sind es ihre Väter, Brüder, Söhne und Ehe-Männer, die
          in ihr Verderben geschickt werden.

          Zu oft ist es aber die bereits erwähnte Feigheit, vielleicht aber auch Überlebenswille,
          der dafür sorgt, dass die nötige Rebellion ausbleibt.

          Neues Fazit:
          Der Krieg wurde jetzt nicht verhindert, aber sofern es verwendet wird,
          kann Wikipedia (bzw. Informationsfreiheit) ihm zumindest ein wenig den Wind aus
          den Segeln nehmen.

          Wenn Wikipedia keinen positiven Effekt auf die Bevölkerungen von autoritären Staaten hätte,
          würden Despoten wie Erdogan und Putin auch kaum versuchen den Informationsfluss zu
          unterbinden oder zu verfälschen.

  2. Faschisten hassen Tatsachen und Fakten.

    Genauso hasst die NSAfD ihren eigenen Slogan „Mut zur Wahrheit“.

  3. Vielleicht sollte man die Wikipedia über eine dezentral SSL Verschlüsselte P2P basierte Blockchain verbreiten die sich nicht so einfach durch China/Russland zensieren lassen würde !

  4. An Piratenpartei Wähler, 28. Juli 2022 um 22:38 Uhr

    Wissen ist Macht, Dahingehend – warum sollte man das machen, wenn es dann gegen uns eingesetzt wird?

    Wikipedia sollte keine Waffe sondern ein Enzyklopädie sein. Staaten wie Russland und China sind leider sehr wohl dazu in der lagen und auch bereit, aus einer Enzyklopädie eine Waffe zu machen.

    Wir gehen leider viel zu leichtfertig mit immateriellen Werten um, gerade bei Wikipedia muss man leider sagen das sowohl die Verantwortlichen als auch die Politik die realen Gefahren vollkommen unterschätzen und wieder mal auf der Nudelsuppen daherschwimmen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.