Neue Geschäftsmodelle bestätigtLuca-App will endemisch werden

Immer mehr Bundesländer wollen die Verträge mit der App kündigen. Luca reagiert nun mit einer offiziellen Änderung des Geschäftsmodells hin zur Gastro- und Event-App: Die Integration von Speisekarten sei nur der Anfang, sagen die Betreiber.

Luca will sein Geschäftsmodell erweitern und sich „als Digitalisierungs-Partner der Gastronomie und Kulturbranche positionieren.“ (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Roger Harris

Die Betreiber der Luca-App kündigen neue Geschäftsmodelle an. In der letzten Woche hatten sie konkrete Fragen von netzpolitik.org zu diesem Thema weder dementiert noch bestätigt. Unsere Recherchen hatten einen wahrscheinlichen Ausbau von der Kontaktverfolgung hin zu einer Gastro- und Event-App beschrieben, der Chaos Computer Club hatte schon im Frühling 2021 vor diesem Szenario gewarnt

Heute nun wird die Sache offiziell: In einer Pressemitteilung des Unternehmens heißt es, Luca wolle sich „stärker als Digitalisierungs-Partner der Gastronomie und Kulturbranche positionieren“. Weiter kündigt Luca an, dass die bisherige Integration von Speisekarten in die App „nur der Anfang“ sei.

Geplant ist offenbar eine Art Komplettlösung für Ticket-Kauf, Identitätskontrolle sowie Impf- oder Testnachweis. Dabei will Luca „digital alles in einem Prozess abbilden, ganz ohne zentralen Validierungsdienst“. Mit der Funktion einer digitalen ID, basierend auf dem Personalausweis, wie es bereits in anderen Ländern möglich ist, soll Luca nach Eigeneinschätzung eine Vereinfachung für Gastronomen und Veranstalter ermöglichen.

Staat hat „völlig naiv kaum Einschränkungen“ gemacht

Mit den laut Firmenangaben 40 Millionen Installationen auf Smartphones gehört die App zu den größten in Deutschland. Während andere Firmen Millionenbeträge ausgeben, um sich eine solche Nutzer:innenbasis aufzubauen, hatte Luca das Glück, dass die Nutzung durch staatliche Verordnungen den Bürger:innen gleichsam auferlegt wurde.

Professor Claus Wendt, der sich an der Universität Siegen mit Gesundheitssystemen beschäftigt, bemängelt deshalb, dass der Staat „solchen Apps völlig naiv kaum Einschränkungen“ mache. Laut Wendt sollte der Staat wichtige IT-Infrastrukturen im Gesundheitsbereich selbst in der Hand halten, um sensible Gesundheitsdaten bestmöglich zu schützen.

Die Betreiber der Luca-App stehen unter Druck. In vielen der 13 Bundesländer, deren Verträge mit der Betreiberfirma Culture4Life/Nexenio bald auslaufen, sieht es schlecht aus für die private Kontaktverfolgungs-App. Schleswig-Holstein und Bremen haben sich bereits zur Kündigung entschlossen, mehrere andere Länder tendieren zu einem Ende für die Luca-Nutzung. Bis Ende Februar müssen sie sich entscheiden, ob es weitergeht. Kündigen sie nicht, würde es für ein Jahr weitergehen – eigentlich.

Anhaltende Kritik

Die App-Macher kommen den Ländern nun entgegen: Sie sollen neuerdings monatlich entscheiden können, ob die Gesundheitsämter weiter ans Luca-System angeschlossen sein wollen, berichtet die dpa. Gleichzeitig soll es günstiger werden. 9.000 statt 18.000 Euro würden dann pro Jahr und angeschlossenem Gesundheitsamt anfallen. Bisher waren für Luca insgesamt Kosten von mehr als 20 Millionen Euro angefallen. Die kürzere Laufzeit soll den Ländern Flexibilität geben, sagt Geschäftsführer Patrick Hennig.

Die Luca-Macher waren in der Vergangenheit immer wieder in die Kritik geraten. Zum einen kritisierten Datenschützer:innen die Anwendung wegen der zentralen Datenspeicherung, Sicherheitslücken plagten das Projekt. Zum anderen nutzen heute viele Gesundheitsämter das System kaum oder gar nicht mehr – und beklagen einen fehlenden Nutzen. Sogar Politiker:innen hatten nach einem unrechtmäßigen Datenzugriff der Mainzer Polizei öffentlich dazu aufgefordert, die App zu löschen.

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2 Ergänzungen

  1. >>> Staat hat „völlig naiv kaum Einschränkungen“ gemacht

    Joah. Cum-Ex, Big-Tech, … ich sehe letztlich Logik in der Gesetzgebung dieses Landes.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.