Seit Juli 2016 darf ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten. Was liegt da näher, als im Internet mehr oder weniger regelmäßig Neues aus dem Fernsehrat zu berichten? Eine Serie.
In genau einem Monat, am 2. Juli 2021, trifft sich der Fernsehrat zum ersten Mal seit einem Jahr wieder zu einer Präsenzsitzung in Mainz. Wichtigster Punkt der Tagesordnung wird dann die Wahl der Nachfolge von Thomas Bellut als ZDF-Intendant sein. Für die Wahl benötigen Kandidat:innen 36 Stimmen von den 60 Mitgliedern des Fernsehrats, also eine Drei-Fünftel-Mehrheit.
Nach einer Phase der offenen Kandidatensuche wurden vor kurzem die Fernsehrat-Mitglieder quasi offiziell per Mail darüber informiert, dass zwei konkrete Kandidat:innen zur Wahl vorgeschlagen wurden. Zur Wahl stellen sich Tina Hassel, Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin, und Norbert Himmler, Programmdirektor des ZDF. Himmler wäre nach Thomas Bellut, Markus Schächter und Dieter Stolte der vierte Intendant in Folge, der zuvor ZDF-Programmdirektor war. Tina Hassel wiederum wäre nicht nur die erste weibliche Intendantin in der ZDF-Geschichte, sondern auch die erste seit Gründung des ZDF mit langjähriger Erfahrung in der ARD.
Ob es letztlich bei diesen beiden Kandidat:innen bleibt, steht noch nicht fest. Jedes Mitglied des Fernsehrats kann auch in der Sitzung selbst noch neue Vorschläge einbringen. Zum letzten Mal ist das bei der Wahl von Markus Schächter im Jahr 2002 passiert, als sich die beiden – damals noch viel stärker parteipolitisch besetzten – „Freundeskreise“ erst nach mehreren erfolglosen Wahlgängen einigen konnten. Ausgeschlossen ist eine derartige Pattsituation auch dieses Jahr nicht. Im ZDF gibt es weiterhin zwei politisch grob verortete Quasi-Fraktionen von vergleichbarer Stärke. Allerdings ist seit der Neuordnung und Verkleinerung des Fernsehrats nach dem BVerfG-Urteil im Jahr 2014 der Anteil der klar parteipolitisch zuordenbaren Mitglieder geringer. Ob das zu einer schnelleren Entscheidungsfindung führt, muss sich erst zeigen – es findet zum ersten Mal seit dem ZDF-Urteil eine Intendantenwahl statt.
Konzepte und Fragen
Im Vorfeld der Wahl wurden die Kandidat:innen aufgefordert, ihre Vorstellungen und Pläne für die Weiterentwicklung des ZDF in den nächsten Jahren auch in Form eines schriftlichen Konzepts darzulegen. Bis Mitte Juni sollen diese Konzepte, die ich mich gemeinsam mit anderen im Fernsehrat mit großem Nachdruck eingefordert habe, vorgelegt werden. Ob diese Konzeptpapiere von den Kandidat:innen auch öffentlich zugänglich gemacht werden, weiß ich noch nicht. Symbolisch fände ich das aber ein wichtiges Signal der Öffnung und Transparenz gegenüber den Beitragszahlenden.
Ebenfalls Mitte Juni wird es dann voraussichtlich auch eine erste Möglichkeit geben, Fragen an die Kandidat:innen zu richten. Auf Twitter habe ich deshalb bereits darum gebeten, mir jene Fragen zukommen zu lassen, die ihr als Mitglied des Fernsehrats an Tina Hassel, Norbert Himmler oder mögliche weitere Kandidat:innen stellen würdet. Erfreulicherweise haben mich auch bereits einige spannende Fragen per Twitter oder Mail erreicht, auf die ich selbst so nicht gekommen wäre. Umso mehr würde ich mich über weitere Vorschläge freuen, gerne direkt hier als Kommentar unter dem Artikel oder per Mail. Die interessantesten Fragen und Antworten werde ich dann hier im Blog im Vorfeld der Abstimmung veröffentlichen.
Sehr geehrter Herr Dobusch,
danke für Ihre Medieninititiative für mehr Transparenz und Beteiligung im Öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem. Seit mehr als 30 Jahren fordern wir als engagierte Mediengruppe die parteipolitische Dominanz der Zusammensetzung des Rundfunkrates zu vrändern. Das Bundesverfassungsgericht hat die Unrechtmässigkeit der Parteiendominanz anerkannt und Veränderung angemahnt, die aber nur teilweise stattgefunden hat. Aktive Parteifunktionäre wurden durch Stellvertreter/innen in gesellschaftlichen Verbänden ersetzt zwar auch mit Parteibuch aber nicht mehr so auffallend. Vorschlag und Frage an die Bewerber um die ZDF- Intendanz. Eine stärkere Demokratisierung wäre möglicherweise gegeben, wenn die Gebührenzahler an wesentlichen Entscheidungen mitbeteiligt würden. Wie z.B. bei Wahlen.
Wie stehen denn die Kandidaten dazu? Jeder Verein beteiligt seine Mitglieder an Entscheidungen. Warum nicht auch diejenigen, die den Sender finanzieren?