Neues aus dem Fernsehrat (62)ZDF Terra X baut Angebot frei lizenzierter Erklärvideos aus

Terra X veröffentlicht 50 neue Erklärvideos unter freien Lizenzen, jede Woche sollen sich drei weitere dazugesellen. Freies Wissen kommt damit endlich im Regelbetrieb öffentlich-rechtlicher Medien an.

Screenshot CC-Clips Terra X
Das Kürzel“CC BY 4.0″ in der rechten oberen Ecke der Videovorschau verrät, dass diese Terra-X-Clips frei nutzbar sind. CC-BY 4.0 ZDF

Seit Juli 2016 darf ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten. Was liegt da näher, als im Internet mehr oder weniger regelmäßig Neues aus dem Fernsehrat zu berichten? Eine Serie.

Es war ein Experiment. Im Oktober letzten Jahres veröffentlichte die ZDF-Dokureihe Terra X erstmals Videos unter einer freien, Wikipedia-kompatiblen Lizenz. Die kurzen Erklärvideos zur Klimakrise wurden kurz darauf in diverse Wikipedia-Artikel zum Thema eingebunden, unter anderem in die vielbesuchten Artikel zu „Klimawandel“ und „Klimamodell“. Im Interview begründet Terra-X-Redaktionsleiterin Friederike Haedecke die Veröffentlichung mit dem Bildungsauftrag öffentlich-rechtlicher Medien und kündigte an, bei positiver Evaluierung dieses „Testversuchs“ weitere Inhalte folgen zu lassen:

Es gibt eine große Bereitschaft unsererseits, da weiter zu gehen und es auch mit Kolleginnen und Kollegen hier im Haus weiter voranzutreiben. Unser Bereich ist Bildung und Wissenschaft, da ist es eigentlich am leichtesten.

Offenbar waren die Erfahrungen mit der Veröffentlichung frei lizenzierter Erklärvideos gut genug, dass aus dem Ausnahmefall ein regelmäßiges Angebot wird. Wie diverse Medien via DPA melden, sollen in Kürze 50 weitere Erklärvideos unter terrax-cc.zdf.de frei nutzbar bereitgestellt werden:

Gestartet wird mit 50 Erklärvideos, nach und nach sollen weitere hinzukommen. Über Schulen hinaus seien sie für jedermann gedacht. ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Gerade die Corona-Pandemie zeigt, dass frei zugängliches und valides Wissen eines der höchsten Güter einer demokratischen Gesellschaft ist.“

Wie Wikimedia Deutschland in einer Aussendung bekannt gab, werden sämtliche Videos unter Wikipedia-kompatiblen Lizenzen (CC BY bzw. CC BY-SA) stehen und deshalb auch zusätzlich zur ZDF Mediathek auf Wikimedia Commons verfügbar sein. Wikimedia setzt sich in einer Kampagne für freie Lizenzen für öffentlich-finanzierte Inhalte ein und hat dafür seit Anfang März bereits knapp 9000 Unterstützungserklärungen eingesammelt.

Rechssicherheit durch freie Lizenzen

In ihrer Printausgabe berichtet die Süddeutschen Zeitung wiederum unter dem Titel „Lizenz zum Lernen“ über die urheber- und lizenzrechtlichen Rahmenbedingungen des erweiterten Terra-X-Angebots:

Dass es zu dieser Lizenzänderung bei Terra X gekommen ist, sei der Freigabe durch die beteiligten Produzenten zu verdanken, den Urheberrechtsträgern der Videos. Hinzu komme die enorm große Zahl an Anfragen von Schulen, Ausschnitte der Reihe im Unterricht zeigen zu dürfen.

Leonhard Dobusch mit der WDR-Maus auf der re:publica
Auch der WDR-Maus würden freie Lizenzen gut stehen - CC-BY 4.0

ZDF-Programmdirekter Norbert Himmler verweist in dem Artikel auf Vorteile freier Lizenzen im Bereich der Rechteklärung:

Wenn Personen oder Bildungseinrichtungen bislang Interesse an der Nutzung von Sendungen oder Ausschnitten hatten, zog dies teils komplexe Rechtsprüfungen nach sich. Die Freigabe bestimmter Clips schafft hier Rechtssicherheit.

Mit anderen Worten: Bei freien Lizenzen mag der Aufwand vor Veröffentlichung ein wenig höher sein, weil die Zustimmung zur freien Lizenzierung eingeholt werden muss. Dafür gibt es im Nachgang keine Probleme bei der Rechteklärung mehr. Zumindest im Bildungsbereich und bei Eigenproduktionen ohne Fremdmaterial und GEMA-Musik sollten freie Lizenzen im öffentlich-rechtlichen Kontext deshalb zum Standardfall werden – angemessene Vergütung für die Beteiligten inklusive (zum Beispiel, um den Wegfall etwaiger Wiederholungshonorare zu kompensieren).

Bleibt die Frage, wann andere ZDF-Sendereihen und die ARD ebenfalls verstärkt auf freie Lizenzen setzen? Erklärvideos der WDR-Reihe „Sendung mit der Maus“ würden sich beispielsweise auch ideal für die Verwendung im Schulunterricht oder das Einbinden in Wikipedia-Artikeln eignen. Als „Archiv“ dienen hier im Alltag aber bislang vor allem illegal auf YouTube hochgeladene Sendungen. Zeit also auch für die ARD, hier nachzuziehen.

Eine Ergänzung

  1. Wurde auch Zeit. Mit Steuergeldern finanzierte Sendungen gehören dem Steuerzahler und sollten für immer verfügbar sein.

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