Zu den polizeilichen Aufgaben gehört die heimliche Beobachtung, mit der etwa Verdächtige einer Straftat überführt oder die Begehung weiterer Straftaten verhindert werden soll. Die Behörden nutzen dafür technische Hilfsmittel zum Abhören des gesprochenen Wortes, zur Beobachtung mit miniaturisierten Kameras oder zur Verfolgung mit Peilsendern. In Deutschland liegt die Zuständigkeit für die verdeckten Maßnahmen bei den „Mobilen Einsatzkommandos“.
Um die verdeckte Observation und Überwachung zu verbessern, schließen sich europäische Behörden in drei Netzwerken zusammen. Polizeien aus Osteuropa, Finnland und Malta sind Mitglied der 2017 in Prag gegründeten „Surveillance Cooperation Group“ (SCG). Die Staaten des Westbalkan sowie Österreich schließen sich im „Surveillance Expert Network for Southeast Europe“ (SENSEE) zusammen. Alle übrigen EU-Mitgliedstaaten, die assoziierten Schengen-Mitglieder Norwegen und die Schweiz sowie Europol organisieren sich in der „European Surveillance Group“ (ESG). Auch Großbritannien arbeitet dort mit.
„Einheitliches gesamteuropäisches Überwachungsnetz“
Sämtliche Überwachungsnetzwerke gehören nicht zur Europäischen Union, die Bundesregierung bezeichnet sie als „informell“. Im Rahmen des deutschen EU-Ratsvorsitzes schlägt das Bundesinnenministerium nun vor, die Strukturen unter dem Dach der „European Surveillance Group“ zusammenzuführen. Damit würde „ein einheitliches gesamteuropäisches Überwachungsnetz“ entstehen, das Techniken und Methoden der verdeckten Überwachung europaweit standardisiert und die grenzüberschreitende Observation vereinfacht.
Mit der Zusammenlegung wollen die Behörden auf veränderte Kriminalitätsphänomene und damit verbundene neue Tatmodi reagieren. Dem Vorschlag zufolge seien beispielsweise im Bereich des islamischen Terrorismus „bedeutende Veränderungen bei den Schauplätzen und Instrumenten“ festgestellt worden.
Genannt werden Anschläge, die nicht mehr nur in Gruppen, sondern auch von Einzelnen verübt werden. Immer noch würden beispielsweise Lastwagen zur Ausführung von Straftaten genutzt. Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz hat die Berliner Polizei im Rahmen der ESG unter dem Namen „Berlin Truck Concept“ entsprechende Schulungen angeboten, zu deren Inhalt ist jedoch nichts bekannt.
„Übernahme“ von Zielpersonen an der Grenze
Die deutsche Initiative zur Fusion der drei Netzwerke geht auf die „Versammlung der Regionalgruppen zur verdeckten Observation und Überwachung“ (ARGOS) zurück, die Europol 2014 in Den Haag organisiert hat und an der Behörden aus 37 Ländern teilnahmen. Zu dieser Zeit gehörte das Bundeskriminalamt zur Steuerungsgruppe der ESG, die damals unter einem anderen Namen firmierte. Seitdem werden Mitglieder von SENSEE und der SCG zu Veranstaltungen und Übungen der ESG eingeladen.
Inzwischen hat die EU-Kommission einen zweiten Förderantrag für die ESG genehmigt. Damit werden Trainings finanziert, darunter zu Observationen bei schlechten Lichtverhältnissen, ländlicher Überwachung, Umgang mit verschiedenen Kommunikationssystemen und der Reaktion auf „Gegenüberwachung“ oder dem elektronischen Stören polizeilicher Maßnahmen.
In der ersten Staffel wurden im Rahmen der ESG 180 BeamtInnen als MultiplikatorInnen geschult. 200 Einsatzkräfte aus neun Ländern haben an einer Übung der ESG teilgenommen. Die nationalen Einheiten haben dabei die Verfolgung und „Übernahme“ von Zielpersonen über mehrere europäische Landesgrenzen hinweg geübt.
Zentraler Server für Peilsender
Mit der Eingliederung der ESG in EU-Strukturen will die Bundesregierung auch die Finanzierung des Netzwerks sichern. Zu dem Vorschlag gehört, die ESG der Ratsarbeitsgruppe „Strafverfolgung“ anzugliedern. Als Mitglied der ESG könnte Europol eine Koordinationsfunktion übernehmen.
Europol hat bereits ein Pilotprojekt zu einer „European Tracking Solution“ (ETS) geleitet, an dem sich auch Polizeikräfte aus Deutschland und Frankreich beteiligt haben. Mit einem bei Europol installierten Trackinggateway können die Beteiligten grenzüberschreitend auf die Positionsdaten von Peilsendern zugreifen. Die Plattform soll zunächst zwölf „Partnern“ zur Verfügung stehen.
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