Digitalhygiene nach dem Deliveroo-Aus: Einmal die komplette Datenlöschung, bitte

Nach dem Essen: Zähneputzen. Nach dem Essen bestellen: Daten löschen lassen. Deliveroo macht in Deutschland zu, doch das heißt nicht, dass auch eure Datenprofile verschwinden. Was die Firma damit vorhat? Unklar. Wir zeigen deshalb, wie ihr euren Account deaktiviert und einen Antrag auf Löschung aller vorhandenen Daten stellt.

Ein zugeschneites, angeschlossenes Rennrad
Die Fahrräder können angeschlossen bleiben: Deliveroo wird es in Deutschland bald nicht mehr geben. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Serkan Turk

Das kommt für viele überraschend: Am Freitag zieht sich Deliveroo aus dem deutschen Markt zurück. Das gab der Konzern heute in E-Mails an Kundinnen und Rider bekannt. Vor allem letztere sind vor den Kopf gestoßen – stehe sie doch ohne Vorwarnung in wenigen Tagen ohne Job dar. Da hilft es wenig, dass ein Unternehmenssprecher gegenüber netzpolitik.org betont, die Entscheidung sei „nicht leichtfertig getroffen“ worden.

Zur Begründung für den Rückzug heißt es uns gegenüber: „Die Entscheidung basiert auf der Grundlage, dass Deliveroo seine Ressourcen und Investments dort einsetzt, wo das Unternehmen das größte Wachstumspotenzial erwartet.“ Klartext: In Anbetracht von Mindestlohn, Arbeitskämpfen und Konkurrenzdruck will sich das britische Unternehmen lieber auf Märkte konzentrieren, die einfachere Profite versprechen.

Bereits vor einem Jahr hatte sich Deliveroo aus zehn deutschen Städten zurückgezogen und war damit nur noch in Berlin, München, Hamburg, Köln und Frankfurt aktiv. Mit dem Rückzug ist nun Lieferando der einzig verbleibende überregionale Essenslieferdienst in Deutschland. Dessen niederländischer Mutterkonzern Takeaway hatte im Frühjahr bereits Lieferheld und Foodora geschluckt.

Digitalhygiene gegen unangenehme Überraschungen

Dass digitale Dienste eingestellt werden, die man viel genutzt hat, passiert immer wieder. Oft vergessen wir sie schnell, weil sie durch andere ersetzt werden. Dass diese angestaubten Profile durchaus zu unangenehmen Überraschungen führen können, zeigen nicht zuletzt die Datenlecks der letzten Jahre. Unter anderem kursieren 427 Millionen uralte MySpace-Passwörter im Netz, die von einigen Menschen jedoch weiterhin bei anderen Diensten genutzt werden.

Doch es gibt noch einen anderen Grund, warum man auf einer Löschung bestehen sollte: Geschmackliche Vorlieben, Essenszeiten und Budgets sind nur einige der Daten, die ein Lieferdienst über uns speichern kann. Schon heute gibt Deliveroo einige Daten an Werbepartner weiter, „damit diese sicherstellen könnten, dass Sie Werbung angezeigt bekommen, die für Sie relevant ist und die Ihnen E-Mail-Werbung in unserem Namen zusenden“, so die Datenschutzbedingungen. Aber was ist eigentlich, wenn die Mutterfirma irgendwann mal pleite geht? Dann sind die umfangreichen Datensätze über Millionen Kundinnen ein wertvolles Asset, für das sich auch Versicherungen, Gesundheitsfirmen oder Datenhändler interessieren könnten.

Dass ein Unternehmenssprecher versichert, dass Deliveroo „alle Daten gemäß der gesetzlichen Bestimmungen verarbeiten“ will, ist da nur ein schwacher Trost. Denn wer seinen Account behält, gestattet dem Konzern womöglich auch, die Daten weiterhin zu nutzen. Deshalb: Lieber auf Nummer sicher gehen und selbst für eine Löschung entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen sorgen.

So geht’s: In zwei Schritten zur Datenlöschung

Der erste Schritt zur Digitalhygiene in Sachen Essendienst ist das Löschen des Kontos. Ärgerlicherweise geht das bei Deliveroo nicht in der App, weder in der Android-, noch in der iOS-Version. Stattdessen muss man sich auf der Website anmelden. Anmeldedaten vergessen und nur im Telefon gespeichert? Ihr könnt sie euch im Smartphone anzeigen lassen oder einfach auf der Website das Passwort zurücksetzen.

Einmal eingeloggt, könnt ihr durch einen Klick auf euren Profilnamen oben rechts in die Einstellungen gelangen:

Das allgemeine Menü auf der Deliveroo-Seite

In den Einstellungen scrollt ihr dann ganz nach unten bis zum Punkt „Konto deaktivieren“. Hier das Passwort eingeben und bestätigen:

Die Option im Deliveroo-Accountmenü zum Deaktivieren des Accounts

Selbstverständlich sollte bei der folgenden Nachfrage nochmal bestätigt werden:

Die angeklickte Option im Deliveroo-Accountmenü zum Deaktivieren des Accounts

Aber Achtung: Dass hier nur das Deaktivieren des Accounts angeboten wird, sollte misstrauisch machen. Zwar soll es unwiderruflich sein, doch von Löschen ist keine Rede. Deshalb lieber auf Nummer sicher gehen und im zweiten Schritt explizit zur Löschung der Daten auffordern.

Schritt zwei: Die Extraportion DSGVO

Dafür sollte man am besten noch die nukleare Option ordern: Die Löschungsaufforderung nach Artikel 17 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Dieser auch als „Recht auf Vergessenwerden“ bekannte Artikel besagt, dass personenbezogene Daten über euch gelöscht werden müssen, wenn sie nicht mehr benötigt werden oder eine Kundin ihre Einwilligung zur Speicherung zurückzieht. Es gibt zwar Ausnahmen, wenn ein Konzern die Daten beispielsweise noch zur Rechnungsstellung nutzt, aber ansonsten gilt das Recht eben nicht nur „unter bestimmten Umständen“, wie es in der Deliveroo-Datenschutzerklärung heißt.

Die Aufforderung kann per Mail gestellt werden: Die Verbraucherzentrale Niedersachsen bietet praktischerweise ein Musterformular zur Datenlöschung an.

Die Datenschutzstelle von Deliveroo ist unter dpo@deliveroo.com erreichbar und kann auf deutsch kontaktiert werden. Wer ganz sicher gehen will, nimmt auch den deutschsprachigen Support mit ins CC: support@deliveroo.de.

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4 Ergänzungen

  1. Schade das Deliveroo so kurzfristig den Stecker zieht. Einige Fahrer erfuhren es erst heute, das am Freitag der letzte Tag sein soll.
    Zum Thema Datenschutz haben wir von Radkurier24 (ein Kollektiv an selbstständigen Fahrradkurieren uns auch Gedanken gemacht)
    Auf Radkurier24.com findet der Kontakt direkt zwischen Endkunden und Kurier statt, ohne Zwischenschaltung des Portal. Das ist nachhaltig, fair aber vor allem direkt.

    Grüße an alle Deliveroo Rider – ihr könnt euch uns gerne anschließen….

  2. Hi, Deliveroo fordert eine KOpie des Ausweise zur Löschung aller daten, das möchte ich eigentlich nicht..Was tun?

    1. Ich denke da helfen nur Formen von Macht und Gewalt. Der Staat will helfen, oder will jedenfalls nicht helfen können wollen.

      Meiner Meinung nach braucht es einen vertrauenbswürdigen Apparat, staatlich aber auch die Hardware und Software und zugehörige Prozesse (…). Dann könnte der Staat hier mitteln und ohne herausgabe weiterer Daten die Löschung beantragen – dann ist es immer noch ein Kanarienbit, aber besser als Ausweiskopien einschicken zu müssen – überhaupt sind hier grundlegende Symmetrien verletzt, da ich ja auch nicht meinen Ausweis zeigen muss, um mich dort anzumelden – hier wäre ein bei einem staatl. (?) Vermittler hinterlegter Killcode eine interessante Sache – der prüft dann die Identität, darf aber nicht mit Daten handeln usw.

      Das ist Utopie, nicht mit der Sorte Politiker machbar, die wir haben. Einfach nicht auf der Karte, stattdessen halt trojanische Urheberrechtsreformen und allgemeiner Kahlschlag abseits von Google, Facebook, Springerverlag, also Liquidierung alles Relevanten zu Gunsten der Herrschaft des Blöden.

      Mein Urblusen-Heberecht bekommt keiner!

  3. @Johanna: vielleicht hilft dir das weiter:
    https://webersohnundscholtz.de/identitaetsnachweis-betroffenenrechte/

    „Demnach muss eine zweifelsfreie Identifizierung des Anfragenden erfolgen bevor z.B. dem Recht auf Auskunft nachgekommen werden darf. Erreicht Sie eine Betroffenenanfrage per E-Mail von einem Postfach das Sie systemseitig dem Betroffenen zuordnen können (z.B. Registrierung wurde über dieses Postfach vorgenommen), so ist dadurch eine ausreichende Identifizierung gewährleistet und Sie können dem Ersuchen des Anfragenden nachkommen“

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.