EU-Kommission: 80 Prozent der Europäer wollen wissen, wer für politische Werbung im Netz zahlt

EU-Kommissarin Věra Jourová verrät erste Zahlen aus der nächsten Eurobarometer-Studie. Demnach fürchten viele Europäer Desinformationskampagnen bei den nächsten Wahlen. Die Kommissarin deutet strengere Transparenzregeln bei politischer Werbung für Google und Facebook an.

Leere Anzeigentafel
Wer hat für diese Werbung gezahlt? Im Netz ist das oft völlig unklar. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Paweł Czerwiński

Vier von fünf Europäern wünschen sich, dass soziale Netzwerke offenlegen, wie viel Geld sie von politischen Parteien erhalten. Politische Werbung im Netz müsse demokratische Spielregeln einhalten, sagte EU-Kommissarin Věra Jourová heute bei einer Debatte des Europaparlaments. 73 Prozent der Europäer seien besorgt über gezielte Desinformation im Netz. Die Zahlen seien ein Ergebnis der neuesten Eurobarometer-Umfrage, die in Kürze veröffentlicht werde, sagte Jourová.

Bisher schweigen sich die Online-Werbegiganten Google und Facebook darüber aus, wie viel sie in Europa mit Wahlwerbung verdienen. Vor der US-Kongresswahl letzte Woche verdienten allein Google und Facebook mehr als 430 Millionen US-Dollar mit politischer Werbung. In Europa sind Wahlkämpfe mit sozialen Medien eine Blackbox: Wer wie viel Geld für Suchergebnisse, Youtube-Videos und gesponserte Posts ausgibt, ist im Netz praktisch nicht nachvollziehbar. Wahlkampfregeln werden damit ad absurdum geführt. Die Sorge vor unkontrollierter Einflussnahme ausländischer Akteure und großer Lobbys durch manipulative Werbung in sozialen Medien wächst.

Strengere Regeln für die Plattformen

Die EU-Kommission drängte die Plattformen zuletzt in eine äußerst schwammige Selbstverpflichtung. Laut dem sogenannten Code of Practice können Facebook und Google weiterhin die Identität von Werbenden und deren Ausgaben verschleiern. „Selbstregulierung kann nicht alles lösen“, sagte Jourová heute im Europaparlament. Die Kommission kündigte an, bis Dezember die Schritte der Plattformen zu prüfen. Wenn diese nicht transparenter vorgehen, will die Kommission verpflichtende Regeln vorschlagen.

Das EU-Parlament schickte zuletzt bereits einen Forderungskatalog an die Kommission und die Mitgliedsstaaten. Nach Wunsch der Abgeordneten soll künftig jegliche Form politischer Werbung im Netz einfach zugängliche und verständliche Informationen darüber enthalten, wer dafür gezahlt hat und wer rechtlich verantwortlich ist. Die Zeit drängt: In sechs Monaten finden die nächsten Europawahlen statt.

3 Ergänzungen

  1. 80% der Europäer…
    Das zu glauben fällt mir aus aus zwei Gründen schwer:
    Erstens denke ich, daß eher 80% der Europäer, die ich kenne, sich dafür gar nicht interessieren und
    zweitens das so gar nicht mit Wahlbeteiligungen korreliert.

  2. Wir fordern mehr Kontrollen und Einschränkungen!

    Es ist klar wohin der Weg geht. Nicht der Bürger soll entschieden was er von wem liest oder sieht, sondern die Regierungen. Und hier wird das hofiert, in dem diese forderungen unreflektiert wieder gegeben werden.

    Danke Netzpolitlk – nicht

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