Gesetzesgrundlagen für Kooperationen des Verfassungsschutzes? Geheim!

Informationen zur Arbeit ihrer Geheimdienste gibt die Bundesregierung nur ungern. Parlamentarier bekommen kaum Antworten, wenn sie zu deren Aktivitäten fragen. Nun will das Innenministerium sogar geheimhalten, auf welchen gesetzlichen Grundlagen der Bundesverfassungsschutz mit anderen Diensten kooperiert.

Die Regierung hält Informationen zu Geheimdiensten gern geheim – manchmal bis hin zur Absurdität. – CC0 leeroy

Wenn Parlamentarier etwas von der Regierung wissen wollen, können sie Kleine Anfragen stellen. Traditionellerweise nutzen das primär Oppositionsabgeordnete, um die Regierung zu kontrollieren. Das funktioniert sowohl auf Landes- als auch Bundesebene, Anfragen gibt es zu fast jedem vorstellbaren Thema – sei es über „Gesetzliche Unfallversicherung für nebenberufliche Notärzte in Sachsen“ oder „Die Schweinepest kommt Nordrhein-Westfalen immer näher. Was unternimmt die Landesregierung angesichts dieser Bedrohung?“. Nicht immer stellen die Antworten zufrieden. Manchmal sind sie oberflächlich, manchmal liegen die Informationen nicht vor oder die Regierungen stufen sie als geheim ein.

„Für den Dienstgebrauch“ bis „Streng Geheim“

Besonders wenn es um Informationen zu Militär und Geheimdiensten geht, mauert die Regierung. Dazu gibt es verschiedene Abstufungen, je nach Geheimhaltungsgrad. Die niedrigste Stufe – „Nur für den Dienstgebrauch“ – bedeutet, dass die Informationen nicht der Öffentlichkeit, dafür aber den Abgeordneten zugänglich sind.

Bei „vertraulichen“ Verschlusssachen nimmt die Bundesregierung an, dass ein Bekanntwerden den Interessen oder dem Ansehen der Bundesrepublik schaden könnte. „Geheime“ und „streng geheime“ Informationen sollen in manchen Fällen geeignet sein, die Sicherheit oder den Bestand von Bund und/oder Ländern zu gefährden. Über alle eingestuften Informationen müssen die Abgeordneten schweigen, doch im Extremfall verweigert die Regierung sogar ihnen die Auskunft. Da sie in solchen Fällen nicht überprüfen können, wie geheim die Informationen wirklich sein müssen, sind sie abhängig von der Einschätzung der Bundesregierung.

Pauschales Mauern

In einer aktuellen Anfrage wollte die Linkenabgeordnete Martina Renner wissen, wie es um die Kooperation des Bundesverfassungsschutzes mit anderen Behörden bestellt ist. Wie viele Kooperationen unterhält die Behörde, mit welchen ausländischen Partnerbehörden arbeitet sie zusammen, wie viele Daten tauscht sie hin und her? Insgesamt 25 Fragen richtete Renner an die Regierung. Mit der Beantwortung machte es sich das Innenministerium leicht: Alle Antworten sind „Verschlussache-Geheim“ und nur in der Geheimschutzstelle des Bundestages einsehbar.

Dass sich Regierung und Geheimdienste zu Kooperationen nicht gern in die Karten schauen lassen, hat der NSA-Untersuchungsausschuss lebendig illustriert. Gern verwiesen Zeugen bei unangenehmen Fragen auf die eingestufte Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit oder hatten Gedächtnislücken.

Wenn Parlamentarier aus geheimen Dokumenten oder Sitzungen brisante Informationen erfahren, dürfen die Abgeordneten nicht darüber reden, selbst wenn ein berechtigtes öffentliches Interesse vorliegen sollte. Doch ist es im aktuellen Fall wirklich so geheimhaltungsbedürftig, wie viele Kooperationen des Verfassungsschutzes es gibt? Renner findet das nicht und kommentiert gegenüber netzpolitik.org:

Man erhält einen wunderbaren Eindruck darüber, wie Geheimdienst und Innenministerium die demokratische Kontrolle der Nachrichtendienste scheitern lassen. Deshalb soll die Öffentlichkeit nicht einmal die Anzahl der Kooperationspartner im In- und Ausland erfahren.

Selbst gesetzliche Grundlage bleibt geheim

Besonders verwunderlich ist, dass nach Ansicht der Regierung sogar geheim bleiben muss, auf welchen gesetzlichen Grundlagen etwaige Kooperationen beruhen. Das Bundesverfassungsschutzgesetz ist mitnichten geheim und eine Gefährung Deutschlands lässt sich aus Kenntnis der zutreffenden Paragrafen selbst mit ausgeprägter Fantasie nicht herbeiargumentieren. Bei einer ähnlichen Anfrage Renners zu den Kooperationen des BND beantwortete die Regierung diese Frage noch, wenn auch nicht umfangreich. Die nun vorliegende Blockadehaltung erscheint willkürlich, sie ist jedoch kein Einzelfall.

Die Linksfraktion im Bundestag beobachtete, dass Fragen der Opposition immer öfter keine Antwort erhalten, selbst wenn das abgefragte Thema in vorherigen Jahren noch offen behandelt wurde. Im Juni berichtete der Tagesspiegel über dieses Problem. In den vorhergehenden zwei Jahren seien 53 Antworten und Antwortteile zu Fragen der Linksfraktion eingestuft gewesen, zum Teil auch dann, wenn es nur um die Bestätigung eines bereits öffentlich bekannten Sachverhalts ging.

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8 Ergänzungen

  1. Im PKGr sitzt ein Mitglied der linken Regierung. Soll die Anfragende doch ihn fragen. Oder den Weg zur Geheimschutzstelle des Bundestages selbst laufen. Aber ich weiss schon, alles wieder nur Blockade und Auskunftverweigerung.

    1. Darum kann es doch nicht gehen. Was hat der demokratisch konstituierte Souverän davon, wenn ihm seine VertreterInnen die Einsicht in die Konstitution des eigenen Staates verweigern?

    2. Die Informationen, um die es in dem Artikel geht, sind für die Sicherheit des Landes unerheblich. Allerdings nicht für die demokratische Debatte, denn man könnte vermuten, dass so mancher Dienst viel mehr Aktivitäten durchführt, für die es gar keine gesetzliche Grundlage gibt. Wenn diese Informationen nur über das PKGr oder die Geheimschutzstelle einsehbar sind, dann darf darüber dennoch nicht geredet werden. Und das war meiner Vermutung nach mit der (öffentlichen) Anfrage beabsichtigt worden.

  2. Zwiesprache:

    Fragender: Herr Sowieso, was passierte hier und da?
    Sowieso: Das brauche ich nicht zu erzählen, ich berufe mich auf Gesetz X, Abschitt 2, §2a!
    Fragender: Herr Sowieso, das Gesetz ist mir nicht bekannt, wo kann ich mir dieses Ansehen?
    Sowieso: Das Dürfen Sie laut diesem Gesetz nicht tun, dieses Gesetz ist als Geheim eingestuft worden, nur für Angehörige des VS einsichtig!
    Fragender: Tja, dann können wir ja nix machen!

    OK, OK, aber jetzt stellt euch das selbe Gespräch mit euren Eltern (Fragender) vor, so vor 30 Jahren, was hätten die Wohl geantwortet/gesagt?
    Wie wäre das Gespräch wohl verlaufen?

  3. Warum wird nach wie vor die Desinformation verbreitet, das Wir eine
    Verfassung hätten. Wir haben ein Grundgesetz seit der Gründung der
    Bundesrepublik Deutschland und daran hat sich auch nach der
    Wiedervereinigung Deutschlands nichts geändert.
    Wird Das desshalb ständig wiederholt,weil Wir das glauben sollen??
    Warum,Weshalb !?

    1. Ja, das mit der Verfassung ist schon ein Lustig Ding!

      Eigentlich sollte ja das Grundgesetz nach der Wiedervereinigung durch eine Verfassung, die durch eine Volksabstimmung von allen deutschen Mitbürchern und Bürcherrinnen bestätigt hätte werden sollen, abgelöst werden.

      Das unsere gewählten Herren und Meisterinnen das Durchführungsgesetz für eine Volksabstimmung geflissentlich und am laufenden Band, „vergessen“, haben wir Deutschen also immernoch ein Grundgesetz, das unseren gewählten Herren und Meisterinnen zu Diensten ist!

      Eine Verfassung, das Problem bei einer Verfassung ist doch, das da das schnöde, unwissende Volk bei einer Änderung, eben diese Änderung dem Volk erklärt werden muss, da ist es beim GG einfacher, da müssen sich alle Regierigen nur einig sein, nicht?

      Also, welcher Politiker oder Regierungsbeamter gibt schon freiwillig Macht ab?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.