Europaparlament verabschiedet umstrittene Richtlinie zu Geschäftsgeheimnissen

Neue EU-Richtlinie: Was geheim ist, bestimmen allein die Unternehmen. Foto: CC-BY-NC-ND 2.0 San Diego Shooter (Flickr)

Nur eine gute Woche nach Veröffentlichung der Panama Papers hat das Europäische Parlament mit großer Mehrheit die Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen verabschiedet. Für die Richtlinie stimmten 503 Abgeordnete, dagegen 103.

Die Richtlinie gefährdet die Pressefreiheit sowie die Rechte von Arbeitnehmern und Whistleblowern. Europaweit hatten Gewerkschaften und Journalisten gegen die Richtlinie protestiert, mehr als 155.000 Menschen unterzeichneten eine Petition gegen die Ausweitung von Geschäftsgeheimnissen.

Zuletzt hatten auch die Redakteursausschüsse der öffentlich-rechtlichen Sender das Vorhaben scharf kritisiert. Die Richtlinie sei geeignet, „die journalistischen Recherchemöglichkeiten einzuschränken, Journalisten einzuschüchtern und die redaktionelle Arbeit durch hohe Kostenrisiken zu behindern“. Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte die Richtlinie im Deutschlandfunk als „Maulkorb für Arbeitnehmer und Whistleblower“.

Die Kritiker sind sich einig, dass die Richtlinie zu weit geht, weil die alleinige Definition, was ein Geschäftsgeheimnis ist, bei den Unternehmen liegt. Gleichzeitig wird die Beweislast, ob der Verrat eines Geschäftsgeheimnisses eventuell doch gerechtfertigt ist, komplett auf die Arbeitnehmer und Whistleblower abgeladen.

Video zum Thema im NDR-Medienmagazin ZAPP:

https://www.youtube.com/watch?v=JABtAoO6jfA

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9 Ergänzungen

  1. Hallo,

    gibt es irgendwo einen Fonds oder so etwas, der Geld sammelt für evtl. Prozesskosten von Journalisten, Whistleblowern und Mitarbeitern?

    Viele Grüße

    1. Ja – es scheint inzwischen unumgänglich, dass wir den Schutz der Journalisten und Whistleblower bzw. Informanten selbst absichern. Ein Gang durch die Instanzen wäre zudem ein Muss, denn das Gesetz wiederspricht vielleicht nicht nur dem freien Menschenverstand (nicht dem gesunden!), sondern auch den Grundsätzen des Europäischen gerichts für Menschenrechte. Es kann eigentlich kein Vergehen sein, illegitime, vielleicht gar illegale und allemal das Gemeinwohl beschädigende Geschäftspraktiken ins Licht der Öffentlichkeit zu zerren.

      1. Ich bin sofort dabei, Journalisten und Whistleblower bei Prozesskosten zu unterstützen ( für Edward Snowden mache ich das über die Courage Foundation, – und wie man netzpolitik.org unterstützt, ist ja sicher allen, die hier posten bekannt : )
        Aber:
        im Artikel oben fehlt die Info, die mir das EU-Parlament als Antwort gesendet hat, nach Frage, warum diese Richtlinie so viele Unterstützer fand. Die Antwort war,
        dass in dieser RICHTLINIE WHISTLEBLOWER-SCHUTZ ENTHALTEN IST:
        „Artikel 1
        Gegenstand und Anwendungsbereich

        (2) Diese Richtlinie berührt nicht
        a) die Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung und der Informations ¬freiheit gemäß der Charta, einschließlich der Achtung der Freiheit und der Pluralität der Medien,
        b) die Anwendung von Vorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten, nach denen die Inhaber von Geschäftsgeheimnissen verpflichtet sind, aus Gründen des öffentlichen Interesses Informationen, auch Geschäftsgeheimnisse, gegenüber der Öffentlichkeit oder den Verwaltungsbehörden oder den Gerichten offenzulegen, damit diese ihre Aufgaben wahrnehmen können,

        Artikel 5
        Ausnahmen
        Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Antrag auf die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe abgelehnt wird , wenn der angebliche Erwerb oder die angebliche Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses in einem der folgenden Fälle erfolgt ist:
        a) zur Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit gemäß der Charta, einschließlich der Achtung der Freiheit und der Pluralität der Medien ;
        b) zur Aufdeckung eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens oder einer illegalen Tätigkeit, sofern der Antragsgegner in der Absicht gehandelt hat, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen;
        c) Offenlegung durch Arbeitnehmer gegenüber ihren Vertretern im Rahmen der rechtmäßigen Erfüllung der Aufgaben dieser Vertreter gemäß dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht, sofern die Offenlegung zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlich war;
        d) zum Schutz eines durch das Unionsrecht oder das nationale Recht anerkannten legitimen Interesses.

        1. Das Problem an Richtlinien ist, das diese in Nationales Recht der Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss …
          … und wenn Deutschland sich dazu entscheidet, das nicht zu tun und die EU dagegen nicht Klagt … den Rest überlasse ich deiner Gedankenwelt!

          … in meiner Gedankenwelt gehe ich davon aus, das Politiker nur das aus Richtlinien umsetzen, das ihnen einen Nutzen bringt!
          … das geht sogar soweit, das sie versuchen National strittige Richtlinien (z.B. verstoß gegen das Grundgesetz) via EU-Klage, in nationales Recht umzusetzen!
          … und ja, sie (unsere Volksvertreter) initiieren die Klage selbst, um im Bundestag sagen zu dürfen „Wir müssen das jetzt umsetzen, ansonsten müssen Wir (als Land) 90 Millionen Euro Strafe zahlen!“ …

  2. Vor allem Dingen behindert es Google, Paladir und co und dann folgend CIA und NSA legal Wirtschaftspionage zu betreiben. Die Zusammenarbeit der Amis in diesen Bereich verusacht immensen Schaden für die Europäische Wirtschaft. Nun kann Google-paladir& co ( was vorher nicht möglich war ) für Datenabgreifen und folgender Einspeisung zur Wirtschaftspionage strafrechtlich belangt werden. Die Presse jedoch, hat keinerlei Einbußen des besonderen journalistischen Schutztes. Und was macht Google un die Paladir, ist ja blöd fürs geschäftsmodell.,aktiviert einmal mehr die Üblichen von SOROS und Thiel instrumentalisierten Netz “ Freiheits“ Kämpfer. Es wird immer lächerlicher.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.