Statistik zur TelekommunikationsüberwachungTelefon- und Internet-Überwachung weiterhin meistens wegen Drogen

Knapp die Hälfte aller Überwachungsmaßnahmen von Telekommunikation im Justizbereich wird auch weiterhin bei Drogendelikten durchgeführt. Das geht aus den jährlichen Statistiken des Bundesjustizamts hervor. Die Behörde verweigerte die Herausgabe der Daten in maschinenlesbarer Form, also übernehmen wir diese Arbeit und veröffentlichen die Daten als CSV.

Das Bundesamt für Justiz gibt jährliche Justizstatistiken heraus, darunter auch zur Telekommunikationsüberwachung. Normalerweise werden die Daten im Herbst des Folgejahres veröffentlicht. Als wir Mitte September 2014 angefragt haben, hieß es: „Die angefragten Justizstatistiken für 2013 werden voraussichtlich Ende Oktober 2014 veröffentlicht.“ Da das nicht passiert ist, haben wir am Dienstag nochmal nachgehalt. Heute morgen sind die PDF-Dateien (Stand: 28. Juli 2014) endlich auf der Seite aufgetaucht, mit einer Pressemitteilung datiert auf Mittwoch.

Matthias hat sich das bereits angeschaut und ein erstes Posting verfasst: Starker Anstieg bei der Ausforschung von Verkehrs- und Standortdaten für polizeiliche Ermittlungen.

Aus den Daten kann man jedoch noch mehr machen. Leider werden diese nur in unpraktischem PDF-Format veröffentlicht. Also haben wir angefragt, ob wir die auch in einem anderen Format wie CSV oder Excel haben können. Die Antwort: Nein, das Justizamt darf keine Excel-Dateien herausgeben. Die Begründung: „damit kann man ja Daten verändern“ und „aus datenschutzrechtlichen Gründen geht das nicht“. Deutsche Behörden im Jahr 2015.

Also haben wir erneut die Tabellen selbst digitalisiert und veröffentlichen sie an dieser Stelle als CSV-Dateien: Übersicht Telekommunikationsüberwachung 2013 und Übersicht Verkehrsdatenüberwachung 2013.

Und daraus können wir Diagramme erstellen, die etwas aussagekräftiger sind als die nackten Zahlen. Zunächst die Arten der Straftaten, für die 2013 Telekommunikationsüberwachungen angeordnet wurden:

Justizstatistik TKÜ Straftaten 2013

Straftat Anzahl TKÜ Prozent
Betäubungsmittel 10.771 45.26%
Bandendiebstahl 2.047 8.60%
Mord und Totschlag 1.863 7.83%
Betrug 1.745 7.33%
Raub, Erpressung 1.548 6.50%
Einschleusen von Ausländern 714 3.00%
Steuerhinterziehung 679 2.85%
Steuerhehlerei 581 2.44%
öffentliche Ordnung 546 2.29%
Geldwäsche 492 2.07%
Sonstige 2.812 11.82%

Auch die Entwicklung der Überwachungsmaßnahmen über die Jahre wird deutlicher, wenn sie anschaulich dargestellt wird:

Justizstatistik TKÜ 2008-2013

Justizstatistik Verkehrsdaten 2008-2013

Bei der Verkehrsdatenüberwachung ist zu beachten, dass diese sowohl individualisierte (Was hat Person X getan?) als auch nicht-individualisierten (Was ist an Ort X und Zeit Y passiert, egal von wem?) Maßnahmen wie Funkzellenabfragen enthält. Eine einzelne Abfrage kann daher durchaus auch mehrere Millionen Datensätze von zehntausenden Menschen enthalten. Hier muss der Gesetzgeber nachbessern und aussagekräftige Statistiken vorschreiben, so wie Saarland und Berlin das derzeit probieren.

Jedenfalls ist es möglich, anhand dieser Daten ganz andere Aussagen zu treffen, als in der offiziellen Pressemitteilung stehen. Wer weitere Erkenntnisse findet, kann die gerne in den Kommentaren posten.

Zur Unsitte, mit Steuergeldern erhobene Daten nur in geschlossenen Datenformaten zu veröffentlichen, erklärt Arne Semsrott von FragDenStaat.de gegenüber netzpolitik.org:

PDFs vertragen sich nicht mit dem Gedanken von Open Data. Wer offene Daten will, muss sie auch maschinenlesbar veröffentlichen!

Dass es auch anders geht, zeit die Hamburger Justizbehörde, die beispielsweise die Übersicht über den Geschäftsanfall der Gerichte und Staatsanwaltschaften als Excel-Tabelle auf dem Transparenzportal Hamburg veröffentlicht. Vielleicht klappt’s ja dieses Jahr auch beim Bundesjustizamt. Dann gerne auch wieder rechtzeitig und unaufgefordert.

9 Ergänzungen

  1. @ Herrn Beckedahl

    Da es kein Kontaktformular für schnelle und diskrete Kontaktaufnahme gibt, hier meine Bitte an Sie:

    Es wäre sehr schön, wenn Sie einen RSS-Feed für die Leserkommentare einführen würden. Dann könnte man besser mitverfolgen, wie die Diskussionen verlaufen. Die Handvoll Kommentare, die unter „Letzte Kommentare“ angezeigt werden, sind nicht besonders hilfreich, wenn man nicht ständig 24/7 darauf schauen will.

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