NSU-Leaks: Leaking-Plattform für Geheimdienst-Unterlagen zum rechtsextremen Terror

Noch immer halten deutsche Geheimdienste viele Akten zur rechtsterroristischen Gruppierung Nationalsozialistischer Untergrund zurück. Auf zwei Webseiten sollen zumindest manche davon jetzt gesammelt werden.

Sieben Monate ist es jetzt her, dass die Mord-Serie der rechtsextremen terroristischen Vereinigung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) bekannt wurde. Die verantwortlichen Behörden glänzen noch immer nicht mit Kompetenz. Der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion Hans-Peter Uhl hält es sogar für möglich, „dass Beate Zschäpe nur wegen Brandstiftung verurteilt wird“.

Angehörige von Opfern der Mörder haben den Verfassungsschutz sogar angezeigt, weil die Aktenvernichtung „Strafvereitelung im Amt“ sei. Doch noch immer halten Behörden Akten zurück, Begründung: Sie seien nicht Tatrelevant.

Gleich zwei Webseiten wollen jetzt einige interne Dokumente veröffentlichen.

roewer.wordpress.com sammelt Berichte von „Germany’s craziest Schlapphut“ Helmut Roewer, der auch gerne mal im im Kostüm des Hitler-Putschisten Ludendorff auftritt:

Wir veröffentlichen hier nach und nach die Monatsberichte des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz aus den Jahren 1998ff. Unter dem Titel „Nachrichtendienst“ gingen diese Berichte damals an einen ausgewählten Kreis aus Politik, Verwaltung und Medien.

NSUleaks.wordpress.com sammelt „verschiedene Dokumente im Zusammenhang mit den Ermittlungen“ zum NSU. Auf Endstation Rechts berichtet Marc Brandstetter über die bisher veröffentlichten Analysen:

In diesem Fenster soll ein Twitter-Post wiedergeben werden. Hierbei fließen personenbezogene Daten von Dir an Twitter. Aus technischen Gründen muss zum Beispiel Deine IP-Adresse übermittelt werden. Twitter nutzt die Möglichkeit jedoch auch, um Dein Nutzungsverhalten mithilfe von Cookies oder anderen Tracking-Technologien zu Marktforschungs- und Marketingzwecken zu analysieren.

Wir verhindern mit dem WordPress-Plugin „Embed Privacy“ einen Abfluss deiner Daten an Twitter so lange, bis Du aktiv auf diesen Hinweis klickst. Technisch gesehen wird der Inhalt erst nach dem Klick eingebunden. Twitter betrachtet Deinen Klick als Einwilligung in die Nutzung deiner Daten. Weitere Informationen stellt Twitter hoffentlich in der Datenschutzerklärung bereit.

Zur Datenschutzerklärung von Twitter

Zur Datenschutzerklärung von netzpolitik.org

Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von X.

Gefahr eines bewaffneten Kampfes deutscher Rechtsextremisten – Entwicklungen von 1997 bis Mitte 2004“, die – ebenso wie der Thüringer Untersuchungsbericht – mit dem Siegel „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ versehen ist. Darin fassen die Kölner Verfassungsschützer ihre Informationen zusammen. Unter Punkt 2.10 berichten die Autoren, dass 1997 „Anhaltspunkte vorlagen, dass drei Mitglieder des neonazistischen Thüringer Heimatschutzes im Raum Jena Rohrbombenanschläge vorbereiteten“: Die Namen der Verdächtigen: Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhard. Genau die drei Neonazis, die heute für die rassistisch motivierte Mordserie der Terrorgruppierung Nationalsozialistischer Untergrund, der mindestens zehn Menschen zum Opfer fielen, verantwortlich gemacht werden.

Der Name „-leaks“ scheint beliebt zu sein. Leider konnte ich, abgesehen von einem Twitter-Account keine Kontakt- oder Einsende-Möglichkeit entdecken.

Update: Jetzt haben die anonymen Macher/innen eine PrivacyBox eingerichtet.

10 Ergänzungen

  1. Einen ausführlichen Bericht mit vielen (mehr oder weniger bekannten Namen) liefert auch gamma antifaschistischer newsflyer für leipzig und umgebung gamma.noblogs.org/archives/1058

    Der Artikel zeigt Zusammenhänge zwischen den drei mutmaßlichen Naziterroristen und dem regionalen UnterstützerInnen-Umfeld. Fast alles öffentlich recherchierbare Informationen.
    Trotzdem raucht einem danach der Kopf, weil alles so dicht beieinander lag, dass ein drittklassiger VS’ler hätte drüber stolpern müssen, wenn er nicht mit dem Erhalt eben jener Strukturen beschäftigt gewesen wäre wenn er nicht stattdesssen viel Geld in schlechte Quellen investiert hätte.

  2. Zur PrivacyBox:

    Politische Aktivisten sollten beachten, dass die PrivacyBox von einem deutschen Verein betrieben wird, der bspw. linken Gruppen keinen Schutz gegen Ermittlungen nach §129a durch das BKA bieten kann. Die PrivacyBox ist ein Single Point, der über fast alle Informationen inklusive unverschlüsselter Inhalte der Nachrichten verfügen kann. Das LulzSec-Fiasco des VPN-Dienstes „Hide my Ass“ zeigt, wie leicht Single Points kompromittiert werden können.

    Außerdem sollte man über dieses Statement eines Entwicklers der Privacybox nachdenken (ganz unten): https://www.awxcnx.de/handbuch_34.htm

    War vielleicht keine so gute Idee.

  3. Schau mal, wir wissen ja gar nicht, welche Rolle Frau Zschäpe spielte. Wenn die nur wegen Brandstiftung verurteilt wird, dann ist das eben der Rechtstaat. Niemand ist bislang „Mörder“. Da gilt die Unschuldsvermutung.

    Und Ludendorff war nie gekleidet wie ein Landser, was soll die Polemik?

    „VS – Nur für den Diesntgebrauch“ ist eine sehr niedrige Stufe der Geheimhaltung und wird auch nicht „gesiegelt“. Da reicht, wenn es auf dem Dokument steht. Bei Verfassungsschutz sollte eigentlich jedes interne Dokument VS sein.

  4. Für das Buch „Die Zelle“ wurden – glaubt man den Autoren – 25.000 geheime Aktenseiten verschiedener Ermittlungsbehörden gesichtet und ausgewertet. Die Erkenntnisse sind in das Buch eingeflossen.

    Habe das Buch schon durch und in der Tat sind da einige spannende Informationen und Quellenauswertungen drin, die man noch nicht aus der täglichen Medienberichterstattung kennt.

    Verlagsseite: http://www.rowohlt.de/buch/3001175
    Und bei Facebook sind sie auch, vielleicht veröffentlichen die ja auch noch einige Akten?
    https://www.facebook.com/DieZelleBuch

  5. Die Erkenntnisse die mittlerweile zu Tage gefördert wurden, in ihrer Gesamtheit, lassen einem schon Übelkeit hochkommen. Dass sich die Lage für deutsche staatliche Strukturen (welche anscheinend Mitglieder die NSU angeleitet haben und seeeehr lange über die NSU Bescheid wussten) zuspitzt, ist unübersehbar.

    Außerdem wird man sicherlich die Frage stellen müssen, wenn Teile der deutschen Behörden eingeweiht waren und das über scheinbar sogar längere Zeit, wieso diese es nicht verhindert haben, dass Menschen getötet wurden, Menschen verletzt wurden, Bomben gezündet wurden, Raubüberfälle begangen wurden usw. – Die rechtliche Konsequenz aus diesem „Wegschauen“ dürfte jetzt schon feststehen, ich denke mal dass der Gesamtfall jetzt erst richtig ins Rollen kommt – und ob die drei Clowns der NSU die einzigen sind, ist noch eine ganz andere Frage.

    Tut mir leid, aber dies erinnert mich stark an Gladio-Netzwerke – dachte eigentlich diese Zeiten des staatlichen Terrors unter falscher Flagge (Strategie der Spannung) wären vorbei, es scheint leider nicht so zu sein.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.