White IT: Tauschbörsen größter Markt für Kinderpornographie

In der Argumentation für Websperren hieß es bisher, dass diese ein wirksames Mittel gegen den „Milliardenmarkt für Kinderpornographie“ im Internet wären. Nachgewiesen werden konnte dieser Milliardenmarkt bisher nicht, die (wenigen) tatsächlich durchgeführten Studien zum Thema lassen vermuten, dass er in der behaupteten Form schlicht nicht existiert.

Das bestätigen erneut auch die heute in Berlin veröffentlichten Ergebnisse des „White IT“-Bündnisses aus Niedersachsen. Nicht etwa das WWW sei Hauptumschlagplatz für Kinderpornographie, sondern „Unentgeltliche Tauschbörsen“:

Unentgeltliche Tauschbörsen größter Markt für kinderpornographische Bilder
Berlin, 2. Mai 2011 – […] „Es fehlte bislang an einer kriminologischen Grundlagenforschung über die Herkunft und Verbreitung sowie dem Umgang mit kinderpornographischem Material. Diese Grundlage ist aber eine entscheidende Voraussetzung, um unseren ganzheitlichen Bekämpfungsansatz und die damit verbundenen strategischen Ziele umzusetzen, z.B. die Nutzung kinderpornographischer Inhalte zu verhindern bzw. zumindest noch stärker zu erschweren“, so Schünemann.

Nach der Studie des Kriminalwissenschaftlichen Instituts der Leibniz Universität Hannover gibt es einen illegalen Markt ohne echte Preisbildung. „Ein digitales Kinderpornobild lässt sich leider beliebig oft kopieren. […] Unentgeltliche Tauschbörsen sind nach unseren Erkenntnissen der größte Markt für kinderpornographisches Material“, sagte Prof. Meier.  […]

„Wir sind in diesem besonders abgeschotteten, hochkriminellen Bereich größtenteils blind. Aus diesem Grund müssen wir die Einsatzmöglichkeit von verdeckten Ermittlern nach der Strafprozessordnung (§ 110a StPO) auf die Straftaten des sexuellen Missbrauchs von Kindern bzw. auch auf die Herstellung und Verbreitung dieser kinderpornographischen Inhalte erweitern“, sagte Innenminister Schünemann am Montag in Berlin.

Die komplette Pressemitteilung gibt es bei der Bitkom. Von „Deep Packet Inspection“ und ähnlichen Überwachungtechnologien ist dort überraschenderweise noch nichts zu lesen. Das dürfte dann wohl der übernächste Schritt sein.

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24 Ergänzungen

  1. „White IT Symposium: Immer noch kein Massenmarkt für Kinderpornographie (24.11.2011)“

    da stimmt was nicht..

    1. doch. weil es diese berühmten kinder porno verkaufswebseiten ganz einfach nicht in der form gibt, mit paypal und kreditkarten. das meiste läuft _unentgeltlich_ also kann man schlecht von einem massenmarkt oder einer mrd industrie reden, besagte naive politikervorstellungen. das ist der punkt der formulierung.

  2. Ein Dokument aus der Zukunft! Da hat wohl jemand ne Zeitmaschine gebaut und dieses Dokument zu unserer Rettung geschickt!

  3. oh ups, jetzt wo wir ihr haus gestürmt und ihnen den arm gebrochen haben, ist uns aufgefallen, dass es ja gar kein KP war, sondern ein album aus der rechteverwertung von sony. kleiner kopierfehler unsererseits, die ordner für IP-Kram und KP-Kram liegen direkt nebeneinander, wissenschon. dieser bedauerliche einzelfall tut uns aussergewöhnlich leid, und wir werden alles tun, um in zukunft grundrechtsschonender mit der contentindustrie zusammenzuarbeiten. aber jetzt wo wir schonmal da sind, ne… was haben sie denn noch so zu verbergen?

    1. ich hätte vielleicht noch die worte „unentgeltliche torrent-tauschbörse“ und „verdeckter ermittler“ mitverwursten sollen, um ein wenig mehr sinn zu machen ;)

  4. Schön und gut, aber die Frage stellt sich, ob damit nicht nur der nächste Angriff auf P2P Netzwerke gestartet werden soll.

  5. Es glaubt doch wohl keiner im Ernst, dass Zensursula et al den Unterschied zwischen Web, Torrent, Mail, etc kennen. Für die ist Internet == Web und fertig.

    1. @Nerd: Man sollte nicht den Fehler machen, alle anderen für Idioten zu halten, nur weil man sich selber für ziemlich schlau hält.

      Nicht nur bei „White IT“ sind zahlreiche Kräfte aus der Wirtschaft mit doch recht eindeutigen Interessen (und auch Kompetenzen) gebündelt.

      Dass es bei der Regulierung des Internets – neben dem Kampf gegen Kinderpornographie – noch um ein paar andere Dinge geht, sollte doch gerade Internetnichtausdruckern klar sein, oder?

    2. Die Entscheidungsträger bzw. deren Zuträger kennen den Unterschied. Nur der Otto Normaluser, dem man die Überwachung und Zensur des Netzes „schmackhaft“ machen will, muss man den Unterschied natürlich verschweigen. Wenn die den wüssten, würden die sich fragen: „Wenn KiPo fast ausschließlich auf Tauschbörsen zu finden ist, warum müssen dann Webseiten gesperrt werden? Und warum übernimmt dafür die Exekutive die Rechte, die eigentlich nur die Judikative hat?“

      „Kinderpornografie“ und „Terrorismus“ haben sich in der Politik als Totschlagargument durchgesetzt, um dem Bürger zu beruhigen, wenn man ihm Freiheiten nimmt.

  6. Ihre E-Mail wird niemals veröffentlicht oder verteilt. Benötigte Felder sind mit * markiert

    Ach was?! Wäre immerhin interessant zu erfahren, warum sie niemals veröffentlich wird – bevor man sich die Mühe macht, einen Kommentar zu verfassenm der übrigens nach Meldung im Nirwana verschwunden ist.

    1. Lieber Wolf von Mexico,

      eine (gültige) Mailadresse erleichtert uns Nachfragen bei Kommentaren ungemein, bzw. macht diese erst möglich. Es ist ja nicht so, dass wir nicht auch mal nachhaken, schließlich lebt Netzpolitik.org auch vom Input der Leser.

      Die Angabe dient ausschließlich einer möglichen Kontaktaufnahme. Veröffentlichen, verkaufen oder verteilen werden wir E-Mailadressen selbstverständlich nie.

      Ist keine Kontaktaufnahme erwünscht, kann man auch eine Wegwerfadresse angeben (bitte nicht @netzpolitik.org, wir bekommen schon genug Spam …), die nicht gelesen wird. Das fänden wir zwar schade, ein Validierung/Registrierung zur Freischaltung von Kommentaren ist aber nicht geplant.

      1. „(bitte nicht @netzpolitik.org, wir bekommen schon genug Spam …)“

        Ihr verschickt also Spam an die hier eingesammelten Mailadressen? :-D

  7. Kinderpornos per P2P? Ich muss ehrlich sagen es mir fällt es schwer zu glauben, dass ein Großteil der Täter so dämlich sein soll. „Dank“ tausender Abmahnungen sollte doch eigentlich mittlerweile jedem klarsein, dass P2P alles andere als anonym ist.

    Andererseits, wenn sie es der Polizei so leichtmachen wollen, sollte man die „Konsumenten“ nicht aufhalten…

    1. @randomguy: Ganz so trivial ist es leider nicht. Oder, wie ich gerade auf der Mailingliste des AK Zensur schrieb:

      Mal abgesehen davon, dass es tatsächlich eher unclever sein dürfte, wissentlich Kinderpornographie via p2p anzubieten (Da kommt man im Fall des Falles glücklicherweise ja nicht so einfach mit einer ModUE und/oder ein paar hundert Euro Lehrgeld raus):

      Nicht wirklich. Wirklich nicht. Erfolgreich können Ermittler allenfalls bei bekannten Inhalten bzw. Hashes sein. Das ist – gerade bei Kinderpornographie, nehme ich an – aber nicht zuletzt ein Mengen- bzw. „Stecknadel im Heuhaufen“-Problem.

      „Inhalte“ bzw. die Verzeichnisse der p2p-Teilnehmer können (spätestens beim Upload) von jedem eingesehen werden.

      Nicht zwingend. Dafür gab es ja schon bei Napster („m4donna“) banale Verschleierungsversuche (Steganografie für den Rest von uns).

      Woher willst du/wollen die Ermittler wissen, was im Passwort geschützten Archiv „i2u3zr.rar“ wirklich steckt (Also, wenn das Passwort nicht aus Ermittlungen bekannt sein sollte?)

      Genau. Und dafür braucht es nicht einmal p2p, entsprechende Inhalte lassen sich auch anonym bei einem DDL-Anbieter droppen (Womit wir wieder im WWW wären …).

      1. Verschlüsselte Dateien mit nichtssagenden Namen würden aber wieder einen zentralen Anlaufpunkt benötigen. Und für mich liest sich der Satz „Neue Bilder und Filme würden vermutlich in erster Linie zunächst über geschlossene Benutzergruppen verbreitet.“ aus der Bitkom-PM so, als wären solche Foren nur für den harten Kern, wärend die „Gelegenheitskonsumenten“ auf Newsgroups und P2P zugreifen.
        Also quasi wie die Verteilungsstrukturen für Warez, ein paar geschlossene Foren für Eingeweihte und Usenet und P2P für den Rest.

        Ich würde mal ein bisschen ins Blaue spekulieren, dass da jemand in der PM „Tauschbörsen“ im Sinne von virtuellen Flohmärkten mit P2P-Netzen durcheinander geworfen hat.

      2. Stimmt durchaus. Allerdings halte ich – wie auch die meisten Experten – nicht viel von der Zufallsfundthese. Der Vergleich muss also nicht zwingend falsch sein. „Geschlossene Benutzergruppen“ ist schließlich eine recht flexibler Begriff, nicht nur was die eigentlichen Inhalte betrifft.

        Vielleicht hilft hier tatsächlich ein Vergleich mit der Warez-Szene, wo p2p-Inhalte und Indexverzeichnisse seit Jahren eine Symbiose bilden. Wenn auch eine, die sich eben nicht jeden Gelegenheitsnutzer von Filesharingangeboten erschließt.

        Auch die These des Verbergens in ansonsten unauffälligen Containern scheint mir plausibel. Die Übergänge dürften durchaus fließend sein. Es müssen ja nicht gleich die „Besenstiel“-Darstellungen aus von-der-Leyens-Gruselkabinett sein (Leider weiß ich nicht, ob die Studie wieder von einem Schutzalter 14 Jahre ausgegangen ist).

  8. @Jörg-Olaf:
    Fassen wir zusammen, wir sind uns zumindest soweit einig, dass „Tauschbörsen“ nicht gleichbedeutend ist mit „ich geb ‚Lolita‘ bei Emule ein und krieg Terrabytes voll Kinderpornos“.

    Auch wenn es sicherlich vereinzelt Deppen geben wird, die ihre komplette Kinderpornosammlung über P2P freigeben…dumme Verbrecher sterben irgendwie nicht aus

  9. Es bleibt zu hoffen, daß es mehr Studien wie diese hier geben wird die das Problem der Häufigkeit und der Verbreitungswege wissenschaftlich erforschen, und daß diese wissenschaftlichen Beweise mehr Eingang finden in die öffentliche Debatte. Nur so kann man eine Entscheidungsgrundlage bekommen, die sich an Fakten orientiert.

    Was passiert wenn man das nicht tut, zeigt ja die ganze EU-Richtlinie gegen Kinderpornografie. Nicht nur daß man dort im Vorwort offen zugibt daß es keine stichhaltigen wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt, nein, man stochert ganz absichtlich im Nebel mit Mutmaßungen und Unterstellungen. Daß die Faktenlage nachdem was man bereits jetzt schon weiß eher das genaue Gegenteil dieser Mutmaßungen darstellt, klammert man geschickt aus. Ebenso bezeichnend ist, daß laut Richtlinien-Text „externes Fachwissen nicht erforderlich“ war. Und so kommt man dann zu Mythen und Legenden, mit denen man am Ende alles kann, nur nicht Kinder vor Mißbrauch schützen und Mißbrauch effektiv verfolgen.

  10. Die Politiker und die Polizeibehörden wissen einfach nicht wie gross der anteil der „Verbotenen Videos“ in P2P Netzen überhaubt ist.Alle reden vom bösen Internet wo man gaaanz schnell an Pedoviedeos und Bilder kommt aber das stimmt nicht !!! Wer sowas im Internet sucht ist dumm, irrgendwie auch gut so :-)

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