Barack Obama wird ja oft vorgeworfen, vieles versprochen und wenig gehalten zu haben. Netzpolitisch hervorstechend ist sein Kampf für Netzneutralität gegen massive innenpolitische Widerstände, aber auch sein Verfechten eines aggressiven Urheberrechtsschutzes zum Wohle der amerikanischen Unterhaltungsindustrie.
Sein Bestreben, Regierung und Verwaltung transparenter zu machen, brachte die Open Government Partnership (OGP) von derzeit 46 Mitgliedstaaten hervor, in deren Rahmen sich die Vereinigten Staaten unter anderem dazu verpflichten, die Rechte von Whistleblowern zu stärken (wahrscheinlich dann beim nächsten Mal…), geheimgehaltene Dokumente schneller zu veröffentlichen und Open-Data-Plattformen zu schaffen und auszubauen.
Konkret erkennen lässt sich die veränderte politische Kultur, was den Umgang mit behördlichen Daten angeht, schon allein an Neuerungen in den letzten 48 Stunden: In dieser Zeit wurde die Software der Open-Data-Plattform http://data.gov als Open Source veröffentlicht, das Open-Data-Portal für die Ozeane online gestellt und das „Checkbook“ von Massachusettes veröffentlicht, in dem die Überweisungen des Staats aus den letzten Jahren begutachtet werden können.
Während eine Mitgliedschaft Deutschlands in der OGP noch fraglich ist und man die drei Mitarbeiter, die sich im Innemninisterium mit Open Data befassen, nicht überfordern will, läuft in Amerika der Vorwahlkampf, bei dem Netzpolitik ein ziemliches Randthema ist. Schade, denn für die weltweite Akzeptanz der Open-Government-Prinzipien und das Bestreben nach einem offenen und freien Internet wären die derzeit zur Wahl stehenden republikanische Präsidenten herbe Rückschläge.
Wie offen und transparent würde beispielsweise eine Regierung unter dem Präsidenten Mitt Romney handeln? Der ehemalige Gouverneur von Massachusetts hinterließ eine massive Dokumentationslücke, weil in seiner Amtszeit trotz dies vorschreibender Regelung nichts unternommen wurde um zu verhindern, dass die Mail-Kommunikation seiner Regierung automatisch gelöscht wird. Eventuell existieren noch Ausdrucke der Mails: 630 Kartons mit Dokumenten wurden in ein Archiv transportiert, allerdings ist deren Inhalt unbekannt.
Rick Perrys Transparenz-Versprechen werden konterkariert von Vorgängen wie diesem:
[…] Perry’s administration has [….] blocked viewing of expenditures for his security guards when he travels, even though much of that travel has been subsidized by campaign funds or by private business executives. He also barred access to his reviews of death penalty cases and to his private calendars, even though his predecessor, former President George W. Bush, had made both available when he was governor.
Über Newt Gingrich muss man in diesem Zusammenhang nicht viel sagen. Seine Position auf der Freiheit-Angst-Skala hat er mehr als deutlich gemacht:
[…] we will adopt rules of engagement that use every technology we can find to break up their [gemeint sind Terroristen] capacity to use the Internet, to break up their capacity to use free speech, and to go after people who want to kill us to stop them from recruiting people
Wie solche Maßnahmen und Technologien aussehen und welche Konsequenzen sie haben – man könnte einen ganzen Blog damit füllen.
Die Rezeption des Vorwahlkampfs der Republikaner erinnert auch und gerade in den deutschen Medien immer wieder an eine Comedy-Show, bei der der Fokus auf lustigen YouTube-Videos von singenden Pizzabäckern und stammelnden Cowboys liegt. Was dabei auf dem Spiel steht, kann man eigentlich nicht oft genug betonen (auch wenn es dem durchschnittlichen netzpolitik.org-Leser wohl durchaus bewusst sein dürfte).
Was ist mit Ron Paul?
Hast du jemals jemanden behaupten hören, dass der eine Chance hat? Hab die Auswahl ein bißchen danach ausgerichtet, wer zuletzt als aussichtsreich angesehen wurde.
Der liegt wohl konstant knapp über 10%. Ich fände es eher der Vollständigkeit halber interessant.
Ich würde Paul aber auch noch nicht völlig abschreiben. Er ist ein überzeugender Verfechter eines reines Nachtwächterstaates und könnte noch einige Stimmen sammeln, wenn die Vertreter dieser Richtung am Ende einfach nur noch Romney verhindern wollen.
Eine Frage, die mich aus meinem Forschungsbereich interessiert: Verfügen die USA oder die Nachfolgestaaten der USSR über Archivbestände des Reichsluftfahrtministeriums?
In Europa wird demnächst die PSI-Richtlinie auf den Prüfstand geschickt. Ich denke bei den Briten ist Open Data nachhaltiger aufgestellt. In Deutschland sieht die Situation eigentlich ganz vielversprechend aus.
—> „Barack Obama wird ja oft vorgeworfen, vieles versprochen und wenig gehalten zu haben.“
Stimmt. Zum Beispiel Folterknast Guantanamo, wo Leute seit 12 JAHREN gefoltert werden.