Die FDP und 3-Strikes

Am vergangenen Montag hab ich in einem Beitrag über die 3-Strikes Forderung der CDU gefragt, wie denn die Position der FDP in diesem Thema sei. Immerhin kann Schwarz-Gelb ja kommen und in der deutschen Urheberrechtsdebatte waren die Forderungen beider Fraktionen und Parteien meist relativ identisch. Ich habe die Pressestelle der FDP angeschrieben und Dienstag Textbausteine zu Netzzensur und Urheberrecht zurück geschickt bekommen. Nun hat mich die Antwort nicht wirklich befriedigt, zumal ich aus den Textbausteinen immer noch eher raus lese, dass die FDP sich für die 3-Strikes Regelung einsetzen wird. Ich habe der Pressestelle geantwortet, dass ihnen ja sicherlich bewusst sei, dass sie nicht auf meine Frage geantwortet hätten und ich darum bitten würde, dass sie das tun.

Meine Frage war:

Ich hätte gerne eine Aussage der FDP zu der Position „Die Internet-Zugänge sollen bei Rechtsverstößen notfalls gesperrt werden.“ für netzpolitik.org. Teilt die FDP diese Aussage im Bereich der Bekämpfung von Urheberrechtsdelikten?

Seitdem hab ich nichts mehr gehört. Insofern muss ich immer noch davon ausgehen, dass die FDP 3-Strikes befürworten wird. Ich freue mich aber natürlich über eine Klarstellung, dass sie das nicht tun wird. Denn wenn man sich ihre Positionen zum Urheberrecht anschaut, fragt man sich doch, was sie genau damit meinen könnten:

„Das Urheberrecht hat in der digitalen Welt eine Schlüsselfunktion. Die FDP fordert deshalb die konsequente Weiterentwicklung des Urheberrechts zur weiteren Verbesserung des urheberrechtlichen Schutzes. Eine besondere Herausforderung bleibt die Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen vor allem im Internet, denn die „Internetpiraterie“ ist eine existenzielle Bedrohung für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Das Internet darf kein urheberrechtsfreier Raum sein. Die FDP setzt sich deshalb für Lösungen ein, die unter Wahrung des Datenschutzes eine effektive und konsequente Rechtsdurchsetzung gewährleisten.“

Ich bin auf die neue Formulierung im nächsten Release Candidate des CDU-Wahlprogramms gespannt. Dort wird das sehr ähnlich klingen, wo sie ja jetzt offiziell 3-Strikes wieder rausgenommen haben.

Und bevor jetzt wieder die halbe FDP hier aufläuft wie am Montag bei Twitter und erklärt, man habe doch gegen Zensursula gestimmt: Stimmt, aber das ist eine andere Debatte. Und die Positionen der FDP zu (staatlicher) Netzzensur ist mir auch ziemlich egal, wenn ich wissen will, mit welchen Mitteln sie Verstösse gegen das Urheberrecht bekämpfen will. Und ja, auf EU-Ebene haben viele Liberale gegen Internetsperrungen gestimmt. Da haben aber auch viele Christdemokraten dagegen gestimmt. Mich interessiert die Position in Deutschland, denn wir haben jetzt Bundestagswahlkampf.

Update: Freitag Nachmittag hab ich dann doch mal eine Antwort bekommen in Form eines Links zur Webseite von der Bundestagsabgeordneten Leutheusser-Schnarrenberger. In einer Meldung nimmt sie dazu Stellung:

Es wäre aber völlig unverhältnismäßig, den Internet-Anschluss eines vermeintlich Verdächtigen zu kappen, um gegen illegale downloads vorzugehen. Ein derartig schwerwiegender Eingriff in die Rechte des Betroffenen auf vagen Verdacht und ohne jedes rechtsstaatliche Verfahren ist mit den Grundsätzen des Rechtsstaats nicht vereinbar. Die FDP lehnt das sog. „Three-Strikes-Modell“ glasklar ab. Es ist eine Unterstellung, die FDP würde den französischen Weg für gangbar halten. Unsere verfassungsrechtlichen Bedenken werden durch das Urteil des französischen Verfassungsgerichtshofs bestätigt.

Freut mich, dass es nun auch mal ein klares Statement aus der FDP-Bundestagsfraktion zum Thema gibt.

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14 Ergänzungen

  1. „Da bin ich ja mal gespannt, welche Partei sich demnächst als Feind des Internets outet.“

    Leute, hier geht es um deutlich mehr als um das Internet!!!

  2. Die Position der FDP ist zwar gut versteckt, aber doch auffindbar, wie in dieser Antwort von Otto: http://tinyurl.com/kwhtco

    >>So zum Beispiel halte ich die Idee automatischer und anonymisierter „Warnhinweise“ durch die ISP – die diesem Vorschlag freilich zustimmen müßten – für gar nicht so abwegig und allemal für besser als massenhafte Abmahnungen „ins Blaue“.<>Vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen müssen wir deshalb auch über neue und unkonventionelle Ansätze nachdenken, wie wir dem Urheberrecht im Internet zur besseren Durchsetzung verhelfen können. Derartige Ansätze können z. B. auch anonymisierte technische Verfahren sein, wie sie in anderen Ländern bereits in Vorbereitung sind. […] Es ist vor diesem Hintergrund unklar, ob die aus Frankreich und Großbritannien bekannten Initiativen eins zu eins auch ein Modell für Deutschland sein könnten. Das Grundkonzept eines Kooperationsmodells, bei dem Urheberrechtsverstöße durch ein Zusammenwirken von Rechteinhabern und Providern verhindert oder zumindest eingedämmt werden, ist aber ein Ansatz, der auch in Deutschland ernsthaft diskutiert werden sollte. Unter der Voraussetzung, dass die verfassungs- und datenschutzrechtlichen Belange aller Betroffenen – etwa durch den Einsatz wirksamer Anonymisierungs- und Verschlüsselungstechnologien – gewahrt bleiben, könnte ein „abgestuftes Verfahren“, bei dem der Rechtsverletzer zunächst lediglich einen Warnhinweis erhält, durchaus einen Beitrag zur Stärkung des Urheberrechts und zur Verbesserung des Unrechtsbewusstseins in der Bevölkerung leisten. Die Erfahrung zeigt auch, dass ein erheblicher Teil derjenigen, die rechtswidrige geschützte Werke in sog. „Tauschbörsen“ anbieten oder dort herunterladen, diese Rechtsverletzungen beenden, sobald sie einmal aufgefallen sind.<<

    Und hier wird ähnliches angedeutet:
    http://tinyurl.com/mukq53

  3. Lieber Markus,

    ich finde Deinen Beitrag absolut unredlich und Deine Aussagen nicht den Tatsachen entsprechend.

    Punkt 1: Nur weil Du aus dem finalen(!) Wahlprogramm der FDP nicht herauslesen kannst oder willst, dass sie 3-Stikes ablehnt, heißt das nicht, dass die FDP automatisch dafür ist. Diese Schlussfolgerung ist doch absolut unseriös.
    Punkt 2: Die FDP hat Dir Auszüge aus dem Wahlprogramm geschickt. Diese akzeptierst Du nicht als Argument gegen 3-Strikes, zitierst aber selbst das Wahlprogramm als Beleg für Deine Position. Sehr selektive Wahrnehmung, oder?
    Punkt 3: Dir haben via Twitter mehrere Liberale angeboten, über das Thema zu sprechen (bevor Du Deinen Beitrag geschrieben hast). Ich war auch dabei. Ich hatte aber nicht das Gefühl, dass Du wirklich an einer Klärung interessiert warst.

    Wenn man die FDP für Dinge kritisiert, die sie verbockt hat, ist das eine Sache, wenn man ihr was in die Schuhe schiebt, disqualifiziert man sich selbst.

  4. Lieber Nils, wie ich schon oben geschrieben habe: Über ein konkrete Aussage der FDP würde ich mich freuen, um das klar zu stellen. Bis dahin bleiben mir schwammige Wahlprogramm-Textbausteine. Und ja, ich lese da raus, dass man mit der CDU auch 3-Strikes machen würde.

    In Kommentar 4 verlinkt der Blogfürst auf Aussagen von Herrn Otto in diese Richtung.

  5. Die Nähe der FDP zu den Konzernlobbyisten der Verwerterindustrie ist nicht zu leugnen:
    http://bit.ly/YZyxc
    Die GVU – das sind diese hier:
    http://bit.ly/JpcTS

    Darüber hinaus hat die führende Rechtspolitikerin in der FDP – Sabine Leutheusser-Schnarrenberger den unsagbar peinlichen Heidelberger Apell mit unterschrieben: http://bit.ly/YZyxc

    Vor diesem Hintergrund und dem Duktus, sowie dem Fehlen einer klaren Absage zu 3-Strikes, ist es durchaus nachvollziehbar zu dem Schluss zu kommen, dass die FDP in einer schwarz-gelben Regierung 3-Strikes zustimmen würde.
    Schließlich ist/war die FDP grundsätzlich zwar gegen die Vorratsdatenspeicherung, wollte aber gleichzeitig die Vorratsdaten unbedingt für den sog. Auskunftsanspruch verwenden….

  6. „Ein derartig schwerwiegender Eingriff in die Rechte des Betroffenen auf vagen Verdacht und ohne jedes rechtsstaatliche Verfahren ist mit den Grundsätzen des Rechtsstaats nicht vereinbar.“

    Interessant. Da kommt mir gleich die nächste Frage auf. Wenn ein „rechtsstaatliches Verfahren“ zwischengeschaltet ist – würde die FDP dann 3-Strikes befürworten? Otto hat ja angedeutet in seiner Aussage, dass man auf Basis anonymisierter Nutzerdaten, auf die Dritte (zunächst) keine Einsicht haben, „Warnungen“ verschickt. Wer hat denn jetzt in der FDP das Sagen? Otto oder Leutheusser-Schnarrenberger?

    Eine weitere Frage tut sich mir beim Lesen des FDP-Wahlprogrammes auf:

    „Die FDP fordert deshalb die konsequente Weiterentwicklung des Urheberrechts zur weiteren Verbesserung des urheberrechtlichen
    Schutzes.“

    Was genau soll denn geändert werden? Wie soll denn der Schutz verbessert werden? Irgendeine Vorstellung muss die FDP doch haben, wenn sie sowas fordert.

    „Eine besondere Herausforderung bleibt die Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen vor allem im Internet, denn die „Internetpiraterie“ ist eine existenzielle Bedrohung für die Kultur- und Kreativwirtschaft.“

    Woher nimmt die FDP eigentlich diese Erkenntnisse? Von gemeinsamen Abendessen mit Herrn Gorny? wissenschaftliche Untersuchungen kommen zu völlig gegenteiligen Ergebnissen wie denen, die die FDP behauptet. (http://www.golem.de/0906/67852.html nur eine von vielen Studien….)

    „Das Internet darf kein urheberrechtsfreier Raum sein.“

    Oh mein Gott! Hierzu bedarf es eigentlich keines weiteren Kommentares….

    „Die FDP setzt sich deshalb für Lösungen ein, die unter Wahrung des Datenschutzes eine effektive und konsequente Rechtsdurchsetzung gewährleisten.“

    Welche wären das denn? Die gegenwärtigen? Wieso will die FDP die Vorratsdaten (durch Auskunftsanspruch) zur Verfolung von Urheberrechtsverletzern einsetzen, nicht aber zur Verfolgung von Terroristen? Sind Urheberrechtsverletzer schlimmer als Terroristen?

    Fragen über Fragen…. Die bis zur Bundestagswahl wohl nicht mehr beantwortet werden…. Ausser die Blogosphäre stellt sie der FDP vielfach.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.