Buchempfehlung: Der NSA-Komplex – Edward Snowden und der Weg in die totale Überwachung

nsakomplexDas heute erschienene Buch der beiden Spiegelautoren Marcel Rosenbach und Holger Stark zur Spähaffäre hat seine Schatten bereits vorausgeworfen. Die neuen Enthüllungen über Spionageaktivitäten in China, das Erscheinen Merkels auf einer Liste mit politischen Zielen der NSA und das Ausspähen dreier deutscher Firmen entstammen dem Buch, das neben diesen noch weitere neue Details über die Arbeit der amerikanischen Geheimdienste preisgibt.

Wir erfahren unter anderem, dass Deutschland vor allem nach dem 11. September zu einer der Topprioritäten der amerikanischen Überwachung wurde und dass nach Informationen, die dem Spiegel vorlägen, noch im Juni 2013 ein Überwachungsauftrag gegen Merkel vorgelegen habe. Solche Angaben machen die Argumentationslinie, Obama sei über solche Aktivitäten nicht informiert gewesen und habe ihnen schon gar nicht zugestimmt, schwierig bis unmöglich.

Weiteres gibt es über das „National Intelligence Priorities Framework“ zu erfahren. In diesem Dokument sind die Spionageziele der NSA tabellarisch notiert und ihre Interessen in 21 Kategorien auf einer Skala von 1 bis 5 eingestuft. Immer wieder berief sich der Spiegel auf dieses Papier, dessen letzte Fassung auf dem Stand vom April 2013 vorliege. Noch immer erhält man zwar keinen Gesamtüberblick, aber die weißen Flecken in der Tabelle werden ausgefüllt.

Aber das Buch bietet nicht nur wegen neuer Details eine lohnende Lektüre. Es findet sich auch ein umfassender Überblick über die Ereignisse, die Edward Snowden zum Whistleblower werden ließen. Auszüge aus Chats mit ihm ebenso wie Beiträge in Foren zeigen, dass sein Weg hin zum radikalen Aufklärer und Symbol für die Auflehnung gegen eine übermächtige Überwachungsmaschinerie nicht von Anfang an geradlinig und vorauszusehen war. Es zeichnet sich ein komplexes Bild eines moralischen Wandels eines jungen CIA-Mitarbeiters, dem über mehrere Jahre hinweg bewusst wurde, dass im Verborgenen der Geheimdienste etwas ganz gehörig falsch läuft.

Das Werk hilft auch, den Überblick über die Ereignisse der letzten Monate wiederzugewinnen. Die wichtigsten Enthüllungen werden in einen historischen und politischen Hintergrund eingeordnet, sodass mehr entsteht als nur ein Zeitstrahl der Veröffentlichungen – wer dennoch nach diesem sucht wird in einer Chronik im Anhang fündig. So ergibt sich bei Lesen abwechselnd das Gefühl man habe einen Thriller vor sich oder eine Grundsatzschrift, die uns auffordert eine politische Debatte zu führen. Eine Debatte darüber, wie die Massenüberwachung nicht nur unsere persönlichen Freiheiten sondern auch die Grundpfeiler der Demokratie zersetzt und in der wir Lösungsansätze suchen müssen, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten.

Die Autoren kritisieren die Politik, aber sie verharren nicht bei dieser Anklage:

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