Ein polnischer Kompromissvorschlag zur Chatkontrolle war zuletzt im Rat gescheitert. Der hatte darauf gesetzt, dass Internet-Dienste zwar freiwillig die Inhalte ihrer Nutzer:innen auf Straftaten durchsuchen können, es aber keine verpflichtenden Anordnungen geben soll. Darauf konnten sich die EU-Mitgliedstaaten nicht einigen. Aber auch der neue Vorschlag der aktuellen dänischen Ratspräsidentschaft findet noch keinen vollen Rückhalt. Der kehrt im Gegensatz zum Kompromissvorschlag aus Polen wieder zurück zur ursprünglichen Linie, eine umfassend verpflichtende Chatkontrolle einzuführen, um nach Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Grooming zu suchen.
Dass die Mitgliedstaaten sich seit mehr als drei Jahren mit dem Thema herumschlagen und nicht einfach grünes Licht für eine Massenüberwachung ohne Verdacht geben, ist einer Sperrminorität im Rat zu verdanken. Auch Deutschland hatte immer wieder Vorschläge blockiert, die vorgesehen hatten, etwa auch verschlüsselte Kommunikation zu scannen.
Bedenken gab es offenbar auch in der Sitzung der Gruppe „Strafverfolgung“ am Freitag, einem Vorbereitungsgremium des Rats. Dort hätten viele Mitgliedstaaten noch Vorbehalte angemeldet, heißt es aus EU-Kreisen.
Doch seit dem Regierungswechsel in der Bundesrepublik ist ungewiss, wie entschieden der deutsche Beitrag zur Verhinderung des anlasslosen Scannens noch ist. Federführend für die deutsche Position ist das CSU-geführte Innenministerium unter Alexander Dobrindt. Als bevölkerungsreiches EU-Land ist die hiesige Position ausschlaggebend dafür, ob eine Einigung auf Ratsebene zustande kommt.
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Chatkontrolle im Digitalausschuss
Einen Einblick, wie es mit der deutschen Position zur Chatkontrolle aussieht, bot die Sitzung des Digitalausschusses im Bundestag am Mittwoch. Die fand nicht öffentlich statt, doch nach einem Bericht von „heute im bundestag“ erklärte eine Vertreterin des Bundesinnenministeriums, man könne die dänische Position „nicht zu 100 Prozent“ mittragen.
Nach Informationen von netzpolitik.org wurde in der Ausschusssitzung jedoch klar, dass es Spannungen zwischen Innen- und Justizministeriums (BMJV) gibt und eine geeinte Position Deutschlands noch nicht absehbar ist. Offenbar steht das BMI zwar weiterhin gegen ein Aufbrechen von Verschlüsselung, aber im Scannen von bekanntem Material auf den Endgeräten sieht es eine zustimmungsfähige Möglichkeit.
Das entspräche einem sogenannten Client-Side-Scanning, bei dem unverschlüsselte Inhalte vor oder nach dem Versenden untersucht werden. Das widerspricht der Position der Vorgängerregierung. Sicherheitsfachleute warnen vor dieser Methode, da sie Privatsphäre, IT-Sicherheit und Meinungsfreiheit gefährde.
„Ich finde es äußerst beunruhigend, dass die Bundesregierung sich dermaßen aus ihrer Verantwortung nimmt, hier eine Position zu beziehen“, so die Linkenabgeordnete Donata Vogtschmidt, die Obfrau ihrer Fraktion im Digitalausschuss ist. „Denn im Rat der EU hängt die bisherige Sperrminorität gegen Chatkontrolle unmittelbar von Deutschland ab.“ Bleibe die Bundesregierung nicht bei der Position ihrer Vorgängerregierung, „könnte der Damm brechen und das größte Überwachungspaket wahr werden, das die EU je gesehen hat.“
Jeanne Dillschneider, Obfrau für die Grünen im Ausschuss, schreibt gegenüber netzpolitik.org zu ihrem Eindruck von der Sitzung: „Gerade die Union hat in der Vergangenheit oft gezeigt, wie wenig ihr der Schutz digitaler Grundrechte bedeutet. Ähnliches befürchte ich nun erst recht beim unionsgeführten Innenministerium.“ Sie hält es deshalb für „umso entscheidender, ob das Justizministerium auch in dieser Legislaturperiode unsere digitalen Grundrechte hochhält“.
Justiz- und Innenministerium bleiben verschlossen
Ob es das tun wird? Das Haus unter Leitung von Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) hält sich auf Nachfrage von netzpolitik.org bedeckt und bittet darum, sich bei dem Thema an das „innerhalb der Bundesregierung federführend zuständige Bundesinnenministerium zu wenden“. Selbst will das Ministerium zu offenen Punkten für eine Einigung offenbar nichts sagen. Das Innenministerium hingegen teilt mit, es werde sich „zu laufenden Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung grundsätzlich nicht äußern“.
„Vorsichtig hoffnungsvoll stimmt mich, dass einige Kolleginnen und Kollegen aus den Koalitionsfraktionen meine Kritik an der Chatkontrolle offenbar teilen“, schreibt Dillschneider weiter. „Die Frage wird nun sein, ob sie sich auch zu einer tatsächlichen Ablehnung der Chatkontrolle durchringen können. Sonderlich optimistisch bin ich hier allerdings nicht.“
Dillschneiders Ausschusskollegin Vogtschmidt will dafür sorgen, dass sich der Bundestag auch über Äußerungen in Ausschusssitzungen hinaus zum Thema positionieren muss. Das ermöglicht Artikel 23 des Grundgesetzes, dementsprechend auch das Parlament europapolitische Stellungnahmen beschließen kann. Diese muss die Regierung dann in Verhandlungen berücksichtigen. Vogtschmidt findet: „Jetzt denke ich, wird die Chatkontrolle auch noch mal ins Plenum des Bundestags müssen, um diese ungeheuerliche Gefahr einer breiteren Öffentlichkeit bewusst zu machen. Dafür werde ich mich in den nächsten Tagen einsetzen!“
Ernst wird es auf EU-Ebene zum nächsten Mal Mitte Oktober, wenn die Justiz- und Innenminister:innen der EU-Staaten zusammenkommen. Die dänische Ratspräsidentschaft habe laut einem EU-Beamten trotz der Vorbehalte in der Ratsarbeitsgruppe angekündigt, den Vorschlag bei dem Treffen am 13./14. Oktober auf die Tagesordnung zu bringen. Das wäre eine Gelegenheit, eine Ratsposition abzustimmen – wenn bis dahin eine Einigung gelingt.

würde man nicht Trotz Clint side die verschlüsselung brechen? was e2ee verschlüsselt ist kann man danach nicht mehr entschlüsseln. und der nächste Termin für die chatkontrollen tagung ist dann also mitte october oder kommt da noch was vorher?
Fragen zur Wirkung von Stellungnahmen im Sinne von Art. 23 GG
https://www.bundestag.de/resource/blob/459008/8a11ed2f0ae9ef00b29b784fb747e046/wd-3-138-14-pdf-data.pdf
Das Grundgesetz verpflichtet die Bundesregierung, europapolitische Stellungnahmen des Bun-
destages zu geplanten Rechtsetzungsakten der Union in den Verhandlungen auf Unionsebene,
insbesondere im Rat, zu „berücksichtigen“(Art. 23 Abs. 3 Satz 2 GG). Daneben ist für alle euro-
papolitischen Stellungnahmen, d.h. auch für solche, die sich nicht auf Rechtsetzungsakte der
Union beziehen, einfachgesetzlich festgelegt, dass die Bundesregierung die Stellungnahmen
ihren Verhandlungen „zugrunde zu legen“ hat (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EUZBBG). Die Auslegung der
unterschiedlichen Begriffe „berücksichtigen“ und „zugrunde legen“ sowie die Reichweite ihrer
Bindungswirkung gegenüber der Bundesregierung ist in der verfassungsrechtlichen Literatur
umfassend besprochen worden.
Im Ergebnis steht dabei fest, dass die Bundesregierung >> rechtlich nicht streng<< an die Stellungnahmen gebunden ist und im Zuge der Verhandlungen davonabweichen darf.
FYI
Strafrechtliche Ermittlungen (insbesondere bei sexuellem Missbrauch von Kindern, sexueller Ausbeutung im Internet) werden durch „ProtectEU“ einen rechtmäßigen und wirksamen Zugang zu elektronischen Beweismitteln erhalten.
ProtectEU >> Europäische Strategie für die innere Sicherheit
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52025DC034
Fahrplan für den rechtmäßigen und wirksamen Zugang zu Daten für Strafverfolgungszwecke
Wie in der Europäischen Strategie für die innere Sicherheit („ProtectEU“) dargelegt, ist
Sicherheit das Fundament, auf dem alle unsere Freiheiten aufbauen. Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte, das Wohlergehen der Europäerinnen und Europäer,
Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand – all dies hängt von unserer Fähigkeit ab, eine
grundlegende Sicherheitsgarantie zu bieten.
Terrorismus, organisierte Kriminalität, Online-Betrug, Drogenhandel, sexueller Missbrauch
von Kindern, sexuelle Ausbeutung im Internet, Ransomware und viele andere Straftaten haben
etwas gemein: Sie hinterlassen digitale Spuren. Wie Europol in seiner Bewertung der
Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität (SOCTA) für 2025
feststellt, haben fast alle Formen der schweren und organisierten Kriminalität einen digitalen
Fußabdruck. Heute stützen sich etwa 85 % der strafrechtlichen Ermittlungen auf
elektronische Beweismittel. Die an Diensteanbieter gerichteten Datenanfragen haben sich
zwischen 2017 und 2022 verdreifacht, und der Bedarf an diesen Daten nimmt immer weiter
zu.
Die Bedrohungen sind mir alle zu abstrakt.
Was für mich greifbar ist: Wenn die AfD eine Mehrheit in der Regierung bekommt: will ich, dass die AfD Zugriff auf meine Kommunikation hat – um mich zwangs-umzusiedeln?
Deswegen: hände weg von Chatkontrolle!
Absolut unwirksam die Maßnahme. Dann nutzen die Täter eben andere Möglichkeiten wie ein selbstgehostetes Nextcloud auf einem Privatserver oder USB Sticks mit Veracrypt verschlüsselt die man sich untereinander zuschickt, die Täter sind ja auch nicht blöd. Die Massen zu überwachen und direkt Leute zu verdächtigen die eventuell das eigene Kind in Badekleidung ablichten dem anderen Elternteil schickt ist m.M. nach mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Jeden unter Generalverdacht zu stellen kann nicht die Lösung sein. Was wenn ich am Rechner mein Bild bereits verschlüssele, dann über Whatsapp verschicke und die Gegenseite auch den Schlüssel hat? Dann wird auch die Erkennung der Chatkontrolle ausgehebelt weil die KI das Bild nicht lesen kann. Klar, etwas mehr aufwand, wer aber kriminelle Energie hat, findet Wege. Ich glaub damit werden mehr False Flags erzeugt als die echten Täter gefunden.