ÖsterreichDas Amtsgeheimnis ist weg, es lebe die Informationsfreiheit!

Ab 1. September gilt in Österreich ein Informationsfreiheitsgesetz, endlich. Doch damit öffentliche Stellen die neuen Transparenzvorgaben auch wirklich einhalten, braucht es interessierte Bürger*innen, einen Kulturwandel in der Verwaltung und engagierte Beobachter*innen.

Bergkulisse mit Österreichfahne im Vordergrund
Der Weg in die Informationsfreiheit in Österreich ist nun beschildert (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Landschaft: Toru Wa, Schloss: Vladislav K., Bearbeitung:netzpolitik.org

Glatte 100 Jahre galt in der österreichischen Republik die „Amtsverschwiegenheit“, zuletzt war das Land der einzige EU-Mitgliedstaat mit einem solchen Prinzip in der Verfassung. Ab heute, dem 1. September, ist es vorbei mit dem Schweigegebot für Behörden: Das Informationsfreiheitsgesetz tritt in Kraft und soll für transparenteres Verwaltungshandeln sorgen.

Die neue Informationsfreiheit steht auf zwei Säulen: Einige Informationen müssen betreffende Stellen von sich aus veröffentlichen, wenn sie „von allgemeinem Interesse“ sind. Andere Informationen können Interessierte bei den entsprechenden Behörden und Unternehmen in öffentlicher Hand direkt anfragen. Für eine Antwort haben die zuständigen Stellen dann vier Wochen Zeit, Gebühren für die Fragestellenden sind nicht vorgesehen. Schon heute lassen sich auf Data.gv.at, der zentralen Plattform für Daten des öffentlichen Sektors, tausende Datensätze abrufen.

Von ersten Diskussionen bis zur Verabschiedung des österreichischen Informationsfreiheitsgesetzes sind mehrere Jahre vergangen, doch der Kampf für mehr staatliche Transparenz ist mit dem heutigen Meilenstein wohl kaum vorbei.

Ein Gesetz macht noch keinen Kulturwandel

„Die Bürgerinnen und Bürger haben nun ein wichtiges neues Instrument, um Transparenz einzufordern. Dafür müssen sie aber ihr Recht kennen und es ausüben können. Wir werden weiterhin einen Kulturwandel hin zu einer offenen Verwaltung einfordern”, sagt Markus Hametner. Hametner ist Vorstandsmitglied in der Bürgerrechtsorganisation Forum Informationsfreiheit (FOI), die sich seit mehr als zehn Jahren für den besseren Zugang zu amtlichen Informationen in Österreich engagiert.

Uns fehlen dieses Jahr noch 303.302 Euro.

Erwin Ernst „eest9“ Steinhammer, Projektkoordinator beim FOI, schreibt gegenüber netzpolitik.org: „Ab heute geht die Arbeit erst richtig los, denn dieses neue Grundrecht muss genutzt werden, um seine volle Wirkung zu entfalten.“ Steinhammer weist auf einige Unterschiede zum deutschen Informationsfreiheitsgesetz hin. Beispielsweise sei in Österreich „eine grundsätzliche Gebührenfreiheit vorgesehen, dafür gibt es keine*n Informationsfreiheitsbeauftragte*n“.

„Die anhand des Vorbilds des Hamburger Transparenzgesetzes vorgesehene proaktive Veröffentlichungspflicht geht zwar weiter als in Deutschland“, so Steinhammer, „es gibt hier aber mangels Beauftragte*n keinerlei unabhängige Kontrolle, ob wirklich alle Verträge über 100.000 Euro wie vorgesehen veröffentlicht werden.“ Steinhammer wünscht sich wie seine Mitstreiter*innen vom FOI „den versprochenen Paradigmenwechsel hin zu einem transparenteren Staat und mehr Einblick in die Abläufe des Staates“.

Das Gesetz muss auch genutzt werden

Bei diesem Prozess helfen könnte das Portal fragdenstaat.at, das von FOI betrieben wird. Wie sein deutsches Schwesternportal fragdenstaat.de erleichtert es Interessierten, Anfragen an öffentliche Stellen zu richten, und bietet eine niedrigschwellige Möglichkeit, die erhaltenenen Informationen für die Allgemeinheit zugänglich zu machen. Ein neuer Anfrageguide anlässlich des Inkrafttretens der neuen Informationsfreiheitsregeln soll Fragestellende bei ihren Auskunftswünschen unterstützen.

Das IFG-Portal und die sonstige Arbeit des FOI sind großteils ehrenamtlich organisiert. Um die Umsetzung des österreichischen Informationsfreiheitsgesetzes zu begleiten und das neue Recht im Ernstfall auch vor Gericht verteidigen zu können, will die Organisation eine hauptamtliche Stelle finanzieren. Dafür sind die Bürgerrechtler*innen auf Spenden angewiesen.

Noch 303.302 Euro für digitale Freiheitsrechte.

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2 Ergänzungen

    1. „Der Zugang zur Information ist nicht zu gewähren, wenn der Antrag auf Information offenbar missbräuchlich erfolgt oder wenn bzw. soweit die Erteilung der Information die sonstige Tätigkeit des Organs wesentlich und unverhältnismäßig beeinträchtigen würde.“

      Einspruch via Verwaltungsgericht, die Behörden können also die Gerichte als Filter vorschalten.

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