Mahnerin für TransparenzTeresa Anjinho wird neue EU-Bürgerbeauftragte

Sie wird überwachen, ob sich die Institutionen der Union an Transparenzregeln und Beamt:innen bei Wechseln zu Lobby-Jobs an Anti-Drehtür-Regeln halten. Ihre Vorgängerin Emily O’Reilly hat lange Jahre starke Arbeit geleistet – kann Teresa Anjinho dem gerecht werden?

Teresa Anjinho im Petitionsausschuss des EU-Parlaments
Anjinho bei ihrer Anhörung im Europäischen Parlament. – Alle Rechte vorbehalten EU-Parlament

Teresa Anjinho wird neue Europäische Bürgerbeauftragte. Das EU-Parlament stimmte heute für die Portugiesin. In den kommenden fünf Jahren wird sie die Belange europäischer Bürger:innen gegenüber den EU-Institutionen vertreten. Wenn Menschen etwa Probleme damit haben, Dokumente von Behörden zu bekommen, auf die sie eigentlich Anrecht hätten, können sie sich an sie wenden. Dabei kann sie aber nur ermahnen und rügen.

Anjinho ist momentan Mitglied im Aufsichtsausschuss des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung. Die Juristin war zuvor in ihrem Heimatland Portugal bereits Parlamentsabgeordnete, Staatssekretärin für Justiz und stellvertretende Bürgerbeauftragte. Am 27. Februar 2025 wird sie in ihr neues Amt eingeschworen.

Rüge für Pfizer-SMS

Anjinho ersetzt Emily O’Reilly, die diese Rolle seit 2013 innehatte. O’Reilly hat die Position sehr stark vertreten. Für Journalist:innen besonders wichtig war, dass sie die Europäische Kommission wiederholt wegen mangelnder Transparenz gerügt hat.

So etwa im Fall der SMS, mit denen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen während der Corona-Pandemie den Kauf von Impfdosen vom Pharmariesen Pfizer vereinbarte. Die hatte unser damaliger Kollege Alexander Fanta nach dem europäischen Recht auf Informationsfreiheit angefordert. Die Kommission blockierte – bis heute. Die New York Times hat die EU-Institution deshalb verklagt, das Verfahren läuft momentan noch.

In einem anderen Fall untersuchte O’Reilly Frontex, die europäische Grenzschutzagentur. Dabei ging es um die Frage, ob die Behörde genug Rücksicht auf Risiken für Menschenrechte genommen hatte.

Wird Anjinho so weitermachen?

Auch das Parlament nahm sie sich vor: Vor zwei Jahren verpasste O’Reilly dem Parlament eine Rüge, weil es Dokumente aus Verhandlungen mit den anderen Institutionen nicht rechtzeitig genug herausgegeben hatte. Die Trilogverhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament sind weiterhin der intransparenteste Teil des EU-Gesetzgebungsprozesses.

Die Frage ist nun, ob Anjinho ihre Position ebenso energetisch vertreten wird, wie O’Reilly das in den vergangenen Jahren getan hat.

Gratulation gab es von Seiten der christdemokratischen EVP-Fraktion. Die hatte, zusammen mit den Sozialdemokraten der S&D, die Kandidatur von Anjinho unterstützt. „Für das Amt ist nicht nur eine exzellente juristische Qualifikation, sondern vor allem der direkte Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern entscheidend. Genau das bringt Frau Anjinho mit“, sagte Alexandra Mehnert, die im zuständigen Petitionsausschuss sitzt. „Ich gratuliere ihr herzlich zu der Wahl und freue mich auf die kommenden Jahre der Zusammenarbeit!“

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