SelbstbestimmungsgesetzUnter Generalverdacht

Menschen sollen in Zukunft selbst erklären können, mit welchem Geschlecht sie im Personenstandsregister stehen wollen. Eigentlich simpel. Doch die Bundesregierung baut im Selbstbestimmungsgesetz irrationale Klauseln ein – und will die Daten hemmungslos an den Sicherheitsapparat weitergeben. Ein Kommentar.

Eine Progressive Pride Flag liegt zerknickt auf dem Boden.
Schafft es selbst Herzensprojekte zu ramponieren: Die Ampel beim Selbstbestimmungsgesetz. – Alle Rechte vorbehalten Imago / Christoph Hardt

Die letzte große Keule kam vom Innenministerium. Schon zuvor waren jede Menge Generalverdachts-Klauseln in das Selbstbestimmungsgesetz reingepresst worden, vom Saunabesuch bis zum Dienst an der Waffe. Aktivist:innen sprechen deswegen inzwischen von einem „Appeasement-Gesetz“ aus dem Justiz- und Familienministerium, gespickt mit Zugeständnissen. Beruhigungsklauseln selbst für jene, die trans oder nicht-binären Personen teils nicht mal den Respekt entgegenbringen, sie mit dem korrektem Namen und Pronomen anzusprechen.

Kurz vor der Ziellinie im Juni fielen dann selbst dem Innenministerium noch Möglichkeiten für einen kreativen Missbrauch des Selbstbestimmungsgesetzes auf: Kriminelle könnten das neue Gesetz dazu nutzen, um bei laufenden Ermittlungen unterzutauchen. Deswegen müsse die Änderung des Namens und Geschlechtseintrags bitte automatisch an den gesamten Sicherheitsapparat der Bundesrepublik Deutschland gemeldet werden. Und wenn hier gesamt steht, dann ist wirklich gesamt gemeint. Wer seinen Geschlechtseintrag ändert, wird nämlich an folgende Behörden zum Datenabgleich gemeldet:

  1. Bundeskriminalamt,
  2. Bundespolizei,
  3. Bundesverwaltungsamt zum Nationalen Waffenregister und zum Ausländerzentralregister
  4. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, (für alle, die nicht nur die deutsche Staatsangehörigkeit haben)
  5. Bundesamt für Verfassungsschutz,
  6. Bundesamt für den militärischen Abschirmdienst,
  7. die jeweils zuständigen Landeskriminalämter,
  8. Zollkriminalamt,
  9. Hauptzollämter, Finanzkontrolle Schwarzarbeit sowie
  10. Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen.

Wie bitte? Nach einem Moment der Fassungslosigkeit fallen einem dazu vor allem Fragen ein. Etwa: Warum um alles in der Welt sollte eine Person, die einen Anschlag plant oder aus dem Umfeld der organisierten Kriminalität kommt, ausgerechnet zum Standesamt laufen um abzutauchen? Was würde so eine Person nach der Änderung ihres Geschlechtseintrags und Namens genau tun? Sich mit neuem Personalausweis in die Provinz absetzen? Trotz laufender Fahndung unbemerkt ausreisen? Selbst ohne kriminelle Vorerfahrung fallen einem spontan zig einfachere Möglichkeiten ein, um in den Untergrund zu gehen.

Wer kontrolliert die Löschung der Daten?

Selbst wenn so ein Szenario theoretisch denkbar wäre – man sollte ja nun wirklich nichts ausschließen, wenn es darum geht, Grundrechte zu gewähren – müssten bei so einer Forderung alle Alarmglocken angehen. Denn auf der anderen Seite der Gleichung in dieser Abwägung stehen die persönlichen Daten von Menschen, die ohnehin schon mit hoher Wahrscheinlichkeit gehasst, angegriffen und bedroht werden. Für deren Anerkennung, Menschenwürde und Rechte dieses Gesetz eigentlich sein soll. Und die nun im Tausch für ihr Recht hinnehmen müssen, dass sie wie Betrüger:innen und Kriminelle gehandelt werden.

Zwar sollen die Daten unverzüglich gelöscht werden, wenn nichts gegen eine Person vorliegt. Aber wie soll das bitte bei einem Verfassungsschutz gehen, der sowieso nicht richtig kontrolliert wird? Wie schnell ist eigentlich unverzüglich? Und ist die größere Gefahr nicht, dass ein Inlandsgeheimdienst irgendwelche geheimen Datenbanken von trans Personen anlegt? Oder dass irgendjemand in einer dieser vielen Behörden das Wissen um den abgelegten Namen und alten Geschlechtseintrag eines Menschen missbraucht? Statistisch gesehen sind trans Personen nicht Täter:innen, sondern Opfer von Gewalt. Sie alle werden mit diesem Teil des Gesetzes unter Generalverdacht gestellt.

Absurde Zugeständnisse

Aber sicher ist sicher. Die Liste der Behörden steht jetzt im Kabinettsentwurf. Ein weiteres Zugeständnis in einem Gesetz voller Zugeständnisse – in diesem Fall an die eigene Koalition. Offenbar hat man im zuständigen Familien- und Justizministerium ohnehin schon aufgegeben, sich bei diesem Vorhaben von der Vernunft leiten zu lassen. Verhindern könnte den Paragrafen jetzt nur noch der Bundestag, der das Gesetz als nächstes beraten muss.

Das Selbstbestimmungsgesetz war eigentlich ein Herzensprojekt der Ampelkoalition. Es hätte ein großer Moment werden können, eine lange fällige Befreiung für unzählige Teenager und Erwachsene, für die ihr amtlich zugeschriebenes Geschlecht nur ein Gefängnis ist. Und ein Versprechen: Ab jetzt wollen wir anders und respektvoll mit euch umgehen. Jetzt hat sich die Ampel diesen Moment kaputt gemacht. Zu verdanken hat sie das nur sich selbst.

36 Ergänzungen

  1. Sehr guter Artikel und einer, der mich einmal mehr fassungslos macht – einen, der beim Lesen des damaligen Koalitionsvertrages voller Hoffnung auf ein menschenfreundliche, mit Maß handelnde Regierung hatte.

    Davon ist jetzt nichts mehr übrig.

    Die Ampel ist komplett ausgefallen, die Polizei regelt jetzt den Verkehr…

  2. Nunja: wie sonst? Ehrliche Frage.

    Name und Geburtsdatum sind der primäre Schlüssel zur Personenidentifikation, eine allgemein verwendete Kennziffer möchte man aus guten Gründen nicht. Wenn dieser primäre Schlüssel geändert werden soll, dann muss das überall nachgeführt werde, denn eine zentrale Verwaltung aller Vorgänge will man aus guten Gründen auch nicht. Die Alternative ist die Beibehaltung des deadnames bei laufenden Vorgängen, was man auch nicht will

    Das ganze ist mW bereits bei Namensänderungen der Fall. Heirat behält den Geburtsnamen als Referenz.

    Und natürlich ist die Änderung selber immer als Vorgang bei entsprechendem Amt nachvollziehbar, alles andere wäre nicht rechtssicher.

    Also, was wäre die Alternative? Ehrliche Frage.

    1. Für solche Fragen wird leider häufig keine Antwort präsentiert.

      Zudem ist auch zu bedenken, dass sich der Generalverdacht nicht gegen trans Personen richtet, sondern gegen Personen die nicht trans sind und die Möglichkeit zur umstandslosen Änderung der Registerdaten missbrauchen möchten. Sofern man es überhaupt Generalverdacht nennen möchte: Steht jeder Mensch unter Generalverdacht Straftaten zu begehen, weil wir ein Strafgesetzbuch haben?

      Anders wäre auch zu fragen: Warum wird das Geschlecht überhaupt im Register erfasst?
      So lange es Gründe dafür gibt, bestehen sogleich auch Gründe bei Änderungen gewisse Einschränkungen vorzusehen. Welche Einschränkungen dies genau sind, muss abgewogen werden und kann weder von trans Personen noch von den anderen Menschen einseitig bestimmt werden.

    2. Es geht nicht darum, dass jemand mit einem geänderten Namen/Geschlecht generell nicht registriert werden soll, sondern darum, dass die Personendaten ohne einen konkreten Anlass an sämtliche Sicherheitsbehörden, mit denen die meisten nichts zu tun haben, automatisch gemeldet werden sollen.

      Das kann doch anlassbezogen geregelt werden. Wenn jemand eine Waffe besitzt, muss sie samt Besitzer natürlich in der entsprechenden Behörde registriert sein. Das ist einsichtig. Aber eben auch NUR DANN.
      Genauso verhält es sich bei den anderen Behörden. Wer mit der Polizei, dem BKA oder sonstwem nichts zu tun hat und kein Anlass vorliegt, muss auch nicht dort gespeichert werden – egal, ob cis, trans, binär, gay, inter, hetero usw.

      1. Es kann nicht anlassbezogen geregelt werden, ohne dass der Anlass bekannt ist.

        Dazu braucht es entweder eine zentrale Registrierung aller Anlaesse oder eine dauerhafte zentrale Liste aller betroffenen Personen. Beides waere ganz ohne Missbrauch ein groesserer Eingriff fuer die Betroffenen.

        Also: was ist der Alternativvorschlag?

        1. Anlassbezogen for runaways:
          – Es ergibt sich ein Anlass.
          – Gemäß dieses Anlasses wird in den vorhandenen Daten gegraben, wofür gegebenenfalls Berechtigungsscheine auszufüllen und vorzuzeigen sind.

          Da ist kein „entweder-oder“, sondern einfach nur das hier. Wozu jetzt eine aktive Meldung bei Datenschwurbler Nr. 1, mit extra Datenbank? Richtig. Um aktiv nach Mustern suchen zu können, ohne dafür im Einzelnen einer Berechtigung zu bedürfen.

          Jetzt weiter mit Möglichkeiten…

          1. „– Es ergibt sich ein Anlass.
            – Gemäß dieses Anlasses wird in den vorhandenen Daten gegraben“

            Du willst also eine zentrale und permanente Liste aller Betroffenen einrichten? Die Einrichtung einer API zur Abfrage aller entsprechenden Ämter ist de facto da gleiche.

            Um das Risiko einer zukünftigen zentralen „rosa Liste“ zu verhindern willst Du also eine zentrale rosa Liste zwingend sofort einführen?

          2. „Du willst also eine zentrale und permanente Liste aller Betroffenen einrichten?“

            Das Post oben ist die Antwort darauf, und begründet, warum das nicht der Fall ist.

            Denn: Die Daten liegen immer bereits irgendwo bei der datenhaltenden Behörde vor. DAS IST KEINE LISTE.

            Also: DORT wird dann unter Vorweisen, nicht zu verwechseln mit Vorwand, einer Berechtigung, angefragt.

            Ergo: Das ist das GEGENTEIL einer Liste.

            Oder: Wollen Sie ganz ohne Daten machen? Jeder schreibt sich seinen Ausweis selbst auf Papier? Kommen Sie von einer Raumstation? Zeitreisende etwa?

          3. Die Einrichtung einer API zur Abfrage aller entsprechenden Ämter ist de facto da gleiche wie eine Liste.

            Und die Boesen halten sich dann garantiert an das mit der Berechtigung, waehrend sie sich an das mit dem Loeschen nicht halten. Genau.

          4. „Die Einrichtung einer API zur Abfrage aller entsprechenden Ämter ist de facto da gleiche wie eine Liste.“

            Das kann ein Argument sein, wenn es noch keine solche API gibt. Die Frage ist, über welche Daten wir hier reden, und welche Behörden. Einiges gibt es da bereits.

            „Und die Boesen halten sich dann garantiert an das mit der Berechtigung, waehrend sie sich an das mit dem Loeschen nicht halten. Genau.“

            Mal langsam mit den schnellen Pferden!
            Die Berechtigung muss jemand anders prüfen, als diejenigen, die gerne die Daten hätten. Sind Prüfungen kaputt, ist alles kaputt, und zwar bereits jetzt. Denn auch per Fax ließe sich alles abfragen, so langsam wie sich solche Daten ändern, ein Fax kann genauso automatisiert erstellt und an eine Telefonliste versandt werden.

            Wir sind also bei Fragen wie…
            – Worüber sprechen wir? Welche Daten?
            – Wie läuft es in welchem Szenario jetzt? (Und wie dann?)
            – Wie ist die Bandbreite jetzt? (Und wie dann?)

        2. Ich dachte, mein Kommentar war klar formuliert. Der Anlass ergibt sich bei Straftaten durch die strafbare Handlung. Einen „präventiven“ Anlass gibt es nicht bzw. darf es nicht geben, d. h. einen Generalverdacht auch nicht. Somit erübrigen sich auch „zentrale Listen“ oder „Anlass-Listen“ (einen „Anlass“ kann man höchstens im Strafgesetzbuch suchen).

          Ein Alternativorschlag ist unnötig, da es ausreicht, wenn Standesämter wie bisher Namensänderungen registrieren und diese Änderungen im Personalausweis oder Reisepass vermerkt werden. Alle anderen Sicherheitsbehörden können dann, wenn nötig, auf diese Information, ebenso wie bisher und wie bei allen anderen Bürgern auch, zurückgreifen. Eine direkte Speicherung bei allen Sicherheitsbehörden ist klar abzulehnen, weil unnötig und unverhältnismäßig.

        3. „Es kann nicht anlassbezogen geregelt werden, ohne dass der Anlass bekannt ist.“

          Wo ist netzpolititik.org? Diese Basics wären doch mal lustig, zu bringen.
          Also der Ruf nach Alternativvorschlägen: Ist doch Quatsch. Das Gesetz ist voll von solchen Formeln, wo ein Anlass sich eben aus dem Gesetz, und z.T. aus Ermessensspielräumen ergibt, und mitnichten eine vollständige Liste existieren muss.

          Hier wären eher allgemeinere Einschränkungen nötig, wie „nicht für Wahlkampf“ oder „je kürzer der Zuruf, desto länger die Prüfung“.

          Wir sind allerdings an der Grenze zu solchen Fragen „jetzt mit KI“. D.h. die KI prüft die Relevanz bzw. anlass, z.B. ob es Falschparken sein könnte, und dann wird das Bild erst übermittelt, dann irgendwie geprüft und wieder gelöscht oder eine Verfolgung eingeleitet. D.h. die Selektion würde eventuell bereits im Gerät vor Ort stattfinden. Gilt das dann als Anlassbezogen?

          Klar ist, dass „Verbrechen passieren in Familien, also überwachen wir jetzt dauerhaft alle Familien“ nicht als Anlassbezogen gelten kann. Eher wenn Eltern als Prügler bekannt sind, könnte sich ein Anlass ergeben. In Bayern reichen möglicherweise zukünftig begangene Straftaten als Anlass.

          Hier bitte „Arabische Clanmitglieder ausweisen“ als Paradebeispiel für Verarschung nehmen. Vor dem Ausweisen müsste Überwachen kommen – das wäre sinnvoller, auch bei Rentnerabziehern. Dann gibt es anlassbezogene aber weitflächigere Überwachung im Umfeld, mit Löschsystematik. Ausweisen ist einfach nur der Versuch die Kaste der „Einwanderer“ noch weiter zu entrechten, so dass auch rechtlich eine abgespaltene Region entsteht.

    3. Hier ein paar fun facts:

      1. Es gibt bereits eine Bürger-ID. Seit April 2021 gilt die 2007 eingeführte Steuer-ID als Bürger-ID.
      Und ja, sie ist bereits in den Datensätzen der Einwohnermeldeämter hinterlegt.

      2. Personen, die ihren Vornamen und/oder ihre Geschlechtszugehörigkeit im Rahmen des jetzt noch (Rest-)gültigen TSG geändert haben, sind auch ohne rosa Listen bei den Sicherheitsbehörden bereits über die Einwohnermeldeämter bei berechtigten öffentlichen Interesse auffindbar/ermittelbar.
      Wenn Axel Schmidt Vornamen und Geschlechtszugehörigkeit ändert und nun als Nadine Schmidt gemeldet ist, dann gibt es im Melderegister zwei Datensätze zu ein und derselben Person. Der Datensatz zu Axel Schmidt ist jedoch inaktiv, mit einer Auskunftssperre versehen und steht nicht mehr für Datenabrufe zur Verfügung. Er beinhaltet jedoch einen Verweis auf den Datensatz von Nadine Schmidt.
      Wenn (Sicherheits-)Behörden also ein berechtigtes öffentliches Interesse an dem Verbleib von Axel Schmidt haben, dann können sie dieses dem Einwohnermeldeamt vortragen und würden dann, sofern das Bürgeramt das Interesse anerkennt, auch die Auskunft erteilt bekommen, dass die gesuchte Person nun unter dem Namen Nadine Schmidt da oder dort wohnhaft ist.

      3. Wie oben verfahren die Meldeämter im übrigen auch bei Adoptionen. Zwei Datensätze, der alte für Auskünfte gesperrt aber mit Verweis auf den aktuell gültigen.

  3. Ich verstehe nicht wieso man das nicht wenigstens nach dem Pull-Prinzip macht. Behörde sendet Anfrage mit alten Daten und bekommt dann die neuen. Auch dies ließe sich automatisiert, regelmäßig durchführen.
    Mir würde allerdings selbst das zu weit gehen.

    Stattdessen soll es ein Push sein.
    Die alten und neuen Daten aller Anwender des SBGG werden an die Behörden gesendet, völlig egal ob dort bereits die alten Daten vorlagen.
    Wo ist bei dieser Vorgehensweise bitte das berechtigte Interesse?
    Die überwiegende Mehrheit der Updates wird ja ins lehre Laufen und trotzdem unnötig die Gefahr einer Rosa Liste erzeugen.

    Die haben doch einen Knall.
    Die müssen doch selbst darauf kommen, dass das unnötig und zu gleich gefährlich ist.

    1. „Ich verstehe nicht wieso man das nicht wenigstens nach dem Pull-Prinzip macht. Behörde sendet Anfrage mit alten Daten und bekommt dann die neuen. Auch dies ließe sich automatisiert, regelmäßig durchführen.“

      Du willst also eine zentrale Liste aller Betroffenen etablieren, bei der dann regelmaessig die entsprechenden Behoerden ihre Vorfaelle abgleichen? Also eine zentrale „rosa Liste“, bei der dann auch noch zentral alle Vorfallsbearbeitungen gesammelt werden koennen. Wirklich?

      1. Man könnte übergangsweise, z.b. für 5 Jahre einen Hash des alten Namens und Geburtsdatums speichern und für diese Dauer automatisierte Anfragen nach Hash -> neue Identität zulassen.

        Daraus ist keine Geschlechtsidentität ablesbar insofern man den alten Namen und das Geburtsdatum nicht bereits kennt.

        Während eines laufenden Ermittlungsverfahrens können die ermittelnden Behörden z.b. jeden Tag automatisiert abfragen, ob es zu einem Hash zu einem Stichtag eine Änderungsmeldung gibt.

        Diese Abfrage sollte automatisiert aus einer Anwendung, die für laufende Ermittlungen oder Aktenverwaltung dient funktionieren und nicht manuell durch neugierige Beamte auslösbar sein – d.h. es muss schon eine Aktenzahl und ein Verfahren geben.

        Nach Ablauf dieser Zeit wird auch der Hash gelöscht und es ist nur noch eine Abfrage nach richterlicher Genehmigung im Einzelfall bei der jeweiligen Personenstandsbehörde möglich.

      2. Das ist nicht das Pull-Prinzip.

        Bei Pull kriegt eine Behörde einfach nur alle aktuellen Daten zu einer Person. Das ist bereits Recht so oder so ähnlich.

        HIer geht es nicht um eine Liste von Namensänderern.

        Berechtigte Frage ist, warum eine Behörde nicht einfach alle Einwöhner abfragt, um einen Datensatz zu haben. Hierfür ist wichtig, dass alles in sinnvollen Prozessen geordnet und geloggt wird.

    2. Das Problem ist, dass das Standesamt nicht weiß, ob die Polizei gegen eine Person ermittelt und die Polizei nicht weiß, ob eine Person ihren namen ändert. Wenn wir also keine Transitionslisten haben wollen, in die jede Behörde reingucken kann, muss das Standesamt allen Behörden eine Nachricht schicken a la: „Max Mustermann heißt jetzt Maxime Musterfrau, falls sie bei euch in irgendwelchen Akten steht ändert das, falls nicht, ignoriert diese Mail.“ Ab 2126 könnte das vlt sogar automatisch von einem Computer erledigt werden…

      1. Stimmt halt nicht.

        Wenn die Polizei konkret nach jemandem unter altem Namen fahndet, kann sie bereits jetzt beim Einwohnermeldeamt erfahren unter welchen neuen Namen die Person nun gemeldet ist.
        Der Datensatz mit dem alten Namen existiert nämlich noch und beinhaltet einen Verweis auf den neuen Datensatz mit neuem Namen. Nur ist der alte Datensatz für reguläre Abfragen gesperrt und gäbe nur ein „unbekannt verzogen“ aus (so wie es üblich ist für Datensätze mit Auskunftssperre).

        Mit der Verfahrensänderung, die das SBGG hier vorsieht, würden die Sicherheitsdienste und sonstige Behörden ohne konkreten Anlass oder Interesse ihrerseits alle Einwohnermeldeamtsdaten, alt und neu, von Menschen, die ihren Vornahmen und/oder ihre Geschlechtszugehörigkeit nach SBGG haben umtragen lassen (also ausschließlich von Menschen unter dem trans* label) frei Haus geliefert bekommen.
        Es ist ne rosa Liste. Da beißt die Maus kein Faden ab.

  4. Wenn ich heirate und dabei meinen Namen ändere, geht das dann auch einmal automatisch an alle? Könnte ja sein, dass ich das nur mache, um unterzutauchen!

  5. „Die müssen doch selbst darauf kommen, dass das unnötig und zu gleich gefährlich ist.“

    Werden sie nicht. Jedenfalls nicht von alleine. Seit sich die Legislative, besonders das Innenministerium, selbst zur Judikative erhebt, Rechtsumdeutungen vornimmt und es demnach nicht mehr heisst:

    „Ein Bürger steht im konkreten, auf einen Sachzusammenhang bezogenen Verdacht, eine Straftat zu begehen“,

    sondern stattdessen

    „Jeder Bürger könnte (!) zu jeder Zeit an jedem Ort eine Straftat begehen“,

    wurde eine grundlegende Abkehr von der Unschuldsvermutung initiiert.

    Dass das für unser Rechtssystem samt freiem, demokratischem Gemeinwesen äußerst problematisch ist und zerstörerisch wirkt, muss leider immer wieder erwähnt werden.

    1. Die Städte sind voller Falschparker, der Verdacht ist also trivial evident.

      Die Überwachung richtet sich nicht gegen verdächtige Personen sondern erfasst illegal abgestellte Kfz, also Ordnungswidrigkeiten als trivial evidentem Anlass.

      Datenschutz ist ein so wichtiger wie erfüllbarer Aspekt einer akzeptablen Implementierung als Prozess, es gibt seit Jahren erfolgreiche Beispiele, natürlich nicht in Deutschland. Aber was für erfolgreiche Beispiele jenseits Autofetischismus gibt es schon in Deutschland…

    2. Jeder Bürger könnte Teil eines Verfahrens im Rahmen der Strafverfolgung sein, das ist trivial evident. Das ist übrigens nicht nur „Verdächtiger“ und „Täter“, sondern auch „Zeuge“ und „Opfer“.

      Die Gesellschaft und auch ein Teil der direkt Betroffenen hat ein signifikantes Interesse daran, dass Strafverfolgungsprozesse nicht einfach torpedierbar oder zerbrechlich sind. Dieses Interesse ist abzuwägen mit allen anderen Interessen.

      Das hat mit Generalverdacht nichts zu tun.

  6. Friedrich Zimmermann wollte in seiner Amtszeit als Minister des Innern (Bund), dass Frieseure Menschen melden, die eine erhebliche Aenderung ihres Aussehens bei ihnen ausfuehren liessen…
    Muesste nach der Logik einiger Foristen hier nicht auch jede Wohnraumaenderung (vulgo Umzug) allen Behoerden pullenderweise gemeldet werden? Haben wir uns an diese eigenartigen Freiheitsbegriffe schon gewoehnt?

    1. Nein, das wird einfach pullernderweise erledigt.
      Und bei einer Anfrage, sammelt Wachtmeister Huber die Zettel aus dem Latrinenabfluss.

      Oder noch mal das Prinzip: Die Daten liegen irgendwo vor. Der Schutz bisher besteht eben nicht in der Unauffindbarkeit, sondern der Kompetenzverteilung und Berechtigungsprüfung.

      In Gedanken kann man sich das als Pullende Liste vorstellen, z.B. während des Pullerns, so man denn davon ausgeht, dass das per Knopfdruck funktioniert, und de facto keinerlei Prüfungen stattfinden. Das Problem haben wir dann aber in konkreter Form bereits jetzt.

      Ausnahmen mögen irgendwelche vergrabenen Kirchenbücher sein, von der Oma o.ä.

  7. Und wenn die AfD dann die Macht ergreift und den Straftatbestand »Existieren« für LGBTQ-Personen einführt, müssen die Behörden ja nur auf diese Listen zurückgreifen, um Massenbestrafungen durchzusetzen.

    Die Regierung spielt mit dem Feuer.

    1. Die im Gesetzesvorschlag stehende Lösung kommt komplett ohne derartige Liste aus. Die von den meisten Kommentatoren vorgeschlagene Alternative benötigt zwingend diese Liste. Hier versteht leider kaum jemand digitale Prozesse.

      Ein Push-Benachrichtigung zum Datenabgleich existiert nur während des Datenabgleichs, sie wird nie irgendwo gespeichert. Irgendein Computer sendet an irgendeinen anderen Computer, dass ein Mensch seinen Namen geändert hat und der Zielcomputer prüft, ob er einen Datensatz aktualisieren muss. Es ist nicht einmal ein Mensch involviert. Wenn eine Diktatur etabliert wird und in die Datenbanken schaut, sieht sie nur die aktualisierten Namen und Geschlechter und nichts weiter. Keine Information über trans.

      Eine Pull-Version oder jedwede andere Lösung bräucht eine DAUERHAFTE Liste aller Namensänderungen (wie sie z. B. bei Heirat existiert, da dort der Originalname gespeichert bleibt), an die man dann anlassbezogen Anfragen senden kann. Wenn eine Diktatur an die Macht kommt, sieht sie eine perfekt präparierte Liste, in die man super bequem ein Einwohnermelderegister reinschmeißen kann und alle Änderungen vorfindet.

      Ganz davon abgesehen sollte auch einmal der Resourcenverbrauch beachtet werden. Eine Push-Lösung braucht keine neue Infrastruktur und sendet für jede Änderung eine hanvoll Datensätze durch die Republik. Eine Pulllösung braucht ein neues Datencenter und erfordert für jedes laufende Verfahren jeder Behörde jeden verdammten Tag einen neuen Abgleich. Das ist doch Wahnsinn.

      1. Hoppla, Antwort möglw. unten platziert.

        Effizienz: Push und Pull können auch kombiniert werden, wenn man an ID+Zeitstempel+Hashes denkt. Sowohl Aktualisierungen, als auch Abfrage nach Verpassen von Aktualisierungen sind somit möglich Da gibt es nicht notwendigerweise ein effizienzbezogenen Widerspruch, und auch keinen bzgl. der Handlungsfähigkeit, z.B. wenn man auf eine globale Identifikationsnummer in Allerweltsvorgängen verzichtet, wenn man es richtig implementiert.

        Bei den anderen Sachen ist eher wichtig, wie wichtig die Daten sind. Wenn Namenslisten bereits existieren, besteht bzgl. Namen offensichtlich jetzt bereits kein Unterschied zur Liste, bis auf die Prüfung der Berechtigung. Solche Berechtigungsprüfungen bräuchte es sowieso für Zugriff aus dem Ausland, denkt man an Zollgeschichten. Entscheidend ist, was das Gesetz für einen Rahmen setzt, dann die Umsetzung.

        Pull muss auch keine Liste bedeuten. Bitte bedenken Sie zunächst, dass die Daten immer vorliegen, auch ohne IT/Push/Pull. In Ihrer Darstellung ist das dann auch eine Liste, weil die Daten existieren. Das ist ohne Bandbreitenbetrachtung witzlos, egal ob Fax oder sonstiges Netzwerk. Eine Diktatur würde übrigens einfach alle Daten krallen und über Nacht verbinden, das Szenario ist auch witzlos, da zählt nur Daten nicht erhoben zu haben, bzw. rechtzeitig zu löschen. Das Problem besteht eher in der Wegbereitung zu Diktatur hin, bzw. noch eher allgemein zur Übergriffigkeit seitens Staat, Behörden, Unternehmen.

        D.h. Grundrechteentwertung ist jetzt bereits das Problem. Nicht erst wenn einer den Trohn besteigt.

    2. In einer soweit das Grundgesetz verletzenden Situation kann die Regierung einfach alle Standesämter nach den entsprechenden Vorgängen der letzten 20y abfragen und hat die Liste.

      Wenn das Dein Bedrohungsszenario ist, bleibt Dir nur rechtzeitige Flucht als Reaktion.

  8. Die Problematik ist generell nicht, das die Daten irgendwo vorhanden sind. Das Problem ist, dass diese ohne triftigen Anlass automatisiert weitergereicht werden sollen.
    Wenn jemand nicht Polizei-auffällig ist gibt es keinen Grund diese Daten an jene weiterzureichen.
    Sollte es im Laufe von Ermittlungen dazu kommen das diese Daten relevant sind, können diese angrefragt werden.

    Informationen derart sensibler Art *dürfen* nicht grundlos an Behörden weitergereicht werden, insbesondere nicht wenn so oft Informationen an Rechtsextremisten durchsickern wie bei unserer Exekutive.

    Und ja, es ist grundlos. Wenn es nicht von strafrechtlicher Relevanz ist, darf die Polizei auch nicht über einen Umzug oder eine Schönheits-OP unterrichtet werden.

    1. Das Problem ist: Unkenntnis von Prozessen
      Sowohl beim Autor als auch bei den meisten Kommentaren. Wie soll denn die Polizei wissen ob die Daten einer Person geändert werden? Woher soll die Behörde wissen ob bei der Person ein Verfahren läuft?
      Push Verfahren:
      1. Person ändert Daten
      2. Daten werden weitergereicht und Vorgang kann gelöscht werden
      3. Daten werden geprüft und können anschließend gelöscht werden
      Pull Verfahren:
      1. Person ändert Daten
      2. Daten werden in Liste gespeichert für Zeitraum XX Jahre
      3. Behörden prüfen regelmäßig ob zu der Person Sachen vorliegen
      Ernsthaft? Sowohl vom Aufwand als auch von der Listenspeicherung sollte doch jedem das andere Verfahren lieber sein.

      1. Z.T., ja ernsthaft. Ein Parkverbotsverfahren hat erst mal nichts mit „vielleicht Zeuge beim Wasserstoffperoxidkauf durch Moped M.“ zu tun.

        Also Pull kann schon recht effizient sein, denkt man an ID + Timestamp (Z.B. bei einer Ausweisänderung), wenn man es nicht permanent wiederkehrend machen muss. Zudem könnte es eine Art Pull-Push-Prinzip geben, bei dem die Aufmerksamkeit auf eine Ermittelung im Zsh. mit Push erreicht wird, so dass ab da Relevantes per Push passieren könnte, was wiederum mit Absicherungen durch Prüfung und Zeitbegrenzungen einhergehen kann.

        Also so abstrus muss es nicht sein, es kommt aber auf den Teil mit den Prozessen an. Was ist umgesetzt, und was wird umgesetzt. (Und inwiefern sichert ein Gesetz das ab, was passieren muss, damit es nicht zu einem GAU wird.)

      2. Ich stimme dir zu, dass das Problem in der Unkenntnis von Prozessen liegt.

        In diesem Fall kennen viele nicht die Vorschriften/Regeln nach denen Einwohnermeldedaten gespeichert und über die Daten Auskunft gegeben wird.
        Stattdessen bemühen sich Leute eine technische Lösung für ein nicht-existentes Problem zu finden.

        Es gibt keinen Grund für die Polizei anlasslos zu erfahren, wer so alles nach dem SBGG aktuell Vornamen und Geschlechtszugehörigkeit hat ändern lassen.
        Und die Einwohnermeldeämter brauchen für die Eintragung der Änderungen auch nicht zu wissen, ob gegen die antragstellende Person ermittelt wird oder ein Strafverfahren läuft.
        Die Polizei muss sich – so wie bisher auch! – nur einfach die oh so schwere Arbeit [\sarcasm] machen eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt zu stellen und diese auch zu begründen.

        Sowohl bei Adoptionen (welche häufig mit einer Änderung des Vor- und Nachnamens einhergehen) als auch bei Änderungen von Vornamen und Geschlechtszugehörigkeit nach dem noch gültigen TSG wird für die Personen jeweils ein neuer, aktueller Datensatz/Einwohnermeldeamtseintrag generiert mit dem nun gültigen Namen (und Geschlecht).
        Der alte Eintrag/Datensatz wird nicht gelöscht, sondern nur gesperrt.
        Er wird mit einem Verweis auf den neuen, aktuellen Datensatz versehen.
        Auf der obersten Einsichtsebene ist die Person „unbekannt verzogen“. Anfragen zu diesem alten Datensatz würden – wie auch alle anderen Datensätze mit Auskunftssperre! – genau so beantwortet werden.
        Nur bei berechtigtem öffentlichen Interesse einer anfragenden Institution, die eine Auskunft über den alten, gesperrten Datensatz begehrt, kann diese über den Verweis auf den neuen Datensatz unterrichtet werden.
        Das berechtigte Interesse zur Aufhebung des Offenbarungsverbots MUSS von einem Menschen im Meldeamt – außerhalb und unabhängig von der anfragenden Institution! – nach geltendem Recht beurteilt werden.

        API, Pull oder Push, ist da irrelevant.

  9. Ist ein Push-Verfahren dieser Daten an die ganzen Behörden notwendig?
    Die Antwort ist ein ganz deutliches NEIN

    Seit 1981 ist eine Änderung des Vornamen und des Geschlechtseintrags über das TSG möglich. Also können wir da auf 42 Jahre Erfahrung zurückgreifen. In diesen 42 Jahren gab es keinen einzigen bekannten Fall, in dem sich eine Person durch eine Änderung über das TSG vor der Strafverfolgung entziehen konnte. Auch ohne automatische Datenweitergabe.

    Warum ist das so?
    Der Deadname bleibt auch bereits jetzt noch in einigen Registern (u.A. das Geburtenregister) bestehen. Der Eintrag wird nur um die Änderung ergänzt. Wird also nun nach den Deadname gesucht wird auf den neuen Namen verwiesen und die Nachverfolgbarkeit ist weiterhin gegeben. Diese Information wird im übrigen auch nicht gelöscht.
    Ist bei Adoptionen im Übrigen das gleiche.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.