Auch das nochFDP will Klimaschutz bei Rechenzentren verwässern

Nach der Verhinderung des Tempolimits und der Blockade bei der Heizungswende torpediert die FDP nun auch Umwelt- und Klima-Auflagen bei Rechenzentren. Dabei machen diese schon heute etwa drei Prozent des Stromverbrauchs aus. Ein Kommentar.

Mann schaut auf brennenden Planeten
Maximilian Funke-Kaiser schaut auf die Ergebnisse seiner „bürokratiearmen“ Klimapolitik (Symbolbild) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Wirestock

Die FDP ist in fast allen Politikfeldern Treiberin einer umwelt- und generationenfeindlichen, ignoranten und unverantwortlichen Klimapolitik. Nun will die kleinste der Ampel-Parteien auch im Bereich der IT-Dienstleistungen und Rechenzentren Klimaziele verwässern und hintertreiben. Dabei machten IT und Server schon im Jahr 2020 etwa drei Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland aus, das sind 16 Milliarden Kilowattstunden. Tendenz steigend.

Es geht um das Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz (EnEfG), das im Frühjahr vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz als Kabinettsentwurf veröffentlicht wurde und nun diskutiert wird. Darin soll auch die Energieeffizienz und Abwärmenutzung in Rechenzentren und IT-Betrieben reguliert werden, neu errichtete Rechenzentren sollen zu einer teilweisen Nutzung der Abwärme verpflichtet werden. Ab dem Jahr 2028 soll die Wärme größerer Rechenzentren eigentlich vollständig wiederverwendet werden.

Mit großem Stolz verschickt der digitalpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Maximilian Funke-Kaiser, dazu eine Pressemitteilung. Funke-Kaiser, der gegen die Chatkontrolle gute Arbeit in der Ampel-Koalition macht, ist bei der Klimapolitik allerdings ein Totalausfall. Er brüstet sich in besagter Pressemitteilung, dass die FDP erreicht habe, dass Rechenzentren „nicht mehr im Umkreis von 5 Kilometern zu einem Fernwärmenetz errichtet werden müssen“. Die Idee hinter diesem Regulierungsvorschlag ist eigentlich, dass sich die Abwärme der Rechenzentren wunderbar in diese Netze einspeisen lässt – allerdings nur, wenn die Rechenzentren auch in der Nähe solcher Netze stehen. Diese sinnvolle Regelung will die FDP nun verhindern.

Und als sei das nicht genug der Klimaverachtung, verkünden die Neoliberaldemokraten, dass die verpflichtende Abwärme-Nutzung dank ihrer Hilfe nun umgangen werden können soll. Woanders werden mit der Abwärme schon Hotels und Bürogebäude geheizt. Aber wenns nach der FDP geht, soll die heiße Luft dank Schlupflöchern im Gesetz lieber weiter ungenutzt und sinnlos in die Atmosphäre geblasen werden. Vermutlich nennt die Partei das dann technologieoffen.

Die FDP und ihr nicht-erklärtes 4,5-Grad-Ziel

Im Koalitionsvertrag der Ampel steht eigentlich: „Wir werden Rechenzentren in Deutschland auf ökologische Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausrichten, u. a. durch Nutzung der Abwärme. Neue Rechenzentren sind ab 2027 klimaneutral zu betreiben.“ Doch was juckt die FDP ein Vertrag von gestern: Für ihr nicht-erklärtes 4,5-Grad-Ziel macht die FDP alles – und wenn unsere Enkel den Hitzetod sterben oder in den Fluten von Extremwettern ertrinken. Eine lebenswerte Zukunft ist mit so einer Politik der schnellen kurzsichtigen Profite nicht möglich.

Was Maximilian Funke-Kaiser in seiner Pressemeldung „bürokratiearm“ nennt, kann man auch einfach mit „menschenfeindlich“ übersetzen. Wie verantwortungslos kann eine Partei eigentlich sein, um für den schnellen Profit der Industrie noch jede Chance auf Klimaschutz zu torpedieren. Denn eigentlich ist doch sonnenklar: Natürlich braucht es Auflagen in allen Bereichen, auch bei den etwa 50.000 Rechenzentren, wenn Deutschland seine selbstgesteckten Klimaziele irgendwie erreichen will. Aber bei der FDP fährt man lieber mit Vollgas in den Klimakollaps, Hauptsache die Profite des nächsten Jahres sind sicher.

Und zu guter Letzt will der gute Maximilian auch noch die Netzknoten für Mobilfunk aus dem Gesetz ausnehmen, denn bei der FDP meint man, dass jede Ausnahme für die Wirtschaft irgendwie gut sei. Das mag kurzfristig stimmen, heißt dann aber in Wahrheit: „Scheiß auf die Zukunft unserer Kinder und die des Planeten.“ So ist sie eben, die Partei mit dem toxischen Freiheitsbegriff.

18 Ergänzungen

  1. Danke für die deutlichen und treffenden Worte!

    Wer erinnert noch Lindners Worte: „Lieber nicht regieren als falsch regieren“?
    „Richtiges“ Regieren aus Sicht der FDP ist libertärer Neo-Liberalismus: Weg mit dem Staat! Der Markt ist unser Gott! Kaum eine andere Partei ist so Ideologie-verseucht.

    Die heutige FDP hat nichts, aber auch gar nichts mehr mit den einstigen respektablen Liberalen zu tun, die man mit Namen wie Burkhard Hirsch, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Gerhart Rudolf Baum verbindet. Sie gingen einst vor dem Bundesverfassungsgericht gegen Teile des sogenannten Großen Lauschangriffs vor. Das ist Geschichte.

    Heute gibt es unter dem Label FDP nur noch freie Radikale. Das finden nur noch finstre Gestalten wie Mathias Döpfner gut (Parole „FDP stärken“), aber selbst der instrumentalisiert die FDP nur als nützliche Idioten, nämlich als Sprengkörper für die Ampel.

    1. In dem Brief, der dem NDR vorliegt, bittet Herbrand seine FDP-Parteikollegin auch darum, ihm mitzuteilen, „welche Leitungspositionen in Behörden bzw. sonstigen Organisationen des Bundes in dieser Legislaturperiode neu zu besetzen sind“.

      Als Beispiel nennt er die Leitung des Bundeszentralamts für Steuern. Dort soll es offenbar einen Wechsel geben. Dieser böte „die Möglichkeit, die Vorstellungen und Ideale der Freien Demokraten auch in dieser wichtigen Bundesbehörde noch fester zu verankern“, schreibt Herbrand, „auch um den dringend notwendigen Bürokratieabbau mit der notwendigen Durchsetzungskraft und Überzeugung voranzutreiben“. Ähnliche Möglichkeiten bestünden sicherlich auch an anderen Stellen, meint der FDP-Politiker und bittet deshalb um „eine Übersicht der anstehenden oder mutmaßlichen Personalneubesetzungen“.

      Quelle: https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/investigativ-beamtengesetz-fdp-herbrand-bundesfinanzministerium-transparency-international-100.html

      Hinweis: Wenn die FDP von Bürokratieabbau spricht, meint sie radikale Deaktivierung staatlicher Handlungsoptionen.

  2. Juckt eh niemanden mehr. Einfach aufgeben und die Welt den Bach runtergehen lassen. In den int. Medien wird aktuell über Barbie philosophiert und wie schlimm und realitätsfremd dieses Spielzeug ist.

    Ich kann es einfach nicht mehr aushalten. Neben all den klimapolitischen Problemen kommen soziale und gesellschaftlichen hinzu. Dieses Internet und ihre permanente Aufmerksamkeitskultur zwingt mich mental dermaßen in die Knie das es nicht mehr erträglich ist. Wieso kann es keine ruhige, gelassene und sachliche Gesellschaft geben mit der man über alles kühl und gelassen reden kann? Ist die Art und Weise der Demokratie Schuld (der mit der meisten Aufmerksamkeit gewinnt, da Programm kaum noch eine Rolle spielt)? Bin etwas ausgeschweift, aber mich treibt es sehr. Das Klima ist längst verloren, aber die wirklich schlimmen Symptome werden wir nicht spüren. Da sind wir schon tod.

    1. > Wieso kann es keine ruhige, gelassene und sachliche Gesellschaft geben mit der man über alles kühl und gelassen reden kann?

      Weil es zu heiß geworden ist. Und weil die Zeit davon rennt. Menschen unter 30 Jahren sehen sich um ein schönes Leben(sende) gebracht.

      Ist wie beim Schachspiel mit Schachuhr: Die Spieler kennen die Regeln. Die Bedenkzeit ist begrenzt. Ein schönes Spiel, kluge Züge. Doch wenn ein Spieler nur noch fünf Minuten Bedenkzeit hat, dann werden die verbleibenden Züge weniger rational und mehr emotional, zuletzt erratisch und verzweifelt. Ein (älterer?) Spieler, der sich das ersparen will, gibt die Partie verloren und bestellt sich ein Bier.

      1. Ein Meisterspieler hält im Zug vor der Zeitkontrolle inne und fragt sich: „Oh, ich gewinne die Dame…“, und die Zeit lief aus.

    2. Hallo, die gibt es.

      Oft mit weniger Healthcare, weniger Einwohnern, und nicht ohne Rohstoffe im Zentrum einer hochentwickelten Region.

      Deutschland ist einfach mehr Stress by default. Das hätte man mit Klugheit abfedern können, kann man aber nicht, oder man ist nicht klug…

  3. Was IT-Betreiber umtreibt könnten Mandatsträger der FDP folgender Studie entnehmen:

    https://www.bitkom.org/sites/main/files/2022-02/10.02.22-studie-rechenzentren.pdf

    Lesefaule steuern das Kapitel 4 „Rechenzentren und Nachhaltigkeit“ direkt an. Ideologiebelastete mögen sich mal beim Wort „Nachhaltigkeit“ überwinden, und sich mit Fakten belohnen.

    Kritische Leser werden bemerken, dass über Energieeinsparung/Wärmeverwertung munter diskutiert wird, aber noch zu wenig getan wird.

  4. Sie nennen sich „Freie Demokratische Partei“ oder kurz „freie Demokraten“ oder „die Liberalen“.
    Mir verursacht das kognitive Dissonanzen. Ich empfinde das als Etiketten-Schwindel.

    Wer kennt treffendere Bedeutungen für FDP?

      1. A) Ditte jeht ma so: Fick den Scheißplaneten, seine Schwester, sein Mutter, und alles was daraus erwachsen ist!

        B) A warbird has been summoned. Should the issue persist, rest assured, quarantine regulations in place will prevent the problem from spreading. The actual issue here, is how we remove or confine human influence without affecting flora and fauna further.

  5. Die FDP ist genauso extremistisch wie die AfD, und sie setzt ihre Ziele um.

    Das ist keine Polemik, das ist schlicht das zu Beobachtende.

  6. Nun dann dem Maxi kann geholfen werden:

    https://www.cerebras.net/product-system/

    >> At 15 RU, and peak sustained system power of 23kW, the CS-2 packs the performance of a room full of servers into a single unit the size of a dorm room mini-fridge.

    Also durch nur geringe bauliche Maßnahmen hätte der Eigentümer eine AI basierte „Hochleistungswärmepumpe“ im Garten stehen bzw. einen kompakten Durchlauferhitzer
    mit entsprechender Nennleistung. So gesehen kommt der Maxi morgens sauber und „klimaneutral“ aus der Dusche! Dabei wurden aber gleichzeitig auf dem System komplexe AI Fragestellungen berechnet und hoffentlich gelöst. PS. Die Telekom müsste näturlich noch ein paar Glasfasern extra ins Haus legen :)

    1. Da kann der Maxi prima das kommunale Hallenbad heizen: 12 Minuten Duschen incl.

      Power consumption during experiment with Grid 755×994×1000 for 10,000,000 time steps, which amounts to 754 seconds. The power baseline is 16.1 kW and peak is 22.9 kW. Coolant temperature is also reported, with a baseline of 23.6 C and a peak of 25.6C.
      About 1.785 PetaFLOPs. Stencil computations are central to many scientific problems and industrial applications, from weather forecast to earthquake modeling. Die Kollegen von TotalEnergies EP Research & Technology würden der FDP sicherlich gerne in einem Hintergrundgespräch mal die Details erklären.
      Ps. Der Schäffler bezweifelt also den menschengemachten Klimawandel und steht damit inhaltlich und wohl auch moralisch auf der Stufe von AFD-Mann Karsten Hilse. (ein No-Go)

  7. Also nur wegen heißer sterben wir jetzt nicht alle den Hitzetod. Der betrifft zunächst am meißten Alt und Jung, oder wie war das.

    Erst kommt noch bisserl Artensterben, Hauen und Stechen, und dann kommt die strategische Ausrichtung und dann einfach auch die geographische Lage noch stärker zum tragen. Da sind die Enkel dann in den besten Jahren. Wir hätten uns z.B. über einen Atomkrieg auch nicht beschweren können, aus praktischen Erwägungen. Bzw. nicht sehr lange.

    Ähnlich wie mit der KI-Singularität, wird auch hier die gesellschaftliche Singularität früher eintreten, denn die Traktionseffekte und Nachteile werden ja nicht in den Luftleeren Raum geblasen, sondern werden auf den Schultern der Menschen lasten, u.a. weil so viel Marktreibung im System ist.

  8. Frank Schaeffler nennt sich „blockchainpolitische Sprecher der FDP“ und fordert einen „Mentalitätswandel“.

    best of https://de.wikipedia.org/wiki/Frank_Schäffler

    Schäffler bezweifelt den menschengemachten Klimawandel und fordert die Aufgabe der deutschen Klimaschutz-Ziele, … Er schrieb: „Ich bekenne hiermit: Ich bin ein Klimaskeptiker. Und wird es dennoch ein wenig wärmer, dann freue ich mich über die besseren Ernteerträge, die milderen Winter und den besseren Wein.“
    Schäffler lehnt die Energiewende ab und bezeichnet sie als obrigkeitsstaatlich verordnete „Klimareligion“.
    Im Hinblick auf die Klimaschutzaktivisten der Letzten Generation erklärte Schäffler, diese erinnere ihn „erschreckend an die Frühphase“ der linken Terrororganisation RAF. „Letztlich“ gehe „es auch hier um den Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung.“

    Schäffler war beim Gebäudeenergiegesetz die treibende Kraft, den bereits in der Ampelkoalition abgestimmten Entwurf erneut zu torpedieren, dem die FDP bereits zugestimmt hatte. Unter anderem behauptete der dabei, gemäß seines Schornsteinfegers koste eine Wärmepumpenheizung ca. 150.000 Euro.

  9. PRESSEERKLÄRUNG der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der Freien Demokraten (FDP) im Kreistag des Main-Kinzig-Kreises:

    Main-Kinzig-Kreis soll digital und nachhaltig werden

    „Wer technischen Fortschritt mit ökologischer und nachhaltiger Verantwortung zusammenbringen will, der muss aktiv werben und gestalten und darf nicht einfach Konflikte abwarten.“ Unter diesem Motto stellen die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen und der Freien Demokraten einen gemeinsamen Antrag im Kreistag des Main-Kinzig-Kreises.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.