Online-TrackingWarum nicht das Unmögliche wagen?

Die Debatte um die Finanzierung von Online-Journalismus sollte dringend von der Legende befreit werden, dass es nicht ohne das massenhafte Datensammeln für Werbe-Tracking geht. Denn es gibt längst saubere Alternativen.

Google-News-App
Wer Nachrichten im Netz liest, wird meist getrackt. Dabei gibt es längst Alternativen. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Obi Onyeador

Lars Konzelmann ist als Techniker beim Sächsischen Datenschutzbeauftragten tätig.

Mit dem kommenden Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) wird wieder allerorten über die Einwilligung in Cookies diskutiert. Die Profiteure der einwilligungsbasierten Geschäftsmodelle versuchen, diese mit aller Macht zu verteidigen. Dabei mehren sich die Stimmen, die diese Modelle generell in Frage stellen und ein Ende der allgegenwärtigen massenhaften Beobachtung einzelner Menschen im Internet fordern.

Seit Jahren betreiben die Verbände der Werbewirtschaft und die Verlage Lobbyarbeit, die den Datenschutz als Hindernis für ein wirtschaftliches Prosperieren der gesamten Verlagsbranche und generell der digitalen Welt hinstellt. Auch in der Wahrnehmung vieler Verbraucher/innen wird die Flut an Einwilligungsabfragen negativ dem Datenschutz angelastet. Das eigentliche Problem wird dabei verkannt. Die Online-Wirtschaft jagt der Einwilligung hinterher wie der Teufel der Seele. Dabei wird nach allen Regeln der Kunst getrickst, Stichwort Nudging, um die Geschäftsmodelle einer strengeren Regulierung zu entziehen.

Was bislang falsch läuft

Status Quo ist nach wie vor, dass fast alle Online-Medien ihre Leser/innen mit einer Vielzahl von Diensten tracken und der Profilbildung durch große und kleine Akteure damit Vorschub leisten. Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass dafür in vielen Fällen eine Einwilligung erforderlich ist. Neben der Variante, Einwilligungen rechtswidriger Weise einfach zu unterstellen, gibt es die weitverbreiteten Consent-Banner, die mit mehr oder weniger Aufwand eine differenzierte Nutzerentscheidung ermöglichen.

Relativ neu sind die Abo-Modelle, bei denen gegen Bezahlung ein trackingfreier Zugriff auf (einige) Inhalte angeboten wird. Dabei stellt sich mit Blick auf die verschiedenen Plus- und Pur-Abos aber die Frage, ob die trackingfreien Varianten gegen Geld nicht rein zum Zweck des Erreichens einer schnellen Einwilligung existieren. Denn der Mehrwert für Nutzer/innen kann in vielen Fällen auch durch einen simplen Adblocker erreicht werden. Alle diese Modelle begegnen rechtlichen Bedenken von Datenschützer/innen und sind mittlerweile auch Gegenstand von Beschwerden und Klagen von Datenschutzorganisationen. Auch Abgeordnete in den Parlamenten kündigen Widerstand an. Denn bei der Betrachtung des datenschutzrechtlichen Rechtsrahmens wird klar, dass eine wirksame Einwilligung mit ihren strikten Vorgaben an Freiwilligkeit, Bestimmtheit und Informiertheit auf Kollisionskurs mit dem allgegenwärtigen Tracking ist.

PIMS, what?

Das neue Zaubermittel der magischen Erzeugung von noch mehr Einwilligungen nennt sich Personal Information Management System, kurz PIMS. Es handelt sich um ein Konzept, das Endverbraucher/innen mehr wirksame Kontrolle über Weitergabe und Verwaltung der eigenen Daten erlauben soll. Ein PIMS soll persönliche Daten von Nutzer/innen speichern und auf deren Anweisung berechtigten Dritten zur Verfügung stellen. Das können Anmeldeinformationen für einzelne Dienste, Adressdaten beim Einkauf oder eben Einwilligungsinformationen für bestimmte Websites sein. Mithilfe eines Dashboards mit Kontrollmöglichkeiten und Informationen über Datenweitergaben soll so die nutzerseitige Transparenz über die Verwendung der eigenen Daten durch Dritte erhöht werden.

Abgesehen davon, dass damit wieder die unsägliche Debatte über Datensouveränität und Dateneigentum befeuert wird, die im Kern die bestehende Machtasymmetrie zwischen Individuum und Organisation schlicht leugnet, gibt es für PIMS sicherlich berechtigte Anwendungsszenarien. Die Forschung hat dazu bereits gute und datenschutzfreundliche Konzepte entwickelt, die am Ende aber stets mit den Interessen der Nutznießer/innen an einem möglichst freien Zugriff auf alle persönlichen Daten kollidieren könnten. Ganz einfach, weil attraktive Datensammlungen immer die Gefahr einer Zwecküberdehnung oder Zweckumwidmung bergen.

Im neuen TTDSG, das Anforderungen für die Integrität von Endgeräten aufstellt und damit auch den Einsatz von Cookies reguliert, wird nunmehr versucht, PIMS einen rechtlichen Rahmen zu geben. Das Gesetz bezeichnet PIMS als „Anerkannte Dienste zur Einwilligungsverwaltung“. Diese sollen zukünftig ein Anerkennungsverfahren durchlaufen, mit dem Ziel… – ja, mit welchem Ziel eigentlich? Es lässt sich die Prognose wagen, dass dieses Konzept nicht in der Praxis ankommen wird, weil eine vermeintlich gut gemeinte Idee wieder an den Bedürfnissen der Menschen vorbei geplant wurde. Das Gesetz fordert wirtschaftliche Unabhängigkeit und strikte Zweckbindung dieser Dienste, aber wie soll dies wirtschaftlich funktionieren, wenn letztendlich nur die Profiteure einer Einwilligung solche Dienste finanzieren?

Es bedeutet nichts mehr als eine weitere zentrale Verarbeitungsmaschinerie mit einer Masse an hochsensiblen Daten und wenig Mehrwert für die Endverbraucher/innen, wenn ein solcher Dienst nach gängigem Industriestandard umgesetzt wird. Denn eines verkennen die hartnäckigen Verteidiger/innen der „Einwilligeritis“: Die Wenigsten wollen in ein Tracking einwilligen, was nicht einmal derjenige genau erklären kann, der es einsetzt. Genauso wollen sich nur Wenige mit einer granularen Einwilligung oder komplizierten Rechtstexten befassen, nur weil man im Internet mal ein Rezept nachschlägt oder schauen will, ob der Regen nachlässt. Dafür noch einen Account anlegen, um meine „Rechte“ wahrzunehmen? Viel Spaß!

Vermarktung in eigener Hand

Aber es soll hier nicht vordergründig um die Einwilligung gehen. In der Überschrift ist vom Wagnis des Unmöglichen die Rede. Eigentlich muss es heißen: Warum nicht das Offensichtliche wagen? Warum nicht Schluss machen mit der Allgegenwärtigkeit wertloser und letztlich unwirksamer Einwilligungen und der auf tönernen Füßen stehenden Beobachtung des Verhaltens von Milliarden Menschen?

Ein Ausweg aus dem datenschutzrechtlichen Dilemma der Anforderungen an die Informiertheit ist das KISS-Prinzip (Keep it simple, stupid). Datenverarbeitungen erzeugen Risiken, welche betrachtet und minimiert werden müssen, vor allem aber erklärt. Je einfacher die darauf aufbauenden Prinzipien, desto einfacher wird eine Datenverarbeitung auch ohne rechtliche Risiken für einen Verantwortlichen möglich.

Warum verzichtet man nicht auf das ausufernde System der verhaltensbasierenden Werbung zugunsten eines kontextsensitiven Systems, welches die Beobachtung des Nutzerverhaltens auf klare Zwecke wie die Abrechnung von Werbeeinblendungen minimiert? Ein System, das eine Profilbildung und eine Nachverfolgung des Verhaltens über viele Websites hinweg klar ausschließt?

Die Datenverarbeitung eines massenhaften Nutzungsverhaltens – nämlich des simplen Internetsurfens – würde auf das Maß reduziert, das Ottonormalverbraucher/innen als angemessen und hinnehmbar erwarten. Es wird auf ein rechtlich zulässiges Maß zurückgeführt. Denn kein/e Internetnutzer/in hält gigantische Datenbanken über individuelles Nutzungsverhalten mit höchstsensiblen Persönlichkeitsprofilen für zulässig oder rechnet damit. Der Aufbau dieser Datenbanken läuft nicht wahrnehmbar nebenher. Nur deshalb können sie existieren.

Ein Verzicht auf profilbasierte Werbung mag auf den ersten Blick nach wirtschaftlichem Suizid klingen. Aber ist es das wirklich? Ist nicht umgekehrt die deutsche Digitalwirtschaft längst im Würgegriff der großen Werbekonzerne, die Einnahmemöglichkeiten nach ihren Interessen kontrollieren und so einen Markt mitgeschaffen haben, der längst einer fremdbestimmten Logik folgt? Was wäre denn, wenn man den Werbekonzernen diesen Markt und dessen Vermarktung entzieht und ihm eigene, sich am europäischen Rechtsrahmen orientierte Spielregeln und eine eigene Infrastruktur gibt?

Ein Weg aus der Einwilligungsfalle?

Deutsche und europäische Medienhäuser haben es in ihrer Hand, mit ihrer Marktmacht ein offenes und datenschutzfreundliches System zu etablieren. Ein System, das Werbewilligen über ohnehin bekannte Parameter einen Rahmen für attraktive und kontextbasierte Werbeflächen bietet, losgelöst von der Beobachtung einzelner Nutzer/innen.

Werbung könnte mandantenfähig für ein einzelnes Werbeziel ausgespielt, gemessen und ohne Profilbildung des einzelnen Endgeräts abgerechnet werden. Eine Anzeige für ein regionales Autohaus, eine Kampagne im Finanzsektor, die Suche nach Auszubildenden in einer Region? Eine Vielzahl von Möglichkeiten besteht. Bei einer datenschutzfreundlichen technischen Implementierung ist sogar eine nach den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und der ePrivacy-Verordnung einwilligungsfreie Variante denkbar. Nämlich dann, wenn das Risiko der Verarbeitung minimiert wird und eine zweckgebundene Erforderlichkeit seriös nachweisbar ist, zum Beispiel im Rahmen der Finanzierung eines kostenfrei angebotenen Mehrwerts.

Das heißt aber auch, dass die massenhafte und langfristige Markierung einzelner Nutzer/innen unterbleiben muss und keine Weitergabe an Dritte erfolgt, die diese Daten zu eigenen Zwecken weiterverarbeiten. Auch beim Branchenverband IAB Europe setzt ein vorsichtiges Umdenken ein, vermutlich auch vor dem Hintergrund der oben erwähnten Klage gegen das Transparency and Consent Framework. Jedenfalls ist dort seit kurzem ein Papier zur kontextbezogenen Werbung zu finden. Es bleibt abzuwarten, ob die Umsetzung dann tatsächlich so datenschutzfreundlich ausfällt, wie der Verband es verspricht.

Mit datensparsam ausgespielter, kontextbasierender Werbung, die risikoarm und vor allem zweckgebunden verarbeitetet ist, würden viele Probleme auf einmal gelöst: Rechtsfragen der Einwilligung auch für Minderjährige, die bei vielen Nutzer/innen unbeliebten Cookie-Banner sowie eine selbstbestimmte, rechtssichere und zukunftsfähige Finanzierung von kostenfreien Online-Angeboten. Die Marktmacht ist da, man muss sich nur trauen und sich die Beispiele anschauen, bei denen dies bereits so gehandhabt wird. Nicht auszudenken, wenn einmal ein Umdenken im größeren Maßstab einsetzen würde.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

9 Ergänzungen

  1. Der fragliche WIRED-Artikel über die NPO (der hier schon mehrfach erwähnt wurde) https://www.wired.com/story/can-killing-cookies-save-journalism/ erschien im Mai 2020. Da hätte sich inzwischen wirklich der eine oder andere ein Beispiel dran nehmen können. Ein Problem an der ganzen Geschichte ist, das die Inhalteanbieter das komplette Werbegeschäft viel zu bereitwillig ausgelagert haben, und jetzt fehlt der Wille und die Kompetenz, sich aus dem Griff der Werbeindustrie zu befreien. Also hilft nur eines, der Druck muss erhöht werden (am besten aus verschiedenen Richtungen, sowohl von der Politik als auch von uns Nutzern). Ich kann jeden nur ermuntern, installiert Adblocker, richtet ein Pi-Hole ein (das nicht nur auf einzelne Geräte, sondern gleich Netzwerkweit wirkt, https://pi-hole.net). Wenn mit tracking verseuchte Werbung immer weniger Kunden erreicht, Werbung ohne dafür auf zunehmende Akzeptanz trifft, dann kann davon ein wichtiges Signal ausgehen.

  2. Äh, ich soll jetzt also einem „Dienst“ (man beachte die Doppeldeutigkeit dieses Worts!) im Endeffekt mein gesamtes Surfverhalten anvertrauen, für etwas was sich genauso gut per Konfiguration im Browser abbilden ließe? Für „Alles nichtessentielle ablehnen, Ausnahmen füge ich manuell hinzu“ braucht es nun wirklich keinen externen Dienstleister. Es wäre viel sinnvoller, hier erst die technische Realisierung voranzutreiben (warum gibt es noch keinen RFC hierzu?) und dann wenn von den Anbietern das keiner nutzen will (erwartbar, weil Nudging geht dann ja nicht mehr) das dann verpflichtend vorschreiben.

    1. Meinst du die PIMS? Wenn der Dienst lokal auf dem eigenen Rechner agiert und open source ist, sehe ich das von dir beschriebene Problem nicht. Und davon mal abgesehen, wo kann man im Browser zentral die je nach Website sehr unterschiedlich gestrickte Cookie-Einverständnisfunktionalität verwalten? Für mich ist es ein riesen Aufwand immer und immer wieder die versteckten „legitimate Interest“-Einwilligungen an z.T. hunderte Werbeanbieter (Mit Profilbildung/Ad-Performance-Messungen etc. pp) in den Masken, die fast immer by default aktiviert sind, zu deaktivieren. Wenn ich mir das ersparen könnte durch einen Dienst wäre ich schon sehr glücklich.

  3. Sehr nette Gedanken (auch in den Kommentaren) – alleine, das wird nicht funktionieren. Es ist ja schön, wenn auf die deutsche Digitalwirtschaft abgestellt wird. Die gibt es aber so leider nicht. Die großen Verlage haben andere Möglichkeiten und Interessen (und Lobby-Möglichkeiten) als der kleine Publisher, der seine Webseiten monetarisieren will.

    Ich kleide es mal in eine Methapher: Da kränkelt ein Gaul, weil der Heu mit Schierling zu fressen kriegt. Also stellen sich viele schlaue Menschen hin und orakeln: „Der Gaul soll sich selbst heilen, und kein Heu mehr mit Schierling fressen, dann wird es“. Also hat das arme Pferd nur die Möglichkeit, nix zu fressen und zu verhungern, oder am Heu mit Schierling langsam einzugehen. Der kluge Mensch würde vielleicht auf die Idee kommen, das Füttern von Heu mit Schierling zu verbieten und vorzugeben, dass das Tier nur noch bekömmliches Futter erhält.

    Ich verfolge das Thema als Blogger, der seit Jahren von der Monatarisierung seines Angebots leben muss. Ich stelle mich also täglich der Abstimmung der Leserschaft, die in meine Blogs kommen oder wegbleiben kann. Von der Leserschaft sieht es so aus, dass die kommen – andernfalls hätte ich keine Basis, überhaupt etwas über Werbung zu montarisieren.

    Immer wenn Politik und Datenschutz was halbgares rausgehauen haben (ich verkneife mir stümpern zu schreiben), hat es mir am Ende der Kette Aufwand und Umsatzaufälle gebracht. Nach Implementierung der Cookie-Zustimmung ist der Umsatz von einem Tag auf den anderen auf 30% eingebrochen. Inzwischen konnten wir (d.h. meine Dienstleister und Werbepartner) das wieder halbwegs kompensieren.

    Ich wäre sofort dabei, eine datensparsam ausgespielte kontextbasierenden Werbung zu implementieren, die risikoarm und vor allem zweckgebunden daherkommt und viele Probleme auf einmal löst. Aber unter der Bedingung, dass diese Lösung die Monetarisierung ermöglicht. Alleine, wenn ich Stand heute das implementiere (wir haben versuche unternommen), falle ich bestensfalls auf 10% der Umsätze zurück, kann im Grunde das Angebot also nur noch einstellen, womit wir wieder beim Gaul aus obiger Metapher wären.

    Seit Einführung der DSGVO (Mai 2018) eiern Politik und Datenschutzbeauftragte der EU herum und drücken sich vor klaren Aussagen bzw. Vorgaben. Bestensfalls kommen Artikel mit Botschaften wie die obige. Das nützt dem kleinen Publisher oder Verein, der seine Webangebote monetarisieren will oder muss gerade nichts.

    Nur wenn es so läuft: Du meldest dich bei Werbenetzwerk x an, bindest deren Anzeigen-Code in dein Angebot ein und dieses Werbenetzwerk spielt die Werbung nach den obigen Kriterien (bzw. gesetzlichen Vorgaben) aus – wird am Ende des Tages ein Schuh draus. Alles andere ist Wolkenkuckucksheim am grünen Tisch.

    Ich habe in den letzten Jahren einiges zur Monetarisierung ausprobiert, es funktioniert schlicht nicht und ich komme am Ende des Tages im dümmsten Fall in wildes Fahrwasser. Aktuell will ich nichts über meine Nutzer wissen und lasse auch keine Registrierung zu, schneide also die ganzen, an diesem Ansatz hängenden DSGVO-Implikationen ab. Implementiere ich so etwas wie eine Paywall, müsste ich eine Benutzerverwaltung mit Zahlungsmonitoring implementieren und darauf achten, dass alle erhobenen Daten rechtssicher und geschützt im Sinne der DSGVO gehandhabt werden. Das funktioniert nur, oder macht nur Sinn, wenn am Ende des Tages signifikante Einnahmen pro Jahr generiert werden. Für die Masse der Publisher funktioniert das schlicht nicht. Und ich habe mich aus Aufwands- und DSGVO-Gründen dagegen entschieden.

    Was ich erwartet hätte – bzw. immer noch erwarte: Gesetzgeber und Datenschützen legen ein Modell fest, wie datensparsame und kontextbasierende Werbung ausgespielt wird und machen das gesetzlich für Deutschland zum Stichtag X verpflichtend – aber bitte nicht für ein halbes Jahr, sondern mal für ein Jahrzehnt. Ab diesem Zeitpunkt zum Stichtag X gibt es keine Werbung mehr, die auf Cookies zur Profilbildung des Einzelnutzers basiert. Gleichzeitig setzen sich die Datenschützer mit den großen Anbietern wie Google zusammen, und legen die Rahmenbedinungen so fest, dass die betreffenden Anbieter z.B. über Plattformen wie Adsense und AdExchange nur noch Werbung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, die zum Stichtag x für Deutschland gelten, über die betreffende Plattform ausspielen darf.

    Dann herrscht Parität zwischen den Publishern, egal ob Kleinvieh oder Dickschiff, denn die Werbenden haben schlicht keine Möglichkeit mehr, zwischen „kontextbasierender Werbung“ (bei der die Publisher mit den erzielbaren Einnahmen verhungern) und zwischen „Werbung mit Profilbildung der Benutzer“ zu unterscheiden und das Groß der Gelder in letzteren Kanal zu schieben.

    Dann ist die ganze Schwurbelei, man müsste, man könnte, man sollte doch von dieser Werbeform weggehen, die ich auch in obigem Text lesen, schlicht obsolet.

    Mit diesem Modell kann jeder kleine Publisher, egal, ob er 100 oder x Tausend Euro pro Jahr Werbeeinnahmen erhält, sofort umsteigen (die großen Plattformen machen dies für ihn oder er wird ggf. sogar automatisch umstellt) – und das Thema ist abgefrühstückt. Wenn die Großen der Digitalwirtschaft wie Springer, Bertelsmann, Burda & Co. dann andere Modelle (Abo etc.) zur Monetarisierung anstreben, ist das denen überlassen.

    Und zu den hier geäußerten Vorkommentaren, dass man wieder alles bei einer Plattform liegen habe: Leute, wollen wir die jetzige Situation, wo mit Cookies und Fingerprinting Profilbildung betrieben wird, oder wäre es nicht hilfreich eine Plattform zu haben, die so etwas wie interessensbasierende Werbung ausspielt und das technisch umsetzt, so dass jeder Publisher sofort und ohne Aufwand auf diese Schiene umsteigen kann – und zum Stichtag x auch muss, wenn er sich über Werbung finanzieren will? Wenn das gesetzlich geregelt wird und eine Plattform das vorgibt umzusetzen, dann aber heimlich doch Profiling betreiben würde, hätte der Gesetzgeber die Möglichkeit, entsprechende Sanktionierungsmöglichkeiten zu schaffen. Ich setze meinen Hebel also an einer Stelle an, wo die Werbung verteilt wird.

    Und damit sind wir wieder beim Pferd und der Frage: Muss das Tier entscheiden, das ausschließlich vorgesetzte Heu nicht zu fressen und zu verhungern, oder verbieten wir schlicht, das toxische Heu anzubieten. Vielleicht einfach mal drüber nachdenken.

    1. Ich arbeite seit den 80igern mit dem Inet. Damals gab es noch Modems, die die Geschwindigkeit auf 56k begrenzten. Im Verlauf der Jahre, nach ISDN und und dann richtigem Internet, wurden auch die Webseiten immer komplexer. War früher noch Frontpage und Konsorten für Webseiten verantwortlich, ist es heute php und javascript. Wer sich mal den Spass macht, pcwelt mit einem Modem aufzurufen, der braucht mehr als 5 min, um die Seite zu laden. Ich finde Werbung und Tracking sollten verboten werden im Internet. Wir bräuchten kein Glasfaser, wenn es keine Werbung,Tracking und Redirects im Internet gäbe und die Traffic wäre um 80% gesenkt. Wer auf Werbung im Internet setzt, der hat aufs falsche Pferd gesetzt, um mal bei der Metafa zu bleiben. Bei mir auf Handy und Rechner gibt es keine Werbung und wenn Apps versuchen, per UDP doch Werbung auszuspielen und ins Internet zu kommen, dann wird das schnell unterbunden. Und Javascript ist nie an, es sei denn, ich muss was downloaden oder bezahlen, oder ich kann was, was ich sehen möchte nicht sehen, dann wird es einzeln freigeschaltet, bis es zu sehen ist. Nach einer Session und schleissen des Browsers, ist alles wieder leer im Browser und er fängt von vorne an. Fingerprint geht auch nicht wegen canvas und wenn es mal anonym sein soll, dan muss tor über vpn herhalten. Webseiten, die nur noch mit Javascript funktionieren, sind im laufe der Jahre aus den Lesezeichen verschwunden. Dazu zählen auch Seiten wie chip, pcwelt, golem und Konsorten die alle auf unverhältnismassig Werbung und Tracking umgestellt haben.Es gibt aber auch Mill. von Menschen, die keine Ahnung haben und auch Werbung wollen. Ihr Hauptspruch: „Ich habe ja nichts zu verbergen.“ Der Spruch für Inkompetenz, Ignoranz und Supergau für die Sicherheit und ein gefundenes Fressen für den Werbegaul.

  4. Verwunderlich das jene die es Betrifft, die Werbewirtschaft nicht mit eingebunden wird.

    Ebene die Frage warum es die Werbeagenturen bis heute nicht schaffte ein Produkt auf den Markt zu bringen das Google und Co. die Stirn bittet.

    Ebenso wenig kann ich mir vorstellen das die Firmen und deren Produkte die Beworben werden sollen mit dem jetzigen Zustand zufrieden sind.

    Und der Endverbraucher ist ebenso unzufrieden mit einer Werbung die er so nicht will und schlicht als Belästigung und Nötigung empfindet

    Damit gibt es keinen einzigen Grund das System so wie es jetzt ist, am Leben zu erhalten von dem nur nur ganz, ganz wenige Profitieren, und damit ein Vermögen machen das jegliche bisher bekannten Dimensionen sprengt.

    Umgekehrt das letzte was wir brauchen ist eine Abschaffung der Werbewirtschaft, das würde einen Rattenschwanz nach sich ziehen das eine erheblichen Kulturellen und Künstlerischen Verlust für Europa bedeuten würde.

    Archiv der besten Plakate (D, CH, A)
    https://100-beste-plakate.de/archiv-plakate

  5. Sehr geehrter Herr Born, vielen Dank für den ausführlichen Kommentar und den schönen Vergleich mit Pferd und Heu. Ich kann Ihre Argumente aus Sicht eines eher kleinen werbefinanzierten Angebots absolut nachvollziehen. Werbung ohne die bestehenden Werbenetzwerke ist aus Sicht eines Einzelnen derzeit sicherlich unattraktiv und auch anmeldebasierte Modelle funktionieren in der Praxis nicht für Nischen-Podukte. Die Einwilligung funktioniert in der Praxis aber eben auch nicht. Zwar blocken viele Consent-Tools die Tracking-Cookies vor einer Zustimmung (mache machen nicht mal das), aber in vielen Fällen fließen bereits ab dem Aufruf einer Website Daten an Werbenetzwerken, gern auch an Firmen in unsicheren Drittstaaten (denen der Europäische Gerichtshof ein unzureichendes Datenschutzniveau attestiert hat). Und reden wir von der finanziellen Seite: Wieviel der Einnahmen aus Werbebudgets bleibt am Ende beim Bereitsteller der Werbefläche denn hängen? Früher hat die Anzeigenabteilung der Zeitung 100% eingenommen und die Anzeigenpreise festgelegt. Warum soll das heute nicht auch funktionieren, wenn ein sprachgebundener Werbemarkt die AdTech-Blase aussperrt und den Markt selbst kontrolliert? Dazu ist sicher ein signifikantes Umdenken erforderlich, die Unzufriedenheit mit der jetzigen Fremdbestimmtheit (die – siehe Kommentar drüber – selbst dahin outgesourcet wurde) ist nach meiner Wahrnehmung aber auch bei großen Publishern da (abseits der Lobbyisten). Auf den Gesetzgeber zu setzen hat in der Vergangenheit zu unbestimmten Begrifflichkeiten und multi-komplexen Anforderungen geführt. Klare Verbote von Profilbildung wären für eine Marktbereinigung und faire Chancen für alle Marktteilnehmer sicherlich wünschenswert, die Signale gehen aber leider immer wieder in Richtung der Einwilligung als Allheilmittel. Der Artikel war daher nur eine Anregung, statt viel Geld in die mit sehr viel Hoffnungsvorschuss versehenen PIMS zu stecken, auch mal an Alternativen jenseits der bei Nutzer/innen ungeliebten Einwilligung zu denken. Die Hoffnung stirbt zuletzt…

  6. Ich frage mich ja, wie effektiv diese Werbung eigentlich ist, und wie diese ineffektive Werbung überhaupt Geld bringen kann?
    Beispiele: Ich suche und buche ein Hotel für die Region X, und bekomme DANAHC wochenlang Werbung für Hotels ind er Region? Was soll das? Ich habe schon ein Hotel, bzw. war schon dort…
    Ich suche und kaufe in Produkt, und bekomme DANACH wochenlang Werbung für das Produkt? Was soll das? Ich habe es schon gekauft, brauche es also nicht mehr…
    Solange die Werbeindustrie nicht in der Lage ist, meinen Bedarf im Vorhinein zu erkennen, mache ich mir eher keine Sorgen.

    Was mich viel mehr ärgert ist, dass Seiten ohne Cookie-Zustimmung teils unbrauchbar gemacht werden.
    Inzwischen ist sogar das ZDF soweit gegangen, dass ohne Zustimmung zur Totalüberwachung die Seite keine Bilder mehr ausliefert. Für einen öffentlich-rechtlichen sender schon arg daneben, klar auftragswidrig.
    Und doch wird sicher niemand dagegen klagen.
    Warum eigentlich landen all die rechtswidrigen Verhaltensweisen nicht vor Gericht?
    Die (Landes-)Datenschützern monieren zwar, aber tun nichts.
    Solange dies nur Papiertiger sind, die die DSGVO gar nicht nutzen, wird sich nichts ändern.

  7. ich will gar keine werbung. ich will auch nicht, dass leute, die neutral berichten wollen, davon abhängen, genug zu werben. wie soll das zB gehen, autos zu kritisieren, wenn ich die werbung dafür brauche? das ganze ging schon früher den bach runter: die verlage haben nicht begriffen, wie man den leser zahlen lassen kann auf eine weise, die der leser gut findet und mitmacht. das wurde verbockt und sich dann der werbeindustrie an den hals geworfen. nicht die werbung muss gefixt werden sondern die finanzierung der redaktionen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.