BundestagswahlWahl-O-Maten von Bundeszentrale und netzpolitischen NGOs online

In rund drei Wochen wird der Deutsche Bundestag gewählt. Wer bis dahin noch unsicher ist, welche Partei passt, findet online Entscheidungshilfen. Die bekannteste ist der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung. Der Digital-O-Mat verschiedener NGOs bietet erneut eine netzpolitische Alternative.

Foto eines Laptop mit Wahl-O-Mat-Website
Der Wahl-O-Mat der bpb ist seit dem heute überarbeitet und in angepassten Design online. – Alle Rechte vorbehalten Holly Hildebrand

Am 26. September wird der 20. Deutsche Bundestag gewählt. Der Ausgang der Wahl ist völlig offen. Wer noch unsicher ist, wo er seine Kreuze setzen sollte, findet online verschiedene Entscheidungshilfen. Die bekannteste bietet die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) mit dem Wahl-O-Mat. Dieser ist seit heute online. Der Wahl-O-Mat wurde in diesem Jahr bereits mehrmals angeboten: für die Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern sowie aktuell zur Wahl des Berliner Abgeordnetenhaus. 

Neue Funktionen nach Klage

Kurz vor der Europawahl 2019 musste die bpb den Wahl-O-Mat vom Netz nehmen. Damals hatte Volt vor dem Kölner Verwaltungsgericht geklagt. Die Kleinstpartei befürchtete Nachteile, da das Ergebnis immer nur auf Übereinstimmung mit jeweils acht Parteien auf einmal verglichen werden konnte. Das bevorzuge bereits etablierte Parteien, argumentierte Volt. Die bpb passte ihr Angebot in diesem Jahr daher an. Jetzt können die Positionen aller Parteien gleichzeitig mit den eigenen Antworten verglichen werden. Die Aussagen lassen sich zudem gewichten.

Nutzer können nachvollziehen, wie verschiedene Antworten oder eine andere Gewichtung das Ergebnis beeinflussen. Aufgenommen hat die bpb alle zur Wahl zugelassenen Parteien, sofern diese die Fragen zu ihrer Haltung im Vorfeld beantwortet haben. Damit bietet der Wahl-O-Mat eine umfassende Möglichkeit, sich über die antretenden Parteien zu informieren. Bereits seit 2017 ist die Wahlhilfe auch als App verfügbar, sowohl im Google Play Store als auch im App Store. Beim Wahl-O-Mat finden sich drei netzpolitische Themen wieder, beispielsweise eine Frage zu „Gesichtserkennung bei der Videoüberwachung“.

Netzpolitische Themen deckt dagegen der Digital-O-Mat ab. Diesen bietet ein Zusammenschluss zivilgesellschaftlicher Organisationen an. Abgefragt wird die eigene Zustimmung oder Ablehnung zu insgesamt zehn netzpolitisch relevanten Punkten. Zu den Themen gehören unter anderem Fragen zu Überwachung, künstlicher Intelligenz oder Vorratsdatenspeicherung. 

Netzpolitische Themen unterrepräsentiert

Beim Digital-O-Mat wird die Übereinstimmung mit den auf Anfrage gegebenen Antworten der Parteien berechnet. Fehlende Antworten wurden entweder als „neutral“ gewertet oder von den beteiligten NGOs anhand öffentlich zugänglicher Dokumente und Wahlprogramme eingeordnet. Dies gilt ebenso für Fälle, in denen sich bisherige Entscheidungen einer Partei und deren Selbsteinschätzung nicht deckten.

Aus Kapazitätsgründen können die NGOs nicht alle Parteien aufnehmen. Vergleichen können Nutzer ihre Übereinstimmung daher mit Parteien, die höchstwahrscheinlich in den Bundestag einziehen und bei denen grundsätzlich die Chance besteht, an einer Regierungskoalition beteiligt zu werden. Mit dem Digital-O-Mat soll ein Bewusstsein für – in der Berichterstattung oftmals unterrepräsentierte – netzpolitische Themen geschaffen werden.

„Er ist zugleich ein Archiv wichtiger digitalpolitischer Haltungen der Parteien für die kommende 20. Legislaturperiode des Bundestages und die Zeit danach“, teilen die Organisationen auf ihrer Website mit. Zu den Initiatoren gehören AlgorithmWatch, das Bündnis Freie Bildung, der Chaos Computer Club, Digitalcourage, Freifunk, die Gesellschaft für Informatik und Wikimedia Deutschland. Erstmals angeboten wurde die netzpolitische Wahlhilfe vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2017. 

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5 Ergänzungen

  1. Meine Empfehlung: https://btw21.deinwal.de/
    Im Unterschied zum Wahl-O-Mat werden nicht die Wahlprogramme, also die Versprechen der Parteien verglichen, sondern das tatsächliche Abstimmungsverhalten in der letzten Legislaturperiode. Der Nachteil ist natürlich, dass nur jene Parteien verglichen werden können, die auch tatsächlich derzeit im Parlament vertreten sind.

  2. Und warum gibt es die App nicht auch auf F-Droid? Soooo schwer kann das doch nicht sein, datenschutzkonforme Apps zu entwickeln und anzubieten, ohne Menschen auf Cloud-Dienste von GAFAM (Google, Amazon, Facebook, Apple, Microsoft) zu zwingen.

  3. Also mir fehlen die Europapolitischen Themen bzw. Fragen (EU Austritt zählt nicht weil den will nur eine Partei). Aber z.b. die europäischen Föderalismus oder EU- Armee sollten in Fragen verarbeitet werden.

  4. Allenfalls die niedrigen Ränge sagen etwas aus ;).

    Ansonsten würde ich vielleicht zu 77,7% tendieren, wo die Partei einige „Ökofreaks“ abhängt, allerdings bei Weitem nicht an die Tierschutzpartei herankommt… dann vielleicht doch taktisch wählen?
    Wehe jemand nutzt das als konkrete Orientierung. Die Fragen sind viel zu undifferenziert, mindestens müsste eine Wahl bestehen, es differenzierter zu sehen +- in welche Richtung (bzw „etwas anderes“.

    Mein Vorschlag ist, dass Fragen aus der Bevölkerung kommen, und von den Parteien rechtsverbindlich beantwortet werden (Datum + Datum der Antwort, bzw. ob, gesamte Historie direkt einsehbar, wenn Antworten verändert werden – max. Zeichen: 123 +-). Das wird dann auf einer durchsuchbaren Internetseite aufbereitet. Ach so, bindende Wirkung für +- von Koalitionsverträgen bei Übereinstimmung :). Da wäre mehr Pfeffer drinnen!

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