Copyright Update #3: Wikimedia kämpft gegen Upload-Filter

Im Rechtsausschuss des EU-Parlaments schreiben offenbar Kommissionsmitarbeiter an den Entwürfen von Berichterstatter Voss zur Urheberrechtsreform mit. Wikimedia Deutschland protestiert gegen dessen „beispiellose Last-Minute-Änderungen“ und fürchtet zu Upload-Filtern gezwungen zu werden. Der CDU-Politiker offenbart wiederum Nicht-Wissen bei Funktionsweise der Wikipedia.

40.000 „illegale Inhalte“ sind bereits im Uploadfilter der großen Internetfirmen hinterlegt, „Hunderttausende“ sollen folgen. CC-BY 2.0 Delete

Mit dem Internet wurde das Urheberrecht von einem Nischenthema zu einem relevanten Aspekt im digitalen Alltag von uns allen. Unsere Serie Copyright Update widmet sich der Debatte über dessen ausgewogene und zeitgemäße Gestaltung.

Nach der neuerlichen Verschiebung der Abstimmung zur Urheberrechtsreform im Rechtsausschuss des EU-Parlaments auf April wird derzeit intensiv an Formulierungsvorschlägen zu den am meisten umstrittenen Artikeln 11 (Leistungsschutzrecht für Presseverleger) und 13 (Upload-Filter-Zwang) gefeilt. Gerade was Upload-Filter betrifft schien es zunächst verwunderlich, dass der deutsche Berichterstatter Axel Voss (CDU) völlig unbeeindruckt von der Ablehnung von Upload-Filtern im GroKo-Koalitionsvertrag an diesen festhielt.

Seit gestern gibt es eine Erklärung dafür. Wie EU-Abgeordnete Julia Reda (Piraten) an Hand der Metadaten des jüngsten Formulierungsvorschlags von Axel Voss herausfand, dürften manche der Vorschläge gar nicht von Voss selbst sondern direkt von einer Mitarbeiterin der EU-Kommission stammen.

Ein Umstand, der inzwischen auf whatthevoss.eu in Form von neuen Voss-Memes aufgegriffen wurde. Dass dieselbe Mitarbeiterin außerdem auch als Autorin von Texten des EU-Rates EU zum Thema aufscheint, macht den Vorfall endgültig zum Skandal: aus dem Trilog zwischen Parlament, Kommission und Rat wird so quasi ein Selbstgespräch der Kommission.

Jedenfalls besteht mit den jüngsten Vorschlägen von Axel Voss die Gefahr einer Pflicht zur Einführung von Upload-Filtern weiterhin fort. Besonders betroffen davon wären Plattformen für nutzergenerierte Inhalte unter offenen Lizenzen wie die Fotoplattform Pixabay oder die Wikipedia bzw. deren Medienarchiv Wikimedia Commons: ein Abschluss von Lizenzvereinbarungen ist hier keine Option (die Plattformen verarbeiten ja prinzipiell keine Inhalte, an denen sie speziell für sich Rechte erworben haben), gleichzeitig wären sie zur kostspieligen Einrichtung von technischen Filtermaßnahmen gezwungen.

Wikimedia Deutschland wandte sich deshalb heute mit einer Pressemitteilung direkt Axel Voss um gegen dessen Vorgehensweise zu protestieren:

Wir erwarten von Berichterstatter Voss jetzt, für Aufklärung zu sorgen, seine Befassung mit Artikel 13 ruhen zu lassen und dem Plenum des Europaparlaments gemeinsam mit dem IMCO-Ausschuss einzig dessen Fassung des Artikels vorzuschlagen

Die hier erwähnte, im Binnenmarktausschuss (IMCO) beschlossene Fassung spricht sich explizit gegen eine allgemeine Überwachungs- und Filterpflicht aus.

Dabei versucht der Voss-Vorschlag sogar explizit, Wikipedia von der Filterpflicht auszunehmen. So heißt es, dass gemeinnützige Online-Enzyklopädien und Bildungs- sowie Forschungsrepositorien nicht unter die Filterpflicht fallen sollen. Das Problem ist jedoch, dass Wikipedia (viel) mehr ist als eine Online-Enzyklpädie, wie auch Wikimedia Deutschland in ihrer Pressemitteilung erklärt:

Nicht einmal die Wikipedia würde verschont, weil deren Medienarchiv Wikimedia Commons in jedem Falle mit erfasst wäre, auch wenn im Textvorschlag der Versuch unternommen wurde, “Online-Enzyklopädien” außen vor zu lassen.

CDU-Berichterstatter Axel Voss kennt die Wikipedia nicht so richtig

Ganz allgemein dürfte es mit dem Verständnis über das Funktionieren der Wikipedia bei Axel Voss nicht weit her sein. Im Gespräch mit netzpolitik.org zeigte sich Voss diesbezüglich überrascht:

Voss: Ich meine, kann denn bei Wikipedia jeder dort was hochladen?

Netzpolitik.org: Ja!

Voss: Auch an Musik etc., da gibt es keinerlei Kontrolle?

Der Punkt ist jedoch, dass es natürlich auch bei Wikipedia und Wikimedia Commons Kontrollen gibt. Aber eben nicht vorab durch technische Upload-Filter sondern nach dem Upload durch andere Freiwillige. Ein Modus, der verglichen mit technischen Lösungen auf kommerziellen Plattformen sehr gut funktioniert, durch den Voss-Vorschlag aber bedroht wäre.

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