„Kriegserklärung“ über Twitter? Der Nachrichtenwert entscheidet. (Update)

Twitter gab bekannt, dass Aussagen mit Nachrichtenwert auf der Plattform stehenbleiben dürfen, auch wenn sie gegen die Unternehmensregeln verstoßen. Trump hatte Nordkorea in einem Tweet gedroht und damit eine politische Kontroverse ausgelöst. Nun soll der Nachrichtenwert eines Tweets in die offizielle Twitter-Policy einbezogen werden.

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Twitter hat eine Veränderung seiner Richtlinien angekündigt, die zunächst für die US-amerikanische Seite gelten soll: Nach einer neuerlichen Kontroverse um einen Tweet des US-Präsidenten Donald Trump gab das Unternehmen über seinen Policy-Account bekannt, warum dessen Aussagen auf der Plattform stehenbleiben dürfen. Trump hatte Nordkorea mit einem Tweet gedroht, was eine Missachtung von Twitters Regeln ist. Der Tweet wird aber deswegen nicht gelöscht, weil er „newsworthy“ sei, also Nachrichtenwert habe.

tweet trump nordkorea
Trump schrieb: „Gerade gehört, dass der Außenminister Nordkoreas bei der UNO spricht. Wenn er Gedanken des Kleinen Raketenmannes wiederholt, werden sie nicht mehr lange da sein.“ Der „Kleine Raketenmann“ bezieht sich auf den nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-un.

Twitter, aber auch YouTube, Facebook, Flickr oder Instagram haben in letzter Zeit zunehmend sowohl zahlreiche Inhalte als auch ganze Accounts suspendiert, weil sie gegen die selbstgesetzten Regeln verstoßen. Ursache für das stärkere Durchsetzen dieser Regeln sind vor allem politische Forderungen und Proteste wegen hasserfüllter Sprache und Aufforderungen zu Gewalt.

Es geht diesmal um einen Tweet Trumps vom Sonntag, in dem er dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-un und dem ganzen Land drohte. Der Tweet blieb jedoch stehen. Denn offenbar gilt die Policy von Twitter nicht durchgängig für jeden.

Die Logik von Twitter

Es ist nichts furchtbar Neues, dass sich der US-Präsident im Ton vergreift oder ihm seine Rolle als Staatschef verbal entgleitet. Viele seiner früheren Äußerungen dürften gemessen an den Twitter-Regeln grenzwertig gewesen sein. Diesmal jedoch wurde das Unternehmen offensiv dafür angegangen, dass der Nordkorea-Tweet mit der recht unverhohlenen Drohung nicht entfernt wurde.

Denn am Montag hatte der nordkoreanische Außenminister Trumps Aussage so interpretiert, dass die Vereinigten Staaten damit „einen Krieg gegen unser Land erklärt“ hätten, wie CNN berichtet. Das Weiße Haus bestreitet diese Interpretation. Der Schlagabtausch war eine Folge der Generaldebatte bei der UNO in New York, in der Trump ebenfalls Drohungen gegen Nordkorea ausgesprochen hatte. Die „Kriegserklärung“ könnte aber die erste über Twitter gewesen sein, weswegen das Unternehmen in den politischen Streit involviert wurde.

tweet public policy
Twitter erklärt: Zwar gelten für alle Accounts die gleichen Regeln, bei Verstößen beziehe man aber Faktoren wie den Nachrichtenwert mit ein.

Denn wohl nicht ganz zu Unrecht fragten sich viele, warum die Unternehmenspolicy nur für Hinz und Kunz, nicht jedoch für Prominente gelten sollte. Schließlich sei der Verstoß gegen die Regeln wegen der von Trump formulierten Drohung offensichtlich.

Twitter kommentierte diese Kritik und erklärte die „newsworthiness“ (Nachrichtenwert) zum Kriterium. Das Unternehmen kündigte zugleich an, ein Regel-Update einzuführen, da es bisher nur eine „interne Policy“ gewesen sei, den Nachrichtenwert einzubeziehen. Im Blog des Unternehmens, in dem Policy-Änderungen bereits seit Jahren kommuniziert und erläutert werden, findet sich jedoch noch nichts.

Man kann nun geteilter Meinung sein, ob die Logik von Twitter nachvollziehbar ist. Dass Trumps Tweets Nachrichtenwert haben, wird niemand mit Hirn bestreiten. Sie haben sogar einen so hohen Nachrichtenwert, dass oftmals nur Minuten nach Absetzen eines Tweets live im Radio und Fernsehen darüber berichtet wird – manchmal sogar international. Zugleich ist der US-Präsident ein faktisches Werbezugpferd für das Unternehmen, dessen Bekanntheit durch den streitlustigen und streitbaren Mann mit der geringen Vokabelvarianz international gestiegen ist.

Andererseits ist in den Vereinigten Staaten auch Kritik daran laut geworden, dass die Tech-Konzerne übermäßig Inhalte entfernen und Accounts suspendieren würden. Dazu kommt der Aspekt der Ungleichbehandlung und ein durchaus schwammiger Begriff des Nachrichtenwerts. Denn was bei Trump unbestreitbar ist, wird schnell zur Grauzone bei weniger bekannten Persönlichkeiten oder bei Nutzern, die keine Prominenten sind.

Wir haben selbstverständlich Twitter um einen Kommentar gebeten, ob diese neuen Regeln auch für Europa und Deutschland verbindlich seien. Man könnte sich ja vorstellen, dass beispielsweise ein rechtspopulistischer Bundestagsabgeordneter über Twitter ankündigt, eine deutsche Sozialdemokratin nach Anatolien entsorgen zu wollen. Dieses fiktive Beispiel wäre wegen der Drohung ein Regelverstoß, hätte jedoch vermutlich hohen Nachrichtenwert. Aber wie von Twitter nicht anders zu erwarten, reagiert das Unternehmen nicht auf schriftliche Presseanfragen.

Update:
Es gibt nun eine Antwort des Twitter-Presseteams auf unsere Fragen. Darin wird auf die oben bereits verlinkten Tweets des Policy-Accounts des Unternehmens verwiesen. Unsere Fragen danach, ob es auch in Europa oder in Deutschland eine Policy-Änderung hinsichtlich des Nachrichtenwertes von Tweets geben wird, ob auch in Europa Tweets, die auf öffentliches Interesse stoßen, generell anders behandelt werden und was die wesentlichen Erwägungen dafür sind, blieben unbeantwortet.

Hier die vollständige Antwort:

Drawing attention to our update from last night.
We’ve nothing else to share for now.

(Etwa: Wir verweisen auf unsere Auskunft von letzter Nacht. Wir haben derzeit nichts weiter mitzuteilen.)

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10 Ergänzungen

  1. Nachdem ich sie mir ein paar Tage antat, sozialen Medien verbreiten ausschließlich Kram. Da passen Trumps Interpretationen des Weltgeschehens sehr gut rein. Er vermarktet nach, wie vor, die „Marke“ Trump als „Werbeträger“. Aufsehen erregen um jeden Preis. Mehr als mit Trump haben die Massenmedien wahrscheinlich seit Ewigkeiten nicht mehr verdient. Dass ganze Nationen das, was er absondert, als bestenfalls gewöhnungsbedürftig ansehen, steht auf einem anderen Blatt.

  2. Eine Nachricht wird eine Twittermeldung erst, wenn Twitter sie sendet. Jede Beleidigung, jede Drohung kann eine öffentliche Bedeutung erlangen, sobald sie gesendet wird.

  3. Twitter war schon immer ein Instrument der Herrschenden.
    Die nützlichen Idioten nennen sich dort „Follower“.

  4. We’ve nothing else to share for now. Was sollten die auch weiter sagen, der Chef hat gesprochen. Der hält sich für einen ganz großen Twitterer. Macht ja nix, auch wenn andere seine Kommentare nicht so berauschend finden. Der [entfernt] Kim deutete das Gefasel sogar als Kriegserklärung. Sein Pech, dass gerade sein Land betroffen ist…. Mit den Amis legt sich militärisch nicht wirklich jeder gerne an…. Wenn das Kim [entfernt] nicht stört, sein Problem. Und natürlich das seiner Nachbarn…. Man könnte Trump glatt für ein erbärmliches Großmaul halten, wenn er nicht der „Chef“ wäre. Das ist er. Da gibt es nichts zu diskutieren.

    1. Man kann Kim Jong-Un auch beschimpfen ohne rassistisch zu werden. Ist dir nicht klar, dass du damit viele Menschen verletzt, unabhängig davon wie sie zu Kim stehen? Spar dir den rassistischen Scheiß!

      @Liebe Redaktion: Bitte denkt mal darüber nach, solche Kommentare lieber nicht durchgehen zu lassen.

        1. @Constanze, danke für die Reaktion.
          Wenn du meinen Satz „Spar dir den rassistischen Sch…!“ meinst, mit „auch nicht eben zart“, so habe ich damit zumindest keine Person angegriffen, sondern nur die Aussage. Nichtsdestotrotz werde ich beim nächsten Mal zurückhaltender formulieren.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.