Die Bundesregierung lehnt jegliche Verantwortung für den Vectoring-Entscheidungsentwurf der Bundesnetzagentur ab und will laufende Regulierungsverfahren nicht bewerten, wie aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke hervorgeht (PDF). Ebenfalls verschlossen gab man sich auf die Frage, ob und wie die Regierung auf die Bundesnetzagentur (BNetzA) eingewirkt hat, bevor es zu dem umstrittenen Regulierungsentscheid gekommen ist.
Zwar räumt das BMWi ein, sich mehrfach mit Vertretern der BNetzA und der Deutschen Telekom AG (DTAG) getroffen zu haben, auch wenn man solche Kontakte nicht systematisch erfasse. Dokumentiert sind jedenfalls drei Gespräche des Staatssekretärs im BMWi, Matthias Machnig (SPD), mit dem Vizepräsidenten der BNetzA, Wilhelm Eschweiler, sowie mehrere Gespräche und Telefonate mit Vorstandsmitgliedern der DTAG. Verzeichnet ist zudem ein Telefonat seines Vorgesetzten, Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), mit dem DTAG-Vorstandsvorsitzenden Timotheus Höttges. Eingeschaltet hat sich auch Kanzleramtschef Peter Altmaier, der ebenfalls mehrfach mit Höttges geredet hat.
Daran ist zunächst nichts auszusetzen – schließlich ist zu erwarten, dass sich Regierungsvertreter mit Entscheidungsträgern aus Behörden und Wirtschaft treffen. Zudem ist die Bundesrepublik mit knapp 32 Prozent nach wie vor größter Anteilseigner der DTAG. Sauer stößt jedoch auf, dass die Antwort mit keinem Wort auf den Inhalt der Gespräche eingeht: So hätte man etwa endlich den Vorwurf aus der Welt schaffen können, die Regierung hätte Druck auf die BNetzA ausgeübt, um möglichst rasch das im Koalitionsvertrag verankerte Ausbauziel von (reichlich moderaten) 50 MBit/s im Downstream zu erreichen.
Kritik wird weggewischt
Ähnlich substanzlos fallen die Antworten auf die restlichen Fragen aus: Die BNetzA hätte sich im Vorfeld der Entscheidung „eingehend mit den Forderungen und Argumenten der Wettbewerber auseinandergesetzt“, heißt es etwa. Offensichtlich landete die einhellig vorgetragene Kritik, die im Übrigen weitgehend von der Monopolkommission sowie vom Bundeskartellamt geteilt wurde, jedoch im Papierkorb.
Ein vergleichbares Schicksal dürfte auch eventuell kritische Anmerkungen der EU-Kommission ereilen. Diese unterzieht derzeit den Regulierungsentwurf einer eingehenden Prüfung, da sie negative Auswirkungen auf den Wettbewerb auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt befürchtet. „Empfehlungen der EU-Kommission sind ihrer Rechtsnatur nach keine verbindlichen Vorgaben,“ schreibt die Bundesregierung. Sollte die Kommission ein Problem mit der deutschen Regelung haben, möge sie doch bitte eine entsprechende Richtlinie oder Verordnung erlassen.
Immerhin räumt das BMWi ein, dass es sich bei Vectoring um einen „Zwischenschritt auf dem Weg zu Gigabitnetzen“ handeln würde. Allerdings folgt dieser Einsicht nicht die logische Schlussfolgerung, dass der Fokus auf Kupferkabel-Vectoring den Ausbau von zukunftsfähigen Glasfasernetzen deutlich verlangsamen wird, da sich die Errichtung von parallelen Netzen in den wenigsten Fällen wirtschaftlich rechnet.
Ausbauzusage keine „einseitige Verpflichtung“
Semantische Spielchen betreibt die Regierung wiederum mit der Aussage, die DTAG würde mit ihrer Ausbauzusage „einseitige Verpflichtungen“ eingehen. Das lässt jedoch vollkommen außer Acht, dass die DTAG diese „einseitigen Verpflichtungen“ wie die Ausbauzusage im Gegenzug für eine nahezu exklusive Umrüstung von knapp 8.000 Hauptverteilern auf Vectoring eingegangen ist – und damit der Konkurrenz den Zugriff auf die einzelnen Teilnehmeranschlussleitungen (TAL) entzieht, ohne die entbündelte Produkte nicht realisierbar sind. Hätte die BNetzA anders entschieden, dann hätte es natürlich auch keine Ausbauzusage der Telekom gegeben.
„Die BNetzA hat sich von der Telekom abhängig gemacht, indem sie das Angebot der Telekom angenommen hat, Vectoring auszubauen, wenn es eine entsprechende Entscheidung der BNetzA gibt“, teilte uns der linke Bundestagsabgeordnete Herbert Behrens mit. „Damit hat sich die BNetzA angreifbar gemacht und Tür und Tor für weitere (De-)Regulierungswünsche unter dem Vorwand des weiteren Netzausbaus geöffnet“, führte Behrens aus.
Für Jürgen Grützner, VATM-Geschäftsführer (Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten), hat sich ob der widersprüchlichen Infrastrukturpolitik der Regierung augenscheinlich das Machtgefälle verschoben: „Die Bundesregierung wird von der BNetzA verwaltet“, brachte er die Problematik auf den Punkt. „Eigene Ziele, eigene Vorgaben, wie die Zukunft der digitalen Infrastruktur aussehen soll, hat die Bundesregierung nicht“, so Grützner. Stattdessen verfolge die BNetzA offenbar einen eigenen Plan, der wohl auf dem von Infrastrukturminister Alexander Dobrindt (CSU) formulierten Ausbauziel von 50 MBit/s bis 2018 fuße. Wie sich aber unter anderem an der jüngst vorgestellten „Digitalen Strategie“ des Wirtschaftsministeriums ablesen lässt, wissen zumindest einige Regierungsmitglieder, dass dieser mittlerweile hoffnungslos überholt ist. Ein Trauerspiel.
„Das lässt jedoch vollkommen außer Acht, dass die DTAG diese „einseitigen Verpflichtungen“ wie die Ausbauzusage im Gegenzug für eine nahezu exklusive Umrüstung von knapp 8.000 Hauptverteilern auf Vectoring eingegangen ist – und damit der Konkurrenz den Zugriff auf die einzelnen Teilnehmeranschlussleitungen (TAL) entzieht, ohne die entbündelte Produkte nicht realisierbar sind.“
Das stimmt nicht, ADSL2+ lässt sich weiter realisieren, lediglich VDSL2 (bzw. sonstige Übertragungsverfahren, die das Frequenzspektrum oberhalb 2,2 MHz nutzen) kann nicht mehr parallel von verschiedenen Anbietern, außer über Bitstrom-Produkte (und einen einzelnen physikalischen Betreiber), realisiert werden.
Der Artikel leidet an einem Zirkelschluss. Die Beschlusskammer ist weisungsfrei, gerade um die hier gegeißelte Einflussnahme zu verhindern. Jedes Wort zum Verfahren wäre also als Bestätigung gewertet worden. Sagt die Bundesregierung nichts, wird es hingestellt, als drücke sie sich vor kritischen Fragen (Überschrift). Nebenbei bemerkt ist das regelmäßig das Ziel einer Kleinen Anfrage, nicht der Informationsgehalt. Deshb ist der Artikel in meinen Augen Unfug, zumindest Polemik. Sepher
Sicherlich hat die DTAG als Schwergewicht mehr Einfluss und Druck in Berlin als andere. Soweit richtig. Dass, und so klingt es durch, die Bundesnetzagentur und gar die Bundesregierung am Nasenring durch die Gemeinde geführt werden, sehe ich nicht so.
Einmal, weil es um 8000 Hauptverteiler geht und die direkt angeschlossenen Kunden. Die große Mehrheit wird allerdings in der Fläche über die 350.000 grauen Kisten am Straßenrand angebunden, wenn es um Vectoring geht. Und ja, die DTAG wird nicht alle anfassen.
Und zum anderen stand es den Wettbewerbern frei, dich um Städte zu bewerben und dort auszubauen. Dass der Platzhirsch sich bemüht hat, auch da den Zugriff auf „seine“ Standorte zu bekommen … auch verständlich.
Fazit: wenn BNetzA mit Vectoring als Zwischenlösung zufrieden ist, dann ist das so. Das Verfahren war vielleicht nicht ideal, aber soweit ich gelesen habe, transparent.
Mnet in München und Netcologne zeigen ja, dass lokale Betriebe das auch in die Hand nehmen können und damit such ganz erfolgreich sind.
Ich will Glasfaser. Ich will schnelles Internet.
Ich kaufe das auch von Google. Ist mir doch egal, ob das rosa T den Laden dicht macht.
Ich auch!!
Ich habe derzeit einen Telekom DSL- Anschluss mit 16Mbit und Entertain. Ich kann mit ausreichender Geschwindigkeit im Netz surfen und bin noch nie bei irgendwelchen Datei down- oder uploads eingeschlafen. Fernsehen schaue ich über Entertain und habe dazu Sky und Netflix gebucht. Daher kann ich sagen, dass ich mit der Bandbreite zufrieden bin. Nett wäre ich könnte einen Film in HD ansehen und einen anderen in HD aufnehmen. Das funktioniert mit ‚der‘ Bandbreite halt nicht. Dafür wäre ich bereit 5 oder 10Euro mehr auszugeben wenn mein Anschluss (im Nahbereich der Ovst) mit Vectoring aufgerüstet würde. Ein GF-Anschluss kommt wegen der höheren Kosten nicht in Frage. Zudem müsste mein Garten und meine Terasse die letztes Jahr angelegt wurden für die GF-Verlegung aufgebuddelt werden. Das kommt für mich nicht in Frage. Die Telekom hat ja bereits die bestehenden KVZ mit GF angefahren. Daher ist ja dann eine Grund-Infrastruktur für ein später vielleicht nötige s GF-Netz gelegt.
Habe den kleinsten Tarif der Telekom, 16000, bekomme aber nur 6000! Also warum weiter ausbauen, wenn der Kunde mit der „bis zu“ Klausel auch so abgezockt werden kann?