Die EU-Polizeiagentur Europol hat gestern neues „Europäisches Zentrum für Terrorismusbekämpfung“ (ECTC) gestartet. Das Zentrum wurde von Europol-Direktor Rob Wainwright im Beisein des EU-Innenkommissars Dimitris Avramopoulos und des niederländischen Innenministers Ardvander Steur in Amsterdam der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Niederlande hat derzeit den EU-Ratsvorsitz inne, die EU-Innen- und JustizministerInnen treffen sich deshalb seit gestern in Amsterdam.
Laut Europol geht die in Den Haag angesiedelte Einrichtung auf Drängen des Europol-Direktors zurück, die Europäische Kommission hat das ECTC erstmals im April vergangenen Jahres angekündigt. Nach derzeitigem Stand gehört das ECTC zur Abteilung „Operationen“ bei Europol. Es gilt als „Unterstützungseinheit“ der anderen Europol-Aktivitäten.
Das ECTC wird fünf bereits bei Europol existierende Abteilungen umfassen. Hierzu gehören die Kontaktstellen „Hydra“ und „Travellers“, in der Europol Daten über „ausländische terroristische Kämpfer“ speichert. Als Zentralstelle für Finanzermittlungen will Europol Finanzströme im Bereich „Terrorismus“ verfolgen.
Europol fungiert auch als vermittelnde Kontaktstelle für das zwischen der USA und der EU vereinbarte „Terrorist Finance Tracking Program“ ( „Swift-Abkommen“) zur Fahndung und Rückverfolgung von Finanzströmen.
Mehr Zusammenarbeit der Staatsschutzabteilungen
Noch vor Kurzem hatte Europol beklagt, dass nur wenige Mitgliedstaaten Informationen zu „Terrorismus“ anliefern. So werde die EU-Datensammlung „Travellers“ weitgehend von fünf Mitgliedstaaten sowie aus den USA befüllt. Mittlerweile haben die Zulieferungen jedoch deutlich zugenommen.
Ebenfalls zum ECTC gehört nun die Kontaktstelle „Firearms“, um gegen die illegale Verbreitung und Nutzung von Feuerwaffen zu ermitteln. Schließlich wird auch die vor einem halben Jahr bei Europol eingerichtete „EU-Meldestelle für Internetinhalte“ integriert. Sie soll „islamistisch terroristische“ Inhalte sowie Postings im Bereich von Fluchthilfe und Waffenhandel aufspüren und den Internetdienstleistern zur Entfernung melden.
Die am ECTC beteiligten Stellen sowie die EU-Mitgliedstaaten kommunizieren über das verschlüsselte SIENA-Netzwerk von Europol, an das die Behörden fast aller EU-Mitglieder angeschlossen sind. Inzwischen hat Europol innerhalb von SIENA eine „Closed-User-Group“ für die Staatsschutzabteilungen eingerichtet. Auf diese Weise können einzelne Stellen bi-und multilateral verschlüsselt miteinander kommunizieren. Aus Deutschland ist das Bundeskriminalamt als „Europol National Unit“ in den Informationsaustausch eingebunden. Die Bundespolizei und das Zollkriminalamt nutzen die Einheit ebenfalls als Vermittlung.
Starthilfe vom Bundeskriminalamt
Über das ECTC greifen die Teilnehmenden auch auf das Europol Information System zu. Ebenfalls eingebunden wird das vom Bundeskriminalamt zur Internetbeobachtung eingerichtete System „Check the Web”. In der Datenbank werden beobachtete und/ oder zur Löschung geflaggte Internetinhalte gespeichert.
Für die Zukunft fordert Europol eine Schnittstelle zum Schengener Informationssystem SIS II sowie zum geplanten EU-Passagierdatenregister (EU-PNR). Nach der noch nicht in Kraft getretenen neuen Europol-Verordnung darf die Agentur auch Personendaten mit Internetanbietern und anderen privaten Firmen austauschen.
Europol fungiert als Kontaktstelle mehrerer „Expertengruppen” aus den Mitgliedstaaten. Auch diese sollen dem ECTC zuarbeiten. Hierzu gehören unter anderem die Arbeitsgruppe „Dumas“ zur Verfolgung von „ausländischen Kämpfern“ sowie Sachverständige zu Sprengstoffen und Entschärfung von Sprengvorrichtungen.
Unter deutscher EU- Ratspräsidentschaft hatte die EU im Juni 2007 das „First Response Network“ eingerichtet. Das Netzwerk unterstützt Europol im Falle „größerer terroristischer Ereignisse“ durch die Entsendung von ExpertInnen aus den EU-Mitgliedstaaten. Als schnelle Ermittlungsgruppe etwa zum Breivik-Anschlag in Norwegen oder anläßlich der jüngsten Anschläge in Paris ermittelt das Team grenzüberschreitend Informationen und Erkenntnisse.
„Vorhersage“ von Anschlägen?
Anlässlich der Eröffnung des ECTC hat Europol den Bericht einer Tagung des „First Response Networks“ veröffentlicht. Laut der bereits Anfang Dezember stattgefundenen Veranstaltung seien weitere schwere terroristische Anschläge des „Islamischen Staates“ zu erwarten. Die Behörden müssten daher mehr Aktivitäten zur Aufklärung über Aktivitäten, Kontakte und Reisen von Verdächtigen entwickeln. Ansonsten sei es unmöglich, zukünftige Anschläge vorherzusehen („to exactly predict when and where the next terrorist attack will take place”). Verfahren zur Anonymisierung, Verschleierung und Verschlüsselung würden die Ermittlungen ebenfalls behindern.
Auch der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) hat nunmehr ein Referat „Terrorismusbekämpfung“ eingerichtet, Europol hat mit dem EAD vor einem Jahr ein Verwaltungsabkommen zum Austausch eingestufter Informationen geschlossen. Europol will zukünftig vermehrt mit „Drittstaaten“ außerhalb der EU zusammenarbeiten. Der niederländische Vorsitz hatte hierzu für die Konferenz der EU-InnenministerInnen ein Diskussionspapier verteilt. „Sicherheitsdialoge“ sind unter anderem mit Libyen, Ägypten und Nigeria geplant.
Alle Mitgliedstaaten sollen nun zusätzliche „Experten im Bereich Terrorismusbekämpfung“ an das ECTC abordnen. Es ist aber unklar, wann die neue Abteilung vollumfänglich arbeitsfähig ist. Denn weder für das ECTC noch für die „Meldestelle“ schafft die derzeitige Europol-Verordnung eine deutliche Rechtslage. Die Neufassung tritt erst im Frühjahr 2017 (1. April oder 1. Mai) in Kraft.
Du liebes bisschen, das klingt ja wie früher, wenn die Nachrichten gemeldet haben, dass die IRA wieder aktiv war und Schön Fein mal wieder eine Bombe hat hochgehen lassen.
Der Artikel ist so kompliziert, das ich leider schon als interessierte Konsumentin (aus Datenschutzgründen) kapituliere.
Wer wie ich, zur Generation Mickey Mouse gehört, benötigt klare visuelle Botschaften.
Dann klappt das auch mit dem Verständnis für die großen Probleme in der Welt.