Neue Pläne für Kampfdrohnen: Wegen Zulassungsproblemen verabschiedet sich die Bundeswehr von „Predator B“

Das derzeit neu entwickelte Modell "Certifiable Predator B" soll alle europäischen Zulassungsanforderungen erfüllen.
Das derzeit neu entwickelte Modell „Certifiable Predator B“ soll alle europäischen Zulassungsanforderungen erfüllen.

Das Verteidigungsministerium hat das für anvisierte Rüstungsdeals mit den USA vorgesehene Verfahren „Foreign Military Sales“ (FMS) für die Drohne „MQ-9 Predator B“ gestoppt. Dies teilte der parlamentarische Staatssekretär Markus Grübel in der Antwort auf eine Kleine Anfrage mit. Zu den Gründen heißt es, der US-Hersteller General Atomics entwickle derzeit mit der Drohne „Predator CPB“ ein neues Modell für europäische Märkte. Falls sich die Bundesregierung für einen Kauf entscheidet, seien die für Zulassungsverfahren in Deutschland zu beachtenden Standards erfüllt.

Das Kürzel steht für „Certifiable Predator B“. Das Programm wurde 2013 aufgelegt, als die deutschen Drohnen-Pläne wegen Zulassungsschwierigkeiten ins Trudeln gerieten. Die „Certifiable Predator B“ hat kaum etwas mit der „Predator B“ gemein. Auch das Verteidigungsministerium quittiert dem Modell „weitgehende Abweichungen“, es handele sich sogar um eine „weitgehende Neu- bzw. Nachentwicklung“.

Seit 1990 hat General Atomics die „Predator“ in rund 20 Ausführungen entwickelt und verkauft. Die „Predator B“ ist eine der neuesten Versionen und firmiert inzwischen unter dem Namen „Reaper“.

Neu entwickelt für europäische Anforderungen

Außer der „CPB“ arbeitet General Atomics an einer Steigerung der Energieversorgung für die „Predator B“ in einer Version „Block 5“. Die US-Luftwaffe könnte auf diese Weise noch mehr Aufklärungssensorik befördern. Außerdem wird die Drohne in einer Exportversion für „nicht-europäische Märkte“ entwickelt. Diese „Predator XP“ ist vor allem für arabische Länder gedacht, die aus politischen Gründen keine israelischen Drohnen kaufen wollen. Angeblich soll die „Predator XP“ so konzipiert sein, dass sie auch nachträglich nicht bewaffnet werden kann.

Die „Predator B“ wird derzeit vom Militär in Großbritannien, Frankreich und Italien geflogen. Auch die Niederlande verfügt über drei Exemplare, darf diese aber nicht im eigenen Land fliegen. Außer Deutschland haben auch Polen und Spanien Interesse am Kauf von „Predator B“ bekundet. Beide Regierungen äußern sich aber skeptisch, ob die Drohnen den heimischen Zulassungskriterien entsprechen.

General Atomics wirbt mit der Serienfertigung der „Certifiable Predator B“ ab 2017, vergangenen Monat meldete der US-Hersteller das Erreichen eines ersten Meilensteins. Das Versprechen der europäischen Lufttüchtigkeit gilt sowohl für die Drohne als auch für die zur Steuerung benötigten Bodenstationen. Seit letztem Jahr experimentiert General Atomics mit dem Einbau deutscher Kommunikationsanlagen, damit auch diese den Anforderungen in Europa genügen. Erste Tests wurden mit einem System von Rohde & Schwarz durchgeführt. Die Software Defined Radios des Typs „MR6000A“ waren zuvor im Rahmen des Airbus 400M-Programms zertifiziert worden.

Für den damals geplanten Verkauf der Vorversion „Predator B“ nach Deutschland hat General Atomics im Auftrag der US-Luftwaffe 2011 eine technische „Gap-Analyse“ angefertigt. Die offensichtlich negativen Studienergebnisse wurden laut dem Verteidigungsministerium mit Ankündigung der Entwicklung der „Certifiable Predator B“ nicht weiter verfolgt. Auch die Schweizer Firma RUAG, die für die Vermarktung von „Predator“-Drohnen in Europa zuständig ist, hat eine solche Studie für die Version „Block 1“ durchgeführt.

Eine „bundeswehrinterne Bewertung“ habe jedoch ergeben, dass die Drohne „einer umfassenden Nach- bzw. Neuentwicklung bedürfte“, um den deutschen Anforderungen der STANAG 4671 und anderer Zulassungsvorschriften zu genügen. Sollte hingegen die „Certifiable Predator B“ die von der NATO geforderten Standards STANAG 4671, DO-178C und DO-254 erfüllen, sehe das Verteidigungsministerium „gute technische Voraussetzungen für eine deutsche luftfahrtrechtliche Zulassung.“

Auch die alte „Heron 1“ ist noch im Rennen

Nach Bekanntwerden der fortgeschrittenen Pläne zur Beschaffung von Kampfdrohnen hatte die Bundesregierung 2013 angekündigt, zunächst eine „gesellschaftliche Debatte“ zu führen. Dessen ungeachtet reisten in dieser Zeit mehrere Abteilungen und Ämter des Verteidigungsministeriums mehrfach in die USA, um technische Voraussetzungen einer möglichen Zulassung der Kampfdrohnen zu erörtern. Hierzu gehörten außer der Wehrtechnischen Dienststelle 61 der Bundeswehr (zuständig für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung) auch das Kommando Luftwaffe, das Planungsamt und das Luftfahrtamt der Bundeswehr.

Perspektivisch will die Bundeswehr bis zu 16 bewaffnungsfähige Drohnen anschaffen. Im nächsten Quartal soll der Generalinspekteur der Bundeswehr eine Auswahlentscheidung treffen. Außer der „Predator“ kommt laut dem Verteidigungsministerium nur die israelische Drohne „Heron“ infrage. Die „Heron“ wird inzwischen in der größeren und leistungsfähigeren Version „TP“ produziert, allerdings käme für die Bundeswehr „mit Einschränkung im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit“ auch die frühere Version „Heron 1“ in Betracht. Seit 2011 reisten die Wehrtechnische Dienststelle 61 und das Luftfahrtamt der Bundeswehr für eine „Besprechung zur Zulassbarkeit“ mehrmals nach Israel.

Auch die Herstellerfirma Israel Aerospace Industries (IAI) hatte die Lufttüchtigkeit ihrer Drohne für Deutschland untersucht. Dies geschah aber ohne offiziellen Auftrag des Verteidigungsministeriums. An einer „firmeninternen“ Prüfung war auch der Rüstungskonzern Airbus (damals EADS) beteiligt. Trotz ihres informellen Charakters hat sich die zuständige Wehrtechnische Dienststelle 61 der Bundeswehr in „Workshops“ mit den Ergebnissen der Studie beschäftigt. Im Ergebnis heißt es, dass „bei ca. zehn Prozent der Forderungen“ entsprechender Standards Abweichungen festgestellt wurden. Auch fehle der Nachweis der „elektromagnetischen Verträglichkeit“.

Vorstudie für europäisches Drohnenprojekt wieder unklar

Unklar ist, ob die aus Israel oder den USA stammenden Drohnen lediglich als Übergangslösung angeschafft werden. Denn insbesondere der europäische Airbus-Konzern drängt seit Jahren zur Entwicklung einer „europäischen Drohne“, die dann bewaffnet und unbewaffnet operieren könnte. Dieses zunächst „Talarion“ genannte Projekt firmierte später als „FEMALE“ und mittlerweile als „MALE 2020“.

Der frühere "Talarion" von EADS (Modell) war der erste Versuch, eine "europäische Drohne" auf den Weg zu bringen.
Der frühere „Talarion“ von EADS (Modell) war der erste Versuch, eine „europäische Drohne“ auf den Weg zu bringen.

Im Frühjahr hatte die für Rüstungsfragen zuständige Staatssekretärin Katrin Suder die Obleute der Bundestagsfraktionen darüber unterrichtet, dass noch in diesem Jahr eine erste Vereinbarung über ein „multilaterales Drohnenprojekt“ unterzeichnet und anschließend eine Studie zur Realisierung erstellt werden soll. Eigentlich waren hierfür außer Airbus die Firmen Dassault Aviation (Frankreich) und Alenia Aermacchi (Italien) vorgesehen.

Ob die drei Rüstungskonzerne jedoch wirklich Auftragnehmer dieser Vorstudie werden, sei laut dem Verteidigungsministerium noch gar nicht entschieden. Zwar seien Vertreter der Firmen „bei verschiedenen Besprechungen im nationalen und internationalen Rahmen“ anwesend gewesen hatten dort ihr „Angebot zu einer möglichen Definitionsstudie und anschließender Entwicklung“ vorgetragen. Mittlerweile sei aber auch Spanien an der Beteiligung am „deutsch-französisch-italienischen Entwicklungsvorhaben“ interessiert. Entsprechende Absichten würden „auf Arbeitsebene der Ministerien“ und auf Staatssekretärsebene verhandelt.

8 Ergänzungen

  1. Die Entwicklung bei den Kleindrohnen ist auch interessant. Gibt schon Drohnenwettbewerbe. Erstaunlich, was da alles schon von der Stange für ein paar 100,- EUR geht … braucht man eigentlich nur noch ein kleines Bömbchen anschrauben, und schon hat man seine Einweg-Kampfdrohne.

      1. Pardon… / Lawrence Lessig hat hiermit nichts zu tun, das war noch im Cache eines anderen Kommentars.
        Galdor

  2. Predator zu MALE 2020 ist wie Lieferwagen zu LKW.
    Letzterer ist für höhere Nutzlasten (Sensorik wie SAR oder COMINT) und längere Einsatzdauer (>24h) in größerer Höhe konzipiert. Ersterer kann nur in Bodennähe Videos machen und kleine Waffen abwerfen und muss nach wenigen Stunden zurück sein.
    Also konkurrieren diese Baumuster nicht, sie ergänzen sich.

    Nach meinem Wissensstand ist die Beauftragung der Definitionsstudie (militärische und zivile Anforderungen, operationelle Szenarien, detailierte Konzepte und erste Detaillösungen) so gut wie fix und die Unterschriften sind nur noch Formsache. Ein Entwicklungsauftrag soll dann ggf. noch vor der nächsten Bundestagswahl vereinbart werden. Daher die Verkürzung der Definitionsphase auf Sommer 2017.

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