Kleine Anfrage zu Breitbandausbau: Vectoring als Generalantwort

Alte Bekannte im Straßenbild sollen aufgerüstet werden. Verteilerkasten der Telekom – CC BY-SA 3.0 via wikimedia/Websurfer83

Die Bundestagsfraktion der Linken hat eine Kleine Anfrage zum Thema Breitbandausbau gestellt, in der es um „Vectoring, Investitionszusagen und Netzinfrastruktur“ geht. Bis sie auch im Dokuments- und Informationssystem des Bundestages zu finden ist, veröffentlichen wir sie hier schonmal.

Die Linke mit Fragesteller Herbert Behrens will wissen, welche Investitionen von Telekommunikationsunternehmen geplant sind, wie viel Geld im Spiel ist und bis wann Ausbauvorhaben umgesetzt werden sollen. Die Telekom will der Antwort zufolge bis 2018 1 Mrd. unter anderem in VDSL2-Vectoring investieren, auch NetCologne will Vectoring-Technik vorantreiben. Dabei ist Vectoring als Maßnahme für einen „echten“ Breitbandausbau umstritten. Ziel der Bundesregierung ist bekannterweise „50 MBbit/s für alle bis 2018“ mit einem „Technologiemix“ zu erreichen. Telekom und Bundesnetzagentur (BNetzA) haben sich in der Vergangenheit als große Fans des Vectorings hervorgetan. „Der Booster fürs Kupferkabel“ heißt es in einer Mitteilung unseres magentafarbenen Kommunikationsanbieters.

Der Kern des Vectorings, der es attraktiv macht, ist die Weiternutzung bereits vorhandener Kupferleitungen. Um höhere Übertragungsgeschwindigkeiten durch Minderung von elektromagnetischen Störungen zu erreichen, müssen die Verteilerkästen umgerüstet werden. Und da liegt ein Problem. Die Telekom will dann keine anderen Provider mehr an die Hauptverteiler lassen, sie sogar dazu zwingen, ihre bisherige VDSL-Technik abzubauen. Fast sechs Millionen Haushalte würden damit nur noch exklusiv von der Telekom versorgt werden können. Andere Provider müssten sich mit „ein paar Prozent Umsatzbeteiligung“ bei der Telekom einschalten. Man muss nicht besonders viel Phantasie aufbringen, um sich die monopolisierende Wirkung dieses Umstandes vorzustellen.

Noch dazu ist ein Problem, dass durch Investitionen ins Vectoring zukunftsweisendere Investitionen in Glasfaserkabel aufgeschoben werden. Denn auch wenn das Vectoring im Nahbereich (<500m vom Verteilerkasten) bis zu 100Mbit/s bringen soll, lassen sich die Störungen, die zu einem Rückgang der Bandbreite führen, ab einer gewissen Kupferleitungslänge nicht mehr ignorieren. Sprich: Wer weiter weg vom Verteiler sitzt, hat mit reiner Kupfertechnologie immer noch Pech gehabt. Damit wird insbesondere die dringende Breitbandanbindung von ländlichen Regionen ad Absurdum geführt.

Dazu gibt es auch noch eine Frage der Linken, die sich offensichtlich einen Überblick über die Ist-Situation des Breitbandausbaus verschaffen wollen:

In wie weit kann die Bundesregierung Auskunft über die Breitband-Netzinfrastruktur in Deutschland geben? Welche Infrastrukturen (beispielsweise Kabel, FTTBIH, usw.) sind in welchen Gebieten vorhanden? Welche Unterschiede in der Infrastruktur gibt es in den Ost- und den Westbundesländern? Welche Unterschiede gibt es zwischen städtischen und ländlichen Gebieten?

Die kompakte Antwort mutet ironisch an:

Die Fragen können in der vorliegenden Form nicht beantwortet werden.

Warum, das bleibt unklar. Uns fallen zumindest keine Gründe ein, warum die Bundesregierung hier zur Ahnungslosigkeit verdammt ist. Zumindest gibt es ja auch öffentlich verfügbare Ansätze zur Beantwortung der Frage, den Breitband-Atlas beispielsweise.

So richtig scheint sich die Bundesregierung mit den Regulierungsfragen nicht beschäftigen zu wollen, immer wieder kommt in den Antworten der Verweis auf die BNetzA. Diese treffe „im Rahmen eines transparenten, förmlichen Verfahrens unter sorgfältiger und umfassender Interessenabwägung“ Entscheidungen über Investitionen.

Mit dem Verfahren dürften die Anhörungen zum Thema mit Telekom und anderen Beteiligten gemeint sein. Transparent sind diese jedoch, für die Öffentlichkeit zumindest, wenig, denn es drangen nach der Anhörung im März erstaunlich wenige Informationen nach draußen.

Leider lässt die Antwort der Regierung durchblicken, dass die Breitbandstrategie der Bundesregierung, die nicht nur von uns als wenig zukunftsweisend eingeschätzt wird, nicht einmal konsequent verfolgt wird.

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10 Ergänzungen

  1. Man muss das positiv sehen, wenn einerseits alle Alternativinfrastrukturen abgebaut und ins Netz verlagert werden und andererseits unzureichender Breitbandausbau das überbeanspruchte Netz unbenutzbar macht, kommt vielleicht irgendwann doch mal die Revolution.

    1. Diese Polemik bringt die Diskussion in welcher Art und Weise voran?

      Was hat eigentlich „unzureichender Breitbandausbau“ mit „überbeanspruchtem Netz“ zu tun? Beim Breitbandausbau wird das Zugangsnetz ausgebaut, das hat nichts mit dem Kernnetz zu tun. Wenn es Engpässe im Kernnetz gibt, hat das im Gegenzug auch nichts mit dem Breitbandausbau zu tun.

      1. Du hast den Anspruch die Debatte in den Kommentaren voran zu bringen? Da gibt es bessere Foren für. Ich sehe das hier als Ort zum gelegentlichen Hinweisgeben und vorallem zum digitale Taschentücher rumreichen.

        Überbeanspruchtes Netz bezog sich auf alle Alternativinfrastrukturen abgebaut und ins Netz verlagert.

      2. Du hast den Anspruch die Debatte in den Kommentaren voran zu bringen? Da gibt es bessere Foren für. Ich sehe das hier als Ort zum gelegentlichen Hinweisgeben und vorallem zum digitale Taschentücher rumreichen.

        Ich würde trotzdem erwarten, dass es hier einen größeren Anspruch gibt, als solche abstrakte Losungen hier hervorzubringen.

        Überbeanspruchtes Netz bezog sich auf alle Alternativinfrastrukturen abgebaut und ins Netz verlagert.

        Der Konvergenz der Netze wurde natürlich mit dem extremen Aufschwung der paketorienten Kommunikation ein extremer Vorschub geleistet. Das sehe ich aber als natürliche Entwicklung. Leitungsvermittelte Infrastrukturen sind einfach nicht effizient, daher wundert als natürlich nicht, dass die darauf aufsetzende Dienste auf Paketorientierung umgestellt werden.

  2. Es gibt‘ ne Modellrechnung das Glasfaser in jede Wohnung ungefähr 90Mrd Euro kostet und 5-8 Jahre Zeitbraucht. Ab dem Punkt wo die Faser heute schon ist: Da wo Vectoring gemacht wird. Man kann natürlich jetzt weitere Jahre warten, ob’s aus irgendeiner Richtung Geld regnet, oder man sagt pragmatisch: OK, was hab ich, was kann ich wiederverwenden, was brauch ich neu.

    Und tatsächlich hat die Regierung schon vor langer Zeit die Kontrolle über den Ausbau der Kommunikationswege verloren, hat nur eine Handhabe über Förderprogramme (d.h. die Netzbetreiber bekommen Geld aus Steuermitteln für einen bestimmten Ausbaustand) oder die Ausbauverpflichtung bei Vergabe bestimmer Funkfrequenzen (siehe 800er Ausbau LTE) oder die Beauftragung des Regulators, der BNetzA.

    Aber man musste ja umbedingt die Post privatisieren…

    1. 5-8 Jahre? Das ist wohl sehr positiv berechnet. Realistisch sind es ungefähr 20 Jahre, wenn man bedenkt, wie viele Genehmigungen usw. in Deutschland für Bauvorhaben notwendig sind.

      1. … der relativ hohe Betrag für die relativ kurze Strecke (pro Tln <200m) ergibt sich ja genau aus dem intensiven Ausbau. Wenn man 20 Jahre Zeit hat und jeweils bei vorhandenden Wartungs- oder Reparaturarbeiten Faser neben das Kupfer legt, wird das entprechend billiger. Die Ausbaukosten sind dominiert von Erd- und Maurerarbeiten.

        Die Zahl stimmt auch nicht ganz.

  3. „Die Linke mit Fragesteller Herbert Behrens will wissen, welche Investitionen von Telekommunikationsunternehmen geplant sind, wie viel Geld im Spiel ist und bis wann Ausbauvorhaben umgesetzt werden sollen. Die Telekom will der Antwort zufolge bis 2018 1 Mrd. unter anderem in VDSL2-Vectoring investieren, auch NetCologne will Vectoring-Technik vorantreiben.“ Diese 1 Mrd. Euro beziehen sich nur auf den Telekom-Antrag zu Vectoring an Nahbereichs-KVZ und vom DSL-HVt aus. Diese Investition würde die Telekom tätigen, würde ihr Antrag positiv beantwortet werden. Laut Kursbuch der Netzallianz investieren alle TK-Anbieter in Deutschland allein in 2015 8 Mrd Euro (bzw. wird prognostiziert).

    „Um höhere Übertragungsgeschwindigkeiten durch Minderung von elektromagnetischen Störungen zu erreichen, müssen die Verteilerkästen umgerüstet werden. Und da liegt ein Problem. Die Telekom will dann keine anderen Provider mehr an die Hauptverteiler lassen, sie sogar dazu zwingen, ihre bisherige VDSL-Technik abzubauen.“
    Äpfel oder Birnen? Der Einsatz von Vectoring am Kabelverzweiger ist bereits reguliert. Um jedoch auch alle Kabelverzweiger im Nahbereich der DSL-Hauptverteiler aufrüsten zu können (sowie auch vom DSL-Hauptverteiler VDSL2-Vectoring einsetzen zu können, für alle Anschlüsse, die nicht über einen Kabelverzweiger geführt werden), wurde ein neuer Antrag gestellt. Da ist dann auch korrekt zu sagen, dass mit dem Einsatz von Vectoring an Kabelverzweiger im Nahbereich (Migration der bisherigen VDSL-Anschlüsse notwendig, die vom HVt aus geschalten wurden) und vom HVt aus, es nur einen Betreiber pro KVz und pro HVt geben kann.

    „Fast sechs Millionen Haushalte würden damit nur noch exklusiv von der Telekom versorgt werden können.“
    Andere Netzbetreiber könnten Bitstrom-Vorleistungen einkaufen, wie heute schon der Fall bei VDSL2-Vectoring-Anschlüssen. Also nicht wirklich „exklusiv“. Im übrigen migriert Telefonica-O2 gerade alle eigenen Anschlüssen von der eigenen Hardware auf Telekom-Bitstrom-Vorleistungen.

    „Noch dazu ist ein Problem, dass durch Investitionen ins Vectoring zukunftsweisendere Investitionen in Glasfaserkabel aufgeschoben werden.“
    Im Gegenteil, wenn alternative Netzbetreiber nicht mehr die „letzte Meile“ von der Telekom anmieten können, sind sie gezwungen komplett eigene Infrastrukturen aufzubauen, sprich FTTB/FTTH.

    „Mit dem Verfahren dürften die Anhörungen zum Thema mit Telekom und anderen Beteiligten gemeint sein. Transparent sind diese jedoch, für die Öffentlichkeit zumindest, wenig, denn es drangen nach der Anhörung im März erstaunlich wenige Informationen nach draußen.“
    Auf der Website der BNetzA gibt es umfangreiche Informationen, wie Stellungnahmen vor und nach der Anhörung (http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1421/DE/Service-Funktionen/Beschlusskammern/1BK-Geschaeftszeichen-Datenbank/BK3-GZ/2015/2015_001bis099/BK3-15-004/BK3-15-004_Antrag.html?nn=269426), so wie ein umfangreicher Fragenkatalog der BNetzA gegenüber der Telekom, der mit den Antworten der Telekom hochgeladen wurde: http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1421/DE/Service-Funktionen/Beschlusskammern/1BK-Geschaeftszeichen-Datenbank/BK3-GZ/2015/2015_001bis099/BK3-15-004/BK3-15-004_Stellungnahme_zum_BK3-Fragenkatalog_BKV.html?nn=269426

    Gibt es hier eigentlich nutzbare BB-Codes oder eine Auflistung von erlaubten HTML-Tags, um die Kommentare etwas ansehnlicher zu gestalten?

    1. Gibt es hier eigentlich nutzbare BB-Codes oder eine Auflistung von erlaubten HTML-Tags, um die Kommentare etwas ansehnlicher zu gestalten?

      Naja, die üblichen halt, a href mit abschließendem a, strong, bzw. bold, italic, blockquote (siehe oben), em, strike, jeweils mit spitzen Klammern.

      Letztendlich bleibt es jedoch immer den Betreibern einer Seite überlassen, welche XHTML tags sie zulassen.

  4. Wer heute investiert frägt zuerst nach einem Glasfaseranschluß – und da schaut es richtig mau aus in Deutschland.

    Des Glasfaserausbau in Deutschland ist völlig inakzeptabel. Es gibt Länder die haben 70 % und mehr wir verharren bei 1% .

    Die Telekom erzählt uns das blaue vom Himmel, behauptet dass es zu teuer wäre – wie kommt es dann, dass kleine Länder in Osteuropa sich das leisten können.
    Nein, wir werden von der Telekom verarscht und von unfähigen Politikern im Stich gelassen.

    Der Wirtschaftsminister sollte zurücktreten.

    http://de.statista.com/infografik/3553/anteil-von-glasfaseranschluessen-in-der-der-oecd/

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