Das Leistungsschutzrecht im Wortlaut

Es gibt jetzt den geplanten Text für ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Kai Biermann hat diese Version auf Google+ gepostet, ich gehe davon aus, dass dieser echt ist. Rechtliche Einschätzungen wird es im Laufe des Tages geben.

Update: Hier ist die PM vom Digitale Gesellschaft e.V.: Leistungsschutzrechtsentwurf ist Gefahr für Nutzer und digitale Öffentlichkeit.

„Dieser Entwurf führt nur zu mehr Rechtsunsicherheit. Wenn das Leistungsschutzrecht so kommen sollte, wären Blogs und die Nutzung von Social Media in Deutschland in großer Gefahr. Die Nutzerinnen und Nutzer können die Bestimmungen eines Leistungsschutzrechtes nicht überblicken und kaum ein Blogger oder Facebooknutzer könnte sich ein langwieriges Gerichtsverfahren gegen die großen Medienkonzerne leisten, selbst wenn diese ihn zu Unrecht angingen.“

Und hier der Text (Der Referentenentwurf als PDF):

§ 87f Presseverleger
(1) Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen. Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.

(2) Ein Presseerzeugnis ist die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge im Rahmen einer unter einem Titel auf beliebigen Trägern periodisch veröffentlichten Sammlung, die bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlagstypisch anzusehen ist und die nicht überwiegend der Eigenwerbung dient. Journalistische Beiträge sind insbesondere Artikel und Abbildungen, die der Informationsvermittlung, Meinungsbildung oder Unterhaltung dienen.

§ 87g Übertragbarkeit, Dauer und Schranken des Rechts
(1) Das Recht des Presseverlegers nach § 87f Absatz 1 Satz 1 ist übertragbar. Die §§ 31 und 33 gelten entsprechend.

(2) Das Recht erlischt ein Jahr nach der Veröffentlichung des Presseerzeugnis-
ses.

(3) Das Recht des Pressverlegers kann nicht zum Nachteil des Urhebers oder eines Leistungsschutzberechtigten geltend gemacht werden, dessen Werk oder nach diesem Gesetz geschützter Schutzgegenstand im Presseerzeugnis enthalten ist.

(4) Zulässig ist die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen für nicht gewerbliche Zwecke. Im Übrigen gelten die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 entsprechend.

§ 87h Beteiligungsanspruch des Urhebers
Der Urheber ist an einer Vergütung angemessen zu beteiligen.

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41 Ergänzungen

  1. Wer also in einen See voller Wasser spuckt erhält nun automatisch begrenzte Wasserrechte an diesen.

    1. Sogar noch simplere kommerzielle Szenarien sind denkbar. Sagen wir mal das ein Blog eine Gewisse Größe/Reichweite/Leserschaft hat. Dann kann ihm kommerzielles Verhalten unterstellt werden da er erstens Zeit und Energie im eben diesem Ausmaß aufgewandt haben muss und zum zweiten direkt in Konkurrenz zur kommerziellen Anbietern (z.B. Presse) steht.

      1. Es wäre schon ein Riesen-Fortschritt, wenn sich die Urheber-Rechtsprechung bei kommerziell/gewerblich auf die Definition „mit Gewinnerzielungsabsicht“ einigen könnte.

      2. „wenn sich die Urheber-Rechtsprechung bei kommerziell/gewerblich auf die Definition “mit Gewinnerzielungsabsicht” einigen könnte.“

        Was wäre dann anders, sind Werbebanner keine Gewinnerzielungsabsicht?

      3. In der Regel werfen Werbebanner bei kleineren Seiten wie Blogs u.ä. nicht mal genug ab, um die Serverkosten zu refinanzieren, also keine Gewinnerzielungsabsicht vorhanden. Damit wären ca. 90%-95% aller Websites aus der Nummer schon mal raus.
        Google/YouTube sind damit natürlich immer noch betroffen. Aber die Können/sollten sich mit Franks Vorschlag (s.u.) wehren und die „Presseerzeugnisse“ einfach nicht mehr verlinken, dann werden die Presseverlegwer schon sehen, was sie davon haben.

      4. Sorry aber Refinanzierungsabsichten , spielen dabei rechtlich keine Rolle,. damm müsste es wohl gänzlich anderes Formuliert werden.

      5. Kann sein, bin kein Jurist ;-)
        Ich verstehe unter Gewinnerzielungsabsicht die Absicht Einnahmen zu erzielen, die über die reine Kostendeckung hinausgehen.

        Das wäre bei Blogs, deren Werbeeinnahmen nicht zur Refinanzierung ausreichen (können) eben nicht gegeben.

        Hast du eine bessere Formulierung?

      6. „Ich verstehe unter Gewinnerzielungsabsicht die Absicht Einnahmen zu erzielen, die über die reine Kostendeckung hinausgehen.“

        Ich bin auch kein Jurist ;-)

        Aber schon beim Lesen stellt sich doch die Frage was ist „Kostendeckend“?
        Für den einen vernütlich seine Serverkosten (die schon unterschiedlich sein können) , der Andere rechnet seine engangenen Kosten für Lohn, Freizeit und die Internet Flat mit ein , der nächste möchte auch die Kosten für den jährlichen Kauf eines iMac zum Bloggen einbezogen haben, der einen reicht eine alte Windows Kiste?
        Daher hätten schon bei der Formulierung „Kostendeckend“ die Gerichte wohl 10 Jahre Arbeit.
        Besser wäre meines Erachtens eine Geringfügikeitsgrenze Festzulegen für Einnahmen im Jahr / Monat , analog der 400€ Jobs

      7. Im Steuerrecht würde das private Bloggen aus Spaß und Lust&Laune in den allermeisten Fällen unter „Liebhaberei“ fallen. Nur bei großen und professionellen Bloggs (und davon gibt es nicht wirklich viele) sieht das anders aus.

        (und was das gewerbliche angeht: Die meisten Professionellen Bloggen fallen wohl unter die „Freien Berufe“)

    2. Laut Krings & Kretschmer macht die „Gewinnerzielungsabsicht“ den Unterschied. In der normalen Google Suche, mit der eingeblendeten Werbung, ist dies offensichtlich der Fall. Bei Google News, wo keine Werbung angezeigt wird, ist es schon unklarer.

      Am Ende könnte das Leistungsschutzrecht deshalb die vermeintlichen Ziele der Presseverleger konterkarieren. Aus der Standard-Suche, von welcher die Verleger abhängig sind, könnte Google sie streichen um Lizenzzahlungen zu vermeiden. In Google News, das ihnen angeblich schadet, könnte sie dagegen ohne irgendwelche Zahlungen verbleiben.

  2. Punkt 4 hat es in sich, glaube ich, denn es zielt genau auf Google ab, aber man könnte es auch dehnen auf alle, die in irgendeiner Weise durch Werbung auf ihrer Seite Geld verdienen.

    Das kann wiederum ein Bumerang werden, wenn die „Presseerzeugnisse“ aus dem Internet quasi verschwinden, weil sie nicht mehr verlinkt werden. Das wäre quasi ein Todesurteil für die Presse. Was wollen sie dann machen, Presse und (korrupte) Regierung? Uns zwingen, dass wir Presseerzeugnisse wahrnehmen?

    1. Ist doch eh blahblah. Google hätte die ganze Baggage mal für nen paar Monate rausnehmen können, nur um dem Verlegergesocks zu zeigen, wo der Hammer hängt. Haben Sie’s gemacht? Nein.

      Und da unsere Politiker ja entweder zu ahnungslos (oder korrupt) sind, die Verleger mal zu fragen, warum sie denn nicht robots.txt verwenden, wird da wohl nichts draus werden. Hätte Google das konsequent durchgezogen, wäre dieser Entwurf nie gekommen.

    2. Dann wird das Ministerium für Wahrheit erschaffen, das die Bürger zwingt, regelmäßig die Erzeugnisse des Qualitätsjournalismus zu konsumeren.

  3. Tja, was heißt denn nun „angemessen“ vergüten? Wie viel verdient ein Blogger, wie viel verdient ein Journalist? Wie viel ist eine Meldung wert, wie viel ein Interview, wie viel ein First Hands on Video?
    Und wer soll das überwachen? Nehmen wir an A schreibt einen Blogeintrag. B,C,D,E und F kopieren diesen Beitrag. Dann hat A Anspruch auf Vergütung bei den fünf. Diese weigern sich. A. geht vor Gericht und verklagt B,C,D,E und F. Für einen Blogeintrag. Von vielleicht Hunderten. Meine Meinung nach noch sehr viele Räume, die mit zu viel Gewohnheitsrecht und Urteilen noch gefüllt werden müssen, um irgendwann den Anspruch zu haben einheitlich geltend gemacht werden zu können…

  4. Wie ist eigentlich „Presseerzeugnis“ definiert?

    Hier im 1§ wird ja indirekt unterstellt das solche wie auch immer gearteten Erzeugnisse nur durch Verleger erstellt werden kann [„Presseerzeugnisses (Presseverleger)“]. Der „Hersteller“ ist also zwingend ein Verleger? Wenn ja wie ist dieser den juristisch korrekt definiert? Kann eine privat Person im Nicht- oder Kommerziellen Bereich ein Verleger/Hersteller sein?

    1. §87f Abs. 2 definiert es doch recht präzise:

      Ein Presseerzeugnis ist die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge im Rahmen einer unter einem Titel auf beliebigen Trägern periodisch veröffentlichten Sammlung, die bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlagstypisch anzusehen ist […]

      Noch eindeutiger kann man ein Schutzrecht nicht für eine einzelne Gruppe von Inhalteproduzenten maßschneidern. Das ist in etwa so, als würde man ein erweitertes Schutzrecht für Tonträger beschließen, das ausschließlich Werke schützt, die „überwiegend orchestertypisch“ produziert wurden.

      1. Jo, man müsste also nun einen gemeinnützigen Verlag gründen, der sämtliche Blogger für ein paar Euro unter die Fittiche nimmt und dann einfach weitermachen wie bisher.

  5. Das muss ein Witz sein oder es wurde vom Praktikanten geschrieben.
    Kein Zitatrecht, keine urheberrechtlichen Schranken, also Schutz bis hinunter zum einzelnen Wort?
    Wissenschaftliche Zeitschriften sind üblicherweise periodisch und die Artikel dienen der Informationsvermittlung. Muss nun an den Verlag fürs wissenschaftliche Zitieren gezahlt werden?
    Die Webseiten von Verlagen dagegen sind üblicherweise nicht periodisch erscheinend und damit fallen Artikel dort nicht unter dieses Recht. Wird jetzt aber ein solcher Artikel nachträglich in die Print-Ausgabe übernommen, wird dann der Schutz des Online-Artikels plötzlich stärker?
    Absurd.

    1. Es wird halt eine echte Kontrollmöglichkeit installiert.

      Wohl dem, der eine Rechtsabteilung hat und freundschaftlich Rechte gewähren kann. Das Problem des Zitatrechts wird durch Verträge geregelt werden – damit schließen sich z.B. die Wissenschaftsverlage von gegenseitigen Klagen aus.

      Die „Schutzlücke“, der bisher eben nicht hart umrissene Bereich, bleibt damit willkürlich kontrollierbar. Probleme dürften v.a. diejenigen bekommen, die sich keine Anwälte leisten können.

      Der schlechte Witz ist die eigentliche Lesart als „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Juristen“. Die Probleme löst man so nicht.

    2. Kein Zitatrecht, keine urheberrechtlichen Schranken, also Schutz bis hinunter zum einzelnen Wort?

      Nicht ganz. §87g Abs. 4 spricht davon, dass sämtliche Schranken des Urheberrechts („Teil 1 Abschnitt 6“, also §§44a bis 63a UrhG) entsprechend gelten. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang vermutlich §49 UrhG.

      1. Das hatte ich übersehen, also gelten die Schrankenregelungen. Dann bleibt die Frage, was dieses Recht schützt, dass das Urheberrecht nicht schützt?

    3. Aus dem „Prolog“ oder wie man das nennt:
      B Lösung:
      „Es werden folgende Änderungen des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) vorgeschlagen: Mit dem Leistungsschutzrecht für Presseverlage wird den Presseverlagen das ausschließ-
      liche Recht eingeräumt, Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Presseverlage können somit auch die Unterlassung unerlaubter Nutzungen verlangen und gewerbliche Nutzer müssen für die Nutzung Lizenzen erwerben. Dies gilt nicht für die reine Verlinkung und Nutzungen im Rahmen der Zitierfreiheit. „

  6. Das gibt viel Spass beim Verfassungsgericht. Ein Sondergesetz zur Wahrung der Rechte einer einzelnen Berufsgruppe, die nicht einmal ausschliesslich in dem Bereich der Nachrichtenverbreitung tätig ist.

    Wie das mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zusammengehen soll, bleibt mir ein Rätsel.

  7. Da steht tatsächlich „verlagsmäßig“ drin. Also keine Möglichkeit, sich als Blogger mit in die Gruppe zu schieben? Denn das würde den gesamten Entwurf schon sehr interessant machen.

    1. Man kann ja seinen eigenen Verlag gründen. Meine das würde weniger als 50 Euro kosten. Hab das glaub ich im Medienradio MR057 gehört.

  8. „Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.“

    Kann denn nicht mal jemand an die Urheber denken!??

  9. Wo lest ihr eigentlich die Forderung „kein Zitatrecht“?

    Im Entwurf steht: „Presseverlage können somit auch die Unterlassung unerlaubter Nutzungen verlangen und gewerbliche Nutzer müssen für die Nutzung Lizenzen erwerben. *Dies gilt nicht für die reine Verlinkung und Nutzungen im Rahmen der Zitierfreiheit.*“

    Ich vermag das Problem nicht zu erkennen.

  10. Wie verträgt sich dieses ausschließliche Recht der Verleger überhaupt mit dem Urheberrecht+Verwertungsrecht der Journalisten?

    Müsste das nicht dem zuwiderlaufen?
    wie netzpol. schon sagt, da kommt mehr rechtsunsicherheit zu…

  11. Das ganze ist schon ein Witz da dieses Leistungsschutzrecht nur in Deutschland gilt , es mag ja für Google oder andere große Dienste relevant sein da diese auch eine Niederlassung im Lande haben.
    Aber wie wollen die Verlage ihr Geld von Firmen oder Seitenbetreiber in Asien oder auf den Bermudas eintreiben?
    Das Internet ist Global und kennt keine Grenzen oder will man dann doch wieder mit „Internet-Sperren“ ala Zensursula hantieren?

  12. Also wenn das so kommt, gibt es halt keine Links mehr auf Presseartikel. Aber die deutsche Blog-Landschaft soll ja eh nicht relevant sein. Da wird das sicher kein Problem für die Verlage sein.

  13. Ein verstehe ich nicht: Warum stelle Verlage dann ihre Artikel für alle allgemein verfügbar ins Netz, wollen dann Geld für den Abruf haben und etablieren selbst keine geeigneten Massnahmen, sondern nutzen das Gesetz als Inkassoinstitut.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.